Euren Gatten, wieder heim, oder ihr befolgt ihn nicht und hört im nächsten Herbst das „Schuldig“ sarechen, welches den Angęeklagten zum Tode verurtheilt.“ „Nur bis morgen wartet noch,“ bat die Frau, welche in Bezug auf das Dokument nicht selbstständig handeln mochte, „vierund⸗ zwaͤnzig Stunden entscheiden in der Sache doch nichts.“ „Sie entscheiden unter gewissen Umstän⸗ den viel, sehr viel sogar,“ drängte Wetterau, „ich fahre noch heute Nachmiltag in die Stadt, Wenn ich dann dem Untersuchungsrichter Mittheilungen mache, welche Euren Mann —V leicht die Acten. geschlossen und Maßregeln zur Eutdeckung, des wirklichen Mörders er—⸗ griffen. Kann ich das aber nicht, so schreitet die Verhandlung fort, und wer weiß, ob nicht am Ende noch Beweise einlaufen, welche gar nicht zu widerlegen sind.“ Die Frau schwankte, sie war schon halb und halb gencigt, dem Drängen des Bürger⸗ meisters nachzugeben.“ Vielleicht kann Euer Mann schon inner⸗ halb acht, Tagen wieder frei sein,“ fuhr Wetteruu, die Wirkung seiner Worte bemerkend, sort, „je früher wir handeln, desto ehtr läßt sich die Spux des wahren Mörders auffinden, wenn Wochen oder Monate darüber vergangen ünd, so dürfte der Schuldige vielleicht längst drüben in Amerika sein, und dann“ — „So wadjtet einen Augenblick,“ fiel Frau Schulz, entschlossen ihm in die Rede, „ich hole das Papier.“ Der Bürgermeister rieb sich vergnügt die dände, er haite nicht geglaubt, daß er so rasch und leicht an sein Ziel kommen' werde. Um die Freude über das Gelingen seines Planes zu verbergen und seinen Zügen den Ausdruck kalter Gleichgültigkeit zu geben, be⸗ trachtete, er die Litographien, welche die Wände schmückten. Schon nach einigen Minuten trat die, Frau wieder in die Stube, sie hielt in der Rechlen das in Form eines Briefes ge⸗ falteto. Dolument, welcheßs mit dem großen Siegel einez Notars geschlossen war. Die Augen des Bürgermeisters funkelten, schon wollte er dig Hand nach dem Papiere aus⸗ firecken, als plönßlich Gotifried auf der Schwelle erschien. Das Dokument sehen und es den Händen der Mutter entreißen, war das Wert einek Augenblickz. „Dem Himmel sei Dank, daß ich früh genug komme, eine Thorheit zu verhüten,“ 'agte er, indem er das Papier in die Brust⸗ ajche seines Rockes schob. „Hattest Du den Befehl des Vaters schon vergessen ?“ „Der Herr Bürgermeister glaubte, es könne von großem Nutzen sein, wenn wir ihm das Dokument und die zweihundert Thaler über— gäben,“ entschuldigte die alte Frau sich; „er sagte, dadurch müsse jeder Verdacht schwinden.“ „Was der Herr Bürgermeister glaubt, ümmert uns nicht,“ fiel Gottfried ihr in's Wort, es bedarf solcher krummen Wege nicht, die Unschuld des Vaters zu beweisen. In jedem Falle aber hättest Du mich vorher um Rath fragen können. Was Sie betrifft, will ich nicht untersuchen, zu welchem Zwecke Sie dieses Papier zu erschleichen suchen,“ fuhr er, sich zu dem Bürgermeister wendend, in bar⸗ schem Tone fort; „Sie sind meinem Vater nie grün gewesen, weil er Ihnen stets offen ind ehrlich die Meinung sagte und nicht hin— zerm Berge hielt, wenn Sie das Inseresse der Gemeinde nicht wahrnahmen. Ich kann unmöglich glauben, daß gerade sie an dem Geschick meines Vaters so großen Antheil nehmen sollten; Ihrem Verhör verdankt er doch allern seine Verhaftung.“ Die Zornader auf der Stirne Wetterau's schwoll drothzend an. „Mäßigt Euch!“ brauste er auf. „Bedenkt, daß Ihr Eurem Vorge⸗ setzten gegenüber steht und es mir nur ein Wort kostet —“ „Mich ebenfalls zu verdächtigen ?“ unter⸗ hrach Gottfried ihn spottend. „Ich will gerne zlauben, daß Ihr dessen fähig seid, und sehe Euren Anstalten dazu ruhig entgegen. Eins aber merkt Euch, so lange ich dieses Dokument bewahre, wird es Euch nicht gelingen, mir dasselbe zu entreißen.“ Der Bürgermeister knirschie mit den Zäh— nen, er begriff, daß, wenn er sein Ziel er⸗ reichen wollte, er zuvor auch den Sohn un⸗ schädlich machen mußte, wie er den Vater unschädlich gemacht hatte. Er mußte den jungen Menschen in seiner Gewalt, hinter Schloß und