Der Commerzienrath war in diesen vier Jahren auffällig gealtert, das sonst so glatte Gesicht hatte tiefe Einschnitte bekommen, die gerade, vornehme Haltung war nachlässiger, gebeugter geworden. Er war im Geschäfte thätiger, ruheloser uls jemals und verkechrte wenig mit seiner stolzen Gemahlin, wilche der Lbeuslust über Gebühr huldigte. So ging jedes Glied dieser Familie seinen eigenen Weg. — Vater — Mutter — Sohn! * 8 Die Nemesis schien das Haus mit düsteren Schwingen zu umkreisen. n e Als der Sohn ihn so kalt und ceremoniell beglückwünschte, seufzte er tief auf und hielt die da:gebotene Hand lange iu der sei⸗ uen feste. „Du bist noch immer krank, mein Sohn!“ sagte er betrübt, „o sprich, hast Du irgend einen Wunsch, den ich erfüllen könnte, um Dich einmal heiter zu sehen!“ — Eginhard blickte ihn fest a. „Ich habe einen Wunsch, Vater!“ „Nenne ihn inir und er ist erfüllt.“ »„vLaß mich wie früher wieder zu der lie⸗ ben Großmuiter gehen.“ * Der Commerzienrath erbleichte sichtlich und senkte das Haupt. „Die Großmutter will keinen Menschen sehen,“ versetzte er mit sichtlicher Anstrengung, „sie bekommt Krampf ⸗Aunfälle, wenn man es bersucht, sich ihr zu nahen. Seit ihrer Auf⸗ erweckung hat sich dieses Leiden sehr ver⸗ —IIIL huͤlfe.· „Dann habe ich keinen anderen Wunsch,“ sprach Eginhard und verließ das Zimmer. — Ihnm war in des Vaters Nähe, als müßsse die Dede sich auf ihn herahsenken. Sollte er etwas ahnen⸗ oder gar wissen?“ fragte sich der Commerzienrath. Wie oft hatte er sich diese Frage schon vorgelegt und vor der Antwort gezittert. Espoinhard öffnete den Schranuk und nahm mit entschlossener Hand das Packet heraug. Hatte Hartmuth nicht damals gesagt, es läme von der Großmutter d War ihm nicht dadurch ein Recht auf dasselbe zuerkannt? Er, der einzige Enkel dieser Fra uu Ein Zeitungspapier, war darum reschlagen, man sah, wie solches in Eile geschehen. 434 „Ich will Licht haben,“ murmelte er— „mag der Inhalt mich auch zerschmettern, — rein Fluch ruht auf ünserm Hause, ein Bann, den ich vielleicht zu lösen veimmag. “ Noch zögerte er, eine gtheimnißvolle Scheu hielt ihn von dem anvertrauten Gut zurück. Da meldete der Diener den Besuch eines fremden Mannes, welcher min Eginhard allein zu reden wüuschte; er überreichte zugleich diie Karte desselben. Kapitän Brandt 7“ sprach exr kopfschüt⸗ jelnd, „ein mir völlig fremder Mang. Doch gleichviel, laß ihn eintreten. Der Diener entfernte sich. nach wenigen Minuten trat der Fremde in's Zimmer, ein derber Seemann, in der kleidsamen Tracht eines Schiffkapifäns. „Ah, Sie sind Seemann?“ rief Eginhard überrascht, während eine unbestimmte Ahnung sein Herz höher klopfen machte. „Was führi Sie zu mir? Was bringen Sie mir, Herr Kapitän 7* Ich habe mit Ihnen Wichtiges zu re⸗— den, junger Herr!“ versetzte dieser leise, „sind wir völlig allein und unbehorcht?“ Eginhard öffnete die Zimmerihür urd blidte hinaus, dann schob er einen Riegel von innen vor. — e ee „Wir sind hier völlig ungestört,“ sprach er in sichtlicher. Aufregung.. AIhr⸗Freund sendet mich zu Ihnen, Herr Eginhard !“. fuhr Kapitän Brand noch leiser fort. Der junge Mann unterdrückte einen Schrei ver Freude, er zog den Kapitän mit sich fort an's Fenster, wo zwei weiche Lehnstühle stan⸗ den und schob ihm den einenhinn. So, jetzt erzählen Sie — sagen Sie mir Alles, was Sie von dem Tbeuren wissen.“ —A— „Zuerst sendet er ihnen dieses Schreiben und dann — Eainhard zitterle vor Freude, er barg den geschätzten Brief auf seiner Brust und setzte sich dem Kapitän gegenüber. XEs geht Ihrem Freunde wohl,“ begann dieser leise, „jchwere Tage liegen hinter ihm,