als sie den Beamten erblictte, „rathen, helfen Sie mir! So ist sie nun, seitdem sie ans der Ohnmacht erwacht, so viei ich ihr auch zurede.“* .Das ist furchtbar,“ sprach der Inspektor tief erschüttert, „holen sie rasch einen Arat, liebe Frau, ich werde so lange hier bleiben Sie eilte fort und kehrte nach kurzer Zeit mit einem Arzte zurück, wekcher den Zustand der Unglücklichen gew ssenhaft prüfte und dann den furchtbaren Ausspruch that: „Sie ist wahnsinnig!“ „Ich werde dafür sorgen, daß sie in eine Heilanstalt gebracht wird,“ sagte der Inspektor, Ihrer Ob hut vertraue ich sie bis morgen an. liebe Frau!“ Er verließ das Haus, um sich nach dem Bahnhof zu hegeden und konnie, soviel er auch das, was er gethan, als seine einfache Pflicht erlannte, ein peinliches Gefühl nicht os werden, ein Gefühl, wie er es in feiner ganzen Laufbahn noch nie enpfunden, Sein Officiant erwartete ihn am Bahn⸗ hof und stattete den Bericht ab, daß in die⸗ ser Nacht Niemand adgereist sei, — am vor⸗ derigen Abend zwei Fremde, welche nacheinan⸗ der eingetroffen, ich hier wobl ein Rendezpous gegeben hätten. Der eine von Ihnen, Doctor Wolff, war der Denunciant gewesen; af ihn halle der Juspettor nach der Lectüre jener Papiere gegründeten Verdacht hinsichtlich des Kinder— raubes. Er zweifelte keinen Augenblick, daß dieser Raub von dem Commerzienrath ausgehe, aber wie ihn packen, bohne stch die Finger zu ver⸗ brennen? War die Mutter ja doch jetzt wahn⸗ finnig, und so am Ende besser, der mysteriösen Geschichte nicht weiter nachzuspüren. Als fie deßhalb vergebens am Bahnhof wie am Hafen Nachforschungen gehalten, ließ der Inspeltor die Sache auf sich beruhen und lehrte nach Hause zurück mit dem Vorsatze nach Kräften für die unglüchkliche Frau zu sorgen und dem Commerzienrath einige per⸗ ständliche Worte zukommen zu lassen. 1I1I. Kapitel. — Esmnbard Steinhöfer saß in seinem Zim- mer, emsig an den Modesl einer kleinen Ma schine arbeitend. Ein neuer Geist schien seit dem Tage, an welchem er Hartmuths Zeilen gelesen, ihn zu beleben; die Träumereien gewaltsam ban⸗ nend, wandte er sich mit eisernem Fleiße den pruktischen Wissenschaften zu, besuchte die poty- technische Schule und war haufig auf der oäterlichen Fabrik zu finden, um sich von den Arbeitern bald dies, bald jenes erklären zu lassen. Alle liebten den freundlichen jungen derra und sehnten die Zeit herbei, wo er die Fabrik übernehmen würde. Der Vater freute sich im Stillen dieser wohlthätigen Veränderuug und ließ ihn un⸗ umschränkt gewähren, während die Mutter mit ihren beiden Complicen sich von ihrer ersten Ueberraschung kaum zu erholen ver⸗ mochte und auf neue Pläne sann. „Nur ruhig, keine Uebereilung, Kinder!“ oflegte der Notar mit seiner gewöhnlichen Ruhe zu sagen, „wir haben den Commerzien⸗ rath im Netze; mag er zappeln, so viel wie er will.“ Die Reise schien er gänzlich aufgegeben zu haben; als seine Frau ihn daran erinnerte blickte er sie finster an und sprach: „Es scheint, daß vier Augen Euch hier zu viel sind — noch bin ich Herr im Hause, — dütet kuch vor meinem Mißtrauen!“ Er war jetzt ruhiger und sicherer wieder in seinem ganzen Wesen; fürchtete er jetßzt doch nicht mehr das Gespenst neuer Erban⸗ prüche, feitdem er von dem Polizei-Inspektor einen Brief erhalten, worin dieser ihm die raurige Episode mit seines Bruders Gattin uind Kindern mittheilte. Es war dem stolzen Manne freilich unlieb, einen theilweisen Mit⸗ wisser seines Geheimnisses in jenem Beamten zu daben, und er hätte gern die betreffenden Papie re, welche jener in Verwahrsam genom⸗ men, gehabt. Doch durfte er sich leine Blöße geben, genug, daß die ganze Familie jetzt mit einem Schlage unschädlich für ihn gemacht worden; donnte er nun doch wieder ruhig schlafen und äch des Genusses freuen. Er antwortete deßhalb auch sogleich dem Inspektor äußerst freundlich, fügte eine nicht anbedeutende Summe zur Verpflegung der un⸗ —