Mary eine Unterredung zu erlaugen, den hun⸗ derte von Augen und Ohren waren geöffuet, die Königin zu bewachen, und niemals durfte er die Ursache sein, daß auf ihre malellose Reinheit der kleinste, dunkle Flecen fiel. So schwanden ihm die Tage in Furcht und Hoffnung, ob sich nickt endlich eine gün— stige Gelegenheit bot, die Königin unbeobachtet zu fprechen, dahin. Die Traurigkeit des eng⸗ lischen Herzogs war an dem leichtfertigen franzöftischen Hofe bald aufgefallen, aber ver⸗ gebens hatte man sich bemüht. einen Grund seines verschlossenen Wesens zu finden. Nur Franz J., der sich lebbhaft für die schöne Mary interessirte und sie mit scharfem Auge beobachteie, war durch sie selbst auf die Vermuthung gekommen, ob nicht zwischen der Königin und dem Herzoge von Suffolt ein Verhaͤliniß existire. Ihm war es nicht ent ⸗ gangen, mit wie viel Theilnahme und Schmer die Augen der Königinoft auf des Herzogs bleichem Antlitz ruhten, und er war ju sehr Kenner des weiblichen Herzens, um darin nicht einen Grund zum Argwohn zu erblicken, und es machte ihm nicht geringe Freude, das Räthsel, was dieses Muster von Tugend um— gab, zu lösen. C. An einem sonnigen Märztage, ber eilig den Schnee auf allen Dächern schmolz, be— theiligte ich die Königin Mary zum ersten Mal wieder an einer Jagdpaxihie, so wenig Freude es ihrem weichen Herzen auch machte, die friedlichen Thiere zu stoͤren und zu jagen. Die Sonne hatte sie in's Freie gelodt, auch hoffte sie, draußen einmal wieder etwas freier aufathmen zu können, als in den prächtigen Gemächern des Schlosses, und es wurde ihr in der That leicht um's Herz, als sie an der Seite Königs Franz J. dahinritt und die Sonne so warm und labend ihr ins Hert drang. Wie lange Zeit war verflossen, daß sie sich nicht so wohl, so frei gefühlt hatte; die frische Luft hauchte ihre Wangen rofig an, und der Herzog von Suffolk, der in einiget Vntferrung ritt und Mary scharf beobachtele, war in seiner Eifersucht nur zu geneigt, ihre heitere Laune der Unterhaltung des Konigs zuzuschreiben. „Sie liebt Dich nicht mehr,“ wiederholte er sich, „sie hat alles vergessen was unz beide — ob auch sie? — einst so glücklich gemacht. Wie bald, und sie ist, angestedckt von dem leichten Sinn des französischen Hofes, für immer für mich verloren.“ Als die Jagd ihren Anfang genommen und die Gesellschaft fich getrennt hatte, zog die Königin⸗Wittwe es vor, auf dem breiten Waldpfade zu bleiben, da sie es nicht über's Herz bringen konnte, salber an einem Vergnügen Theil zu nehmen, das ihr Schmerz bereitete. Still, und in Gedanken versunken, merkte sie kaum, daß ihr Roß in einen scharfen Trab überging, um so weniger, da sie wußte, baß sie einen Begleiter hatte. Wer, das war ihr freilich gleichgültig, sie hörte nur das Stampfen und Wiehern eines Rosses, und, dadurch vollkommen beruhigt, ritt sie weiter und weiter, ohne sich um den Lauf der Zeit und um den Weg zu kümmern. Endlich erwachte sie aus ihren Träu— mereien und dachte daran den Rückweg einzu⸗ schlagen, da die Sonne bereits hoch am Him⸗ mel stand. Sie wunderte sich jetzt selbst über ihren stummen Begleiter, dessen Pferd nur uoch seine Gegenwart verrieth und glaubte einen französischen Diener zu erblicken, da einer der Cavaliere sich schwerlich so lange in respect⸗ poller Entfernung gehalten hätte. Rasch wandte: sie ihr Pferd um — ein Schrei eutschlühpite ihren Lippen und das Thier bäumte fich so hoch auf, daß Mary es nur mit Mühe halten konnte. Charles — Herzog von Suffoll!“ flü⸗ flerte sie leise, aber dieser hatte mit scharfem Ohr die Worte vernommen, er hatte gehoͤrt, wie fie ihm den alten Namen zurückgab, der stets wie Musik in seinen Ohren klang und die Freunde und das Entzücken preßlen ihm das Herz zusammen. ———— „Mary!“ rief auch er jetzt zögernd aus. „»Ist es denn wahr? Träume ich auch nicht — Du hest noch den Namen für mich! Du hast mir das Leid dergeben, was ich Dir einst in jenen Unglückstagen, die eine Scheide⸗ wand zwischen uns aufrichteten, zugefügt? O. Mary, Barmherzigkeit, sprich es aus das