St. Ingberler Anzeiger. — MHA Der St. Ina bereer Anzeigierr (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstagt⸗, Donnerstags⸗ und Sonntag Panimer) erscheint wöchentlich vie rm al: Dienstag, Donnexstag, Samstag und Sonntag. Abonnementspreis vierteljaͤhrig 42 Krzr. ode 12 Silbergr. Anzeigen werden mit 3 Krzr. die dreispaltige Zeile Blatischrift oder deren Raum berechnet. — 18172 —D — Samstag, den 20. Januar CEhronik der Greignisse des Jahres 1871- 19. Januar. Ein bedeutender Ausfall der Pariser Garnison vom Mont Valetien gegen das 5. Armeecorps siegreich znrückgewi esen. — Sieg—⸗ reiche Schlacht bei St. Quentin des Generals v. Göben gegen Faidherbe, die Stadt wird Abends besetzt. — Die Beschießung von Longwy beginnt. — Abtheilungen der 2. Armee besetzen Tours. — Vorpostengefechte württemb. kruppen bei Aillevillers (nördl. St. Loup). — Der Präßfekt des Gironde⸗ Ddepartements ordnet neue Austreibungen Deutscher an. Schüttinger-Barih in Betreff der bayerischen „Reservatrechte“ die jz Majorität zu erhalten, vm dadurch den deutschen Einheitsbau aus seinen Fugen zu treiben ? In Bezug auf das Letztere möchten wir mit Wallenstein sagen ? * e Wär' der Gedank' nicht so verwünscht gescheidt. * Man wär' versucht, ihn herzlich dumm zu nennen!“ Jenem alten Syrakusaner fehite doch nur der Angriffspunkt, um die Erde aus ihren Angeln zu heben; unsern Herrn Patrio- ten dagegen fehlt um ihre Pläne zu cealisiren nur dreierlei: Ein Archimedes, dessen Hebel und der richtige Angriffspunkt. — Lieb' Baterland, magst ruhig sein —— .. St. Ingbert, 19. Januar. Schon ist unsere A geordnetenkammer wieder geraume Zeit zersammelt; doch fragt mau nach den bereits erledigten Arbeiten, o ist gar Weniges zu nennen. Daß dieser Schneckengang unserer Landtagsarbeiten draußen im Lande alle Gemüther mit AUnwillen, ja man möchte fast sagen mit einem gewissen Entsetzen vor den berrotteten Zuständen unseres bayerischen parlamentarischen Lebens erfüllt, ist da wohl leicht zu begreifen. Und wenn sich dieses Ge⸗ fühl bis jetzt in den verschiedenen Kreisen der Gesellschaft noch nicht in drastischerer Weise Luft gemacht hat, so ist anzumehmen, duß daran lediglich ein anderes schuld ist: das einer gewissen behag⸗ lichen Sicherheit, die auf dem soliden Untergrunde des „Deutschen Reiches“ ruht. Diese Empfindung ist so stark, daß sie sogar der Entrüstung über die Kammexwirthschaft einen kleinen humoristischen Beigeschmack zu verleihen im Stande ist. Es ist in der That ein Genuß, zu sehen, wie diese ultramontane Kammer-⸗Majorität, die mit solch anmaßendem Selbstgefühl ihre Aera begann, nicht blos pvon Jahr zu Jahr mehr herunterkommt und aus dem Leim zu gehen drohte; sondern anch von Monat zu Monat, von Woche zu Woche sich immer mühseliger abzappelt, um doch wenigstens Einiges zu Stande zu bringen, womit sie ihren Wählern noch weiterer Sand iu die Augen streuen kann. Könnten diese freilich sich ein Urtheil darüber bilden, welch' schmähliche Niederlagen die bisher⸗ igen Ausschußverhandlungen und Kammersitzuugen den Herren Hatrioten stets gebracht haben, so müßten auch dem Dümmsten unter ihnen endlich die Augen aufgehen über den Betrug. der unter dem gewichtigen Namen der Religion uad der Vaterlandsliebe mit ihm gespielt wird. Aber dafür, daß er sich die Auge nicht aus⸗ wischen kann, sorgt man durch neue Spektalelstücke, durch die man ihn aber auch wieder von Neuem über den Löffel barbirt.. Ihre Majorität ist freilich auch schon im Laufeder Zeiten elwas zusammengeschrumpft. Sie glaubten im Rohre zu sitzen ünd wollten sich einmal ordentlich Pfeifen schneiden; doch diese fallen ihnen unter den Händen ins Wasser und sind auch trotz alles La⸗ mentirens nicht zu retten. Und wenn sie ja einmal eine sicher wähnen, so fehlt iht — 0 grand Malheur —: das Stöpsel. Doch troͤsten sie sich mit dem guten alten Töffel: Regnets Brei, fehlt ihm der Löffel! So ganz harmlos ist die Sache jedoch nicht. Denn das Vollk leidet darunter, und besonders diejenigen Klassen der Gesellschaft, die von der Kammer „Etwas“erwarten, nämlich Besserstellung ihrer oft traurigen Lage. Man hält lange breitspurige Reden, stets die Gelegenheit an den Haaren herbeiziehend, um der Regier⸗ ung wie den Liberalen „eins“ anzuhängen und zwar nicht Reden, die so blinkend sind, in denen sie den Menschen Schnitzel kräuseln, sondern im Zeloteneifer nach der Art fanatischer Klopffechter. Daß die Herren Patrioten dann, sowohl von Seiten des Ministertisches wie von Seiten der Liberalen, nach dem Sprichwort „Auf einen zroben Klotz einen groben Keil“ gebührend heimgeleuchtet bekommen, gersteht sich von selbst. Dadurch wird aber die Erledigung wich—⸗ igerer Angelegenheiten auf die lange Bank hinausgeschoben zum größten Rachtheil der davon Betroffenen. Selbst die gemäßigsten Blätter drücken sich über das Einbrin⸗ gen der verschiedersten Anträge und Beschwerden seitens det Ultra⸗ montanen vor die Kammer aus, es habe den Anschein, daß die altramöntänen Koryphäen ges parlamentarischen Feuerwerks in der Fammer nicht verlustig gehen wolten, indem sie es sehr nöthig brauchten, um das sinkende Vertronen ihrer Anhänger wieder aufzurichten. Oder glaubt man wirk.ich, für den „Ignitiativanirag“ *. Irn Frankreich hat sich der gesammie Clerus in wilder Op⸗ vositivn gegen den Unterrichtsplan der Regierung für die niederen Schulen erhoben. Gewöhnt mit dem Bonapartismus auf vertrau— estem Fuße zu leben und sich gegenseitig in Freundschaftsbezeug⸗ uingen überbietend, sieht er in dem Unterrichtsplan der jetzigen Negierung der im Gunzen ganz gemäßigt ausgefallen, einen Ueber⸗ griff in seine Rechte. Obwohl derselbe die geistlichen Schulen heläßt und die Unentgeltlichkeit nicht enthalt, sondern nur den »bligatorischen Schulunlerricht, also Schulzwang, wie bei uns, ein— ührt, so ist doch eine Aunahme des Gesetzesvorschlags nicht zu erhoffen, einzig die Folge der clericalen Opposition und Agitation Jjegen denselben. Die Gegner erkennen damit an, daß Hebung der Intelligenz nicht zu einer ader zu der Grundbedingung der Regeneration des französischen Volkes zähli. Sie scheinen aus bornirtem Eifer nicht zu begreifen, daß der Staat das Recht be⸗ sicht, die Bürger zur Erfüllung ihrer Pflichten zu zwingen, und zie erste Pflicht der Bürger ist doch wohl die, dem Vnterland einen rüchtigen, gebildeten und gesitteten Nachwuchs zu liefern. Nicht in einer ungezählten Anzahl von Hinterladern, von gezogenen und ungezogenen Kanonen, auch nicht in den Hunderttausenden von Soldaten liegt die moaralische Stütze und Stärke eines Staates, sondern in feinen Erziehungs- und Bildungsanstalten, seinen Schulen. e J Dieß sieht man in Frankreich auch wohl ein, und darum nimmt die Discusfion der Unterrichtsfrage mit' jedem Tage einen schärferen Charakter an. Der „Temps“; eines⸗ der gemäßigsten Organe, ürchtet, daß der Kreuzzug, den die Kirche gegen diese von der zffentlichen Meinung so einstimmig geforderte und von der Vernunft zebotene Reform führt, gegen die Religion selbst zu Repressalien aufreizen werde. Zam Schluß meint er, die Unterrichlsfrage stelle äch jetzt in der Weise den Franzosen dar: „Will Frankreich sich der religiösen Autorität unterwerfen, nachdem dieselbe die Verldr⸗ perung der Engherzigkeit, der Dummheit und der Gewaltthätigkeit zeworden ?“ Eine noch heftigere Sprache führen andere Blätter. Und so dürfte der Bischof von Orleans nicht so ganz Unrecht haben, wenn er, wie gemeldet wird, in einem nach Nizza gerichteten Schreiben u. A. sagte: „Es ist Alles zu vertheidigen, denn Alles st angegriffen.“ Es fragt sich nur, ob der Weg, der von den Angegrissenen zur Vertheidigung gewählt wird, statt ihre Sache zu retten, dieselbe nicht noch mehr gefährden muß. Deutsches Reich. München, 15. Jan. Der Abg. Hauck hat seinen durch das Ausschuß Minoritätsgutachten bezüglich der Beschwerde des Bischofs von Augsburg hervorgerufenen Nachtrag zu seinem Be⸗ richte vollendet und wird denselben in einer hierzu auf morgen Abends anberaumten Sitzung des Ausschusses vortragen⸗ Bis Donnerstag oder Freitag soll dann der gesammte; Ausschußbericht, dem eine Reihe Aktenstücke beigegeben ist, an die Abgeordneten ver⸗ heilt werden und daun kommenden Montag die Berathung in der dammer beginnen. Unmittelbar an dieselbe soll sich dann die Be⸗ rathung des Schüttinger'schen Fiiveage anschließen. Zur Sicherstellung eines Ngeelgneten Unteroffizier-Ersatzes bei der zur Occupationsarmee in Frankceich gehörenden, beziehungs- weise den in Elsaß-Lokhringen dislocirsen Truppentheilsen wurde