Sl. Ingberker Anzeiger. der St. Fnaberter Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗ Donnerstags⸗ und Sonniagt lummer) erscheint wöchentlich vi er m al. Dienstag. Donnerstag, Samstag und Sonntag. Abonnementspreis vierteljührig 42 Krzr. oder 12 Silbergr. Anzeigen werden mit 4 Krzr. die dreispaltige Zeile Blattschrift oder deren Raum berechnet. 113. Samstag, den 20. Juli 1872 **St. Ingbert, den 19. Juli. erschüttert, geht dieses von der Natur so reich gesegnete und einst Zur Lage. io blühende Reich einer traurigen Zukunft entgegen. Ueberall politische Windstille; nur von Zeit zu Zeit ein — — — was frischer Luftzug von Versailles und Rom aus, der aber icht sehr ernster Natur sund wenig zu denken, giebt. Die Fürsten und ite ersten Rathgeber sind cder gehen aus Reisen, um sich gegen⸗ itig Besuche zu machen, den Conjectural- und Wirthshauspolitikern cdurch vielen Stoff zum Fabuliren bietend. Theils haben sie sich uch in die Stille ländlicher Einsamkeit zurückgezogen oder suchen mden Heilquellen Stärkung, Erholung und neue Kraft für die nmende schwere und doch so süße Last des Regierens, welche die jorseyung ihnen auf die Schultern gelegt hat. Und so waltet fast mallen Staaten in politischer Beziehung Frieden, wenn auch ur oberflüchlich. Denn in der Tiefe arbeitet es rastlos fort und att und unaufhaltsam gehen Fürsten und Völker ihrem Geschicke utgegen. Das ist Geschichte! Im deutsscchen Reich ist das Gesetz über die Aus⸗ reisiung der Jesuiten und der ihnen verwandten Orden und jongregationen veröffentlicht worden, und die von demselben Be⸗ roffenen schnüren bereits ihre Bündel, um das Ausland mit ihrem zegen zu beglücken. Uebrigens hat Deutschland keine Ursache den süngern Loyolas eine Thraäne nach zu weinen, und diese werden vohl für immer ausgeträumt haben den Traum von einer aber— aligen Beherrschung des deusschen Volkes und des deutschen xistes. „Wir gehen nicht nach Canossa“, so sprach ohnlängst im zeichstage der deutsche Reichskanzler und wir dürfen ihm vertrauen. och lange sind die Maßregeln der Regierung im Vorgehen gegen e renitenten Bischöfe nicht erschöpft, wie die officiöse „Provinzial oxresp.“ in einem jüngsten Artikel mittheilt, und haben fich eselben noch Schärferes zu versehen, falls sich die Sachlage nichi ndern und die Stellung der Kurie zum Reiche keine andere xrden sollte. Freilich wäre es der Rtegierung auch lieber, nicht um Außersten greifen zu müssen. Inzwischen ist es zwischen den eiden Hauptorganen des Ultramontanismus in Norddeutschland, er „Germania“ in Berlin und der „Schles. Volksztg.“ in Be— ug auf die rechtige Auslegung der viel besprochenen päpstlichen insprache zu einer Differenz gekommen, die tägüch an Bedeutung winnt und zeigt, daß es mit der vielgerühmten Einigkeit im itramontanen Lager nicht gar so weit her ist. In Frankreic versichert Hr. Thiers bei jeder Gelegen⸗ at, daß, so lange er am Ruder sei, er für die conservative cpublik wirken werde und läßt sich dafür von der Linken Beifall sufen, während ihn die Rechte duf alle mögliche Weisen unter— acht. So spielt sich in der Nationalversammlung ein Skandal ch dem audern ab, durchaus nicht geeignet, die Welt dabon zu Xtzengen, daß Frankreich die „gebildeste“ Nation sei. Das Regi⸗ ent des Herrn Thiers hat übrigens durch den Abschluß des agsten Ucbereinkommens mit dem deutschen Reich an Bestand donnen und ist auch die gegen ihn augezettelt gewesene roya- iishe Verschwoͤrung vorläusig ganz in den Hintergrund getreten. „Kach allen Anzeichen wird die nächste Papstwahl nicht ohne nnischung der Machte vorübergehen. Diplomauische Unterhand⸗ Ahen betreffs derselben find bereiis im Gange und will nur eine mige der dabei betheiligten Mächte sich den ingeleiteten Schritien J anschließen. Diese Macht wird wohl keine andere sein als iankreich. Beunruhigender vie in Spanien ist wohl in keinem andern p die Lage. Trotz aller angeblichen Siege sind die königl. phen immer noch acht vollstandig Herr der Carlistischen Be⸗ n und wird es König Amadeus schwerlich gelingen das nde Staatsschiff in den Hafen der Ruhe zu führen; denn * lezter Versuch, durch sirenges Festhallen an der beschwo— VDasassung die Parteien zu beschwichtigen, dem Volke Ver⸗ einzuslößen und das Land einer gesehmäßigen Entwickelung r zu führen, kann schon jetzt als gescheitert betrachtet werden von zahllosen Parteien unierwühlt und in seinen Grundlagen Deutsches Reich. München, 12. Juli. Der Kronprinz von Preußen passirte mit seiner Gemahlin gerade an dem Tage die hiesige Stadt,an velchem er ein Jahr zuvor an der Spitze unserer Truppen den kinzugsfeierlichkeiten angewohnt hat. München, 16. Juli. Wie wir vernehmen, hat der Aus⸗ chuß des Bundesraths das Referat über den von einer Commission ʒearbeiteten Entwurf eines Civilprozesses des deutschen Reiches dem hayerischen Justzminister Dr. Fäustle übertragen. — Der Minister des Innern, v. Pfeuffer, der zur Zeit in der Pfalz verweilt, wird von dort aus Metz und andere Orle in Elsaß⸗Lothring en besuchen. München, 17. Juli. Der Kronprinz des deutschen Rei⸗ hes hatte gestern eine längere Unterredung mit dem Kriegs⸗Mini⸗ ter und dem General v. d. Tann. Wie es heißt, würde die In⸗ peltion der bayerischen Armee durch den Kronprinzen nicht in ziefem, sondern erst im nächsten Jahre stattfinden. München, 18. Juli. Der Kronprinz und die Krondrin⸗ essin von Preußen, von der Königin⸗Mutter nach dem Bahnhofe ꝛegleitet, sind um 94 Uhr bon hier nach⸗ Berchtesgaden abgereist. Der Kronprinz wurde von der zahlreich versammellen Menge sehr ebhaft begrüßt. München. Vom Kriegsministerium wurde der Befehl er⸗ lassen, daß alle Truppenabtheilungen der bayerischen Armee mit vollem Nachdruck dahin zu wirken haben, das Retablissement und pie Ergänzung der Vorrälhe der Truppen auf die voll⸗ Kriegs⸗ tärke bis Ende September Jl. J. zum Abschlusse zu bringen. Bis jum 10. October ist von jedem Regimente oder Bataulon eine zenaue Nachweifung über den Soll- und wirklichen Besitzstand an riegsbrauchbaren Bekleidungs⸗ und Ausrüstungsstücken nach dem Bestande des 30. September dem Kriegsminifterium in Vorlage zu bringen. München. Gerüchtweise wird der „Abendzeitung“ ge⸗ neldet, der Reichsrath Prof. v. Pözl sei zum Cultusminister ausersehen, Hr. v. Lutz solle das Ministerium des Aeußeren über⸗ nehmen. Wir bezweifeln, ob Hr. v. Pozl letzt mehr Lust hat als rüher, das Cultusministerium zu übernehmen. Kaiserslautern, 18. Juli. Der Erzbischof von Utrecht jat gestern 35 altkatholische Kinder gefirmt und eine Trauung oslzogen. Heute Nachmittag 89 UÜhr erfolgte die Abreise nach Z3weibrücken, wo morgen altfatholischer Gottesdienst und Firmung dattfindet. In Saargemünd isi die Zahl der Optionen verhält⸗ nißmäßig gering. Meistens sind es Fabrikarbeiter, welche sich für die französische Nationalität erklären, obwohl sie nicht ernstlich haran denken, auszuwandern. Den Grundbesitzern und Industriel en fällt es schwer, die Stadt zu verlassen, da letztere täglich an Wichtigkeit zunimmt und die Industrie blühender ist als je vorher. Ulle sind einig darüber, daß Saargemünd einer glänzenden Zu⸗ unft entgegengeht, und schon nennt man die Siadt gerechter Weise Klein⸗Mülhausen.“ Straßburgq, 15, Juli. Mit dem 1. Juli ist die Ein⸗ ührung der deutschen Sprache als amtliche Geschäftsfrage in dem rößeren Theile Deutsch-Lothringens zur Ausführung gelangt. Die Durchführung erstreckt sich aber nicht blos auf den Gebrauch der deutschen Sprache als amiliche Geschäftssprache, sondern mit deren Einführung schwanden auch alle französischen amtlichen Be— nennungen. So haben wir jetzt statt der Maires Bürgermeister, und statt der Buralisten Ortseinnehmer u. dgl. m. Sogar die amtlichen Bekanntmachungen durch die Orisschelle oder Trommel erfolgen von jetzt ab in beiden Sprachen. Zur Erleichterung der Durchführung dieses Gesetzes werden, wo nöt dig, beeidigte Ueber⸗ setzer angestelst. Aus Elsaß-Lothringen, 15. Juli. Unter unserer sungen Männerwelt grassirt gegenwärtig eine sehr bösßartige Krank—⸗