Diplomatie mag leichter vergessen als das Volk! Das italienische Volk hat keinerlei Ursache, den Oesterreichern entgegen zu jubeln.“ Venedig, 5. April. Der Einzug des Kaisers von Dester⸗ reich in Venedig ist unter der Entfaltung eines Pompes, wie er nur der alten Lagunenstadt zu Gebote steht, vorustch gegangen. Die Resie längst entschwundener Herrlichkeiten waren hervorgeholt und zusammengetragen; sie verschaffien Vencd'g das Aussehen einer Feeenstadt. Von frühestem Morgen an wogte eine große Menschen⸗ menge durch die Straßen. Die Treppen zur neuen Eisenbahnbrück⸗e, welche vom Bahnhofe über die Lagune führt, waren so gepfropft boll von Neugierigen, daß an eine Communication gar nicht zu denken war, und wenn wan nur aufwärts zum Palazzo Papade— poli sah oder niederwärts bis an den Palazzo Caleri, überall fiel der Blick auf Tausende festlich gegutzter Menschen, welche stunden⸗ lang des Augenblicks harrten, in welchem die beiden Monarchen den Bahnhof verlassen sollten. Drinnen im Bahnhofe hatten sich die militärischen und politischen Notabilitäöten eingefunden. Die Wartehalle war mit den Bannern Oesterreichs und Italiens ge— schmückt; den Wartesaal hatte die Kunst der Hofgäriner in einen Blumengarten umgewandelt, dessen Düfte fast betaubend wirlten. Eine Compagnie Carabinieri in ihren kleidsamen dunkelen Uni— jormen und einet Compagnie des 21. Reniments bildeten die Ehren garde auf dem Perron. Zwischen beiden stand die Musikbande des 71. Regiments. Ein reicher Stab von Generalen und Of sizieren umgab den Großcommandanten General Pianelli. Dieser, eine stattliche, martialische Erscheinung, trug den Großcordon des Franz⸗Josephs-Ordens. Kagrradschaftlich unter die italienischen Offiziere hatten sich zahlreiche österr⸗ichische Offiziere gemischt. Um Jalb eif Uhr erschien der König im Bahnhofe. Er trug italienische Generals-Uniform, und das Band und der Stern des Siephans— Ordens zierten seine Brust. Rechts von ihm ging Humbert, links Prinz Amadeus. Die beiden Prinzen trugen den Stephans-Orden, der Herzog von Aosta auch das goldene Vließ. Fünf Minuten nach 11 Uhr kündigte der Donner der Kanonen an, daß der Hofzug Mestre passiit habe. Von den Wällen von Malghera donnerte es herüber, urd der König und seire Prinzen traten auf »en Perron. Langsam fuhr der von zwei Locomotiben gezogene brächtige Hofzug der Alta Italia in den Bahnhaf. Die österreichi⸗ sche Voltshymne brauste mäntig durch d'ie Halle. Der Kaiser, in osterreichischer Marschalls-Uniform, den Annunciata Orden um den Hals. trat leichten Schrittes aus dem Waggon und ging rasch auf Victor Emanuel zu. Die beiden Monarchen reichten sich die Hände und umarmten sich herzlich, und Kaiser Franz Joseph küßte seinen hohen Gastgeber wiederholt, dann drückte er beiden Prinzen die hand. Mittlerweiler war das Gefolge des Kaisers bereits aut⸗ zestiegen. Graf Andrassh trug die Honved-Uniform und den An— nunciataOrden. Als die Menge der hbe den Monarchen beim Hec⸗ austreten aus dem Bahnhof ansichtig wurd', ertönten laute Jubel⸗ xufe, welche sich längs des Canals fortpflanzten. Die Einbarki— rung ging ziemlich rasch vor sich. Die königliche Prachtgondel fuhr vor, und die Fürsten bestiegen dieselbe. Nun setzten sich die „ereitstehenden Ehrergondeln des Municipiums in Bewegung und diesen folgten die Fahrzeuge des Gefolges und der Gäste. Wie eine Wandel-Decorat'on zog der Schwarm der Gondeln durch den Canal Grande bis an den Giardinetio Reale. Nach der Ankunft por dem Giardinetto Reale zogen sich de be'den Monarchen in ihre Appartements zurück. Die unübersehbare Menge aber drängte nach der Piazzetta und auf den Marcusplatz. Dort standen di Bataillone verschiedener Truppengattungen, ein riesiges Carre bil dend. Der Kaiser blieb nur wenige Minuten im Palazzo Reale — gerade lange genue, um sich der Prinzessin Margaretba und die Herren vom italienischen Hofe vorflellen zu lassen. Dann trat er an der Seite des Königs auf den Marcueplatz, um die Truppen zu inspiciren, und wurde hier vom Applaus dieler Tausende em pfargen. (M. Fr. Pr.) Venedig, 7. April. Von unierrichteter Seite wurde con—⸗ datirt, daß die einzige bekannt gewordene Demonstra tion gegen staiser Franz Josepb darin bestand, daß die cherikale ,Unita zattolsca“ mit Trauerrand erschien. VBermischnes. f Zweibrücden, 7. April. Dem pfälzischen Gewerbe— museumsverenn sind weiter bergetreten: Die Gemeinde Altheim mit einem Gründungsbeilrage von 12 Mark und die Gemeinde Watt veiler mit einem Gründungsbeitrage von 6 Mark und dem statuten⸗ mäßigen Jahresbeitrage von 4 M. F Iu der Polizeigerichtssitzung vom 7. April wurde in Ka serslautern gezgen eine größere Anzahl Eltern, welche ihre Kinder nicht zur Schule anhalten, sowie gegen Sonntagsschüler, welche d'e Schule versäumten, Geld- und Haftstrafen verhängt und zwar gegen 30 Personcn Hafistrafe von 128 Tagen. — In derselleun Sitzung wurden zwei Bursche wegen rohen »d undezorenen Neneßmens in einer Mirrthschaft. Rnsultirung eines Gastes und indem sie dem Wirthe die Fensterscheiben ein varfen, zu 30 Tagen Haft verurtheilt. .Die Pfalz hat adermals die traurige Ehre, die meister Wehrpflichtigen mit mangelhafter Schulbildung zu besihzen. Nad dem vom Cultusministerium veröffentlichten Ergebniß der mit der Wehrpflichtigen des Jahrganges 1874 vorgenommenen Prüfure zeigten in der Pfalz 13,1 Procent, in der Oberpfalz 10,8 Proc in Oberfranken 7,2 Proc. in Nie d erbaiern 5,6 Prec. in Untei frauken 4,2 Proc. in Oberbohern 3,2 Proc. in Schwaben 2,8 Pr und in Mittelfranken 2.1 Proc., eine mangelhafte Schulbildung. F Die „Pfälzer-Ztg.“ bespricht das Betriebs-Ergebniß de Zpeier · Heidelberger Eisenbahn, das ein so geringes sei, daß die Attien der Bahn „per Eisenbahngesellschaft gar nicht mehr an der Borse gehandelt werder, weil sie Niemand will und man sie nich einmal zu Schleuderpreisen anbringen kann. Tausende von Gulden zehea auf diese Weise verlceren.“. Der Verkehr bringt, wie da— enannte Blatz schreibt, der Bahn kaum die Betriebskosten ein, das Zugpersonal ist zwijchen Speier und Schwezingen oft zahlreicher als die Reisenden. Der Betrieb ist nichts weniger als laufmännisch und spekulativ. Sogleich bei Eröffnung der Linie wurden di— Fahrpreist aller Classen so hoch gesetzt, daß man hätte glauben dnnen, die Direction wolle mit Absicht den Verkehr von ihren Bahn fernhalten! Auch jetzt noch, nachdein die Pfälzischen Bahnen hre Personentaxen erhöht haben, sind die Fahrpreise der Speier Heidelb.rger Bahn zu hoch. In Saarbrücken-St. Johann sind feit dem1 April die Volksschulen tonfessionell gemischt. Au der Spitze dier selben steht als Direklor Dr. Froͤhlich, früher Schuldireitor ir Hörde (Westfahlen), derselbe ist zugleich Kreisschulinspeltor. 7 Die Progymnasien zu St. Wen del und Prüm und die höhere Bürgerschule in Dülken, sowie die Realschule zu Ober stein-Idar haben die Bered tignug zut Ausstellung gültiger Zeug: nisse über d'e wissenschaftliche Befähigung zum einjährigen freiwil ligen Militärdienste erhalten. 7Munschen, 6. April. Die von dem obersten Schu rathe im kgl. Kultusministerium geflogenen Berathungen Detreffs der Reorganisation der Gewerbschulen nehmen einen so erfreulichen Fortschritt, daß die Einführung der muen Schulordrung, wenn auch noch nicht uit lonmmen dem, so doch bestimmt mit dem Schul— jahre 1876,77 in Vollzug gesttzt werden kann. 7 Das Kriegsministerium hat bie im 2. Quartal ds. Is in den einzelnen Garnisonen der Pfalz zuhlbaren Verpflegungẽ zu ichüsse pro Tag folgendermaßen festgesetzt. Germersbeim, Unter affiziere 7 kr., Mannschaften 5 kr.; Speher Unteroffiziere 6 kr. 1hl., Mannschaften 4 Ir. 1hl.; Zweibrücken Unteroffiziere 6 kr. 6uhl., Mannschaf en 4 kr. 6 hl. BadenBaden, 7. Abril. Georg Herwegheist heute früh hier gestorben. F Im Laufe der letzten Tage starb zu Osternbur g bei Oldenburg eine junge Frau, und man traf bereits Anstalten zum Begräbnisse. Nachdem die Leiche bereits 9 Stunden im starren Justande dagelegen hatte, kam das kleinste 8313 Jahr alte Kind allein herzu und fiel mit großem Jammergeschrei ungestüm seiner nischlafenen einsam daliegenden Mutter um den Hals. Ploͤßlich erhob sich die blasse Gestalt, sah verwundert um sich und sprach Kind wo ist der Vater, geh, und hole ihn!“ Natürlich war die Freude über das Wiedeterwachen groß. Die Frau war nicht Itodt, wie zer Arzt erllärt haben soll, sondern hatte nur einen Herjkrampf. f. Berhin, 3. April. Einen nichts weniger als harm losen Aprilscherz erlauble sich gestern das Dienstmädchen eines in der Rosenshalerstraße wohnenden Kaufmannes. Die wenig an die Jolgen deakende Küchenfee rief aämlich ihre Herrin mit den Wor— en in die Qüche: „Madame, den Herrn hat der Schlag gerührt!⸗ rmächtig sank die Frau zusammen; als sie aber nach längerer Zeit wi der zu sich kam, sah sie das dumm lächelnde Gesicht ihres Dienslmädcheus, welches ruhig dadei stand und sich dhöchlich zu amüsiren schien, daß ihre Worte ss gewirkt halten. „Aber Mada neten uck habe Ihnen ja man blos in'n April schicken wollen!“ F C(Die vielfach noch cursirenden 10-Thaler⸗Roten der Natio nalhank in FKuxemburg) sind durch das neue Bankgesetz für den inlandischen Verkehr seit dem 1. April werthlokgemacht. Das Sesetz enthuͤlt bekanntlich die Bestimmung, daß ausländische Ban tnoten, wenn sie ausschl'eßlich oder neben anderen Werrhbestim nungen in Reichswährung oder einer deuischen Landeswährun ausgestellt sind, innerhalb des Reschsgebietes nicht mehr zu Zah lung gebraucht werden dürfen; wer also in solchen fremden Noter noch Zahlung leistet, befreit ssich dadurch nicht don seiner Ver bindlichleit. f Ein schreckliches Verbrechen kam dor Kurzen zuß Nantes an da⸗ Tageslicht, nachdem es dreißg Jahre langeverborgen geblieben war. Da nals starb dortein junges Madchen, Marie Guerni,kurze Zeit vorder dochzeit an Kraukheitserscheinungen, aus welchen man auf Vergiftung ichließken konn⸗ Die Behärden nahnen die Sache in di—