St. Ingberler Anzeiger. — Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal woͤchentlich) mit dem Haupiblatte verbundene Unterhaltungsblatt. GSonntags mit illustrirter Beei lage), erscheint wöchentlich viermalz Dienstag, Donnewstag, xXV— Abonnementsopreis beträgt vierteljahrlich WMark 20 R.⸗Pfg. Anzeigen werden mit 10 Pfa., von A nwarts mit 13 Pf. fur die viergespaltene Zeile Blattschrift oder deren KRaum. Reclamen mit 30 Pfg. pro Zeile berechnet. —α M 1588. Donnerstag, den 5. Oetober n 1 J 1376. Deutsches Reich. Berlin, 3. Oltober. Wie das „Berl. Tgbl.“ von mehreren Reichstagsabgeordneten erfahren, wird der von der Justizkommission Jerworfene Antrag, betreffend die Verpflichtung des Staates zur Zahlung einer Entschädigungssumme an widerrechtlich verhaftete hHersonen, im Plenum von Neuem eingebracht werden. Es dürfte on Interesse sein, zu erfahren, daß der Antrag in der Komm' ssion hon dem dvor einigen Jahren zum badischen Justizminister ervannten Abgeordneten Dr. Grimm gestellt worden ist. In seinen Motiven außerte Herr Geimm, „er verlange nicht blos, doß die Beamten wegen widerrechtlicher Verhaftung persoönlich haftbar seien, sondern auch, daß ebentuell der Staat im Unvermögensfalle für sie eintrete. Diese Haftpflicht des Staates rechtfertige sich durch die Erwaͤgung, daß die Allgemeinheit den Einzelnen bei Eingriffen in seine persön⸗ riche Freiheit, welche er seitens der Organe des Staats erleide, bensogut entschädigen müssen, wie bei Eingriffen in sein Eigenthum, welche von Slaaiswegen erfolgen. Ter Richter üde sein Amt kraft jaailicher Autoritaät aus, der Verhaftete sitze im staatlichen Gefäng—⸗ aisse, und jede Verhaftung sei gewissermaßen der Ausfluß einer seilens des Staais dem Beamten übertragenen Gewalt, für deren Mißbrauch der Staat einzustehen habe. In einer Reihe von deut⸗ schen Stoaten (Württemberg, Baden, Oldenburg, Sachsen, Thüe rringen) sei das, was der Antrag erreichen wolle, geltendes Recht, und alienthalben sei die Unverletzlichkeit der Person verfafsungsmäß'g Jarantirt.“ So der badische Justizminister Dt. Grimm, der als Mitglied des Bundesraihs für seinen Antrag dort, wie im Reichstage gewiß mit Wärme eintreten wird. Der Ausspruch des Juristeniages, und die in letzter Zeit vorgelommenen flagranten Faälle werden überdies, wie wir hoffen wollen, ihren Einfluß auf die Entscheidung der Majgrität nicht verfehlen. Die nationale Partei in Frankfurt a. M. wird als Can⸗ didaten für das preußische Abgeordnetenhaus Dr. Lasler und den dortigen zweiten Bücgermeister Dr. Berg aufstellen. (Zuchthausarbeit.) Ueber die Konlurrenz, welche na⸗ mentlich dem Kleingewerbe durch die Zuchthausarbeit gemacht wird, ind aus den davon betroffenen Berufskreisen wiederholt lebdafte dlagen laut geworden. Auch eine Nummer der „Suddeuischen Arbeiterzeitung“ vom 16. Sept. bespricht eingehend diese Kalami⸗ iat unter besonderer Bezugnahme auf die durch das Zellengefängn ß in Nürnberg geschaffenen Verhältnisse. Bekanntlich wird auch der im Oktober zu Nürnberg stattfindende „Verbandstag der deutschen Hewerkdereine“ die Frage der Zuchthausacbeit ausführlich behandeln. Die Großfabrikanten erhallen diese Arbeiten um einen Preis, wie iie kein fieier Arbeiter zu liefern im Starde wäre und ziehen elbstverstündlich daraus den größten Nutzen. Nach Mittbeilung derArbeiterzeitung“ werden im Nürnberget Zelliugefüngniß für die Konfellionsgeschäfte Kleider um einen Spoitpreis angejfertigt, ebenso werden Stiefel in Masse fabricitt. .Wer kann es — heißt s weiter — dem Handwerkir und Ardeiler verargen, wenn er nicht begreifen kann, daß er nicht nur Steuer zu zahlen hat, um die Verbrecher zu ernähren, sondern auch noch durch deren Beschäf⸗ ligung seine Existenz untergraben lassen solld“ Die Gewerkvere ne Jahen sich denn auch widerholt mit dieser ihre dtalsten Interesser erührenden Frage deschäftigt und steht demnach zu erwarten, daß der nächste Verbaudstag die Sake einer defininiven Entscheidung näher rücken wird. KRusland. Wien, 2. Oktober. Der Pforte wurde die Moͤglichtein nahe zelegt, daß bei fortgeletzter Verzögerung der Wille des geeinigten Luropa einen icharferen Ausdruck erhalien werde. Paris, 28. Sept. (Eine Enthüllung.) Die .Kott. Havas berichtet: „In der Nanonalbibliothek konnte man unter dem Kaiser zeiche niemals das zweite Halbjaht der „Gazette des Tribunaux“ des Jahres 1831 zur Duichsicht erhallen. Der Grund dezu lag darim, daß dieser Theil der Gerichtszeitang unter der Rubrik Aus⸗ ländische Trbunale“ ein Dokument enthielt, ans welchem herdor⸗ zjeht, daß Mme. Montijo nie mehr als zwei stinder aus ihrer rkihe hatie, eine Tochter, die, im Alter von 9 Monaten, im Jahr 1823 und einen Sohn, der, 15 Jahre alt, im Jahr 1827 starb; aß Herr de Montijo den 30. Otlober 1823 gestorben ist. Die kaiserin Eugenie aber ist am 5. Mai 1826, folglich drei Jahre rach dem Tod ihres angeblichen Vaters, geboren. Man bemerlt, aß es nur durch kühne Fälschung der Crwilstandsalten gelang, den Franzosen den Glauben beizubtingen, ihre Herrjscherin sei die che⸗ iche Tochter eines spanischen Edelmanns.“ Partis, 30. Sepi. Die Gräfin Montijo, die Mutter der rxkaiserin Eugenie, ist gegen mehrere franzoͤsische Blätter, so na⸗ nentlich gegen die „Didils de l'Hommme? und den „Courrier de Aisnes“ kiagbar genorden, weil dieselben, wie sie behauptet, auf hrund falscher Urkunden die schon ziemlich alte Sage wieder auf⸗ netischt hutien. daß Eugenie, die spaätere Gemahlin Rapoleon III., irst drei Jahre nach dem Tode ihres angeblichen Vaters, des Hrafen von Montijo, das L'icht der Welt erblidt habe und also vie Frucht eines illegitimen Verhältnisses sei. Der Prozeß wird jor den Zuchtpoliz⸗iger chte zur Verhandlung gelangen, wo der tZeweis der Wahrheit nicht gestattet ist. gParis, 2. Ottober. Im urrtischen Ministerrath herrscht grdßte Unein'gteit. Medrere Mitglieder fordern Widerstand dis aufꝰs Vefser. Dennoch erwartet man in hiesigen Regierungskreisen schließ⸗ lich eine günstige Antwoct auf die Friedensbedingungen der Mächte, umsomehr, als der hiesige turkische Boischafter, Sadyk˖ Pascha, eine jußerst jriedliche und versöhnliche Sprache fübrtt. Budapest, 2. Oktober. Sicherem Vernehmen nach hat Eug⸗ sand vertraulich ertlären lassen, es werde eine militärische Olkupation ürkischer Provinzen in keinem Falle gutheißen, und wenn solche rennoch erfolgen sollte, den englischen Interessen entsprechend handeln. Deute Nacmittag soll Abdul Kerim Pascha w'eder die Offensive rgreifen. Für morgen oder übermorgen wird eint entscheidende S„chlacht erwartet. Ragusa, 1. Oktober. Fürst Nikolaus von Montenegro über⸗ nohm es, aus eigenen Mitteln für die Verproviantirung der tür⸗ jchen Garnison von Medun zu sorgen, welche dem Verhungern nahe war. Die ‚N. Freie P.“ schreibt: „Von verlassiiger Seite geht ins die Nachricht zu, daß Anfangs August zwischen den Vereinigten Slaaten von Notdamerita und Rußland ein Vertrag abgeschlossen vurde, demzufolge die Ver. Staaten in Kamtschatka einen Hafen iebst zugehötigem Terrain erhalten haben, wogegen Amerika än Ruß—⸗ and 16 Monitors im Werthe von 16 Millionen. abgetreten hat. der Vertrag in bereins in Ausführung begriffen, und sind kürzlich G00 russische Seeleute, darunter 600 Ofsiciere und Unterojficiere, ämmtlich in Eivil, nach' den Vereinigten Staaten abgereisst, um ie Kriegsfloite, welche v elleicht bestimmt ist, bei der Lösung der rientalischen Frage ein großes Wort mitzusprechen, nach Europa u bringen. Der Hafen in Kamtschatka soll wegen seiner nahen Zage zu Nord-VJapan einen beionderen Werth sür die Vereinigten Staaten haben.“ Vermischtes. fZweibrücken, 2. Oct. Der wegen Todtschlags am Samsiag, den 30. Sepi., zu 18jähriger Zuchthausstrafe verurtheilte Daniel Imo aus Schifferstadt hat gestern der k. Staatsbehörde ein Feßandniß abgelegt, daß er den Waldhüter Witt erschossen und das Hewehr in der Nahe des Ortes, wo er nch von seiner Frau trennte, herborgen habe, wo man es nun auffinden wird. (Das Gewehr vurde im Schifferst dterwa'de gesunden.) eJun Edenkoben übetritt ain Freitag ein betrunkener dusar des dort einq artirten Hasaren-Regiments ein Mädchen, delches eine lange klaffende Kopiwunde erliit, ohne daß jedoch der Zchädel verlezt wurde. Der Soldal war dabei vom Pfecde ge⸗ türzt, ohne sich zu verletzen. PAus'der Näht des Reichslandes. (Pf. Ztg.) Nach⸗