St. Ingberler Anzeiger. Ber St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sountags mit illuftrirter Bei- sage), erscheint wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementepreis beträgt vierteljahrlich lMarl 20 R.⸗Pfz. Anzeigen werden mit 10 Pfg., von Auswärts mit 15 Pfz. für die viergespaltene Zeile Blattschrift oder deren Raum. Reckamen mit 30 Pfa. pro Zeile berechnet. 8 55. Dienstag⸗ den 10. April — 1877. — Deutsches Reich. 2*8 —A—— sidenten des obersten Gerichtshofes und Reichsrathe der Krone Bayern Dr. v. Neumayr den Rothen Adler⸗ Orden 1. Klasse ver⸗ liehen. — In München waren am 4. April 90 Mitglieder des Bereins der Lehrer an den bayerischen Studienanstalten versammelt. Fine von Herrn Subrektor Müller vertretene These, betreffend die fakultalive Ansetzung einer J. Gymnasialklasse an die ifolirten dateinschulen, wodurch den diese Anstalt Besuchenden die Möglich- keit verschafft würde, das Reifezeugniß für den Einjährig-Freiwilligen⸗ dienst zu erwerben, wurde einstimmig angenommee. Berlin, 7. April. Die „Nordd. Allg. Zig.“ schreibt: Betreffs der Entscheidung über das Entlassungsgesuch Biemarck's ei auch heute Zuverlässiges nicht zu hören. Alle aus dem Rahmen einer Stellvertretung heraustretenden Gerüchte, seien als unwahrscheinlich anzusehen. — Wenn vielfach davon die Rede ist, daß der Urlaub nur als mildere Form des definitiven Rücktritts aufzufassen ist, so trete doch deutlich genug hervor, daß dem Kaifer Alles widerspreche, was den Anschein eines definitiven Rücktritts begünstigen oͤnnte. Die Behauptung, daß die Siellverttetung schon eingetreten sei, ist falsch, da der Reichskanzler keine seiner umtlichen Functisnen bisher eingestellt hat; auch sind in seiner Umgebung leinerlei Reisevorbereitungen bamerlt worden. Trotz des Protokolls will sich in Berlin die Friedenshoff⸗ nung nicht befestigen. Der Post wird heute aus Wien telegraphirt: Aus Konftantiropel liegt folgende Nachricht vor: Die hervorra⸗ zendsten Militärs erllären sich gegen die Abtretung von Niksitsch an Montenegro. Dem entsprechend wird wahrscheinlich das Votum des Parlaments ausfalle.“.“ Die Pforte hält ohne Garantie die Abrüßtung für unmöglich. Die Absendung ener Gesandischaft nach Petersburg unterbleibt. Die Mächte haben bereits Verhand⸗ lungen mit der Pforte wegen Annahme des Protokolls eingeleitet. Braf Andrassy reist am 8. April in Begleitung seines diplomatischen Stabes nach Terebes.“ Die Nachrichten österreichischer Blätter, welche der russischen Regierung schon die Androhung der Krie 6 erklärung gegen die Türkei zuschrieben, haben üch allerdings nicht »estätigt. Prittheilungen aus Deutsch-Lothringen bestätigen, daß die acquits à caution fur Roheisen zum Verpuddeln zu 16 his 17 Francs, mindestens ebenso hoch daher die Ausfuhrprämien jür Walzeisen, Schienen ꝛc. sich stellen. Für Gußwagren kosten die acquits gegenwärtig 19,80 Francs. Ein Zollsatz von 75 Pfennigen pro Centner würde daher, da mehr Gießerei⸗Eisen nach Frankreich zu importiren ist, als daraus in der Form von Guß—⸗ waaren exportirt werden kaun, für letztere gleichfalls als durchaus anzureichend anzuseben sein. Die Frage der Abrüstung müsse durch ordentliche Botschafter geldst werden. Amtliche Meldungen über die Enischliekung der Pforie liegen noch nicht vor. Bermischtes. Die „Zweibr. Ztg.“ berichtet aus Zweibrücken, 9. April: Eine ähnliche Büberei, wie sie bvor einiger Zeit öffentlich zerüut werden mußte, wurde gestern (Sonntay) früh bei der Ent⸗ eerung des am Hause des Herrn Apotheker Rodrian angebrachten Zriefkastens wahrgenommen; derselbe fand sich nämlich einige Centi— neter hoch mit Bier angefüllt. Natürlich waren nicht nur die darin zefindlich gewesenen Briefe vollstandig mit Bier geiränkt, es hatten ich auch sogar bei einigen die Marlen sowie das an den Verschluß⸗ lappen befindliche gummi arabicum abgelöst, so daß einzelne Briefe ganz offen waren. Derartige Rohheiien sind in hohem Hrade zu beklagen, und es wäre im Interesse des die Postanftalt zenuhenden Gejammtpublikums nur zu wünschen, daß ein solcher Bube e'nmal auf frischer That erwischt und dann ganz exempliatisch nestraft würde. FNeustadit. Der Gasthof zum „Pfälzer Hof“ ging um »en Preis von 153,000 Mark aus der Hand seines Gründers, derrn Auton Hoffmann, in die eines Sohnes deffelben Herrn Wen⸗ nelin Hoffmann, über. TGrünstadt, 8. April. Der hiefige Gewerbevereia hat ereits im vorigen Jahre den Beschluß gefaßt, eine Gewerbe⸗ und Induftrie-NAusstellung für den Canton Grünftadt, verbunden mit iner Ausstellung von Rohmaterialien, Landwirthschafthchen Producten, Zost, Wein ꝛ⁊c., sonie einer Verloosung ausgeftellier Gegenstände, n den Monaten August und September 1877 dahier zu veran⸗ ralten. Die bom Ausschuß des Gewerbevereins betriebene· An⸗ elegenheit ist nun, seitdem sich derselbe zu einem Ausstellungs⸗ omite erweitert hat, so weit gediehen, daß eine würdige Durch⸗ ührung des Unternehmens erwartet werden kann. Denn“? einerseits arf mit Recht hervorgehoben werden, daß es wenig Districke gibt, »eie in industrüller und landwirtbschaftlicher Beziehung so Vieles »ieten, als gerade unser Carton, der auf einem verhaͤlinißmäßig leinen Umkreis bedeutende Fabriken, lebhaften Engros und Detail⸗ jandel, ausgedehuten Wein⸗ und Obstbau hat. Gerade einzig aber n ihrer Art wird die Ausstellung in Rohmaterialien werden, an »enen unser Canton so üderaus resch ist. Mit unserem Sand, useren Thonerden (Boluz) und Farben sind wir ja weit über die hrenzen unseres Vaterlandes hinaus bekannt worden; nicht am venigsten werden sich die Cousumenten des In- und Auslandes »afür interefsiren, zum erstenmal ein übersichtliches Bild dieser Pro— zucte unseres Bezuks in der Ausstellung zu finden. Anderseits ind bei der bekannten Solidität unserer Gewerbsfirmen auch nur üchtige Leistungen zu erwarten. Zur Betheiligung an der Aus⸗ tellang haben sich 140 Firmen angemeldet und verlheilen sich neselben auf folgende Geschäftszweige und Producte: Maschinen für andwirthschaftliche und gewerbliche Zwecke, feuerfeste Kochgeschirre, risenguß⸗sund Eisendrahtwaaren, Kupfer⸗ und Messingwaaren, Messerschmiede⸗, Schlosser⸗, Spengler⸗ und Drechslerwaaren, Sattler, S„chmied⸗ und Wagnerarbeiten, Leder, Tabake, Thonerde und Braun— ohlen, feuerfeste Thonwaaren, Fahence⸗ und Steinqutwaaren; Bild⸗ sauerarbeiten, Papiere, Druckarbeiten⸗ Buchbinder⸗ und Galanserie⸗ vaaren, Gold⸗ und Silberwaaren, Uhren, Baumwolle⸗ und Strumpf⸗ vebereien, Fahnenstickereien, Putz · und Posamenlirarbeiten, Bekleidungs⸗ jegenstände, Photograph ea, Conditoreiartikel, Lackfabrikate, Holz⸗ ind Polstermöbel, Seilerwaaren, Seife, Kürschner⸗ und Bursten⸗ abrikate, Schuhmacherwaaren, weibliche Handarbeiten u. s. w. Diese gegen alles Erwarten bedeutende Betheuigung hatte Unfangs ie schwietige Frage der Beschaffung passender Localitäten hervor⸗ jerufen, allein Dank der Opferwilligkeit unserer Bürgerschaft wurden n wenigen Tagen Garantiescheine im Betrage von uͤber 4000 Mark Mart gezeschnet, wodurch es ermöglicht wurde, neben Benutzung von bedeckten Räumen noch eine Ausstellungshalle hauen zu tünnen NAusland. London, 8. April. Der „Observer“ bemerlkt anläßlich der dem Bureau der „Times“ gistern Nachmittag zugegangenen Dipesche, wonach die Türkei eingewilligt hätte, abzurüsten und der Frieden gesichert erscheine, daß der türkischen Botschaft in London und dem auswärtigen Amte bis in später Nachtftunde keine Be⸗ tatigung derselben zugegangen ist. Die neuesten Nachrichten aus onstantinopel berechtigen allerdings zu der Hoffnung, die Pforte werde die Schwierigkeiten nicht durch eine Weigerung, das Proeocoll in Betracht zu ziehen, vermehren. Konstantinopel, 8. April. (Londoner Prolokoll.) Reu ⸗ »ers Bureau erfährt: Nach Privatmeldungen erörterte der Große NKath der Pforte am Sonnabend das Protokoll, ohne einen end- zülligen Beschluß zu fassen. Die Pforte beanstandet heftig die leberwachung von Reformen durch Localagenten, weil dies einer ndlosen Einmischung in die inneren Angelegenheiten die Thüre öffne. Fbenso sei Schu valoffs Erllärung demüthigend und unannehmbar. Der Passus UÜber den Friedensschluß mit Montenegro sei unzulässic.