St. Ingberler Anzeiger. — — — — — ——— — — ker St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöhentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Vei⸗ zage), erscheint wöchentlich viermalz? Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis beträgt vierteljahrlich iMarlk 20 R.⸗Pfg. Anzeigen werden mit 10 Pfg., von Auswärts nit 15 Pfg. fur die viergespaltene Zeile Blattschrift oder deren Raum, NReclamen mit 30 Pfg. pro Zeile berechnet. — — M 116. J Samstag, den 28. Juli —2 * 1877. FZur die Monate August u. September lann auf den „St. Ingberter Anzeiger“ bei allen Post⸗ instalten und unsern Zeitungsträgern, sowie bei der Expe⸗ ition abonnirt werden. Wanderlager, Waarenauctionen und Jahr-⸗ marktströdell. 8.0. Die Frage der Wanderlager und Waarenauclionen beschäftigt noch immer eine sehr große Anzahl deutscher Handels- uud Gewerbe⸗ ammern. Es wird veelfach geklagt, daß das Publikum bei diesem ʒeschäftsverlehr meistens übervortheilt werde, da der innere Werth der Waaren nicht sorgfältig geprüft zu werden pflege und die Tauschung, die hier sy leicht mönlich ift, in der Regel erst bemerlt verde, wenn der Verkäufer nicht mehr in Anspruch genommen werden onne. Als Ursache des Ueberhandnehmens dieses gewöhnlich im Amherziehen betriebenen Geschaftsperkehrs bezeichnet man hauptfüch— ich die nettere Gesetzgebung und nameuntlich die Vorschriften des Hesetzes über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 und die Bestimmungen der Reichsgewerbeordnung vom 21. Juni 1869 zurch welche die früher bestandenen Beschränkungen im umherzie hen⸗ jen Gewerbebetrieb im Wesentlichen aufgehoben sind. Viele Kam⸗— nern verlangen eine Abänderung der Gesetzgebung. Die Mehrzahl rwartet eine Besserung nur von gerechter Besttuerung der Inhaber dn Wanderlagern mit den höchsten Gewerbesteu⸗rsotze und von deranziehen zu den Gemeindeabzaben, sowie von slrenger Ueber⸗ vachung. Esge Minderzahl von Kammern hält ein Fesetzliches kinschreiten für unnöthig und betont, daß nicht durch Gesetze, sondern aur durch Belehrung und befsfere Gewöhnung des Publikums den Dißständen, die bei dem Daruiederliegen des gewerblichen Verkehrs mpfindlicher alß sonst hervortreten, abgeholfen werden könne. Der daufer müsse von der Unsitte lassen, auf Grund marktischreierischer Anbpreisungen von Händlern, die sich nur auf kurze Zeit am Ort rufhalten, Waaren zu kaufen, von deren Güte er sich durch den Augenschein nicht genügend überzeugen kann oder in e'ner Ver⸗ teigerung auf Grund eines glänzenden Anscheins Waaren zu kaufen iher deren inneren Werth und Gehalt er kein Urtheil hat und eine Bürgschaften beanspruchen kann. — Von verschiedenen Seiten vird auch darauf aufcerksom gemacht, daß sich von den Wander⸗ agern und Waarenauctionen meist nur die mittleren Klassen täuschen assen, denen man doch ein besseres Verständriß ihrer eigenen Inte⸗ zessen zutrauen, sollie, während auf den Jahrmärkten in der Regel )en untersten Klassen ein noch viel schlechterer Waarenaus chuß vor⸗ jelegt oder marktschreiey ssch angepriesen wird, ohne daß man da⸗ zegen gesetzlich einschreiten kanan. Das Hilfsmittel gegen schwindelhafte Wanderlager, Waaren⸗ uctionen und Jahrmarklströdel ist Belehrung und Gewöhnung des hublikums an Wirtschaftlichkeit und an ein vernüuftigeres Kaufen ind Verbrauchen. Man gedenke, daß das sheinbar Billige oft am heuersten ist. Benlamin Frauklin, dem wir so vele goldene Sprüche „erdanken, läßt in seiner Schrift „der arue alte Richard, oder Mintel reich zu werden“ einen alten Vater Abraham dei einer öffent⸗ ichen Verste gerung von allerhand Kaufmannsgut, und Galanteric⸗ paaren auftreten und vor dem Ankauf von billigen Waaren mit Agenden Worten warnen: „Ihr nennt diese zu versteigernden Dinge üter; aber wenn Ihr nicht auf Eurer Hut seid, so werden fie ir einige unter Euch zu Uebeln werden. Ihr denkt, sie werden oohlfeil, vielleicht wit unter ihrem Werth weggehen; allein wenn ir sie nicht unentbehrlich braucht, so werdet ihr fie auf jeden Fall u theuer bezahlen. Denke an das, was det arme Richard sagt: daufe nur, was du nicht nöthig hast, so wirst du bald das Nöthige erkaufen müssen. Viele haben sich blos durch wohlfeiles Einkaufen 1 Grunde gerichtet!“ eutsches Munchen, 22. Juli. Zwei Arlikel der „Allgemeinen Zei⸗ unq“ über die Finanzlage von Bahern tragen so deullich den 5 Stempel amilicher Veranlassung auf der Stirn, daß sie allgemeine lufmerlfamleit verdienen. Ihre nächste Aufgabe war, den lächerlich ibertriebenen und vielfach Irrthümer enthaltenden Jeremiaden ent Xsenzutreten, welche über denselden Gegenstand ein uliramontanes Organ, das Regeusburger Morgenblatt, zu Markt gebracht hatie; ind, sowert es sich um die Rechtigstellung dieser Irrthümer handelt, rauchen wir nicht darauf einzugehen. Was dagegen die künftige Steuerpolitik betrefft, so deutet der Artikel einen Plan an, die fuͤr das nächste Budget noͤthig werdende Ausgleichung zwischen Aus— zabe und Einnahme durch einen Zuschlag zu den bsherigen Personen⸗ axen auf din bayerischen Eisenbahnen wenigstent theilweise herbei⸗ uführen. Es wird richtig hervorgehoben, daß die betreffenden Sätze u Bayern bedeutend geringer sind, als im übrigen Deutschland, iud daß sie aug, zu den Tarifen für das Passagiergut in keinem ichtigen Verhältniß stehen. Ist dies wirklich der Gedanke der nayerischen Finanzpolitil, so wird derselbe, wie wit glauben, eine ahere Prüfung recht gut aushalten. Man sieht nicht ein, wes⸗ salb der bayherische Staat inseiner Eigenschaft als Eisenbahn⸗ nternehmer billiger transport'ren soll, als das uübrige Deutschland. die Differenz ist, genau betrachtet, ein Geschem, welches die zesammtheit der Steuerzahler dem die Eisenbahu benutzenden Publi— um macht und das sowohl den Bahern als Nichtbahern zu Gute ommnt· So lange die Rente, welche unsere Eisenbahnen abwerfen, hren früheren günstigen Stand auch bei dea nie rigen Personen⸗ jeldsäßzen bebauptete, mochte man ape als eine immerhin doch ucht alle Steuerzahlet als solche treffende zulässige Erleichterung msehen, aber seindem wir durch die neluen höchstens auf einem Um⸗ vege durch die erhöhteSteuerkraft sich bverzinsenden Eisenbahn⸗ nlagen eine sich stets mindernde Verzinsung in Aussichi haben, egt deia Grund vor, andere Saͤtze als die anderer Bahnen zum achtheil der Staatslasse aufrechtzuerhalten. In dem beireffenden Theile der Darlegung wird als Ergänzum dieser Maßregel die kinrichtung einer vierlen Wagenklassen die man bisher ia Bahern icht hat, besprochen und die voraussichtlichen Ergebnisse der —XRX Naßregel naurlich einer näheren sachverständigen Einzelbrüfung orbehalten. Berlin, 28. Juli. Die Verfälschung der Lebensmittel, vie sie in neuerer Zeit wieder feslgestellt worden, wird vermuthlich ie Reichsgesetzgebung demnächst beschäftigen, und wenn auch von ec Reichsregierung in dieser Beziehung die Initiative nicht ergriffen verden sollie, so wird es an darauf bezüglchen Antiägen von steichslagsmitgliedern nicht fehlen. (K. 83.) Berlin, 25. Juli. Am Schlusse e'ner übersichtlichen Dar⸗ lellung der Kriegsereignisse der letzten Wochen heißt es in der Provinzial⸗Correspondenz“: Die Entfaltung der Fahne des Pro⸗ heten, welche für den Fall der Bedrohung von Konstantinopel eabsichtigt werden soll, um die Mohamedaner zum Kampf gegen ie Ungläubigen aufzurufen, könnte möglicherweise den Einspruͤch »er neutralen Mächte hervorrufen. Der „Reichsanzeiger“ veröffentlicht eine kaiserliche Vecordnung, velche die Eröffnung der elsaß-lothringischen Begzirkslage auf den 20. August und den Schluß auf spätestens den 1. September fest⸗ sehzt. Die erste Sitzungsperiode der Kreistage beginnt am 6. August, die zweite am 10. August, dee Dauer einer jeden beträgt höchstens ünf Tage. Nuslaud. Wien, 26. Juli. Wie man der „Köln'schen Zeitung“ bon dier meldet, hat die vierte rumanische Division des Generals Mann hei Ncopoli über die Donau geseßt. Paris, 25. Juli⸗“ Aus außerordenllicher Quelle verlautet: Füest Gortschako vermächtigt' die diplomatischen Vertreter Rußlanda ei den Großmächten zu det formellen Erllärung, daß Rußland jede Idee einer direkten Verständigung mit der Pfotte zurückweise. Es leibe fest bei seinem Programm, welches die europaͤische Garantie der die schließliche Lösung der Frage auf das Einvernehmen mit