St. Ingberler Anzeiger. der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöͤchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illuftrirter Bei⸗ age, eascheint wöchentlich viermal? Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis beträgi vierteljahrlich 1Mark 20 R.⸗Pfg. Anzeigen werden mit 10 Pfg., von Auswärts mit 15 Pfz. für die viergespaltene Zeile Blattschrift oder deren Raum. Neclamen mit 30 Pfg. pro Zeile berechnet. M 156. Samstang, den 6. Oktober u 1877. —— — Deutsches Reich. München, 3. Okt. Die Abg'ordneten Crämer und Dr. Frankenburger haben folgenden An?rag an den Fmnanz u⸗schuß ge— richtet: „Es jsei die Staatsregierung aufzufordern, die, wenn auch aur provisorischen Rechnungsabschlüsse und Ergebnisse des Verwal⸗ iungsjahres 1876 vorzulegen und auch die sumarischen Rechnungs⸗ etgebnisse der ersten beiden Quartale des Jahres 1877 mitzu⸗ theilen. Motive: Um eine gründliche und zugleich rasche Erledigung des Budgets zu ermözlichen, ist es absolut noihwendig, daß der Finanz; Ausschuß mit allem Mater'al versehen ist, welches er zu seiner Arbeit unbediugt nöthig hat. Hierzu gehören vor Allem die Rachweisungen über Einnahmen und Ausgaben der Vorjahre. Die Vorlage der Rechnungen eines Jahres, welches noch dazu einer zrüheren bereits abgelaufenen Budgetperiode angehört (1875), sind nicht hinreichend, um auf Grund decselben ein neues Budget aufzu⸗ bauen. Es ist vielmehr unumgänglich nothwendig, auch dte Er— Jebnisse der laufenden Finanzpeciode zu erkennen.“ Muümnchen. Zu dem Etat der Bezitksgerichte für die 14. Finanzperiode macht das Justizministerium folgende erläuternde Bemerkung: „Das königl'che Appellativasgericht in Zweibrücken jat die Vermehrung des Personals der Bezirksgerichte Frankenthal, dandau und Zweibrucken am je einen weiteren Rath beantragt uad damit begründet, daß bei diesen Gerichten sowohl die bürger⸗ lichen Rechtsstrestigkeiten als auch die Strafsachen in derartigem Maße zugenommen haben, daß die Bewältigung der Geschäftsauf— zabe mit dem vothandenen Personale zur Unmöglichkeit geworden st. D'e bisherige Zahl der Rechter einschließlich des Gerichtsvor⸗ tandes und des Untersuchungsrichters war bei dem Bezirksgerichte Frankenthal 7, bei dem Bezirkszerichte Land, u und Zweibrücken e 6, somit wesentlich kleiner als es in den Kreisen rechts des Rheine bei den Bezirksgerichten von gleicher oder geringerer Ge⸗ chaftsaufgabe der Fall ist. Gegenüber dem bedeulenden Bevblke⸗ rungsanwachse und der stetigen Zunahme der Aufgabe stellt sich die Vermehrung des Personals um je einen Richter um so noth⸗ wendiger dar, als jämmiliche Bezirksgerichte der Pfalz zugleich Handelsgerichte sind und auch mit umfangreichen Geschäften der üchtstreiltigen Rechtspflege, insbesondere init der Bestätigung von zerichtlichen Vertheilungen u. Familienrathsbeschlüssen befaßt sind. Bei dem Bezirksgerichte Frankenthal haben die Civil und Handels⸗ jachen von Jahr 1873 bis zum Jahr 1876 um 485 pCt. zuge⸗ nommen, und waren im Laufe dieses Jahres nahezu 100 Ganten Ileichzeitig anhängig, so daß einer Geschäftsstockung nur dadurch vorgebeugt werden konnte, daß diesem Gerichte im Laufe des Jahres 1877 auf Rechnung der Gehaltsersparnisse am Etat der Bezirke⸗ zerichte ein Rath extra statum beigegeben wurde.“ Närnberg, 3. Olt. Der „Donau⸗Zeitung“ wird, an⸗ cheinend aus Abgeordnetenlreisen, aus München geschrieben: „Wie ch in Bezug auf die Steuererhöhung und ihre Behandlung von Zeite der patriotischen Mehtheit erfahre, ist man entschlossen, eine Steuererhöhung abzulehnen, bis nicht eine Steuetreform, welche die lleichmäßige Vertheilung der Lasten anstrebt, durchgeführt ist.“ Dazu bemerht das citirte klerikale Batt: „Wenn dies der Staudpunkt der patciotischen Mehrheit ist, .so können wir derselben »azu nur gratuliren. Es ist allerdings richtig, daß das Zwölf⸗ nillionen: Defieit gedeckt werden muß; aber es fragt sich doh um »as Wie. Der min st rielle Finanzplan hat ohne Zweifel den Vorzug, daß er sehr einfach ist. Aber in Steuersachen sind de urzesten Proceduren nicht immer die glücklichsten. Wir denken, nan wird das auch von liberaler Seite einsehen und mit allen debeln, die einer Volksvertretung zu Gebote stehen, auf eine vorher gehende Steuerreform dringen. Die Steuertesorm ist ja keine Partei— ache, sondern eine Sache des Landes, und jede Partei hat hier )as gleiche Interesse, welches darin besteht, daß die Steuern gleich⸗ näßig vertheilt sind und zu dem, wie die wirthschafulichen Verhält— risse jetzl gelagert sind, geradezu berzweifelten Miltel der Erbohung —————— —— der direklen Steuern erst im Falle der äußersten Noth gegriffen wird.“ Von dem „Avenir militaire* wird folgende Zusammenstellung, velche dem s. 3. in deuischen Reichstage gethanen Ausspcuch deß Fesldmarschalls Moltke, wonach Deutschland durch französische Trup⸗ penanhäufungen an der Grenze bedroht sei, entgegentreten foll, der⸗ öffentlicht. Es stehen in den Grenzzonen von O bis 100 ꝛilom. und von O bis 200 Kilom.: deutsche, französische, deutsche, franz. Truppen Infankerie-Regim. 20 10 40 25 Jäger-Bataillone — 4 1 5 Kavallerie Regim. 10 13 20 18 Artillerie Regim. 2 2 8 6 Außer den offiziell den Operationen der russischen Armee fol⸗ zenden deutschen Ojfizieren sind in letzter Zeit mehrere ehemals dem Verbande des deutschen Heeres angeddrige Offiziere nach vollstän⸗ diger Lösung ihres früheren Verhältnisses in den Militärdienst Ruß— lands getreten. Zu diesen gehört auch ein Graf Pfeil, der noch bor Kurzemn beim 1. Garderegiment in Potsdam stand. Auch der türkischen Armee haben is jüngster Zeit mehrere unserer Landsleute sich angeschlossen. Die Aufnahme, welche denselben zu Theil ge⸗ worden ist, soll ihren Erwartungen jedoch nicht entsprochen haben. In der Fabrit von Krupp in Essen ist ein Geschüt hergestellt, welches das größte und starkste ist, das augenblicklich in der Weli existirt. Das Kaliber desselben beträgt 46 Em. und das Gewicht des aus iten geschossenen Projekliles nicht weniger als 950 Kilogr., während die Geschosse der nächstgrößten Geschühe, nämlich des eng⸗ ischen 81 Tons Geschützes nur 771 Kilogr. und die des italienischen 100 Tons- Marine-Geschützes 907 Kilogr. wiegen. In England »eabsichtigt man e'ne 160 Tons Kanone anzufertigen, hat vorläufig aber Abstand davon genommen. Ausland. Pest, 3. Olt. Der „Ellendt“ meldet: Gestern kam es in dezdivasarheln in Siebenbürgen zu einem blutigen Zusammenstoß wischen Volk und Milär. Mehrere Compaanien sind dahin ab— zegangen. Paris, 2. Okt. Gambeita hat heule gegen das am 22. ). M. ertheilte anderweite Strafurtheil, durch welches er wegen Beleidigung des Marschall-Präsidenten und wegen Befchimpfung der Minister zu 3 Monaten Gefängniß und 2000 Fr. Geldbuße oerurtheilt wurde, Appellation eingewendet. Die Appellations- Berhandlung dürfte am nächsten Montag oder Dienstag stattfinden. Belgische liberale Bläiter verlangen die Ausweisung der KQai— erin Eugenie und des Ex⸗Prinzen, indem deren Besuch des Herzogs von Fernan⸗Nunez, nahe bei Namur, sie zu eyr in die Nähe von Fraakreichs Grenze brachte, was der fran⸗ ösischen Republik doch keineswegs angenehm sein kann. Der bona⸗ »artistische „Ordre“ theilt (dierauf oder schon vorher beschlossen 7) nit, daß Eugenie und Prinz Louis in einigen Tagen nach Chisle- Jutst zurückkehren wollten. — Letzlerer hat inzwischen einen Jncognito⸗ Abstecher nach Paris gemacht; wahrscheintich will er die dortige SZituation selbst prüfen und sich mit seinen Getreuen an Ort und Stelle verständigen. Allzuviele Hindernisse wird ihm die Regierung Mac Mahon's, deren Polizen die Anwesenheit des Prinzen in Paris aatütlich kein Gcheimniß sein kann, nicht in den Weg iegen. London, 2. Olt. (H. T. B.) Dem „Standard“ wird zus Bukarest zemeldet, in einem in Gorni⸗Studen abgehaltenen eriegsrathe sen die Frage der Ueberwinterung in Bolgarien erwogen worden. Der Großfüurst⸗Thronfolger habe die Rückehr nach Ru— mänien und Zurücktassung von Garnifonen in Sistowa und Nilo⸗ polis vorgeschlagen. Es sei nicht bekannt, welder Entschluß gefaßt worden. Bukarest, 2. Ott. Großfürst Paul und Graf Paul Schuwalow, Generalstabschef der Garde, sind auf dem Wege zur Südarmee hier eingetroffen.