St. Ingberler Anzeiger. der St. Ingberter Anzeiger und das (Z2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ lage) erscheint wöchentlich viermalz Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementépreis betragi vierteliahrlich Marl 40 R.⸗Pfg. Anzeigen werden mit 10 Pfg., von Auswärts mit 15 Pfz. fur die viergespaltene Zeile Blattschrift oder deren Raum, Neclamen mit 30 Pfg. pro Zeile berechnet. AM 141. Samstag, den 7. Septer —ñ—Nñ— — —D Deutsches Reich. Cobdin und seine Anhänger in 1851 nicht geträumt hätten, so ist München, 25. Sept. Se. Maj. der Koönig wird dieser es das Schaufp'el einer Weltausstellung, die viel grandioser Tage zur Beerdigung des Erzbischofs Steichele und des Bischofs ist, als die ersse Londoner war, deren Erdffnung Fürst Bismartk Ehrler dahier erwartet. oeranlassen muß, seine Landsleute auf den Weg des Zolischutzes zu⸗ Aus Berlin, 4. Sepf., wird dem „Frkf. Journ.“ berichtel: rückhzuführen, den Frankresch nie verlassen hat und auf dem es ihm Der Zustand Nobiling's hat sich nach einem neuerdings abgegebenen delungen ist, unter Erhaltung von Ordnung und gedeihlicher Be— irztlichen Gutachten wesentlich gebessert. Jetzt erinnert sich KRobiling riebsamkeit, dieses neue Wunder der Welt zu produziren (6 Jahre aach seiner eigenen Angabe ebenso klar der dem Attentat vorange nach dem Friedensschluß zu Frankfurt a. M.) gangenen Ereignisse, wie an Ereignisse aus früheren Jahren. In zer zweiten Hälfte des nächsten Monats wird, wenn nicht sein Zu— tand sich wider Erwarten verschlimmern sollte, mit Vernehmung desselben über seine That und seine angeblichen Mitwisser begonnen werden. ermischtes. FWaldfischbach, 31. Aug. Im Laufe des heutigen Tages gewährte eine Zigeunerbivouac den hiesigen Oriscinwohnern mannichfaltige Unterhaltung und versetzte die Besitzer von Gaͤrlen, Zühnern und dergl. in nicht geringe Aufregung, und die sorgsamen dausväter schlossen behutsam die Hausthüren. Eine eiwa 60 Köpfe tarke Bande, Männlein und Weiblein, nebst hoffnungsvollem, viel⸗ »ersprechendem Nachwuchs, verlotterte, verlumpte, zottelig schmutzige Nenschenkinder mit oker⸗ und safrangelben corfiscirten Gesichtern, truppigen Mähnen und verdächtigen langen Fingern, begleitet von inigen Dutzend Hunden jeglicher Race, vorwiegend aber Doggen, nit 12 bis 14 pferdebespannten Karren, dabei Pferde, an deren düftknochen das Kummet ohne Gefahr für das Herasfallen aufge⸗ sängt werden könnte, hatte sich in malerischer Unordnung um den außerhalb des Ortes befindlichen laufenden Brunnen gruppirt, wobei kins nach dem Anderen oben in den offenen Brunnen hinein urinirte, vährend Andere unten das Wasser zum Trinken und Kochen auf⸗ ingen. Daß das Wasser auch zum Waschen benutzt werden lann, par offenbar allen unbekannt. Von der die Papiere visitirenden Bendarmerie, die auch, aber ohne Erfolg, nach Hundesteuerquittungen ahndete, augenscheinlich in ihrem idyllischen dolce far niente und n den beabsichtigten Besuchen der gemüsereichen benachbarten Gärten Jestört, brach die Bande alsbald wieder auf und durchzog das Dorf Waldfischvach, wobei die schͤnen Jagdgewehre und sonstigen Waffen m Innern einzelner Wagen die Neugierde der Jugend, die prächtigen nalischen Angelruthenstöcke aber das Verwundern der Kenner er⸗ regten. Netze, Schlingen, Fallen und dergleichen nützliche, mühetosen Braten in d'e Küche liefernde Jastrumente hatten jedenfalls ihre Zlätzchen im Jonern der Wagen, wo auch wohl die reichgefüllien dassen dieser mit deutschen Reichspässen versehenen Künstler, Händler und Musikanten in sicherer Obhut untergebracht waren. Merk⸗ vürdiger Weise war in den Pässen nichts von Weibern und Kindern Jgesagt, wohl aber überall: „ohne Unterstützungswohnsig“. Die Bande gab vor, von Kaiserslautern zu kommen, woselbst es keinem Zendarmen oder Polizeibediensteten eingefallen wäre, nach ihren Paperen oder rach gelösten Hundezeichen zu fragen. Ihr Ziel var Pirmasens. Ihr fideles Herumnomadisiren in deutschen Landen zildet ein reizendes Pendant zu den reisenden Handwerksburschen, velche mit wohlgest⸗mpelten Reichspässen, aber ohne Arbeitsausweis 'der sonstigen Nachweis über ihre letzte Arbeitszeit und ihren Leu— nund, sowie ohne Mittel und in der Regel in sehr def ctem Anzug ind mit herabgekommenem sonstigen Aeußeren stit Monaten die iesige Gegend überfluthen. Solte da nmicht vieles faul sein im Ztaate Dänemark? Wo fehlt es? Wen trifft hier die Schuld für olches den ruhigen, ordnungeliebenden Bürger beängstigendes Land⸗ treichere und sicherheitä⸗ und eigenshumgefähtliches Nomadenthum? hier wäre rasche Aenderung am Platze. fFKaiserslautern, 4. Sepltbr. (Schullehrer: Semi⸗ nar.)“ Das Resultat der diesjährigen Seminarprüfungen ist fol⸗ zendes: Sämmtliche 25 Schüler des obern Kurses erhielten die krlaubniß zum Uebertritt in die Praxis. Von den 48 SHülern )es untern Kurses bönnen nur 831 in den zweiten Kurs vorrücken. Von den 12 zurückgewiesenen wurde 7 der Raih eriheilt, sich einem anderen Beruse zuzurenden. An der Seminacaufnahmsprüfung hetheiligten sich 52 Präparanden, 25 aus der Präparandenschule daiserslautern, 16 aus Edenkoben, 6 aus Kirchhembolanden, 4 aus Kusel, 1 aus Blieskastel. 43 haben die Prüfung bestanden. Von den 9 als unbefähigt Abgewiesenen kommen sechs auf die Schule zu Kaiserslautern, wwei auf Edenloben, einer auf Kirch⸗ Rimbolanden. (K. 3.) Ausland. Wien, 4. Sept. Die „Polit. Korr.“ meldet aus Kon⸗ tantinopel von heute, daß der nächstens eintreffende französische Botischafter, Fournier, beauftragt sei, der Pforte zu erklären, Frank— reich würde im Falle eines griechisch- türkijchen Konflikts einen An⸗ zriff auf die griechische Küste oder eine Blokade der griechischen häfen nicht zulassen. Wien, 4. Sept. Die ‚„Polit. Korr.“ meldet aus Kon⸗— stantinopel von heute: Die britische Flotte soll die Prinzen-Inseln derlassen und bei Liman Pascha im Marmara-Meer Station nehmen — Dieselbe Korrespondenz meldet aus Belgrad von heute: In Folge eines Beschlasses des Ministerraths hat Fürst Milan jür sich und die Mitglieder seines Hauses den Titel „Hoheit“ ange⸗ nommen. Paris, 4. Sepf. Das bonapartistische Journal , Pays“ st wegen Beleidigung des Präsidenten der Republik auf den 12. ds. vor das JZuchtpolizeigericht geladen. London, 3. Sept. Das Kriegsgericht in Porlsmouih hat betreffs des Unterganges der Eurydice gestern folgendes Urtheil gefällt: Das Scheff sei am 24. März gesunken durch Druck des Windes auf die Scgel während eines pfötzlichen und außergewöhn⸗ lich dichten Schneesturmes, das Offenstehen der oberen Luken habe wesentlich zu dem Unglücke beigetrazen, sei aber durch die Umstände gerechtfertigt gewesen. Niemandem sei ein Tadel beizumessen, da der Capitän häufig auf dem Deck sich befunden; auch die Festigkeit der Euryd'ce sei gehörig überlegt worden. Die (zwei) Ueberlebenden treffe gar kein Tadel. Fürst Bismarck und das befiegte Frankreich. Ueber dies Thema ließ sich das Kongreßmitglied Kelley zu Philadelphia in einer Kongreßrede aus. Seine Aeußerung ist so interessant und lehrreich, daß sie ia Deuischland die weiteste Ver—⸗ breitung verdient. „Die erste Weltausstellung“ — sagte K. — wurde in London gehalten, und dieselbe war eingestandenermaßen bestimmt, eine Arl Einweihung des Freihandels vorzustellen. Die etzige Weltausstellung in Paris ist aber eine Art Fest für den Schutz. Das besiegte Frankreich triumphirt über seinen stolzen Gegner. Es scheint, daß Fürst Bismarck, der eine neue Finanz⸗ politik inauguriren will, über das Finanzfystem von Frankreich nach⸗ zedacht hat und dasselbe bewundert. Es ist nur in Folge seiner geschützten Grenzen, daß Frankreich im Stande ist, die 5 Milliarden ju verzinsen. Fürst Bismarick glaubte, er habe Frankreich pekuniär ruinirt und muß finden, er hat ihm nicht einmal weh gethan. Ob⸗ chon Frankreichs Neubelastung jährlich 83000 Millionen Mart beträgt, läßt man sich freudig auf neue und großartige Pläne zu Lisendahne und Kanalbauten ein. Wie das zuwege gebracht ist, hat Fürst Bismarck sich gefragt, und die einzig entdecbare Anlwort st, daß es durch ein weises und kühnes Zollschutzystem hervorge⸗ dtacht ist. Der Freihandel ift blos eine Theorie uad, wie Goethe elehtt hat, fähig alt und grau zu werden. Der geüne goldene Baum des Lebens heißt Beschützung (in allen Gestallen) und von diesem Baume hat Frankreich reichlich genossen, während Deutsch⸗ land zugeschaut hat, kalt, elend und arm, von der Luft lebend und ich mit seiner Philosophie brüstend. Ohne Zweifel ist Frankreich vissenschaftlich im Unrecht; wenn es aber irzend etwas gibt, was