Sl. Ingberler Am⸗ider. Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wochentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗— lage) erscheint wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis beträgt vierteljährlich 1 Marl 40 R.⸗Pfg. Auzeigen werden mit 10 Pfs., von Auswarts mit 15 Pfz. für die viergespaltene Zeile Blattschrijt oder deren Naum,. NReelamen mit 30 Pfg. pro Zeile berechnet. J — PeERääÄαæäαιαα !ααα—lP' — As 154. Sonntag, den 29. September 1878. Deutsches Reich. Berlhin, 26. Sept. Der „Reichsanzeiger“ publizirt einen aus Kafsel vom 22. d. datirten kaiserl. Gnadenerlaß; laut demselben wird bezüglich aller aus Elsaß Lothring n stammenden Wehrpflichtigen, welche sich als beurlaubie Rekruten der Einstellung in ihren Trup⸗ pentheil durch die Flucht entzogen haben, wenn sie sich bis Neujahr 1879 zur Erfüllung der aktiben Dienstpflicht freiwillig stellen, jede strafrechtliche Verfolgung wegen Fahnenflucht eingeftellt und die eira dereits ertannte, aber noch nicht eingezogene Gelostrafe unter Nieder⸗ schlagung rückständiger Kosten erlassen. Dem Vernehmen nach hat Se. Maj. der Kaiser in Beantwortung der vom Reichstaq durch dessen Präsidum an Hochdenselben gerich⸗ teten Adresse ein Dankschreilen an das Präsidium ergehen lassen. Die Kommision für das Sgzialiftengesetz vertagte die weitere Debatte über 8 19 (Beschmerdeinstanz des Bundesraths) wegen der Abwesenheit des Ministers v. Culeuburg. 8 20 (Belagerungszustand) wurde mit einigen Lasker'schen Amendements angenommen. Hiernach lautet der Eingang. „Für die Ortschaften der Bezitke, welche durch die in 8 1 bezeichneten Besttebungen mit unmilteibarer Gefahr finr die öffentliche Sicherheit bedroht sind. ..“ Bei Absazß 1 soll das Versammlungsverbot sich nicht auf Versammlungen für Reichstags— und Landtagswahlen beziehen. Bei Absatz 3, wonach gewissen Per⸗ sonen der Aufenthalt in Bezirken und Ortschaften versagt werden kann, ist amendirt: „Der Aufenlhalt außerhalb ihres Wohnorts“. Z 21 wurde unverändert angenommen. Zu8 22 wurde der An— trag von Schauß, wonach das Gesetz bis zum 81 März 1881 gelten soll, mit 18 gegen 7 Stimmen angenommen. Die Konservativen und Gneist stͤmmten dagegen. Der Antrag Gneists auf eine zjäͤhrige Dauer des Gesetzes ist dadurch erledigt. Berlin, 26. Sept. Die hiesige Stadiverordnetenver⸗ sammlung wählte mit 85 gegen 8 Stimmen den Reichstagspräsidenten b. Forckenbeck, seitherigen Oberbürgermeisßler von Breslau, zum Oberbürgermeister von Berlin. Koblenz, 25. Sept., Morgens. Der Kaiser, die Ka'serin und der Kronprinz hatten Withelmshöhe gestern Nachmittag 3/2 Uhr verlassen und wurden in Gunterehausen von den Hurrahs der von dem Mansner heimkehrenden Regimenter begrüßt. Die Weiterreise hierher gestaltete sich zu einem förmlichen Triumphzuge. In Treysa, Marburg, Gießen und an allen Stationen der Lahnbahn, besonders aber in Ems und Lahnstein hatten sich nach Tausenden zäh'ende Volksmassen angesammelt. Die Schulen, Turner, Feuerwehren, Vereine, Schühen und Krieger hatten fich in geordneten Reihen aufgestellt. Von Wetzlar an waren alle Stationen festlich beleuchtet, das Denkmal Stein's und ber Limburger Dom, die ganze Stadt Ems, sowie die Burgen Lahneck und Stolzenfels traten besonders glänzend hervor, Lahnstein und die Koblenzer Brücke bildeien ein wahres Feuermeer. Die Allerhöchsten Herrschaften wurden überrall mit einem unbeschreiblichen Enthusiasmus empfangen, überall ertönie⸗ der Gesang der Vollshymne und der „Wacht am Rhein.“ In Gießen und Lahnstein fand ein kurzer Aufenthalt Stati. An beiden Orten nahmen die Allerhöchsten Herrschaften die gehaltenen Anreden und den dargebotenen Ehrentrunk enigegen. Am hiesigen Bahnhofe wurden die Majestäten von dem Oberpräsidenten v. Vardeleben und dem kommandirenden General v. Göben empfangen. In Lahnstein war der Regierungs-Präsident v. Wurmb zut Vegrüßung der Majestäten erschienen. Kasfel, 26. Sept. Feldmarschall Graf Moltke hat sich zeim Mansver eine Erkältung zugezogen, in Folge deren er in seinem Quartier, der Villa Henschel, utuͤdbleiben mudle. Vermischtes. fKaiserslauten. Die hiesigen Brauereibesitzer haben sich dahin geeinigt, vom 1. October JL. J. an wegen des Malz⸗ aufschlages den Preis des Bieres pro Liter auf 26 Pf. zu erhöhen. tNeustadt, 26. Sept. Gestern war hier der 24er Aus, chuß des liberalen Wahlbereins versammelt, um sich üüber die Kan⸗— idatenfrage zur Landig &*pahl wen sig z.Ä ,—nu. Die u uuhrte zu dae ee e, rregen ren ag Feg een J— v* einseitig vorgeschlagenen Handidaten, Herrn Landrichter Trauth in Bliekkastel, nicht einigen konnte. T Der Herbst⸗Anfang wurde in Godram stein auf näch— sten Montag den 30. Sept., in Edenkoben und Diedes— feld auf Montag den 7. Ott. festgesetzt. rMunchen, 27. Sept. Von den 14 jungen Leuten, welche dahier die Prüfung für den Einjährigenfreiwilligendienst mit · machen, find bereits schon 10 zurückgewiesen worden und dürfen die mündliche Prüfung nicht mitmachen. fFBerlin, 26. Sept. Eine englische Firma hat einen Plan zur Hebung des „Großer Kurfürst“ eingereicht. F Unverbesserlich, diese Berliner! Ein Amerikaner, Namens dowe, produzirt im Walhalla Theater zu Berlin allerlei Wilhelm Tell ⸗Künste. Man stellt im tiefsten Hintergrunde der Bühne ein Berüst aus d'cken Bohlen auf, die dazu dienen, die Kugeln aufzu angen und postirt vor diesen Kugelfang eine brennende Kerze. Der dapitän Howe entfernt sich von dem Ziele so weit als es die —XR zestattet, d. h. etwa 85 Schritt weit, legt sich auf den Rücken, den Kopf gegen das Ziel, die Füße gegen das Publikum gewendet, ind schießt so über seine Schuller hinweg eine schwere Pistole mit zezogenem Lauf gegen die Kerze ab, die unfehlbar von der Kugel uusgelbscht wird. Die Kerze wird dann dem Publikum gezeigt — s fehlt ihr nichts als das Endchen des Dochtes. Auf dieselbe Weise löchert der treffliche Schütz“ eine Karte an der durch ein derz oder einen Trefle bezeichneten Stelle und, um seinen Leistungen die Krone aufzusetzen, schießt er seiner Frau, die unbeschadet ihres dapitänsgattin⸗Ranges gieich der erstbesten Kunstreiterin in Trikols rscheint, einen kleinen Apfel aus dem Chignon, Bei seiner ersten Produktion sagte ein Zuschauer zu seinem Nachbar: „Das ist doch aicht so schwer wie Tell's Messterschuß.“ „Warum? WVielleicht, weil Tell einen Pfeil zu senden haile .“Nicht darum: aber fehen Sie denn nicht: Tell schoß auf seinen Sohn, während Howe auf seine Frau schießt.“ — Unverbesserlich, diese Berliner! fF In Elberfeld wurde am Freitag das Urtheil gegen den Zocialisten Oppenheimer (früher in Mannheim), verkündigt. Der—⸗ elbe war angeklagt der Anreizung zu Gewaltthätigkeiten in einer Vollsversammlung, Verächtlichmachung von Staatseinrichtungen durch Behauplung von erdichteten und entstellten Thatsachen, Aufforderung um Ungehorsam gegen Gesetze, Beleidigung der Staatsanwaltschaft in Elberfeld, der Polizeibehörde in Barmen und der Handelslam⸗ mer in Dortmund. Der Strafantrag lautete auf 2 Jahr Gefäng⸗ niß. Das Gericht verurtheilte ihn zu 6 Monaten Gefängniß und xlannte auf Vernichtung' der confiscirten Exemplare, Plalten und Formen der Nr. 190 und 191 der „Berg. Volksstimme.“ fPosen, 28. Sept. Aus Krotoschin wird nach hier lele— zraphisch gemeldet: Große Feuersbrunst. 20 Wodhnhäuser, sowie Speicher total nledergebrannt; viele arme Familien obdachlos. Vier Menschenleben zu beklagen. Der „Rappel“ unternimmt es, an der Hand der bisher dorliegenden Ergebnisse in runden Ziffern die Bilanz der Parifer Weltausstellung zu ziehen. Die Einnahmen betragen bdis zum 18. September 8,665,052 Fres. und werden his zum Schluffe der Husftellung fich auf 13 Millionen bedaufen. Die Veraͤußerung des Materials, Abgaben der Restaurotionen ꝛc., Erträgniß der Torka— deroconcerte und die Subbention der Stadi Paris werden zusammen 21 Millionen, die Besammt ⸗Einnahmen daher 34 Millionen ergeben. Die Gesammttosten betragen 45,300,000 Fres., sonach würde sich ein Deficit von 11,800,000 Fres. ergeben. Dahingegen hat sich dat Erträgniß der indirekten Sleuern ohne Zweifel haupisächlich in Folge der Weltausstellung. für die ersten acht Monate des Jahres 1878 um 51 Millionen vermehrt und wird bis zum Ablauf des Jahres zin muthmaßliches Plus von 70 Millionen Frs. ergeben, während s in dem Budget nur auf 10 Millionen veranschlagt war. Jenem Ausfall von ca. 11 Millionen würde also zu Gunsten der Welt⸗ nusstellung ein Aktivum von 60 Millionen Frs. gegenüberssehen, vobei die sonstigen Vortheile, welche Handel und Gewerbe von lt eftaen iene ggz gergsen yoch vicht einmal einge⸗