St. Ingberler Anzeiger. Deutsches Reich. Berlin, 14. Olt Die Sodsialdemokratie hat in ihrem Programm den Satz: „Erklärung der Religion ale Privatsache.“ Man kbnnte darin eine Anerkennung der Gewissens⸗ und Culius⸗ jreiheit, einen Ausdruck der weitgehensen —X scharf genug tritt der Gegensaß in der Aeußerung derbor, die der Agitator Dreesbach in einer Versammlung thal. „Das Christenthum lehrt: So dir Jemand einen Streich gibt auf deinen rechten Bacen, dem biete den andern auch dar. Wir aber sagen: Wenn dir Jemand auf den rechten Backen schlägt, so haue idm zwei auf den iinlen.“ Ein anderer Agitator erklärte: Wir halten Gott für ein Asyl der Dummheit, wir betrachten Goll als das groͤßte Uebel in der Welt, und darum erkläten wir Gott den Krieg.“ Das Parteiblatt, der „Volksstaat“, erkennt in der Religion „das haupt⸗ ochlichste Nasführungs⸗ und Ausbeutungsmittei es ertklärt: „Niemand anders ist des Namens eines Sozialisten würdig, als wer, selbst Atheist, der Ausbreitung des Atheismus mit allem Eifer jeine Castrengung widmet“, es ruft aus: „Mit dem letzien Christen wird auch der letzle Sklave frei werden. Die Zukunst muß ven Atheismus gehören.“ Und Bebel verkünden: „Die Religion ist unmer fortschritisfeindlich, das ist ihr Lebensprincip. — Nach meinem Dafürhalten kann der Sozialismus ohne den Atheis mus nicht bestehen. Alle diese Aeußerungen mögen zeigen, was es sozial⸗ demokratisch heißt: „Die Religion wird als Privatsache angesehen“. Wer die Brandreden gehört oder gelesen hat, mil welchen der be⸗ kannte sozialdemokratische Agilator Most unter dem rauschenden Bei⸗ jall seiner Parte genossen in Berlin zum Austritt aus der X dirche aufforderte, der muß gestehen, daß die Programmworte der Sozialdemolraten in Bezug auf die Religion pure Heuchelei sind. Berlin, 15. Oct. Die 88 16 2 und 166 sowie 18 des Social stengesetze ß werden nah unerheblichen Debatten in der Fassung der Commission angenomnien. 8 17 fällt nach den An⸗ rägen der Commission aus. Ber hinn. Auch aus Rom wird offied; gemeldel, es sei nicht vahr, daß Fürst Bismarck neuerlich ein Schteiben an den Cardinal⸗ Staatsseccetär Nina gerichtet habe. Aussand. Wien, 15. Ott. Die Blätter melden: Der bisherige Botjchafter in Berlin, Graf Karolhi, ist zum Botschafter in London und Giaf Beust zum Boischafter in Paris ernann. (Beust in Paris — da heißt es sür —A auf der Hut sein.) Die Annexion von Bessarabien durch die Russen ist nunmeht iaut Artikel 45 des Berliner Vertrages thatfächlich vollzogen. Der cussische Reichsanzeiger veröffentlicht das darauf bezugliche Telegramm, welches der russische Konsul in Ismail unterm id, . an den Minister des Aeußeren nach Petersburg gerichtet hat. Der russische Finanzminister, Generagladjutant Greigh, empfing gestern während der Durchreise durch Berlin die Herren Bleich- dder, Mendelssohn und Warschauer. Die Konversat on drehte fich im die Modalitäten einer neuen russischen MetallAnle he, blieben aber vorläufiz ohne jegliches praliisches Ergebniß. Herr Greigh nachte darauf dem Reichskanzler einen Besuch, der nahezu zwei Stunden dauerte. Abends setzte der Finanzmiuister seine Dienst⸗ reise nach Paris fort. Rom, 14. Oct. Der Erzbischof von Bamberg besuchte heute Notgen den Kardinal Rina und sollte Abend von dem Paypste mofangen werden. Der Konstantinopeler Cortes pondent der „Daily- Pews“ derichtet unterm 4. do., daß innerhalb kurzer Zeit dreißig Mordthaten fast vor den Thoren der Haupistadt verübt wurden, außer einigen in den Bo⸗porus⸗Doͤrfern und am asiatischen Gestade. Die Opfer seien stets Christen gewesen. Er fügt hinzu: Die Turken geben dor daß d Schaldigen entweder Deserteure don der Armee oder als Soldaten berlicidete Räͤuber seien, die eben diefe Veilleidung gewählt hätten, um den Verdacht auf die Soldaten u wälzen und die Polizei auf die unrichtige Faͤhrte zu führen. Nut wenige Leute halten dies fur richtig, besonders, da in jedem jalle Chriften die Odfer waren. E ist Niemand arretirt. viel Der St. Jugberter Auzeiger und das (2 mal woͤchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltunzsblatt, GSonntags mit illustrirter Bei— lage) erlcheint wochentlich viermal: Dienstag, Donunerstag, Bamstag nud Sonutag. Ser Abonnementspreis beträgt vierteljahrlich Wark 40 R.Pfs. Anzeigen werden mit 10 Pfg., ven Auzwaärts mit 13 Pfa. fur die viergespaltene Zeile Blattschrift oder deren Raum, Neclamen mit 80 Pfg. pro Zeile berechnet. M 164. Donnerstag, den 17. Oktober Iusis weniger bestraft worden — ein Umstand, der nicht besonders zu Bunsten der türkischen, Reformen“ spricht. Vermtschtes. Si. Inaberi, 17. Okiober. Unserer heutigen Nummer liegt ein Prospeet bei, betreffend Gichtkenen mu Flußableilung bon E. Winter, Berlin, Bernburgerstraße 20, worauf wir hiermit besonders aufmerksam machen. Bei der diesjährigen Anstellungsprüfung der pfaͤlzischen Schuldienstexspeltanten wurden von den 36 bestandenen Prüflingen 12 mit der D. und 24 mit der III. Note qualificirt. Die Note lwurde demnach keinem ertheilt. .Die pfalz. Bahnen vrreinnahmiten in den bis jetzt verflof⸗ jenen 9 Monaten von 1878 8,529,263 M. 21 Pf; es ist Das Jegen die Einnahme des gleichen Zeiiraums von 1877' ein Weniger bon 684,817 M. 58 pf. .Aus Kirchhheimbolanden 12. Det., meldet man der „Pf. Volkszig.“: In hiesiger Stadt geht man den Bierbrauern, die das Bier zu 13 Pfg. verzapfen, fest zu Leibe. Bereits haben ich Clubs gebildet, die nur Wirthschaften, in denen das Bier zu 12 Pfg. abgegeben wird, besuchen. Auch der hiesige Turverein hat jat sein seuheriges Local verlassen und kneipt nun in einer anderen Wirthschaft. Viele Local täten, die seither stark frequentirt waren, tehen meistenthais leer; denn für das 18 Pf. Bier finden sich eine Consumten. Wie wir nim dören, wollen Einige wieder ibschlagen. — Am 10. dss. Abends zwischen 6 und 7 Utzr wurde »er ledige Aderer Adam Stord von Ram s.en durch sein eigenes Fuhrwerk überfahren und getödtet. Der Verunglüdte war mit Steinsahren beschäftigt, als die vor den Wagen gespannten Ochsen ʒlötzlich scheu wurden und durchgingen. Stord wurde ein Stud Wegs nachgelchleift und gerieth dann mit dem Kopfe unter die sder des schwerbeladenen Fuhrwerles. — AusBurrweiler, 4. October, wird der „Pfälz Ztg.“ geschrieben: Hier wurde die dogel (40 Liter) Most zu 10 bis Moack 10,50 und 30 Liter ju Ve. 12 verlauft. Bei der ger ngen Nachfrage sind letztere schon nuf M. 10 heruntergegangen. Das Fuder (1000 Liter) gekelierter Wost wurde zu 340 330 M. verkauit. Das Erträgniß dürfte 200 Fuder machen. Das Gewicht jchwankte zwischen 75 bis 836 nach Oechsssle. Zu Gleisweiler wutde das Logel (50 Liter Tokayer 302 83 Grad wiegend) zu 12 Me. und 1000 Liter gewöhnlicher Most zu 300 M. derkaufi. Die Nachfrage ebenfalls gering. In Gonnheim beginnt die Traubenlese am 16., in Bobenheim sa. fg. am 17. b. Vi. In Meckenheim am 21. Ociober. rMuünqen, 14. Okt. Wie von militärischer Seite mit⸗ jetheilt wird, hat die Geschützgießerei zu Augsburg den Auftrag er⸗ jallen, mit der Fabrilation kiner gewissen Anzahl von Gußstahl⸗ Bronze Geschlitzen zu beginnen; es witd diese Gatitung von Geschützen aus demselben Malerial hergeftellt, aus welchem die österreichljche LIchatius⸗ Kanone besteht. Od die Einführung solcher Geschüutze in der bayerischen Artillere beabfichtigt ist oder nut einige Probe⸗ kxemplare deschafft werden sollen, weiß man nicht mit Beßimmtheit. fReutlingen (Württemberg), 11. Olt Der Zug der Muswanderung, der seit mehreten Jahren sehr unbedeulend war, st in neuester Zeit wieder angeregt worden. Rechtsonwalt Hahn, velcher im Laufe dieses Sommers eine Reise auf Veranlassung bet Regierung in Canada (brinsch Rortamerila) machte, hat durch seine Bortäge, die er hielt, die Lust zur Auswanderung nach Canada rwect. Vorgestern ging der erste Zug, bestehend aus gegen 20 PBersonen im tkraͤftigsen Alter, dorthin ab. Es sollen demselben pald weitere Züge folgen. Die dortige Regierung soll Untersilitzung and Grundstücke, Urwald, den Auswaänderera zugesagt haben. München, 12. Ott. (Pf. K.) Die oberbaherische Han⸗ »els⸗ und Gewerbekamnmer hat, in der Ueberzeugung, daß?ber der dandhabung des (staatlichen Sub missionsverfehren⸗ mannichfache lebelftaände bestehen, au⸗ ihrer Mitte eine Kommission gebildel zu em Zwedce, Vorschläge zur Abh'lfe der deßfalls bestehenden Be⸗ bwerden zu machen und der lal. Staateregierung zu unterbreum