St. Ingberler Anzeiger. der St. Ingberter Anzeiger und das (Z mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, Sonntags mit illustrirter Bei⸗ lage) erscheint wöchentlich Viermal: Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonutag. Der Abonnementspreis betragt vierteljahrlich Mark 40 R.⸗Pfg. Anzeigen werden mit 10 Pig., von Auswarts mit 15 Pfg. fur die viergespaltene Zeile Blattschrift oder deren Raum. Neciamen mit 80 Pfg. pro Zeile berechnet. M 166. S oOonntag, den 20. Oktobe E — — Deutsches Reich. Dem K. v. u. s. D. wird aus München geschrieben: Ueber die Jahl und die Sitze der künfrigen dandgerichte (jeßigen Bezitks⸗ getichte) ist immer noch nichts Sicheres bekannn. Soͤbsel darf in⸗ dessen als gewiß angenommen werden, daß schon wegen der noth⸗ wendigen Gebaulichkeiten im Jateresse der Koflensparung nur in jolchen Stadten, die jezt Siß eines Vezirkogerichts sind, Land⸗ zerichte werden errichtet werden. Dagegen verlautet, daß in jenen Städten, die jetzt ein Bezirkszericht haben und lein Landgiricht erhalten, aach 8 78 des Gerichtsverfassungsgesetzes Straflammern zebildet werden sollen. Diese Nachricht erscheint dicht unwahrschein⸗ ich; wenn in den meisten Regierungsbezirken bloß 2 Kandgerichte errichtet werden sollen, so wird sich die Bildung exponirter Straf⸗ ammern schon wegen der großen Entfernungen und der in Folge Dessen sehr hoden Auslagen für Zeugengebühren bald als ein Nothwendigleit herausstellen. In der Bildung von Strafkammern age dann auch zugleich einiger Etsaz für die Stadte, welche das Bezirksgericht verlieren. Berlin, 17. Olt. Eine Verständigung der beiden eonser⸗ »aliven und der nationalliberalen Fraction über die noch rreitigen Punkte des Sozialistengesetzes soll dahin erfolzt jein, daß im 86 die Presse betr.) die Commissionsfassung beibeholten und zu 8 16 ein Zusatz hinzugefügt wird des Inhalis: „Ein Agitator muß mindestens 6 Monate seinen Wohnort in der detreffenden Orischast gehabt haben, um der ohne weiteres erfolgenden Ausweisung zu entgehen.“ 8 190 soll einen Zusaß erhalien, wonach dem Kaijfer die Ernennung eines zehnten Mitgliedes der Recurscommission zußkehi. Diese Amendements sollen von den gedachten drei Fractionen gemein⸗ jam eingebracht werden. Berlin, 17. Olli. Die wirthschaftliche Vereinigung ESchutz · oͤllner) des Reichttags trat heute Vormittag 10 UÜhr zu einer Besprechung zusammen. Es handelte sich um eine Erklaärung be⸗ uglich der von Deutschland einzuschlagenden Handelspolint. Die ahlreich besuchte Versammlung einigte sich über eine Erklärung, be⸗ reffs der Vornahme der Revision des deutschen Zolltarifs auf Hrundlage der im Zuge befindlichen Enqueten. Die Erklärung isi in der Weise mod' ficirt worden, daß sie nicht nur den Forderungen der Industriellen, sondern auch derjenigen Vertreter der Landwirih⸗ chaft entspricht, welche die Allianz mit den Schutzzollnern befür⸗ vorten. In der Erklarung wird hervorgehoden, daß mit Rüdcsicht auf den außerordentlichen Charakter dieser Reichslagefession, welcher iediglich zur Berathung des Sozialistengesezes zusammenberufen, von einer Diecussion unserer Handeis⸗ und Zollpolitik während dieser Session Abstand genommen werden müßte. Wir hören, daß leitende Kreise bder Reichsregierung diesem Ansuchen der schußzoll⸗ nerischen Gruppe des Keichstages nicht fernstehen, und daß man die neulich statigehabte Unterredung zwischen dem Reichtkanzler und rinem der Hauptvertreter der schutzzoͤllnerischen Richtung, dem Ab⸗ jeordneten v. Varnbüler, damit in Verbindung bringt. Ein Vorspiel der Wirkungen, die das Soj'alistengesetz unaus⸗ dleiblich in seinen Folgen haden muß, trug sich dieser Tage in Berlin zu. In einem Restaurant unterhielten sich, wie man der Frankf. Zig. schreibt, zwei junge Manner über den von Hrof. Wagner herausgegeben Briefwechsel zwischen Rodberius und dassalle und kamen bei dieser Gelegenheit auch auf die leßte Lassalle⸗ ede des Fürsten Bismare zu sprechen. Ta erschien der anscheinend urch den servirenden Kellner von dem Gespräche unleriichtete Besiter des Lolals und erllärte. daß et in seinem Lokale soꝛialiftische desprache und politische Crdrierungen nicht dulden koͤnne. Der zetreffende Gastwirth scheint wohl schon einen Vorgeschmach von 8 lGba des Sozialistengesetzes und Furcht vor der Konzessionsentziehung jehabt zu haben. Der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Hasselmann hiell Sametag Abend in dem socialdemokratischen Veren zur Wahrung der Interessen der werllhätigen Bevölkerung Berlins“ in Bertin nen Vortrag, dessen Thema lautete: Der Fürst Reichskanzler lt die Proͤduknogenossenschaften durch Staotshilfe.“ Nach der sRede — entwickelte sich ein sormlicher Hasselmann⸗Kultus. Alles drangte sich an ihn heran, man hob ihn in die Hohe und küßte hm die Hande, und ein Hoch nach dem anders wurde in endloser RFeihe auf ihn ausgebracht. Sichtlich abgespannt bat er, man möge hn nur kurze Zeit sitzen nud fich erholen lassen. Der Bitte wurde ofort entsprochen, und nun boien die Arbeiler Cigarren, Bier ꝛc. in Masse. Wahrend dem hatte in einem Nebenzimmer ein Klavier— pieler die Weisen aus Mamsell Angot“ erklingen lassen, und in Sattler Dastig, bekannt als fozialistijcher Wahlagitator, dirigirte das „Lied der Petroleure“, dessen fünf Strophen nun zu Ehren desß Hen. Hasselmann abgesungen, da capo verlangt und wiederholt wurden. Das Petroleumlied hat den Refrain: Hier Petroleum, da Petroleum, Petroleum um und um! Laßt die Humpen frisch voll pumpen: Drei Mal hoch Pertroleum! Darauf wurde noch im Chor die Andorf'sche Arbeiter⸗-Marseillaise »orgetragen. Kurz vor 11 Uhr verließen die Schaaren das Lokal. Die über Amerika eingetroffene Kachricht von der Besetzung zer Insel Upolu (eine der bedeutendsten der Samoainseln) durch has deutsche Schiff Ariadne“ hat man in Reichstagskreisen mit em Sozialistengesetz in Zusammenhang gebracht. Von konsewativer Seite meint man, daß die Regierung mit dem Gedanken umgehe, zie zu längeren Freiheitsstrafen veruriheilten Socialdemokralen nach er genannten Insel zu deportiren. Der „K. Z.“ zufolge wurde ie Insel besetzt, weil die Regierung von Samog sich weigerte, den deutschen gleiche Rechte zu bewilligen, wie den Amerikanern, obwohl zurch einen Handels⸗ und Freundschaftsvertrag Deutschland alle kechte der meistbegünstigten Nation zugesichert waren. Die Hafen Jalatite und Falatiti sind gegenwärtig im deuischen Besitz, und zZapitän v. Werner wird sie nicht herausgeben, dis die Regierung hrer Verpflichtung nachgekommen ist. Einstweilen aber ist es doch och zu früh, die Insel als deutsches Eigenthum anzusehen, und, venn auch nur auf dem Papier, eine Strafcolonie aus ihr zu nachen. Ausland. London, 18. Oll. „Reuter's Bureau“ meldei aus Zonstantinopel vom 17. da.: Der Sultan habe gestern dem eng⸗ ischen Gesandten Layard mitgetheilt, er, der Sultan, habe ein Schreiben an den Emir von Ufhganistan abgesandt, mit dem Er⸗ juchen, die Differenzen freundschafilich mit England auszugleichen. Mostar, 16. Oct. Feldmarschallieutenant Javanovbics hielt heute feierlichen Einzug in das mit Triumphbogen und österreichischen Fahnen geschmückte Mostar. Ein hahlreiches aus Christen und Türken gebildetes Banderium riti dem Commandanten entgegen und jeleitete denselben in die Stadt, wo beide Bischöse, sowie ein ürkischer Geistlicher, die Wurdeniräger und die Schuljugend den Fommandanten erwarileten. Bermisqhtes. Kommenden Sonutiag wird in sämmilichen katholischen Pfarreien der Pfalz ein Hirlenbrief des neuen Bischofs verkundet. Lach der „Pf. 3.“ ist das Sendschreiben in besonders mildem Ton gehalten. FDie Nachricht in gestriger Nummer dieses Blaltes.,, daß der AIrchitelt Professsr Warih in Karlsruhe vom Berliner Preisgericht ur den Bau eines Kollegienhauses der Straßburger Universitaͤt den J. Preis erhalten hat, ist noch beizufligen, daß Herr Warth ein Pfalzer ist, und zwar der Sohn dest. Steuereinnehmerd Warth zu Frankenthal, früher in Limbach, wo der Preisträger Ende der Wer Jahre das Licht der Welt eröblickt hat. fKaiserslautern, 18. Okt. Die hiesige Polizei war heule Morgen in voller Thätigkeit, um in den hiesigen Druckereien das Manuscript und den Saz eines Cirkulats aufzufinden, das von dem Kaufmann Wilhelm Müller unterzeichnet ist, gegen welchen die Herren Recior Dr. Recknagel, Redackeut Weise und Buchdrucker Rohr Beleidigungeklagen angestrengt haben. Das Circular isi zegen den kaufmännischen Verein resp. dessen J. Vorstand und vieder gegen Dr. Rednagel, als Vorstand des Consumvereins ge⸗ richtet. Der genannte Kaufmann erklärt darin dem Consumverein ——