St. Ingberler Anzeiger. Der St. Jugberter Anzeiger und das (W mal wöchentlichf“ mi⸗ dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ lage) erscheint wöchentlich viermal: Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis beträgt vierieljährlich 1A 40 B einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 60 H, einschließlich 40 Zustellgebuhr. Auzeigen werden mit 10 Z, von Auswarts mit 15 — fur die viergespaltene Zeile Blattschriit odet veren NRaum, Meclamen mit 30 — pro Zeile berechnet. — — 1879. A 65. J Samstag, den 26. April Deutsches Reich. Mäünchen, 22. April. Der König hat aus Anlaß der älbernen Hochzeit des österreichischen Kaiserpaares ein eigenhändiges Blückwunschschreiben an den in Wien weilenden Prinzen Leopold gesendet, welches von diefem am 24. dse. dem Kaiser von Oe⸗ster⸗ reich überreicht wurde. München, 23. April. Wie der „Bayer. Kurier“ meldet, zjat der Papst auf die Sammlung von Peterspfennigen durch Sigl's „Vaterland“ verzichtet. Nach derselben Quelle ist ein auf die Berhältnisse der Münchener klerilalen Presse bezügliches Schreiben des Cardinals Nina hier eingetroffen. I Berlin, 23. April. Nach den neuesten hierhergelangten Nachrichten wird der Ka'ser von Rußland dirckt von Livadia aus, »hne Petersburg zu berühren, zur goldenen Hochzeit des deutschen Daiserpaares nach Berlin kommen und sich von hier zu Längerem Aufenthalt nach Ems, bezw. Jugenheim begeben. Wie das „Berliner Tageblatt“ hört, werden diejenigen Reichs⸗ agsabgeordneten welche geneigt sind, für Zöͤlle auf landwirthschaft⸗ iche —* zu stimmen, unmittelbar nach dem Wiederbeginn der Reichstagsverhandlungen aufgefordert wedden, zu einer letzten ver⸗ raulichen Besprechung zusammen zu treten. Den Heißspornen unter den Agrariern sind nämlich die von der Tarif⸗Commission beschlos⸗ senen Sätze für Getreide viel zu niedrig; sie wollen daher im Reichsstage Artrüge auf Erhöhung dieser Sätze siellen und suchen ür diese Anträge eine genügende Unterstützung zu erlangen. Die industriellen Schutzzöllner werden derartige Anträge kaum unterstützen, da sie, wie sie selbst offen bekennen, sich nur mit schwerem Herzen jür die Getreidezolle erklärt haben, in der rihtigen Voraussetzung, daß es ganz ohne Getreidezölle auch keine höheren Zölle auf Eisen, Baumwolle und dergleichen mehr geben werde. Ja, es heißt sogar, die Eisenleute wollten beantragen, daß auf alle Getreidesorten ohne Unterschied nur ein Zoll von 25 Pjiennigen pro Centner gelegt verden solle. Hierzu kommt, daß auch der Beschluß des Vereins ür Sozialpolitik gegen die Getreidezölle und den Zoll auf Holz, wvie schon bemerkt, nicht verfehlen wird, einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen, zumal derselbe auf Antrag eines Mannes gefaßt vorden ist, der sich in allen Kreisen der Landwirtihschafft ohne Unter⸗ schied des Parteistandpunktes wegen seiner großen Sachkenntniß ziner nicht unbedeutenden Autorität zu erfreuen hat. Und mehr aoch muß es ins Gewicht fallen, daß der Abgeordnete Sombari teineswegs der freihändlerischen Pattei angehört, vielmehr den Standpunkt der Kathedersozialisten theilt, die den Congreß nach Frantfurt einberufen haben. Wie sehr man übrigens in Regie⸗ ungskreisen besorgt ist, daß das Schicksal der Getreide und Holz⸗ zoͤlle sich nicht nach den Wunschen des Fürsten B'smarck gestalten sönne, dafür spricht auch die Haltung der offiiösen Presse, die dahin Weisung empfangen hat, noch im letzten Augenblicke einen Sturm auf alle schwankenden und wankenden Gemäüther zu unternehmen. Auf die Stellung eines bedeutenden Flügels der nationallibe⸗ calen Partei zu der deutschen Zollfrage ist durch einen Neqenschafts⸗ zericht des Reichstagsabgeordneten für Erlangen Professor Marquardsen rin sehr lehrresches Licht gefallen. Herr Dr. Marquardfen bemerkte einleitend u. A. zu der Wucherfrage, daß alle Parteien eine Stärk⸗ ung der Stratjustiz gegen den Wucher wunschen und daß die Be⸗ chäftigung mit jener Frage schon jetzt die richterlichen wie die Po— lizeibehöeden auf die ihnen bereits in den bestehenden Gesehen ge— Jebenen Handhaben gegen den Wuchet besser als alle bisher aufmerlsam zemacht hat. Zu den schwebenden Zollfragen üdergehend betonte der Redner die Nothwendigkest der Finanzzölle und sprach sich dabei sür Tabalsa⸗, Kaffee- und Wein⸗ aber gegen Petroleumzole aus. Schutzzöolle aber seien im All emeinen nicht rathsam, da Deutschland ꝛeteits meht exportire als importire; besondere Nothlagen seien von zieser allgemeinen Regel allerdings auszunehmen wie z. B. bei den risen⸗ und ebentuell bei den Garnzollen. Dagegen sprach sich der stedner gegen Korne und Viehzölle aus, namenüch gegen die ersieren, zenn hinsihtlich der Viehzollfrage könne man noch allenfalls sagen: „was dem Sqwein rechi ist, isi dem Ochsen billig“. Die Motive für die Kornzölle hält der Redner wegen ihrer „Gedankenarmuth“ ür leicht bekämpfbar und deshalb einen Widerstand in jener Frage nicht sür aussichtslos. Die Hauptsache bleibe aber die Finanzjrage uind in dieser müsse man zum Reiche stehen, wie übechaupt der Reichsgedanke den Abgeordneten bei Erwägung aller dieser Fragen eiten müsse. Die Verhandlungeu zwischen den einzelnen Bundesregierungen n der Wucherfrage sind nunmehr so weit gediehen, daß bereits im daufe dieser Woche der Bundesath darüber berathen und sich chlüssig machen wird. Nach den von den einzelnen Regierungen rfolgisen Kundgebungen ist nicht zu bezweifeln, daß die Majorität us Bundesrathes im Prinzip mit der Ergänzung des deuischen Ztrafrechts durch Einfügung einer Strafvorschrift gegen den Wucher n das Strafgesetzbuch oder durch die Formulirung eines Spezial⸗ nesetzes sich einverstanden erklärte. Berlin. Die Mitglieder der einzelnen Frackionen des steichstags wurden durch die betreffenden Vorstände zu zahlreichem ẽrscheinen aufgefordert. In den ersten drei Tagen der nächsten Woche sollen die Fractionen über ihre Stellung zum Tarif be—⸗ athen. (A. 3.) Die „Magdb. Z.“ schreibt: „Auf den Stand der Fraçe wegen »er Statthalterschaft von Elsaß⸗Lothringen faällt jetzt einiges dicht. GeneralsFeldmarschall v. Manteuffel ist auch heute noch der inzige Candidat, welcher ernstlich in Betracht gezogen worden ist, voch konnten die betreffenden Verhandlungen noch nicht abgeschlossen verden, da bisher eine Einigung über das dem Statthalter zu ge⸗, vährende Fixum, die sogenannte Civilliste, noch nicht erzielt wurdee Ran hat an den Feldmarschall das Ersuchen geftellt, die Summ— u nennen, welche er zur Ausfüllung des hohen Postens für noth vendig halte; seine Antwort darauf lautete auf 180,000 M. Bis etzt hat man sich an entscheidender Stelle noch nicht entschließen oͤnnen, eine Civilliste in dieser Höhe zu bewilligen. Indessen scheint 8, daß das Verlangen des Feldmarschalls schließlich doch Annahme inden wird, da die genannte Summe in Anbetracht der Landes⸗ »erhältnisse nicht unangemessen erscheint.“ (Wir geben das mit illem Voibehalt; wir glauben, es ist zur Zeit überhaupt noch nicht entschieden, ob ein Statthalter bestellt werden soll. (D. Red. d. „Pf. K.“) Ausland. Wien. Meldungen der „Polit. Corresp.“ aus Belgrad: Zerbische Brigaden aus Kruschevatz, Alexina und Prokepolje unler Iberst Horvatobic waren abgesendet worden, um die auf deñ Hoͤhen »on Samolovo verschanzlen Arnauten zu verireiben. Eben einge⸗ roffener Meldung zufolge sind die Arnauten vollständig geschlagen ind zersprengt worden. — Aus Bukarest: Die Todrudfscha purde in den letzten Tagen von den Russen gänzlich geräumt. —Aus Konstantinopel: Eine muhamedanische Deputation zus Ostrumelien und Bulgarien begiebt sich nach den europäischen Zaupistädten, um die Regierungen zu bitten, daß den Versolgungen, velchen die Muhamedaner von Seiten der Bulgaren ausgesetzt eien, ein Ziel gesetzt werde. London, 23. April. Nach den aus Indien eingegangenen Nachrichten dauern die Unterhandlungen zwischen den Engländern ind Jakub Khan fort, die Engländer haben noch dieselben Stel⸗ ungen inne, die sie im Herbst besetzten; möglicherweise schieben sie iber ihre Front demnächst etwas vor, um die Unterhandlungen in in lebhafteres Tempo zu bringen. Zwei türkische Truppencommandanten in Adrianopel haben hre Entlassung gegeben in Folge von Beleidigungen, die ihnen von Zulgaren zugefügt wurden, die dafür nicht bestraft werden konnten. — Die Pforte wird ihren Vertretern im Auslande eine Note zu⸗ zehen lassen, worin sie die Aufmerksamlelt der Mächte auf die Auswanderung von Bulgaren aus der Türkei nach Rumelien lenkt. Petersburg, 283. April. Die „Neue Zeit“ vernimmt, daß ein hohes Kreiminalgericht zur Aburtheilung Solowjffs bereits usammengesetzt sei. Dasselbe bestehe aus sechs Mitgtiedern unter dem Vorsitz des Großfürsten Konstantin Nikolajewitsch. Ueber Solowiew dürfen die Petersburger Blätter vorerst NR'ichls mittheilen. Wie der Wiener Abendpest von ihtem Pekers⸗