St. Ingberler Anzeiger. Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich? mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ lage) erscheint wöchentlich viermal: Dieustag, Donnerstaq, Samstag und Sonntag. Der Abonnementovpreis betragt vierteljahrlich 1A 40 A einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.A 60 3, einschließlich 40 Zustellgebühr. Anzeigen werden mit 10 —, von Auswärts mit 15 — für die viergespaltene Zeile Blattichrist oder deren Naum. Reclamen mit 30 4 pro Zeile berechnet. M OVVO. Sonntag, den 6. Juni 1880. X Deutsches Reich. Die Einberufung des bayerischen Landtags dürfte schwer⸗ lich, wie früher mitgetheilt, bereits zum 1. Juli erfolgen. Wie es heißt, soll zuerst der Steuerausschuß einberufen werden. Se. Maj. der König von Bayern haben dem Gouverneur der Reichsfestung Ulm, k. preußischen Generallieutenant Grafen Leidthard v. Gneisenau, einem Sohn des berühmten Freiherrn der Befreiungskriege, anläßlich von dessen 50jährigem Dienstjubiläum das Großkreuz des k. Militärverdienstordens verliehen. Der Jubi— ar hat einen Erholungsurlaub angetreten; seine Geschäfte werden nnzwischen von dem k. baherischen Generalmajor v. Hebberling, Tommandanten der Festung, verfehen. Am Mittwoch Nachmittag ist auf Schloß Babelsberg ꝛei Potsdam bei Gelegenheit einer groöͤßeren Hoftafel von Kaiser Wilhelm die bekannte Verlobung seines ältesten Enkels, des Prin⸗ jen Wilhelm, ältesten Sohnes des Kronprinzen, mit der Prinzessin Augusta Viktoria von Schleswig-Holstein⸗Sonderburg-Augustendurg, der ältesten Tochter des vor einiger Zeit verstorbenen „Augusten- burgers“ Friedrich, welcher 1864 nicht ohne Aussicht auf Schles— wig-⸗Holstein spekulirte, aber durchfiel, weil er kurzsichtiger Weise Preußens Forderungen widerstrebte, officiell vollzogen worden. Die Braut ist geboren am 22. Okt. 1858, also etwas über 2264 Jahr alt, während der Bräutigaem am 27. Jan. abhin erst' das 21. Jahr vollendet hat. Die Verlobung hat namentlich auch in Schles⸗ wig⸗Holstein, wo die herzogliche Familie sich noch vieler Sympa— chieen erfreut, den günstigsten Eindruck gemacht. Fürst Bismarck wird jetzt angeblich schon am 12. djs. Mis. in Kissingen erwartet. Das ehemalige Erzstift Magdeburg begeht am 4. Juni den 200. Jahrestag seiner Vereinigung mit der Hohenzollern'schen Monarchie. Am 4. Juni 1680 ist der damalige Administrator »es damaligen Erzstiftes Magdeburg, Herzog August von Sachsen, gestorben und auf Grund der Bestimmungen des Westphälischen Friedens, resp. des sogenannten Klosterbergischen Vertrages vom 28. Mai 1666 ist mit dem gesammten Erzstift auch Magdeburg dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg zugefallen. Dieser Tag wird in Magdeburg festlich begangen und es haben der Kaiser und der Kronprinz Friedrich Wilhelm ihre Anwesenheit dei diesem Feste zugesagt. Wegen des Todes der Kaiserin von Rußland nimmt der aiser in Magdeburg blos den officiellen Theil der Gedenk— feier, der Kronprinz den geselligen Theil, welcher aus dem Fest⸗ mahle und der Theatervorstelluug besteht. Ausland. Am Tonnerstag ist die Kaiserin von Rußland durch den Tod von ihrem langwierigen, unheilbaren Leiden erlöst worden. Maria Alexandrowna, vormals Maria, Prinzessin von Hessen⸗ Darmstadt, Vatersschwester des regierenden Großherzogs Ludwig IV. oon Hessen-Darmstadt, war geboren am 8. April 1824, hat also ein Alter von etwas über 56 Jahren erreicht, und vermählt mit Alexander seit 28. April 1841. Nebst dem Gemahl, der sich mit der durch Bildung, Gediegenheit des Charakters und Seelenadel ausgezeichneten Prinzessin aus wirklicher Neigung verbunden und 39 Jahre lang das glücklichste Familienleben mi ihr geführt hat, rauern um die Verewigte 6 Kinder, 5 Söhne und 1 Tochter. Konig Georg von Griechenland ist auf der Reise nach einer ursprünglichen Heimath Dänemark (er ist der zweitälteste Sohn des dänischen Koͤnigspaares) in Paris abgestiegen, wo er, ingeblich nur Tourist, den französischen Machthabern den Hof nacht — wohl im Hinblick auf die bevorstehende Berliner Nach— konferenz der europäischen Mächte, vor deren Form insonderheit ie griechisch-türkische Grenzfrage endgiltig erledigt werden soll. Bemerkenswerth ist, daß dies die erste Beleidigungsklage ist, die seit Einführung der neuen St.«P.O. anhängig gemacht wurde, vährend früher jede Woche durchschnittlich 3 bis 4à solcher Klagen zur Verhandlung kamen. F In der Nacht zum 3. d. brannte die nahe bei Homburg gelegene Entenmühle fast völlig ab. Ihr Eigenthümer, der ver— sichert hat, befindet sich bei den Landwehrübungen in Zweibrücken. FIn Deidesheim betrug das Ergebniß der Wittels bacher Landesstiftung 3426 M. 68 Pf. Landau. Die Strafkammer des hiesigen Landgerichts hat heute den 29 J. alten Bader und Friseur Peter Beck von Frankweiler zu 4 Jahren Gefängniß verurtheilt. Derselbe hatte in Mannheim, wo er in Arbeit stand, untet Verschweigung seiner Verheirathung mit der dort dienenden ledigen Kath. Geißler von Bubenhausen ein Verhältniß angeknüpft und ihr alsdann unter der Vorspiegelung, sie zu ehelichen, 100 M. baar und schließlich noch eine Vollmacht über Ansstattungsgegenstände im Werihe von 200 M. abgeschwindelt und dieselben in Mannheim versilbert. Beck, der bereits wegen Brandstiftung und Diebstahl mit 2 Jahren efängniß bestraft worden, hatte 1874 in Metz seine Frau sitzen assen. — Ein Sohn des Frankenthaler Schneidermeisters dafner, welch' letzterer dieser Tage, nachdem er sein Falliment an— zezeigt hatte, sich im Canal ertränkte, hat sich den Tod seines Vaters so zu Herzen genommen, daß er irrsinnig geworden und gestorben ist. In vergangener Woche verstarb in Cassel, wie die „Hess. Morg.»Ztg.“ mittheilt, im Alter von 88 Jahren die Wittwe des am 31. Januar 1822 auf einem im dortigen Stadtbausaale tattgefundenen Maskenballe vergifteten Hoflakaien Christoph Väch— tädt. Diese Vergiftungsgeschichte hat nicht nur seiner Zeit großes Aufsehen erregt, sondern es ist seitdem auch noch immer nicht »öllig gelungen, den wirklichen Hergang aufzuklären. Man nahm damals allgemein an, daß das dem Hoflakaien Bächstädt angeblich eitens einer maskirten Dame gereichte Gift nicht für diesen be— timmt war, sondern der 19 Jahre alte Kurprinz Friedrich Wil⸗ elm es erhalten sollte, welcher knrz vor dem Zwischenfaile mit Bächstädt Anzug und Maske getauscht hatte. F Eine amtliche Bekanntmachung besagt, daß die Strecke der kSisenbahn zwischen Blumenberg und Hadersleben, auf der am Dienstag sich das bekannte Unglück ereignete, durchaus in Ordnung jewesen sei. — Es scheint ein Verbrechen vorzuliegen. Auf dessen Entdeckung sind 3000 M. Belohnung ausgesetzt. F.Aus der Capstadt wurden im dverflossenen Jahre über 3 Mill. 500,000 Pfd. Sterling Werth an Diamanten verschifft. Die Vorgänge in Paris vom 23. Mai haben ein Nach— ppiel gehabt. Der aͤlteste Sohn des bekannten „Laternenmannes“ Rochefort in Genf war unter den Krakehlern und gerieth mit ꝛeinem Polizisten zusammen. Sein Vater veröffentlichte darauf ein zrobes Schreiben an den Polizeipräfecten Andrieur, worin er mit wei seinem Sohne angeblich von der Pariser Polizei zugefügten Wunden prahlte und sich in Beschimpfungen des Praͤfekten erging. In Wirklichkeit hatte der junge Rochefort jedoch nur eine von einem Zäbelhieb herrührende unbedeutende Beule am Kopfe. In Folge enes Briefes hat der Schwager des Polizeipräfekten, Namens Köch— in, Rochefort gefordert. Das Duell hat am Donnerstag in Genf tatt gehabt. Henri Rochefort erhielt von Köchlin einen Degenstoß inn den Magen, während sein Gegner unverletzt blieb. Die Ver— wundung soll schwer sein. Ein höchst merkwürdiger Fall von Pigmentatton wird seit einiger Zeit von Philadelphier Aerzten beobachtet. Der⸗ elbe betrifft das 322 Jahre alte Kind eines Michael Saller. Die Verdunkelung der Haut begann, als das Kind wenige Wochen alt war, mit einem kleinen gelben Flecken am Unterleibe, dieser Fleck hat seither stetig um sich gegriffen und bei allmählicher Ver— zunkelung sich fast über den ganzen Korper verbreitet, so daß das dind jetzt, wenngleich Sproͤßling weißer Eltern, einem echten Negerlind zum Verwechseln ähnlich sieht. Das Kind scheint körper⸗ ich im übrigen recht wohl zu gedeihen, wenn es auch in geistiger uwb Vermischtes. *St. Ingbert, 2. Juni. In heutiger Schöffen⸗ sitzung kamen folgende Fälle zur Aburtheilung: 1) Ein Hand⸗ verksbursche erhielt wegen Bettelns 14 Tage Haft. 2) Ein junger Bursche von Schnapphach wurde wegen Diebstahls zu 1 Tag Ge— angniß verurtheilt. 3) Eine Beleidigungsklage wurde vertagt.