2 der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei— lage) erscheint wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis beträgt vierieljährlich M« 40 2 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 A6 60 H, einschließlich 40 Zustellgebuhr. Anzeigen werden mit 10 H, von Auswärts mit 15 fur die viergespaltene Zeile Blattschrist oder deren Naum, Reclamen mit 30 4 vro Zeile berechnet. 8 58. J Sonntag, den 10. April 1881. Deutsches Reich. Die Session des bayerischen Landtags wurde von Sr. Maj. dem König bis 30. April verlängert. Abg. v. Hafenbrädl og in der Donnerstag⸗Sitzung der Abg.-K. seinen Antrag auf Abänderung des Artikels 56 des Polizeistrafgesetzvuches Gesuch oͤffentlicher Tanzunterhaltungen durch Sonntagsschulpflichtige, Lehr— linge ꝛc.) zurück, nachdem der Kultusminister dagegen gesprochen und erklärt hatte, er könne nur bei einer überwältigenden, nicht bloßen Partei⸗Majorität ein Entgegenkommen der Regierung versprechen. Im Amitsblatte des bayerischen Staatsministeriums wer— den die Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über die Wahl der dandtagsabgeordneten publicirt. Die Instruktion schließt sich an zie Artikel des Gesetzes und gibt zu den Artikeln 24 -26 eine vollständige Regelung des Wahlverfahrens. Dieses wird künftig— jin in der Hauptsache, und soweit nicht durch das indirecte Wahl⸗ ystem Veränderungen geboten sind, dem Verfahren bei den Reichs— agswahlen ziemlich gleich sein. Auch die seither bei den Land— agswahlen hervorgetretene Ungleichheit in der Feststellung über die Wahlvorgänge soll fortan vermieden werden, indem für die Pro— tokolle, die Stimm- und Gegenlisten Formulare mit genauem Vor— druck ausgegeben werden. Nicht minder ist eine einheitliche Auf⸗ ttellung der Wahlacten vorgesehen. Alle früher zum Vollzuge der Landtagswahlen ergangenen Instructionen und Entschließungen sind aufgehoben. General⸗Feldmarschall Graf Moltke ist, wie die „Nat.«Z.“ erfährt, mit an die Spitze der Unterzeichner des vom Abgeordneten Dr. Thilenius vorbereiteten Antrags, bezüglich einer Betheiligung Deutschlands an der Erforschung der Polargegenden, getreten. Anter dieser mächtigen Protektion dürfte das Unternehmen als ge— ichert gelten. Ausland. Die französische Regierung hat beschlossen, von den Kam— mern einen Kredit von fünf bis sechs Millionen zu der Expedition zegen die Krumirs in Tunis zu verlangen. (Die Vorlage ist be— ceits gemacht.) Frankreich tritt mit seinem Vorgehen gegen die Tunesen wieder in einen Waffengang, was es seit dem deutschen Kriege und dem Pariser Kommuneaufstande nicht mehr gethan hat. Der Enthusiasmus im Lande selbst wie bei den franzoͤsischen Kolonisten in Algier soll den höchsten Grad erreicht haben, und die offizielle Regierung wie vor Allen Gambetta, thun alles, den Enthusiasmus zu steigern. Es ist zwar nur ein armseliger Feind, gegen den man kämpft, immerhin aber ist es wieder ein auswäriiger Krieg und der französische Ehrgeiz regt sich. Der jetzt bedrohte Bey von Tunis heißt Mohammed es Sadol und regiert seit 1889; seine Dynastie seit 1601. Seit 1578 steht Tunis unter der Oberhoheit des Sultans. Das Land zählt reich— lich 2100 Quadraimeilen und, bei der verhältnißmäßig starken Bevölkerung von circa 1000 auf die Quadratmeile, über zwei Millionen Einwohner. Unter den reichlich 70 000 Nichtmuham— medanern bilden 45 000 Ifraeliten die Mehrheit. Die Haupistadt zählt 125 000 Einwohner. Ob in ihr definitiv die französische Trikolore wehen wird, wie in Algier, muß die Zukunft lehren. Die „Köln. Ztg.“ veröffentlicht die Anklageakte bei dem Fzarenmorde am 18. März betheiligten Nihilisten Russakoff, Jeljaboff, Sophie Perowski, Michailloff und Jessika Helfmann. Dieselbe ist sehr umfangreich (223000 Zeilen), enthält aber im Wesentlichen in ihren 9 Abschnitten nur bereits Bekanntes. (Am 7. ds. M. begannen zu Petersburg die Prozeßverhandlungen gegen die Genannten.) Der Vollziehungsausschuß der nihilistischen Partei hat uinterm 24. März dem Kaiser schriftlich diejenigen Bedingungen mitgetheilt, unter welchen er den Kampf gegen die Regierung ein— zustellen geneigt ist. Es sind dies: 1) Allgemeine Amnestie aller oolitischen Verbrecher. 2) Einsetzung einer Vertretung des ganzen russischen Volkes, um die jetzt bestehenden Staatsformen einer ge— nauen Prüfung zu unterwerfen und den jetzigen Lebensbedürfnissen anzupassen. Diese Vertretung soll aus Abgeordneten aller Klassen uind Stände ohne Unterschied bestehen. Wahleinschränkungen soll 5 es nicht geben, und die Wahlagitation soll frei, ohne irgend eine Einmischung der Regierung betrieben werden dürfen. „Deßhalb“, so schließt der Erlaß, „volle Preßfreiheit, volle Redefreiheit, volles Versammlungsrecht, volle Freiheit für die liberalen Wahlpro— zramme — und wir schwören bei Allem, was uns heilig ist, falls diese Bedingungen erfüllt werden, die Waffen niederzulegen und uns vollständig der Regierung zu unterwerfen!“ Die von den Großmächten in Konstantinopel mit der Pforte geführten Verhandlungen haben zu dem von sämmilichen Broßmächten gutgeheißenen Ergebniß geführt, daß nunmehr eine an die Stelle des von der Berliner Konferenz gefaßten Beschlusses tretende neue Regulirung der griechisch-türkischen Grenze vereinbart ist. Mittelst gleichlautender Noten werden die Gesandten der Großmächte in Athen der griechischen Regierung ungesäumt anempfehlen, dieser Vereinbarung beizutreten und beizufügen, daß, wenn Griechenland auf diefe friedliche Erledigung nicht eingehen, sondern durch Krieg zu seinem angeblichen Recht (Abtretung eines noch größeren Stückes ürkischen Gebietes) gelangen wolle, es dies auf eigene Gefahr thun und dabei von keiner der Großmächte eine Unterstützung erhalten würde. ———— Vermischtes. * St. Ingbert, 9. April. Gestern Abend wurde in der gewerblichen Foribildungsschule durch die Aufsichtscommission die Kertheilung der 50 Mark vorgenommen, welche von dem Vorschuß⸗ LBerein der Schule zum Geschenk für würdige Schüler gewidmet waren. Zu ihrer großen Freude wurden 10 Schüler bedacht und zwar je einer mit 5 Mark. *— Bei der gestern stattgehabten Versteigerung des Gree⸗ wenig' schen Anwesens in der alten Bahnhofstraße wurde das— selbe, das seinen Besitzer vor noch nicht langer Zeit gut auf 40 000 M. zu stehen kam, von Frau Wittwe J. Grewenig um die Summe von 15 000 M. erstanden. — Ein sehr ungleiches Brautpaar wurde am 53. ds. vor dem Standesamt Bobenheim getraut. Die Braut zählt 64 Lenze, während der Bräutigam 20 Jahre alt ist. F In Hauenstein lebt, wie das „Annw. W.“ meldet, noch ein Veteran aus der Zeit Napoleons J. mit Namen Franz Joseph Hengen, der im letzten Herbst noch auf dem Felde Arbeiten berrichtete; derselbe diente im 64. Linien-Infanterie-Regiment, machte unter dem General Vendome die Schlachten bei Leipzig ꝛc. mit und trug einige Verwundungen davon, indem er einen Schuß in's Bein erhielt und zwei Finger an der Hand verlor. Ein 92jähriger Veteran aus den Freiheitskriegen, Herr Clemens in Köln, gehört unstreitig zu denjenigen, welche das Joch der Ehe süß gefunden haben, sonst würde er nicht zum dritten, »der wie sogar behauptet wird, zum vierten Male einer Vertreterin des zarten Geschlechts, einer Witiwe von mehr als 70 Jahren, die dand zum ehelichen Bunde gereicht haben. Die Brust mit vier Irden geschmückt, fuhr der muthige Veteran, begleitet von den Hoch- und Hurrahrufen seiner Nachbarschaft, nach dem Standesamte. 4 Der Berliner Polizei⸗Praͤsident unter den Propheten. In der Knaben⸗Klasse einer Berliner Gemeindeschule wurden jüngst um ersten Male die Namen der Propheten aus dem alten Testa— nent aufgezählt! Jesaia, Jeremia u. s. w. Der Lehrer stellt die Frage: „Wer hat schon von einem dieser Propheten etwas gehört ?“ Allgemeines Schweigen. Schließlich meldet sich aber der Jüngsten einer und antwortet: „Haggai ist der stärkste Schutzmann. Ich habe ihn beim Einzuge vor der Brautkutsche reiten sehen.“ Nach— dem sich das allgemeine Gelächter gelegt, ermittelt der Lehrer, daß das Büblein mit seinem Propheten Haggai keinen Geringeren ge— meint hat, als den Berliner Polizeipräsidenten Herrn v. Madai. — Aus Zürich ist Ende März ein Zug mit 200 Aus— wanderern von dort abgegangen. 800 Auswanderer schlossen sich in Basel an. Am 18. Äpruil abermals großer Wanderzug. (Aus Deutschland treibt die Leute, wie die Demokraten rpee die schreckliche Reaction; warum gehen denn aber auch so viele Schweizer nach Amerika?) Die große Jury zu London hat den deutschen Sozial— demokraten Most nach der Vertheidiguna des Advokaten dem