Hl. Ingberler Anzeiger. Der St. Iugberter Auzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei— jage) ericheint wöͤchentlich viermal: Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonutag. Der Abounementspreis beträgt vierieljahrlich M 40 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1I A 60 —, einschließlich 40 Zustellgebühr. Anzeigen werden mit 10 H, von Auswärts mit 15 — für die viergespaltene Zeile Blattschriet oder deren Raum, Reclamen mit 30 pro Zeile berechnet. 90. Dienstag, den 5— 1881. Deutsches Reich. Eine soeben veröffentlichte Erklärung der national—⸗ uberalen Abgeordneten aus dem Reich und den Einzel— andern, welche am 29. v. Mts. in Berlin festgestellt wurde, rägt 181 Unterschriften und darf wohl sicher sein, in nationalen ind liberalen Kreisen Zustimmung zu finden. Diese Kundgebung st u. A. auch von folgenden Reichs- und Landtagsabgeordneten aus der Pfalz unterschrieben; nämlich von den Herren: Dr. A. Buhl und Dr. E. Buhl, Exter, Dr. Groß, Grohe, Herr, Jordan, Kuby, Wolf, Schmidt-Zweibrücken und Theyson. Die Erklärung st ebenso maßvoll wie bestimmt; hält sich gleich entfernt von pessi— mistischer Muthlosigkeit wie von unselbstständiger Resignation; zollt dem Fürsten Bismarck was ihm gebührt; stellt aber höher als ihn zas Reich und dessen freiheitliche Weiterentwicklung. Weit ent— ernt, die Macht und Gefahr der reactionären Verbrüderung zwischen Tonservativen und Centrum zu unterschätzen, stellen sich die Na— rional⸗Liberalen ihr vielmehr mit der klaren Erkenntniß entgegen, zaß es im Interesse der Stärke des Reiches nach Außen, wie der freiheitlichen Weiterbildung seiner inneren Einrichtungen geboten sei, zen Partikularismus, den Ultramontanismus, die Socialdemokratie uind das feudale Herrenthum, wo sie sich zeigen, zu bekämpfen. Sollte, wie es den Anschein hat, Fürst Bismarck in diesem Kampfe ucht länger auf Seite der National-Liberalen stehen wollen — vohlan denn, nicht dem Fürsten Bismarck zu Liebe haben die ational-Liberalen bisher im Kampfe ausgeharrt; sie werden darum nuch nicht fahnenflüchtig werden, wenn Fürst Bismarck im Lager »er Gegner arbeitet. Höher als jedes andere Interesse und jede indere Person steht ihnen das Reich und sein Kaiser. Was nach hrer vorurtheilsfreien Ueberzeugung diesem nicht frommt, das wird efehdet, vertheidige es, wer immer wolle. Diese von den national— iberalen Abgeordneten neuerdings öffentlich ausgesprochenen Grund⸗ ätze sind iht Programm; sie bleiben ihm treu. Und dieses durch ie veränderten Verhältnisse wünschenswerth gewordene unumwundene gekenntniß, daß, was sich auch geändert haben möge, an ihrer leberzeugung sich nichts geändert habe, ist der wesentliche Zweck »er neuen Erklärung, die im Uebrigen bezüglich der Haltung der sational⸗Liberalen zu allen schwebenden politischen Fragen irgend⸗ welche Undeutlichkeit oder Zweifel schlechterdings nicht; mehr zu—⸗ lassen dürfte. Dem Vernehmen nach wird dem Bundesrath demnächst ne Vorlage wegen der Einziehung der Fünfmark- und der wanzigmarkscheine zugehen. Durch die Niederlage der Regierung bei der Hauptfrage des Unfallversicherungsgesetzes, dem Reichszuschuß, der mit *6 aller Stimmen gegen die Sozialdemokraten und den grö— zeren Theil der Deutschkonservativen (Präsident v. Goßler stimmte mit Nein) abgelehnt wurde, ist das Schicksal der Vorlage für diese Session entschieden; denn der Reichskanzler hat ebenso sich gegen das Gesetz verwahrt, wenn es des Staatszuschusses entbehre, als die Majorität durch die Ausführungen der verschiedenen Fraktions⸗ tedner ihre Abgeneigtheit, hier nachzugeben, bekundet hat. In llerikalen Kreisen wird bestimmt versichert, daß das den Ausschlag gebende Centrum auch in dritter Lesung die Staatshilfe ablehnen verde. Wenn gleichwohl das Gesetz auch in dritter Lesung durch— zerathen wird, so erhellt daraus mit Klarheit der Wunsch des deichskanzlers, das Nichtzustandekommen des Gesetzes als Wahl⸗ igitationsmittel zu einer Anklage gegen den Reichstag zu verwen— den. Und in diesem Sinne mag ihm die Thatsache der Ablehnung des Staatszuschusses nicht einmal unlieb sein. Nachdem die Hamburger Bürgerschaft den Beginn der mehr⸗ läͤgigen Berathungen über den Zollanschlußvertrag erst auf den 15. Jum festgesetzt hat, eine Beschlußfähigkeit des Reichstages aber teineswegs über den 24. Juni hinaus zu erzielen ist, so hat die keichsregierung die Einbringung einer Vorlage über den Ham— bnrger Zollanschluß in dieser Reichstagssession definitiv aufgegeben. Fürst Milan von Serbien wollte am 7. ds. in Berlin intreffen. Er steigt im königlichen Schloß ab und bleibt mehrere Tage als Gast des Kaisers hier. Es heißt, die Reise des Fürsten ilan bezwecke die Erhebung Serbiens zum Königreich; doch sollen die Cabinete sich noch nicht mit dieser Frage beschäftigt haben, welche bei Oesterreich entschiedenen Wiederstand finden dürfte. Die Abreise des Kaisers nach Ems hängt nunmehr von der Ausdehnung des serbischen Besuches ab. Im Zusammenhange mit der Mittheilung der „Allg. Ztg.“ über einen Briefwechsel zwischen Kaiser und Pabst steht, daß üder Paris die Meldung kommt, zwischen der römischen Kurie und der preußischen Staatsregierung hätten Verhandlungen stattgefunden, deren Ziel die Einsetzung eines Kapitularvikars in Trier gewesen. Daß die Offiziösen diese Meldung dementiren, benimmt ihr nichts von ihrer Glaubhaftigkeit. Ausland. Der französische Senat stellt sich Gambetta hindernd in den Weg. Die Wahl des Senatsausschusses zur Prüfung des distenwahlgesetzes hat ein Resultat ergeben, das dem Gesetz un— zünstig ist. Der Unmuth über die demonstrative Reise Gambetta's aach Cahors, die ihm in so überschwenglicher Weise dargebrachten offiziellen und offiziösen Huldigungen werden auf die Stimmung des Senates nicht unwesentlich eingewirkt haben. Man hat Proben der Popularität des gewaltigen Kammerpräsidenten gefehen und fürchtet, daß er trotz seiner so oft wiederholten Gegenversicherungen die Listenwahl als eine Art von Plebiscii benutzen werde, um sich zu unumschränkter Herrschaft aufzuschwingen. Und seltsamer Weise fürchten sich die republikanischen Senatoren noch mehr als die reaktionären vor dieser Möglichkeit. Die beurlaubten Officiere der in Irland stationirten Re— zimenter wurden beordert, sofort zu ihren Regimentern zurückzu⸗ kehren. 400 Mann Garde marschirten gestern von Dublin nach New-Pallas ab, um das dortige Castell zu besetzen und die Ord— nung wieder herzustellen. Die Truppen sind beordert zu schießen, ialls Widerstand geleistet wird. Die russischen Nachrichten sind von vollständiger Unsicher— heit. Nach Mittheilungen vom 30. Mai hatte der Zar das Ver— assen Gatschinas aufgegeben; nach solchen vom 1. Juni war er olötzlich fluchtartig von dort nach Peterhof gefahren. Er soll eine Rundreise durch Rußland antreten wollen und bereifs so weit ein, daß er jede Nacht in einem anderen Zimmer schläft. Das neue Terroristenkomits hat ihm seine Existenz in einem Schreiben angezeigt, in welchem es ihm mitzutheilen „sich beehrt,“ daß unter 50 sich Mesdenden 18 „zur Verklärung des Volksiwillens“ auser— vählt seien; die an der Spitze stehende Frau hat persönliche Rache für Umgekommene und Deportirte Verwandte zu nehmen. Man vill in Gatschina Spuren der Thätigkeit dieses Komité's gefunden Jaben. Unterdeß will Ignatjew seinerseits eine Annäherung an die Nihilisten versuchen. Wenn das wahr ist, allerdings ein Be— weis vollendeter Verwirrung und Systemlosigkeit. Im Mai sind in New-Yortk 76,655 Einwanderer gelandet, darunter ungefähr 26,000 Deutsche, 17,000 Skandinavier, 15,000 Irländer, 7000 Engländer und 2000 Schotten. Die Einwanderer enutzten 95 Dampfer. Im Ganzen sind bis jetzt in diesem Jahre 81,749 Personen gelandet, gegen 185,836 in dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. Die New-Yorker Volksvertretung hat ein Besetz angenommen, nach welchem jeder Einwanderer, welcher durch remde Schiffe hierher gebracht wird, einen Dollar zahlen soll zur Bestreitung der Ausgaben des Einwanderungsbureaus, welche jetzt om Staat New⸗VYork aufgebracht werden. Vor einigen Jahren rklärte das höchste Vereinigte Staaten-Gericht ein ähnuches Gesetz ür verfassungswidrig und es ist möglich, daß auch das gegenwärtige Besetz kassirt wird, obgleich dasseibe nicht, wie das frühere die Dampfschiff⸗Gesellschaften, sondern die einzelnen Einwanderer be— teuern will. Vermisjchtes. F Auf dem Bahnhof von Homburg war, als Prinz Lud⸗ wig durchreiste, u. a. auch der dortige Krieger und Kampfgenossen— Verein aufgestellt. Einem Kampfgenossen aus Bechofen, der im Feldzug von 1870/71 ein Bein verloren hat, Namens Lelle, ließ der Prinz ein Geschenk von 40 Mark überreichen. * Aus Land au schreibt der „Eilb.““ Die Gebr. Sonnen⸗