St. Ingberker Anzeiger. der St. Jugberter Auzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei— lage) erlcheint wöchentlic viermal: Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abounementsvreis betragt vierteljährlich 24 40 B einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 124 60 4, einschließlich 10 4 Zustell zebühr. Anzeigen werden mit 10 3, von Auswärts mit 15 — für die viergespaltene Zeile Blattschri t oder deren Raum, Reclamen mit 30 ⸗Hpro Zeile berechnet. soöß Donnerstag, den 30. Juni 188t — ——— — Deutsches Reich. Wie nachträglich aus München mehrfach versichert wird, wäre der Rücktritt des Staaisministers v. Pfeufer durch Differenzen mit dem kgl. Kriegsminister General v. Maillinger veranlaßt wor— den, und es wird beigefügt, daß Differenzen gleicher Art auch den seinerzeitigen Rücktritt des kgl. Staatsministers Frhr. v. Pfretzschner Feranlaßt hätten. Se Maj. König Ludwig von Bayern ist in der Nacht vom 27. auf den 28. ds. über Buchloe und Lindau nach der Schweiz abgereist. Der' neue bayerische Minister des Innern, Frhr. v. Fei⸗ itzsch, ist am 12. August 1834 geboren und war bekanntlich vor seiner am 20. Dezember 1879 erfolgten Ernennung zum ober— ayerischen Regierungspräsidenten geraume Zeit Polizeipräsident von München. In dieser wie in der späteren Stellung als Präsident von Oberbayern hat, wie die „Südd. Pr.“ bemerkt, Herr v. Fei⸗ itzsch stets Beweise ausgezeichneter Befähigung an den Tag gelegt ind sich die ganz besondere Gunst Seiner Majestät erworben. Die iolitische Richtung des neuen Ministers wird wohl ziemlich die leiche sein wie die seines Vorgängers. Die Karlsruher Zeitung meldet amtlich, die Vermählung der Prinzessin Viktoria mit dem Kronprinzen von Schweden sei auf Dienstag 20. September festgesetzt. Ausland. In Konstantinopel begann am 27. ds. der Prozeß vegen der Ermordung des Sultans Abdul Aziz. Elf Personen ind angeklagt, darunter Midhat Pascha, Mahmud Damat, Nuri Ddamat und Fabri Bey. Das Hauptargument der Anklage bildet ie Einsetzung einer Commission zur Prüfung der Palastrechnungen nach der Entthronung des Sultans Abdul Äüziz, zu welcher Mah— nund und Nuri gehörten und welche der Anstiftung zum Mord angeklagt sind. Drei Ringkämpfer legten ein vollständiges Geständ— uüiß mit umständlichen Details ab und behaupten, die Befehle zur Ermordung des Sultans von Mahmud, Nuri und den übrigen erhalten zu haben, auch Fabri Bey sei ihnen dabei behilflich ge— wesen. Alle Angeklagten läugnen beharrlich die ihnen zur Last jelegten Anschuldigungen. Die Verhandlung wurde vertagt. Als charakteristisches Stück türkischer Wirthschaft wird gemel— zet, daß der Gouverneur des Archipels, Sadyk Pascha, wegen Un— erschlagung eines Theiles der für die durch das Erdbeben geschä⸗— digten Bewohner der Insel Cios gesammelten Gelder unterschlagen hat. Nach den angestellten Untersuchungen hätte dieser Biedermann nicht weniger als 193,000 M. den Unglücklichen auf Chios gestohlen. Pfälzisches Schwurgericht. L. Quartal 1881. 28. Juni. Verhandlung gegen Johann Ludwig Weiler, 51 J. a., Winzer von Hainfeld, wegen Münzfälschung und Betrugs. Ver— treter der k. Staatsbehörde: Staatsanwalt Vetri: Vertheidiger: Rechtsprak— tiklant Schuler. Der Augeklagte ist ein Mann, der durch Verschwendung, Genußsucht und Trägheit in Vermoögensrückgang gekommen ist, und schon seil einer Reihe von Jahren ist das Wenige, was er noch besitzt, verschüldet. Es war deßhalb seinen Mitbürgern unbegreiftich, wie er seine Familie trotz seines Müßiggangs durchbrachte, bis er im Dezember 1878 bei der Verausgabung falschen Gei— des ertappt wurde. Da ihm eine Munzfälschung damals nicht direkt nachge⸗ wiesen werden konnte, wurde er einfach wegen Münzvergehens und Erpressungs⸗ versuchs zu 1 Jahr Gefängniß verurthei l. Sowohl während einer ihm de— willigten Strafunterbrechung als auch nach Entlaͤssung cus der Strafhaft verharrte er in seiner beliebten Unthätigkest. Trotzdem ernährte er seine Familie, unternahm auch kleine Reisen, ohne daß man deren Fiel kannte, so daß man bald wieder der Ansicht war, Weiler fabrizire wieder Geld. In der That nahm die Zirkulation von falschem Gelde in der Umgebung von hainfeld zu. Weiler setzte seine Fabrikate mit gutem Erfolge ab. Er wählle ich hiezu Bretzebuben und Kellnermädchen, die er theils mit 2 M.- oder mit aljchen 50 Pfr⸗theils mit 10 Pf⸗Stücken bezahlle Auch in Landan versuchte Weiler sein Glück theils bei sog. Bretzelbuben, cheils in Wirthschaften. So kam er auch am 6. Februar 1881 RNach⸗ mittags in die Wirthschaft von Höffner in Landau, wo er mehrere Glas Bier rank, die er an die Kellnerin mit falschem Gelde bezuhlte. Er wurde darauf— zin verhaftet. In seiner Wohnung zu Hainield wurden bei der Durchsuchung aliche Münzen und Formen zur Herstellung derselben gefunden. Anfänglich gestand er die That zu, widerrief aber später dieses Geständ⸗ niß wieder, wobei er angab, er habe die gefundenen Gegenstände von einem aubekannten Manne erhalten, der ihn zur Verausgabung von falschem Papicr zeld habe verleiten wollen. Dem Angeklagten liegt weiter zu Last, daß er Anfangs Januar 1881 behufs Gestendnachung einer angeblichen Fo derung an den verlebten Huf— chmied Friedrich Sachs von Hainfeld im Betrage von 599 fl. 49 kr. bei dem mit der Inventur des betreffenden Nachlasses beauftragꝛten k. Not er Boersch in Edenkoben eine ein bezügliches Schuldanerkenniß zu Gunsten Weilers ent⸗ jaltende Rechnungsaufstellung übergeben ließ, deren Schlußworte: „bescheinigd, dainfeld den 1. Mai 1876 rriedcich Sachs nicht von der Hand des Friedrich Zachs herrühren, vielmehr gefälschi sind und daß er von dieser beweizerheb⸗— lichen Privaturkande, wissend, daß sie verfälscht ist, zum Zwecke der Täusch— ung und in der Absicht, fich durch Beschaffung eines Beweismittels für eine destrittene und sonst nicht erwiesene Forderung einen Vermögensvortheil zu verjchaffen, Geerauch geinacht und domit sich Hicht nur eines Verbrechens der Urkunde fälschung, sondern auch, indem er in der Absicht, sich einen rechts— widrigen Vermösensvortheil zu verschaffen, dus Vermögen der Erben Sachs dadurch zu schädigen suchte, diß er sie durch Einreichung der verfälschten und wweiselsohne viel zu hoch gegriffenen Rechnungsaufstellung üser die Höhe der an ihn eiwa geschuldeten Summe in Irrthum versetzte und nach Wettschlag⸗ ung ihres eigeuen Guthabens im Kapitalbetrag von 324 fl. noch zu einer ansehnlichen Herauszahlung veranlaßte, des ideell konkurtirenden V.rsuchs des Vergehens des Betrugs schaldig genmescht habe. Der Angellagte wurde mil Ausnahme des Betrugs des ihm zur Last gelegten Verbrechens für schuldig erkannt und zu einer Zuchtha us strafe don6 Jahren verurtheilt. Vermischtes. *St. Ingbert, 29. Juni. In der heutigen Schö f⸗ fensitzung wurde ein Mann von Ommersheim wegen Ueber⸗ tretung baupolizeilicher Vorschriften zu einer Geldstrafe von 6 M. went. 2 Tagen Haft verurtheilt und zugleich die Polizeibehörde exmächtigt, die Beseitigung des ordnungswidrigen Zustandes anzu— »rdnen. Die Verhandlung in einer Beleidigungsklage, erhoben gegen eine Frau von Hassel, wurde behufs Vernehmung weiterer Zengen ausgesetzt auf Samstag den 2. Juli c. *St. Ingbert. Der hiesige Vorschußverein vird auf dem am 2. und 3. Juli nächsthin in Kaiserslautern statl⸗ indenden 15. Berbandstag der pfälzischen Credit— genossenschaften nach vorläufiger Bestimmung durch seinen Direktor, Hrn. Posthalter Conrad, und seinen Cassier, Hru. J. Beer, vertreten sein. Aus dem Ausschusse sind ferner noch zur Vertretung vorgeschlagen die Herren: Kaufmann H. Fischer, Stadtschreiber Bayher, Lehrer Drumm, Seifenfabrikant S. Kahn. Es ist die Wahl mehrerer Herren um so nothwendiger, da es sich aicht voraus sehen läßt, od nicht der eine oder der andere der— elben verhindert ist, der Versammlung anzuwohnen. — Aus der sehr reichhaltigen Tagesordnung für die Haupiversammlung des Verbandstages heben wir als besonders wichtig hervor: 1) Be— prechung über das neue Gewerbsteuergesetz event. Abänderung der Bereinssatzungen. (Referent: Verbandsdirektor.) 2.) Es ist den Creditwereinen, insbesondere den länger bestehenden zu empfehlen, darauf hinzuwirken, a. daß durch die Herabfetzung des Eintritts— geldes auf ein Minimum und Ermäßigung der Theilzahlungen auf Stammantheile der Eintritt in die Genossenschaften erleichtert wird; b. daß Vorschüsse an Landwirthe auf längere Zahlungster— mine als bisher gewährt werden. (Referent: Speherer Volksbank.) 3.) Es ist den Vereinen dringend zu empfehlen, die Provision undb den Zinsfuß so zu regeln, daß die Mitglieder billig bedient werden. Referent: Ettling-Kirchheimbolanden.) 4.) Besprechungen über die Abänderungen zum Genossenschaftsgesetz. (Vortrag des Hrn. Dr. Schneider, Vertreter der Anwaltschafi.) FIn Frankweitler fiel das dreijährige Mädchen eines Steinhauers, vermuthlich während es Wasser trinken wollie, kopf— über in einen großen Brunnentrog (Viehtränke) und ertrank ehe Hilfe kam. Aus Imsweiler berichtet die „Pf. V.“: Die hier zu Lande „Köhdetz“ genannte Herbstzeitlose (Colehicum autumnale) scheint der modernen Bierbereitung immer wichtiger zu werden. So ließ neulich hier und in der Umgegend ein Handelsmann aus— schellen, daß für das Simmern der genannten Giftpflanze 15 Pf. bezahlt werden. Ob eine und welche Brauerei dahinter sieckt, kann natürlich blos vermuthet werden. Hat unsere Polizei nicht die Verpflichtung, sich den Verwendungsnachweis von dem qu. Handels- mann erbringen zu lassen? Bei der am 31. Mai d. J. Statt gehabten Ziehung der Dr. von Hanner'schen Kinderspital-Lotterie in München sfiel der