Vie pfälzische Boden. nud Gemeinde⸗ kredit⸗Anstalt. Da es wohl manchen unserer Leser interessiren dürfte, darüber Näheres zu erfahren, so theilen wir aus dem Statut, das dem Landrath der Pfalz zur Verhandlung zugegangen war, die wesentlichen Grund⸗ züge in Nachstehendem mit. Als Zwech der Anstalt ist unter Anderem aufgeführt: Hebung und För⸗ derung des pfälzischen Realkredits, Erleichter⸗ ung von Anlehen seitens der pfälzischen Ge— meinden und Stiftungen, soweit dieselben unter unmittelbarer Aufsicht der Regierung stehen. Diese Absicht soll erreicht werden durcch Gewährung von Hypothekar-Darlehen auf pfälzischen Haus-und Grundbesitz mittelst Ausgabe von ver⸗ zinslichen Pfandbriefen sowie durch Darlehen an die vorerwaͤhnten juridischen Personen ohne hypo— thekarische Sicherheit mittelst verzinslicher Gemeinde— oder Kommunal⸗Obligationen. Die Anftalt ist eine Institution des Regierungskreises Pfalz als solchem mit dem Sitze in Speyer, woselbst auch ihr Gerichtsstand; sie erhält die Rechte der Korpora— ionen. Sie kann die verpfändeten Immobilien ebent. erwerben und wieder veräußern. Darlehen werden gegen Pfandbriefe gegeben; bei Empfang der ersteren hai der Gläubiger 2 pCt. zum Reserve⸗ fonds zu erlegen. Demnach bekommt derselbe nur 98 pCi., muß jedoch die ganze im Pfandbriefe an⸗ gegebene Summe mit 4*2 pCt. pro Anno verzinsen. Auͤßerdem ist der Gläubiger gehalten, 1Us pCt. des Darlehens jährlich zur Tilgung seiner Kapitalschuld bis zur totalen Deckung derselben zu zahlen. Die bezüglichen Beiträge fur Amortisation und Zins sind praenumerando sechsmonatlich abzutragen. Für saͤmmliche Kreditbewilligungen und die daraus folgenden etwaigen Rechtsgeschäfte muß erste Hypo— ihek als Unterlage dienen. Die Anstalt giebt mit 4 pCt. verzinsliche Pfandbriefe au porteur zu 1000, 500 und 100 Mark aus. Seitens der Anstali können dieselben nur zum Zwecke der Einziehung, dagegen vom Inhaber überhaupt nicht gekündigt werden. Der Totalbetrag der auszugebenden Pfand⸗ briefe darf denjenigen der hypothekarischen Forder⸗ ungen des Inflituts nicht übersteigen; hierfür find die Direktionsmitglieder haftbar. Die Pfandbrief⸗ eigner sind durch den Reservefonds sowie durch Kreissonds gesichert; der erstere Fonds soll die Höhe von 10 pCt. der ausgefertigten Pfanbbriefe nach und nach betragen. Die Feststellung des Werthes der zu beleihenden Immobilien richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften. Die hiernach ermittelten Werihe werden bei Darlehnsbewilligungen zur Basis genommen, und zwar: Gebäude werden, vorausgesetzt, daß sie der pfälzischen Brandver⸗ sicherungsanstalt einverleibt sind, nur bis zum Be— irage der Versicherungssumme. sofern diese die Hälfte des ermittelten Werthes nicht übersteigt, beliehen. Grundstücke, welche der Landwirthschaft dienen, können bis zur Hälfte des Schätzungswerthes be— liehen werden, sofern deren Werth nicht auf der besonderen Anpflanzung als Weinberg, Hopfen⸗ garten, Wald und dergl. beruht, in welchem Falle die Beleihung nur bis zu einem Drittel ihres Schätzungswerthes zulässig ist. Die Verwaltung hat das Recht: a) Anträge auf Beleihung ganz zurückzuweisen, wenn sie dafür hält, daß nach der besonderen Natur oder Bestimmung des Grundstücks oder des Gebäudes für die Beleihung eine genü— gende und dauernde Sicherheit nicht vorhanden ist; d)noch unter die festgesetzten Maximalbeträge herab— zugehen, d. h. das Darlehen nur in einem noch ge⸗ ringeren Beirage zu bewilligen, wenn besondere Umstände zu solcher Vorsicht auffordern. Gegen Festsetzung der Darlehenssumme oder die Abweisung des Antrages seitens der Direktion ist Berufung an die Aufsichtskommission zulässig. * Vermischtes. 4Welch mächtigen Aufschwung der Geldpo st⸗ verkehr in Deutschland durch die Einfüh— zung der bequemen und billigen Postanweisungen genommen, erhellt aus nachstehenden Ziffern: 1872 detrugen die Einzahlungen auf Posthnweisungen erst 45184 Mill. Mark, und 1877 1923 Mill. 1878 2033 Mill., 1879 2218 Mill., 1880 249692 Mill. In acht Jahren hat sich sonach der Betrag, welcher auf diesem Wege ausgetauscht wor— den, verfünffacht. (Man sollte doch meinen, dies ware auch ein Beweis von der Besserung der Ge⸗ schäftslage.) f Ein interessanter Versuch mit deuchtfarbe wird eben auf der Lahnbahn ge⸗ macht. Es sind nämlich die Decken der Waggons nit Leuchtfarbe angestrichen worden. Die Leucht⸗ arbe nimmt während des Tages so viel Licht auf, zaß sie während der Fahrt durch die Tunnel und, wie man glaubt, auch nach Eintritt der Dunkelheit den ganzen Abend ein violettes Licht ausstrahlt. Man hofft dadurch die Beleuchtung der Waggons zurch Oellampen ersparen zu können Ob dieses ramentlich auch für die Abendstunden möglich ist, vird dieser Versuch zeigen. (Ein Höllengebräu.) Nach dem ‚Mün⸗ hener Fremdenblatt“ wurde jüngft in der Haupt⸗ iadt des Bayerlandes ein Bierbrauer zu 6 Monaten hefängniß verurtheilt, weil er im Laufe des vorigen Jahres bis zum August dieses Jahres sehr häufig Schwefelsäure vor Abzug des Bieres in die Hebinde in das Gebräu geschüttet hat, angeblich um s zu „klären“. Ein Knecht giebt an, es sei jedes⸗ mal Rauch davongegangen, wenn der Betreffende sein Glas in die Bierquantität geschüttet habe, und durch mehrere Zeugen, welche bei demselben be— dienstet gewesen, wurde erwiesen, daß der Ange⸗ lagte zu je 5 Hectoliter jedesmal ein volles halbes Zuart Schwefelsaure gegossen. Wenn das geschieht im grünen Holz! — — — FWien 13. Dez. Allgemeines Interesse er⸗ egie die Erzählung eines bejahrten Mannes. Das ist“, sagte er, nach dem Brandplatze zu⸗ ‚ehend, „eine verfluchte Stätte, verpflucht seit ielen Jahren. Vor 1847 wohnte an dieser Stelle »er Scharfrichter, und hier war das Hochgericht uufgeschlagen. In den Schreckenstagen der Revo— ution aber erschossen sie hier, an diesem Flecken, »en Freiheitshelden Robert Blum, und vor und iach ihm wurden gar viele Männer an diesem Irte aufgeknüpft. Schon damals bildete sich im Bolke die Sage heraus, daß der Fluch Gottes an dieser Stelle hafte für alle Zeit.“ F Wien, 14. Dez. Der ganze Raum des Ringtheaters wurde heute desinfiziert. Im Par—⸗ juet und Bühnenraum brannte es heute wieder; uuch vergangene Nacht brach in der Friseurstube des Ringtheaters der Brand von Neuem aus vurde aber bald gelöscht. Viele Leichenreste wurden völlig oder teilweise verkohlt heute in den Trümmern gjefunden. Heute sind wieder 20 —80 Widerrufe ingeblich Vermißter eingegangen. Die „Presse“ neldet, daß auf kaiserlichen Befehl morgen in der Schloßkirche von Gödölls ein Requiem für die Ver— inglückten stattfindet. Der Kaiser, die Kaiserin, der Hofstatt und das ganze Hofpersonal wohnen demselben bei. — Bürgermeister Newald ist erkrankt. — Das italienische Königspar übersandte 8000 Fr. Gold für die Hinterbliebenen der Verunglückten ses Ringtheater-Brandes. Die italienische Botschaft ibergab außerdem 4000 Fr. Das Kronprinzen⸗ »aar besuchte vormittags den Centralfriedhof und errichtete ein kurzes Gebet an dem Massengrabe. f Jetzt kommt das traurige Nachspiel des Ring— heater⸗Brandes; die Suche nach den Schuldigen, das Abwälzen und Zuwälzen der Schuld. Im zudget-Ausschuß des Abgeordnetenhauses stand zestern gerade der Etat der Wiener Polizei zur herathung. Da ging's natürlich los. Abg. Süß ührte allerhand Dinge an zum Beweis der Kopf⸗ osigkeit der Polizei. Unter Anderem brachte er Folgendes vor: Der amtirende Polizeibeamte, wel— her um */47 Uhr in's Ringtheater gehen wollte, iber umkehrte, um den Brand zu signalisiren. elegraphirte 5 Minuten vor 7 Uhr an das Stadt⸗ »auamt: „Dachfeuer am Schottenring neben dem Polizeigebäude“'. Um diese das Stadtbauamt irre⸗ führende Depesche aufzugeben, ließ der Beamte die Polizei in und vor dem Ringtheater ohne jede Leitung, was wesentlich schuld war, daß die Po— lizei über die Vorgänge im Inneren des Theaters aichts erfuhr. — Es entspann sich nun im Aus— chuß eine sehr erhitzte Debatte. Der Polizei— hräsident von Wien, welcher mit dem Minister— zräsidenten Grafen Taaffe der Sitzung anwohnte, pälzte kurz angebunden alle Schuld auf das „tadtbauamt: ein Polizeicommissar habe sich im tdingtheater Grobheiten gefallen lassen müssen, als r vierzehn Tage vor dem Brand auf die Be— bachtung der Sicherheitsmaßregeln drang. Der Jolizeipräsident beschwerte sich schließlich über die detzereien gegen die Polizei. Taaffe erklärte, es olle nichts vertuscht werden; doch habe die Polizei niach den bisherigen Instructionen nicht für die Zicherheit des Publikums in den Theatern zu orgen gehabt. Abg. Süß antwortete hierauf er⸗ regt: „Wer sonst als die Polizei hat für di Sicherheit der Theater⸗Besucher zu sorgen gehabt Daß der Minister dies läugnet, ist geradezu er— chreckend. In vierundzwanzig Stunden würde in einem anderen Staate derjenige von der Minister- hank verschwinden, der eine solche Aeußerung vor hrächte.“ Abg. Dr. Heilsberg aber rief: „Die Instruction war Schuld? Dann ist ja der Brand des Ringtheaters das Civil-⸗Königgrätz gewesen.“ Im Laufe der Debatte, die ohne bestimmtes Re— ultat endete, gab Taaffe wiederholt die Erklärung ab, daß die Untersuchung nach allen Seiten hin aufs strengste geführt werden solle. (Nach der Frankf. Ztg.) fEine fürchterliche Entdeckung wil etzthin ein Franzose namens Gras gemacht haben aämlich die, daß die Gewehrkugeln aus gezogenen Hinierladungsgewehren sämtlich mit Blausäure ver⸗ ziftet seien, woraus es sich erkläre, warum die Schußwunden jetzt so schwer heilen. Er behauptet, in den Verbrennungsgasen des Pulvers stecke diese— furchtbare Gift; dasselbe setze sich an den Wänden des Gewehrlaufes fest und teile sich der gegen diese Wände gewaltsam gepreßten Kugeln mit. Bei den Vorderladungsgewehren seien Uebelstände daraus aicht entstanden, weil der Papierpfropfen die Blau⸗ säure aufgenommen habe, so daß das Geschoß selbst davon frei blieb. — Hat Herr Gras Recht, so väre damit erwiesen, daß die Kämpfenden nicht so zanz Unrecht hatten, wenn sie sich während des französischen Krieges des Gebrauches vergifteter ugeln gegenseitig beschuldigten. F Es ist jetzt die Zeit der Unglücksfälle Gleichzeitiig mit dem Wiener Theaterbrand find das englische Eisenbahn- und das belgische Gruben⸗ inglück eingetreten und gestern fand bei Besançon wieder ein Eisenbahnunglück mit dem Ergebniß von fünf schweren Verletzungen statt. Man findet das Unglück nach den Maßstäben der jüngsten Woche nahezu unerheblich. Der Zusammenstoß geschah aus ener berüchtigten Paris-⸗Lyon-Marseiller Linie, wel⸗ he der Pariser Witz mit wahrhaft „macabrem tödtlichem) Sarkasmus nach den Anfangsbuch staben P. L M. „pour la mort“ „für den Todt“ ge tauft hat. F Zürich, 12. Dez. Der große Gotthard⸗ Tunnel ist mit Canal und Nischen Ende Nobemer fertig geworden: der Werth der geleisteten Arheiten heträgt 56,808,620 Francs. Die Direktion hai die am 1. Januar bevorstehende Betriebseröffnungç jür Personen, Gepäck, Thüre und Güter angezeigt Der Gotthardpaß ist abermals zugeschneit und der Postverkehr wieder unterbrochen. F In England erregt lebhaftes Bedauern zas vermuthliche Schicksal des Parlamentsmitgliedes derrn Walter Powell. Derselbe ist am Samstag Rachmittag mit einem eigenen Luftballon aufge— tiegen und bis jetzt noch nicht zurückgekehrt. Man dermuthet, daß er ins Meer gefallen sei. In seine Begleitung befand sich ein Capitän Templer vor den Schützen und Herr Agg-Gardner, der Sohr des verstorbenen Parlamentsmitgliedes für Cheltenham. Ein Unglück kommt selten allein Noch hat sich die Aufregung über das entsetzlich Wiener Brandunglück nicht gelegt und schon lieg eine neue Meldung über eine ähnliche Katastroph hor. Nach einer aus Washington eingetroffenen jelegraphischen Depesche ist eine Pensionsanstal unweit Pittsburg in der Nacht zum 10. d. M niedergebrannt. Man fürchtet daß von den 4 Arbeitern, welche sich in den Gebäuden befanden etwa 20 dabei verunglückt ssnd. Bis jetzt sind 1 deichen auf der Brandstätte aufgefunden worden. F Eine erstaunliche Leistung eines Hundes er ählt die „Saargem. Ztg.“ Ein Förster aus den Birkenfeldschen brachte vor einigen Tagen einen hühnerhund auf der Bahn zum Verkauf nad Saargemünd und ließ ihn zu diesem Zwecke be inem Collegen zurück. Der Hund entlief jedoch ioch selbigen Tags des Abends gegen 5 Uhr seinen neuen Herrn und wurde überall vergeblich gesucht Der Hund war von Saargemünd nach seiner übe 30 Stunden entfernten alten Heimath zurückgelaufe und kam dort nach 28 Stunden, um 4 Uhr Nach mittags des anderen Tages, an. Eine gewöhnliche Taschenuhr pickt 17,160 Mal in einer Stunde, fojglich 411,840 Mal i einem Tage, 150,424,560 Mal in einem Jahre Bei sorgfaͤltiger Behandlung geht eine Taschenuh zuweilen 100 Jahre richtig und in diesem Falli würde sie 15,042, 456, 000 Male picken. Eine Uh' ist von hartem Metall gemacht, aber es giebt ein