—9— Jugherter Amzeiger. Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. — — — — — — AAAmAmA!n..ece—eorl.pzcace(Gé ⸗ — der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag'und Sonntag; 2mal wöcentlich mit Unterhaltungs— zlat und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blait koftet vierteliährlich 146 40 2 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 60 —, einschließlich B Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten wus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen, auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 , bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. M 44. Politische Uebersicht. Deutsches Reich. Munchen, 28. Febr. Nach der „Augs— „urger Allg. Ztg.“ hat das Schreiben König Lud— wig's an den Kultusminister Lutz folgenden Wortlaut: Ich habe mit Bedauern die Hemmnisse beod⸗ achtet, welche in den letzten Monaten dem, wie ich weiß, nur auf das Wohl des Landes gerichteten Wirken meiner Minister in den Weg gelegt wurden. zch finde mich bewogen, die bestimmte Erwartung wuszusprechen, daß sie ausharren werden und mit aller Kraft für die Rechte meiner Regierung ein⸗ mreten werden, wie dies bisher geschehen ist. Was nsbesondere die Verhältnisse der Kirche zum Staate zetrifft, so habe ich der Kirche stets nur aus innigster Ueberzeugung meinen vollen Schutz gewährt. Ich werde auch nie aufhören, den religiösen Sinn meines Volkes, in dem ich die Grundlage der staat— ichen Ordnung erkenne, zu schirmen. Es ist des⸗ halb mein Wille, daß den religiösen Bedürfnissen des Landes die sorgiamste Pflege und Beachtung zu Theil werde. Ich will aber eben so fest, daß meine Regierung jetzt, wie in Zukunft, allen Be⸗ trebungen entgegentritt, welche darauf abzielen, die mzweifelhaften nothwendigen Rechte des Staates urück zu drängen, Bestrebungen, welche den Staat ind die Kirche in eine unheilvolle feindliche Stel⸗ ung bringen würden. Indem ich diesem meinem WBillen hier zur Bekräftigung wiederholten Ausdruck jebe, spreche ich Ihnen und Ihren Amtsgenossen ür Ihr treues Ausharren unter jo großen Schwie⸗ rigleiten gerne meine warme Anerkennung aus und ersichere Sie meines vollsten Vertrauens. Munchen, 1. März. Die Abgeordnetenkammer etzte heute die Berathung des Eisenbahnbudgets ort und genehmigte mit 91 gegen 52 Stim⸗ nen, entgegen dem Ausschußartrag, die Forderung der Regierung: 13 neue Offizialstellen, Beförderung von 120 Expeditoren zu Ober⸗-Expeditoren, Ein— tellung zweier Secretäre. Ferner wurde mit größter Mehrheit genehmigt, daß 75 neue Expeditor⸗Stellen geschaffen werden sollen. Bei der Neuwahl eines bayerischen Land⸗ lagsabgeordneten (an Stelle des verstorbenen Dr. Voölk) wurde Architekt Adolph Leichtle von Kemp⸗ ien (liberal) mit 127 gegen 111 Stimmen gewählt. Wie in militärischen Kreisen Baierns ver⸗ autet, soll für das durch die Verabschiedung des Benerallieutenants v. Leonrod erledigte Kommando der zweiten Division in Augsburg der Komman— deur der zweiten Infanteriebrigade Generalmaior Heckel ausersehen sein. In Berlin wurde am Dienstag durch den Ztaatsminister Bötticher der preußische Volks— virthschaftsrath eroffnet. Berlin, 28. Febt. (Skobeleff.) Die Politische Correspondenz“ erhielt von hier eine borrespondenz von „beachtenswerther Seite“, in welcher gesagt wird, daß man in hiesigen amtlichen hreisen dem Vorfall Skobeleff durchaus keine Be⸗ »eutung beilege. Von Kriegsvorbereitungen sei in Rußland durchaus nichts zu sehen und von einer ucuten Gefahr konne durchaus nicht die Rede sein. „Nachdenkliche Köpfe aber — so heißt es dann weiter — die nicht gerade Politiker von Fach sind, werden Herrn Skobeleff vielleicht nicht vergessen, uuch wenn er für einige Zeit in eine ehrenvolle Lerborgenheit versetzt werden sollte. Köpfe dieser Art werden das uͤnbeimliche Gefübl nibrt über. 1 HDonnerstag, 2. März 1882. winden können, daß der Riesenkörper des größten Reiches der chronischen Auflösung verfallen ist. Rach Alexanders II. schrecklichem Ende glaubte man in ein energisches Aufraffen, an große Entschlüsse ind rettende Maßregeln. Heute sind alle Beob— achter von dem Eindrucke ergriffen, daß kein refor⸗ mirender Absolutismus das Werk der Regeneration Rußlands vollbringen kann, daß andere Wege aber einmal schwer zu finden sind und zweitens von den dorwaltenden Kreisen mit unüberwindlichem Abscheer detrachtet werden.“ Neuerdings ist in Folge der hochgehenden pan— lavistischen Bewegung wieder viel die Rede gewesen don dem Verhältniß Franukreichs zu Rußlaud und im Zusammenhange damit auch von dem Frantkreichs zu Deutschland. Was das letztere anlangt, so ist aus allerneuester Zeit ein Vorgang vorhanden, der dasselbe mehr als all Auseinandersetzungen beleuchtet. Unter den Dip— omaten ist es nämlich aufgefallen, daß die An und die Gegenrede bei dem Empfange des neuen franzoͤsischen Botschafterss Baron de Courcet in Berlin durch den Kaiser nicht offiziell, wie sons iblich, veröffentlicht worden ist. Wie es heißt väre diese Kundmachung unterlassen worden, weil die Anrede und die Antwort nicht den gewöhnlichen konventionellen Chatakter hatten. Dem Vernehmen aach hat der französische Botschafter als hauptsächlichste Gesichtspunkte des Verkehrs des Pariser Kabinett mit dem Berliner Offenheit und Vertrauen (fran⸗ hise et confiance) hingestellt, und der Kaiser hal hierauf gleiche Gegenleistung versprochen. Das war eine vertraulichere Art der Zwiesprache, als onst bei solchen Anlässen üblich, und gleich aller hertraulichen Mittheilungen dürfte auch diese Unter— cedung deshalb der Oeffentlichkeit vorenthalten vorden sein. Einer Erklärung bedarf die Be— deutung dieser Worte und des angeschlagenen Tones nicht. Prinz Heinrich von Preußen (der zweit Sohn des Kronprinzen) ist am 27. Febr. wohl— behalten in Jerusalem angekommen. Ausland. In Besseges (Südfrankreich) haben die Gru— henarbeiter zum theil wieder angefangen zu arbeiten. Petersburg, 27. Febr. Skobeleff. — Politischer Prozeß.) Nach einer Londoner Depesche würde Skobeleff nach seiner Rückkehr nach Peters— burg die Weisung erhalten, auf seinem Gute Ryasan zu wohnen und dasselbe, ohne Erlauhniß des Czaren, nicht zu verlassen. Petersburg, 28. Febr. Im Prozesse Tri— gonia wurde das Urtheil in der vergangenen Nach— gesprochen. Zehn Angeklagte, darunter eine Frau wurden zum Tode, die übrigen zu Zwangsarbei— derurtheilt. (Die Verurtheilten sind Mitschuldige zum Theil an dem Attentat im kaiserlichen Winter palast vom 17. Febr. 1880, zum Theil an dem Attentat vom 13. März 1881, wobei Alexander II getödtet wurde, oder an Attentatsvorbereitungen.) Newyork, 27. Febtr. (Schreiben de Papstes.) Die Newyorker, Times“ veröffentlich einen Briefwechsel, der infolge einer dem Papste ibersandten Einladung, den Sitz des heiligen Stuhles von Rom nach QOuebeck zu verlegen, ent tanden ist. Leo XIII. lehnte das Anerbieten eines Domicils in Amerika ab, bemerkte indeß, daß die Zeit für eine Verlegung des Vaticans von Rom rschienen sei und dem Gegenstand jetzt die ernstest Beachtung gewidmet merde 17. Jahrg J Lokale und pfälzische Nachrichten. * St. Ingbert, 2. März. Gesitzwechsel.) Das bisher Väcker Schmelzer'sche Haus an der Hauptstraße ging bei der vorgestern stattgehabten Versteigerung um die Summe von 12000 Mark in den Besitz des Zechenschmiedes Hrn. Schmidt resp. des Schwiegersohnes desselben, des Metzgers Hin. Joseph Schwarz, über. *St. Ingbert, 2. März. Die gestern Abend in Oberhauser's Saal stattgefundene Faust⸗ Recitation des Herrn Professor Hugo Wauer war verhältnißmaßig sehr gut besucht. Der Vor—⸗ trag des Meisters, in dem er den Charakter jeder einzelnen Person des großartigsten deutschen Dich— terwerkes in höchst volltommener Weise zum Aus— drucke brachte, war dramatisch sehr belebt und außerordentlich wirkungsvoll, und fühlten sich die Zuhörer über 2 Stunden lang durch denselben in ieltenem Maße gefesselt. *St. Ingbert, 2. März. Als höchst seltene Erscheiuung in jetziger Jahreszeit konnte gesiern Abend kurz vor 8 Uhr mehrmals ein intenfives Weiterleuchten am nordwestlichen Horizon⸗ beobachtet werden. — Zweibrücken, 28. Febr. Heute fand vor der Strafkammer des k. Landgerichts zu Zwei⸗— brücken eine Verhandlung statt, der man schon lange mit großer Erwartung entgehensah. Als Ange⸗ klagie erschienen: 1. Christian Jacobi, 44 Jahre alt, Direktor der Aktienbrauerei Tivoli in Zwei⸗ brücken, 2. Wilhelm Heiß, 36 Jahre alt, Brau⸗ techniker aus Ingolstadt, z. Z. in München, 3. Joseph Basl, 37 Jahre alt, Braumeister der Aktien⸗ prauerei Tivoli, 4. die Aktiengesellschaft Tivoli in Zweibrücken, vertreten durch ihren Direktor Jacobi Die Anklage vertritt Herr Staatsanwalt Dr. Krell. Als Vertreter der Zollbehorde sitzt Herr Oberzoll⸗ nspektor Merk aus Landau hei und als Verthei— diger sind bestellt für Jacobi: Rechtsanwalt Gießen, für Basl: Rechtsanwalt Rosenberger und für Heiß: Rechtsanwalt Gink. Die Anklage richtet sich gegen die Altiengesellschaft Tidoli und gegen deren Direktor wegen Verwendung von andern Stoffen als Malz zur Bereitung des Bieres, gegen die drei übrigen Ang klagten wegen Fälschung eines Nahrungs⸗ und Genußmittels. Die Aussagen der Zeugen sind für die Angeklagten sehr gravirend: es wird dadurch constatirt, daß dem Produkte der Aktienbrauerei Blycerin, Salichlsäure, schwefelsaurer Kalk, Alkohol, Hopfenaroma u. s. w. in theilweise beträchtlichen Quantitäten zugesetzt. Sogar die Brauburschen, die doch etwas vertragen könnten, seien davon krank zeworden, auch sei das Bier wagenweise als ver— dorben zurückgekommen. Charakteristisch ist, was Zeuge Grund über die Fabrikation von „Bock“ aus— sagt. Vor etwa drei Jahren, als er noch Wirth auf Tivoli war, war dem Zeugen Graund auf Pfingstmontag der Bock ausgegangen. Er wandte sich deshalb an den Werkführer Breidter. z. Z. in der Schrödl'schen Brauerei in Heidelberg in Arbeit Dieser erklärte: „Er wolle gleich Bock machen. allein der Direktor und der Braumeifter seien fort, und diese hätten die Sachen, womit der Bock her— gestellt würde, eingeschlossen.“ Die Plaidoyers dauerten von 423 bis 7 Uhr. Die k. Staatsbe— hörde, vertreten durch II. Staatsanwalt Dr. Krell, heantragte gegen Heiß und Basl Gefängnißstrafe, gegen die Tivoli-⸗Gesellschaft 540 Marfk Beldstrafi, gegen Jacobi 390 Mark Geldstrafe. Die Verkündigung des Urtheils erfolgt nächsten Montana. Nachmitfoos um 4 116