ðSl. Jutberter Amzeiger. Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstagsund Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs— glatt und Sonntags mit Bseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 146 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Vost bezogen 1M 60 , einschließlich O B Zustellungsgebüuhr. Die Einrückungögebühr fuür die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen, auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 , bei Reclamen 830 4. Bei a4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. M 50. B.T. Europa und der Panslavismus. Von Czar Alexander III. hat man während einer ganzen Jugendzeit als Thronfolger außerhalb Rußlands kaum etwas anderes vernommen, als Aeußerungen und Handlungen wegwerfender Ver— ichtung und tiefen Hasses gegen das Deutschthum iberhaupt und die deutsche Nation insbesondere Zie machten einen um so peinlicheren Eindruck, als der Czar selbst deutschen Blutes ist, und durch olches Gebahren die ganze Reihe seiner Vorfahren ind sich selbst verneinte. Andere Beweggründe zieses Verhaltens ließen sich nicht entdecken, als die tesorgniß vor der aufbrausenden slavischen Natio⸗ zalität in Rußland und der Wunsch, den Natur⸗ ehler der Dynastie, nicht slavischen Ursprungs zu ein, sondern einer fremden Race anzugehören, durch Zelbstberneinung zu sühnen. Und in der That ist ieser Naturfehler ein tiefgreifender. Er behaftet zas Russenthum in seinem Innern mit einer Zwie⸗ pältigkeit, die es von sich auszustoßen suchen muß. Selbst das geduldige Deutschland würde zu dieser Zeit ein regierendes Kaiserhaus russischer, französi⸗ cher, italienischer Race schwerlich ertragen. Czar llexander III., seit ihm diese Erkenntniß gekommen. hat nichts verabsäumt, um sich mit dem Slaven⸗ chum zu identifiziren. Dasselbe aber hat sich un— züücklicher Weise durch die Maßlosigkeit seiner Vor⸗ ämpfer in überschwängliche und unmögliche Auf—⸗ saben verrannt. Nicht blos hat es sich die Auf⸗ jabe gestellt, welche nur durch ein ungeheures Blut⸗ jad ausführbar werden könnte, das Deutschthum m Innern Rußlands in der dreifachen Gestalt der deutschen kaufmännischen und handwerksmäßigen kinwanderungen und Ansiedelungen, der stadtischen und grundbesitzenden Bevölkerungen der baltischen Provinzen und der deutschen Beamtenschaft zu ver⸗ ilgen oder zu russifiziren, sondern es will auch das deutsche Reich als ein Hinderniß der expansiven kntwickelung des Russenthums aus dem Wege aumen und die slavischen Bevolkerungen der Balkan⸗ halbinsel und Oesterreich-Ungarns sich einverleiben der seiner Mächtsphäre unterwerfen, um dann das roße slavische Weltreich herzustellen, von welchem eine Bekenner träumen, daß es die europäische Livilisation und Kultur aufzuheben und durch eine neue, slavische Civilisation und Kultur zu ersetzen bestimmt sei. In solche Höhe der Ueberschwänglichkeit würde er russische Literaten- und Beamtengeist, welcher der Vater des Panslavismus ist, sich niemals haben versteigen können, wenn nicht Czar Aldxrander III. ils Thronfolger ihm ununterbrochen seine Sanktion und Stütze hätte angedeihen lassen. Der Czar nithin ist einer der hauptsächlichsten moralischen Arheber des Panslavismus. Seine seitherigen Re⸗ gerungshandlungen zeigen, daß er das volle Ge⸗ dicht der Verantwortlichkeit für denselben übernommen at. Wie wäre es anders zu erklären, daß er ein hauptdepartement der Verwaltung, das Ministerium des Innern, dem Grafen Ignaueff, dem Führer »er panslavistischen Partei, übergeben und daß er einen Sohn dem Panslavistenführer Katkow, damit a ihn zum Werkzeuge des Panslavismus erziehe, Wsgeliefert hat. — Europa kann keinen Augenblick weifelhaft sein, was er von dem Zöͤglinge Kat⸗ iows zu erwarten haben wird. Diese Maßnahmen α— zugleich als die nachträgliche, vollstandige — der feindlichen Gesinnungen gegen das ut vthum angesehen werden, welche dem Czaren Thronfolger zugeschrieben worden. Er wird v ernten, was er gesäet hat, und wenn des edlen Samstag, 11. März 1882. Alexander II. unverdientes Schicksal jede Menschen— brust tief rühren mußte, so läßt sich in Alexander III. Worten und Thaten nichts entdecken, was ihm außerhalb der slavistischen Partei Bewunderer, Freunde, und wenn das Schicksal ihm seine Gunsl entzöge, Mitgefühl zu wecken im Stande wäre. Die Partei selbst aber zeigt, daß sie dem Czaren chon über den Kopf gewachsen sein will. Skobeleffte Auftreten in St. Petersburg unter den Augen des Czaren beweist noch mehr, als seine Pariser Aus— lassungen, die Entschlossenheit der Partei, mit odern gegen den Willen des Czaren vorzugehen. Skobe leff kann nicht zu seinem Petersburger Trinkspruch und zu seinen Pariser Auslaisungen als vom Czaren »evollmächtigt angesehen werden. Denn der Czar. o lange er Czar ist, kann nicht sein Kriegsrech zjffenilich in die Hand eines seiner Unterthanen egen. Ob Skobeleff aber mit Vorwissen und in kinverständnisse Ignatieftfs, oder ganz auf eigent Faust gehandelt, erscheint unerheblich. Der Held kam als der Zukunfts-Attilla des banslavismus nach Frankreich, aber als ein solcher, der die katalaunischen Felder fürchtet, die für ihn iesseits des Rheines liegen. Von dieser Furcht ollte Frankreich ihn befreien. Aber er traf Frank⸗ eich nicht mehr in den Banden des Gambettaschen Ekhrgeizes, sondern sich selbst wiedergegeben. Es rkannte die Ungeheuerlichkeit des an der europä— schen Civilisation und Kultur beabsichtigten pansla⸗ istischen Attentats und den durch dasselbe ihm selbst zelegten Fallstrick. — Wer schützte Frankreich selbsl zegen den Panslavismus, wenn derselbe mit Frank⸗ reichs Hilfe Deutschland und Oesterreich- Ungarn zu einen Vasallenstaaten gemacht? Frankreich gab dem Barbaren den Laufpaß. Nicht nur Skobeleff ist hierdurch kompromittirt und Ignatieff, sondern der Czar selbst, und zwar ist er es, sofern der panslavistische Uebermuth diesen Versuch der europäischen Kriegsstiftung ohne sein des Czaren, Vorwissen ausgeführt, in höherem Grade als wenn er Mitwissender und Mitwollender war. Verleugnungen, selbst Bestrafungen, nachdem der Plan gescheitert, sagen nichts. Sie geben nicht die zeringste Bürgschaft dafür, daß er nicht wiederholl verde, wenn Leidenschaft und Verblendung Gam detta wieder ans Ruder Frankreichs gebracht. Daß ein solcher Versuch mit oder ohne Vorwissen Czars Alexander III. einmal hat gewagt werden können. st für Europa zuviel. Derselbe entzieht dem Czarenthum solch eines Fzaren ein für allemal alles Vertrauen in Europa. Er macht es Europa zur gebieterischen Pflicht, das Thor seines Hauses demselben unverzüglich und für mmer zu verschließen, so zwar, daß einem Angrifft Rußlands auf eine der genannten Großmächte mi' dereinter Kraft zu widerstehen ist, um die genannte Kultur des Westens vor dem Ansturm der Barba— renhorden zu schützen. Der gänzliche, unwiederrufliche Bruch der alten dynastischen Freundschaft Preußens mit Rußland, welche sich unter Czar Alexander III. als werthlos für die deutsche Nation, ja als eine gefahrlich— Täuschung erwiesen hat, das Fahrenlassen aller Buhlerei Frankreichs mit Rußland, die gänz— siche Isolirung Rußlands auf dem europä— schen Festlande müßte die Foige des Skobeleff⸗ Ignatieffschen Attentates sein. Das gebieten Europe Selbstachtung und Selbstverteidigungspflicht. Es jat sich selbst und dem renommistischen Panslavis- nus jetzt zu beweisen, daß es nicht in dem Maß« noralisch in seinem Innern verrottet und faul ist, 17. Jahrg. wie dieser gemeinsame Feind in der Unendlichkeit seiner Selbsterhebung sich gefällt, ihm nachzusagen. Politische Uebersicht. Deutsches Reich. Aus München wird dem „Pf. K.“ unterm 7. ds. Mis. geschrieben: Herr Abg. Dr. Schäfler yon der äußersten Rechten hat in einem Schreiben mm die Abgeordnetenkammer seinen Austriit aus derselben erklärt und motivirt dies — dem Ver— iehmen nach — nicht nur wie seine früheren Ur— aubsgesuche damit, daß es ihm nicht möglich sei einen Stellvertreter für seine Pfarrei zu erhalten, sondern mit der „Stellung, welche die Staatsre⸗ gierung der Volksvertretung gegenüber eingenommen habe“. — Bezüglich des dem preuß. Volkswirth- chaftsrath vorliegenden Gesetz⸗ Entwurfs über Ab⸗ inderung der Gewerbeordnung, hat unsere Staatsre⸗ gzierung Gutachten von den Handels- und Gewerbe— tammern verlangt. Die oberbayer. Kammer wird übermorgen hierüber berathen, ebenso — infolge des neulichen Beschlusses der Abgeordnetenkammer — über Annahme und Abgabe von Eilgütern an Sonn⸗ und Feiertagen. Die bayerische Kammer der Abgeordneten nahm am Mittwoch nach längerer Debaite woran sich die Abgg. v. Schauß, Walter, der Cultus minister, die Abgg. v. Lerchenfeld, Haus, v. Schlör und Rittler betheiligten, den Antrag Aichbichler's betreffend die Auslegung der Tegernseeer Erklärung, mit 80 gegen 71 Stimmen an. In München nahm am 6. ds. M. bei der obersten Baubehörde die praktische Prüfung für den allgemeinen Staatsbahndienst für das Jahr 1882 hren Anfang. Es nahmen wegen der derzeitigen äußerst unguͤnstigen Anstellungsaussichten nur 10 Fandidaten (5 für den Landbau⸗ und 5 für das Ingenieur⸗Fach) an dieser theil. Der Bedarf an Staatsbaupraktikanten ist auf viele Jahre hinaus zedeckt und hat sich bereits auch schon eine großere Anzahl geprüfter Ingenieure in das Ausland, ns— besondere nach Amerika begeben. Berlin, 8. März. Die Kirchengesetz⸗Kom⸗ mission des Abg.Haͤuses nahm die konserva⸗ tiven Anträge zu den drei ersten Paragraphen im Wesentlichen an, lehnte jedoch schließlich das ganze Gesetz mit allen gegen die Stimme der Konserva⸗ tiven ab. Das Zentrum stimmte dagegen. Berlin, 8. März. Der permanente Ausschuß des Volkswirthschaftsrathes berieth heute die Tubt, monopol· Vorlage. Der Berichterstatter Nathusius hebt herdor, das Plenum habe fast einstimmig die Nothwendigkeit einer höheren Besteuerung anerkannt; nur über die Form beständen nach Meinungsver⸗ schiedenheiten. Er befürworte die Annahme des Entwurfs. Heimendahl empfiehlt eine Fabrikatsteuer, die auch als Uebergang zum Monopol geeignet sei. Schöpplenburg und Lehendecker sprachen sich gegen das Monopol aus. Schließlich entschied sich der Ausschuß mit allen gegen drei Stimmen dafür, daß der Tabak einer ausgiebigeren Besteuerung zu unter— werfen sei, und nahm sodann die 88 2 bis 6 der Monopolvorlage mit 18 gegen 7 Slimmen an. Berlin, 8. März. Die anßerordentliche Generalversammlung der Berlin⸗Anhalter Eisenbahn⸗ gesellschaft hat mit 1660 gegen 76 Stimmen die Kauf⸗Offerte der Staatsregierung angenommen. Straßburg, 8. Maͤrz. Die Handelslammer ju Colmar hat einstimmig beschlossen, sich entschieden ür die möglichst baldige Einführung des Reichs« Tabakmonopols auszusprechen.