ꝓↄi. Justherter Amzeiger. J Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. Fa ,St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ dlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich JA 40 2 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1I 60 H, einschließlich AZustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen, auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 Z, bei Reclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. M 9I. Politische Uebersicht. Deutsches Reich. Berlin, 7. Mai. Bei dem gestrigen Diner es Kaisers äußerte dieser zum Präsidenten des deichstages, er wünsche, daß die Vorlagen im deichstage etwas rascher als bisher ihre Erledigung anden. Berlin, 8. Mai. Das Centrum hat sich ir Ueberweisung des Monopols an eine Commission ntschieden; es ist nicht einstimmig gegen das Mono— jol, aber in großer Mehrheit dagegen. Die württem⸗ hergischen Ultramontanen sind dafür. — Der Bundes- rath hat das Unfallgesetz in der Fassung der Aus⸗ chüsse, ebenso das Gesetz betreffend die Füursorge sür die Wittwen und Waisen des Heeres und der MNarine angenommen. (Die Kommandirung preußischer dffiziere nach der Türkei.) Die Ange⸗ egenheit, betreffend die Kommandirung preußischer Offiziere nach der Türkei, ist, nach der „N. A. Z.“ uunmehr in das Stadium ihrer Verwirklichung ge— reten. Danach gehen nach der Türkei: Oberst dähler, Kommandeur des 2. Schlesischen Husaren⸗ egiments; derselbe soll die Anstellungsfrage für lle beurlaubten Offiziere in der Türkei ordnen mnd mit den dortigen Behörden berathen, auch soll rx die Verhandlungen in Betreff des eventuellen lebertritts noch anderer preußischen Offiziere mit er türklischen Regierung führen. Ferner gehen ils Organisatoren resp. Instrukteure für die ent⸗ prechenden Waffen dorthin der Hauptmann Kaphö—⸗ gener vom 79. Infanterieregiment, der Hauptmann Ristow vom 17. Feldartillerieregiment. Sämmt · iche Herren werden vorläufig auf 3 Monate nach donstantinopel beurlaubt, nach Ablauf welcher Zeit ie sich zu entscheiden haben, ob sie in türkische Dienste übertreten wollen. Im Fall des Ueber⸗ rities ist ihnen der Rücktritt in die preußische Armee mit Zusicherung der Wiederanstellung innerhalb Reier Jahre zugesichert. Sie scheiden aus der xeußischen Armee und erhalten in der türkischen Urmee einen entsprechend höheren Rang, und zwar det Oberst Kähler den Rang eines Generals, die anderen drei genannten Herren den Rang als Oberst. Die gemeinschaftliche Abreise von Berlin nach Kon⸗ tantinopel wird etwa am 15. Mai stattfinden. Auch Offiziere der deutschen Marine verden nach der Türkei beurlaubt werden, um ine gründliche Reorganisation der türkischen Marine —X Am 6. Mai fand der Schluß des badischen Landtages statt. Minister Turban hob in sei⸗ er Rede die günstige Staatshaushaltslage hervor, die ermöglichte Herabsezung der Grund-, Häuser⸗ und Gefällsteuer, die Bewilligung für die Hollen⸗ halbahn, die Aufbesserung der minderbesoldeten dirchendiener und die Wiederbesehung des Erz- vischofsstuhls in Freiburg, die geeignet sei, die stiedliche Entwickelung der inneren Landeszistände vuu fördern. Ausland. Paris, 8. Mai. Freycinet erklärte dem De— utirten Villeneuve, er könne die Interpellation über die eghptische Frage noch nicht beantworten. — die Angabe der „Times“ über die Initiative Rrankreichs auf, Einladung Deutschlands wird xestätigt. Rom, 8. Mai. An die Reise des Fürsten ander von Bulgarien nach Petersburg wird er die Combination geknüpft, daß für den Fall, HOienstag, 9. Mai 1882. als der Fürst nicht mehr nach Sofia zurückkehren ollte, es nun zu einer Vereinigung Ostrumeliens nit Bulgarien, u. z. unter Aleko Pascha als ge— neinsamem Fürsten der zu vereinigenden Länder kommen könnte. (Ein Attentat zu Dublin.) Der neu⸗ ernannte Staatssekretär von Irland Lord Frederic Tavendish und der Unterstaatssekretär Thomas Bourke wurden Samstag Abend während eines S„paziergangs im Phönixpark ermordet. Ueber die chreckliche That wird berichtet: Lord Cavendish und Bourke gingen im Phönixpark spazieren, als sich hnen ein Wagen näherte. Zwei Männer ent— tiegen demselben, griffen Lord Cavendish und Bourke an und brachten denselben mehrere Stiche in die Brust und den Hals bei. Lord Cavendish und Bourke scheinen den Angreifern erst nach star⸗ ker Gegenwehr unterlegen zu sein. Die Mörder lohen sofort. Die Polizei hat bis jetzt keine Spur don ihnen entdeckt. Als die Körper der Ermor— deten gefunden wurden, waren dieselben entsetzlich derstümmelt. Der ganze Platz war mit Blut über— schwemmt. — Ein Telegramm der „K. 3.“ aus London besagt: Die entsetzliche Nachricht aus Du—⸗ olin hat hier die größte Aufregung hervorgerufen. Der Doppelmord trifft der Zeit nach zusammen mit der Freilassung Davitts, des Stifters der Landliga, der gestern aus dem Gefängnisse von Portland von seinen Gesinnungsgenossen Parnell Dillon, O'Kelly im Triumphe abgeholt worden war. Es ist selbstverständlich, daß niemand diese Führer der Landliga der Mitwisserschaft um das Ver—⸗ brechen beschuldigt; im Gegentheil beweist die zrauenvolle That, daß die Führer der Landliga die Zügel nicht mehr in der Hand haben, die von hnen heraufbeschworenen Geister nicht mehr bän— zigen können. Nach den Mittheilungen, welche zis jetzt über das Ereigniß vorliegen, ist von den Mördern noch keine Spur entdeckt. Was bisher zekannt geworden, ist folgendes: Es war gestern Abend um acht Uhr, als im Phönix-Park, etwa ünfzig Schritt von dem vizeköniglichen Palaste, die beiden Leichen von Stichen durchbohrt aufge⸗ unden wurden. Lord Frederik Cavendish war jestern Morgen, mit dem neuen Vizekönig Earl Spencer, von England kommend in Kingstown zelandet. Gegen Abend waren beide unter großem zubel der Menge in Dublin eingezogen. Er er— edigte sich im vizeköniglichen Schlosse seiner ersten amtlichen Verpflichtungen, leistete den Eid und 'uhr dann um sechs Uhr nach seiner Amtswohnung. Im Phönix-Park begegnete er dem Unterstaats- ekretär für irische Angelegenheiten, Thomas H. Burke; er stieg aus und machte mit diesem einen Spaziergang. Was man über den nun folgenden Vorgang weiß, hat man aus dem Munde eines dnaben. Dieser erzählt, er habe von weitem eine eingende Gruppe gesehen, die er für Strolche hielt; wei Männer fielen und dier fuhren in einem ereitstehenden Wagen eiligst weg. Zwei Veloziped⸗ ꝛeiter waren zuerst an der blutigen Stelle, sie jatten die beiden Herren vorher in dem Park lust⸗ wandeln sehen, ohne sie zu kennen, und ersahen erst aus Briefen, welche sie in den Taschen der Ermordeten fanden, wer die Unglücklichen waren. Favendish hatte vier Stiche durch die Lunge, ein Arm ist ihm völlig zermalmt; Burkes Kehle ist urchschnitten. An den entsetzlichen Wunden und em übrigen Aeußern der Körper ist ersichtlich, daß »er Kampf um Leben und Tod sehr heftig geführt vorden ist; die Stätte war ringsum mit Blut —17. Jahrg. dedeckt. Den Ermordeten war nichts geraubt, Uhren, Geldbörsen, Schmucksachen, Papiere — alles 'and sich noch in ihren Taschen vor, ein Beweis, daß kein Raubmord, sondern ein politischer Mord porliegt. Auffällig ist es, daß von den hunderten »on Spaziergängern, die an dem schönen Maiabend 'aum eine oder einige Minuten Weges entfernt im Park lustwandelten, außer jenem Knaben Niemand den Vorgang wahrgenommen hat, ein Beweis, daß die That mit Blitzesschnelle nausgeführt worden ist. Trotz eifrigen Suchens ist nicht einmal eine Spur der Wagenräder entdeckt worden; auch konnte der dnabe wegen der Schnelligkeit der Fahrt keine Be— chreibung der an ihm Vorbeifahrenden geben. So— ort sind alle Polizeiämter der Insel von dem Er—⸗ ignisse benachrichtigt worden, aber bis heute ist noch keine Verhaftung erfolgt. Es ist angeordnet, daß alle Schiffe. welche von Irland abgehen, vor⸗ erst genau überwacht werden. Die Zugänge zu dem dizeköniglichen Schlosse im Phönix-Park sind mit tarken Polizeiabtheilungen besetzt. Earl Spencer st, von dem Ereignisse so sehr ergriffen, daß er die Absicht ausgesprochen haben soll, von dem eben ingetretenen Amte alsbald zurückzutreten; ein Schritt, der ihm freilich vorläufig übel ausgelegt werden önnte. — Die Leichen sind in das Stevens Hospital jebracht worden. Lord F. Cavendish, der zweite Sohn des Herzogs von Devonshire, der Bruder des Marquis von Hartington, Staatssekretärs für In⸗ dien, ist 46 Jahre alt; seine Gemahlin, eine Tochter des Baron Lyttelton, scheint ihn noch nicht nach Irland bgleitet zu haben, weil er seine Reise ohne ängere Vorbereitung antreten mußte. Thomas H. Burke ist 50 Jahre alt und unvermählt; er ist seit Jahren als Unterstaatssekretär für Irland angestellt ind war in Dublin sehr beliebt. Bei der gestrigen Feierlichkeit im Schlosse hatte er dem Vicekoönig das Staatsschwert überreicht. London, 8. Mai. Der gestrige Minister⸗ rath dauerte zwei Stunden. Die Versammlung der Mitglieder des letzten Torykabinets beschloß. der Regierung ihre Sympathie auszusprechen. Sie erklärte, mit allen Kräften dieselbe bei Unterdrückung des Mordsystems in Irland unterstützen zu wollen, venn die Regierung diese Politik annehme. Vor— jer hatten Northcote und Gladstone Besprechung. ks heißt, das Kabinet werde mit Unterstützung eines konservativen Parlaments Maßregeln zur Biederherstellung der Ordnung in Irland vor⸗ chlagen. Die hier wohnenden Irländer beabsich⸗ igen, ein großes Meeting im Hydepark abzuhalten, im ihrem Abscheu über das Attentat Ausdruck zu geben. Dublin, 8. Mai. Die Landliga erließ ein von Parnell, Dillon und Davitt unterzeichnetes Manifest, worin es heißt: Der Name des gastlichen Irlands sei durch einen Akt der Feigheit besudelt ind werde besudelt bleiben, bis die Mörder der Berechtigkeit überliefert seien. Aus Rußland kommt eine für die russischen Verwaltungsverhältnisse überaus bezeichnende Nach— richt. Die mit der Actenprüfung in Sachen der iach Sibirien Verschickten dort beschäftigte Peters— zurger Commission hat gefunden, daß unter 1509 Fällen 990 ungerecht waren und die Cassation »erlangen. Eine fürchterliche Ziffer menschlichen klendes und menschlicher Ungerechtigkeit. Ist es »a zum Verwundern, wenn dem also gehandhabten Deportationssystem die Dynamitpatrone entgegen⸗ rbeitet?