F. 1 t. Ingherter Amzeiger 0 b 6 Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 7 ẽt. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerotag, Samstag und Sountag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ gzlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 14 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1M 60 H, einschließlich 94 tZustellungsgeblihr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 Z, bei außerpfälzischen und solchen, auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 , bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. M IIS. Sonntag, 18. Juni 1882. 17. Jahrg. — — Politische Uebersicht. Deutsches Neich. München, 15. Juni. Die Landesverraths⸗ nterfuchung gegen den französischen Offizier de gaillier, Frhrn. v. Kreitmayr und Kaufmann gtunner ist, nach Vernehmung von zahlreichen deugen und den eingehendsten Recherchen, ge⸗ qlosen. Das Resultat ist natürlich jetzt noch heheimniß. Berlin, 15. Juni. Der Reichstag nahm e von der Monopol⸗Kommission zu dem Tabak⸗ nonopol⸗Bericht gefaßte Resolution in der von d.Bennigsen vorgeschlagenen modifizirten Fassung nit 165 gegen 150 Stimmen an. (Danach er⸗ sart der Reichsstag, „daß eine weitere Erhöhung er Tabakbesteuerung, da dieselbe erst durch das geseß vom 16. Juni 1879 sowohl in neuer zorm als in wesentlich erhöhtem Betrage auferlegt worden ist und ihr vollständiges und dauerndes —X estelli werden kann, unstatthaft erscheint.“) Berlin, 15. Juni. Heute sprach im Reichs⸗ ag u. A. auch Dr. Groß (pPfälzer); er legte .. A. dar, daß die Tabakbauer in eine sehr be⸗ dauerliche Lage kümen, wenn sie der Regie unter⸗ ellt würden. v. Bennigsen (Führer der National⸗ iberalen) hielt eine mehrstündige Rede, an deren Schluß auf allen Seiten des Hauses stürmischer deifall erscholl. Der letzte Theil von Bennigsens hede wandte sich namentlich gegen Bismarcks oben besprochene pessimistische Aeßerung in Bezug auf deutschlands Zukunft und schloß wie folgt: „Ein Nann, wie der Fürst Reichskanzler, der seine große bopularität gerade Dem verdankt, daß er nicht ilein mit Genialität und übermächtigem Willen ind großem diplomatischen Geschick diese Dinge aurchgebracht hat, nein, daß er aus dem Geiste des eutschen Volkes heraus (lebhafter Beifall links) ewissermaßen als Erbe aller dieser Bestrebungen ind Versuche und Anläufe, daß er in voller Ueber⸗ intinmung mit dem Volke endlich die alten Lünsche der deutschen Nation nach einer einheit⸗ ichen bundesstaatlichen Verfassung zum Abschluß ebracht hat, darin hat der Fuͤrst Reichskanzler eine historische Bedeutung; und dann die unge— eure Popularität, wie wäre die erklärlich, wenn das, was geschehen ist, nicht in voller Ueberein⸗ nmung geschaffen wäre unter Zustimmung und Nitwirkung ganzer Generationen des deutschen lolles (wiederhoiter lebhafter Beifall), und dann yr Fürst Reichskanzler und das Haus Hohen⸗ vlern die Führer im Abschluß dieses Kampfes ewesen sind, — also ich sage, m. H., der Reichs⸗ anzler hat nach seiner Vergangenheit und wie tnsere Geschichte sich gestaltet hat, so wenig Ursache die wir, zu verzweifeln oder so schwarz zu sehen n die Zukinft des deutschen Volkes. Nein, diese — so lange Deuischland nicht aufhört, seine hutdigleit zu thun in seinen Dynastieen, seinen usmnmein, in seinem Volke und dessen Ver— en, die hat ebenso günstige Aussichten als die eines anderen Landes Europa's (sehr wahr! und nach Alledem, was das Voll in allen 9 schwierigen Zeiten, namentlich im Jahre g4 an Opfern zu bringen bereit gewesen ist, in dann der Reichskanzler oder der über ihm Kaiser an das Volk appellirt, wenn eine Noth an uns heranteitt, dann wird es an der wingttin und an dem Patriotismus auch dem e nicht fehlsen. den der Reichskanzler für die Fürsten in Anspruch genommen hat (lebhafter Bei⸗ zall links), und da möchte ich glauben, daß alle Parteien, und die Liberalen nicht ausgeschlossen, in einem solchen Falle treu zu Kaiser und Reich tehen und jedes Opfer im patriotischen Sinne zringen werden, das irgendwie in einer schweren Zeit von ihm verlangt wird.“ Ein Schreiben des Reichskanzlers beantragt die Zustimmung des Reichstags zur Vertagung des— elben vom 19. Juni (nächsten Montag) bis zum 30. November dieses Jahres. Dieses Schreiben ommt morgen zur Berathung. Die heutige Reichs⸗ agssitzung dauerte 8 Stunden. In Marine kreisen ist das Gerücht ver⸗ zreitet, daß eine Copie der Küsten befesti⸗ zungs⸗Pläne der kaiserlichen Admiralität nach Nußland verrathen se. Man nennt den Namen »es Verräthers und die Summe, für welche der Perrath ausgeübt ist, 130,000 Mark. Berlin, 15. Juni. Die Strafkammer des dandgerichts IJ sprach den Abgeordneten Mommsen bdon der Anklage der Bismarckbeleidigung frei. Der Staatsanwalt hatte 500 Mk.. Geldbuße oder 34 Tage Gefängniß beantragt. Dresden, 15. Juni. Die zweite Straf⸗ ammer des Landgerichts hat heute den Abgeord⸗ neten Bebel (Sozialdemokrat) wegen Majestäts⸗ beleidigung und Beleidigung des Bundesraths zu zwei Monaten Gefängniß verurtheilt. Ausland. j Konstantinopel, 16. Juni. Die Erklä⸗ cung Englands und Frankreichs, daß die Conferenz nur die eghptische Frage verhandeln werde, wird von allen übrigen Mächten unterstützt; in Folge dessen haben die Botschafter Noailles und Dufferin )er Pforte neuerdings gerathen, die Conferenz an⸗ unehmen. Betreffs des Ansuchens Derwisch Pa—⸗ cha's wegen Entsendung von Truppen nach Favypten. hat die Pforte noch nichts beschlossen. Lokale und pfälzische Nachrichten. * St. Ingbert, 17. Juni. Die Samm⸗ lung für das bayerische Landesdenkmal auf dem Schlachtfelde von Fröschweiler hat zu Schnappbach den hübschen Betrag von 81 M. 72 Pf. ergeben. *St. Ingbert, 17. Juni. In höchst an⸗ erkennenswerther Weise ist die Direction der Pfäl⸗ ischen Eisenbahnen einem Wunsche unserer Nach—⸗ »argemeinde Hassel durch eine Verfügung ent⸗ zegengekommen, wonach der Zug 257, der seit ẽinführung des Sommerfahrplanes ohne anzuhalten an der Station Hassel vorbeifuhr, vom 16. d. M. unhält. In Folge dessen erfolgt die Abfahrt vom ziesigen Bahnhof 2 Minuten früher als bisher, ilso um 11 Uhr 42 Min.; die Ankunft in Hassel erfolgt um 11*0, die Abfahrt um 11512. * St. Ingbert, 17. Juni. Anläßlich der Bemerkung in unserm Berichte über den Brand in dem von Handelsmann Hrn. Isaak Löb bewohnten T. Hofmann'schen Hause, „es sei der Brand wahr⸗ scheinlich durch ein schadhaft gewesenes Kamin ent⸗ tanden“, wird uns berichtigend mitgetheilt, daß dies nicht denkbar sei; auch sei eine darauf bezüg⸗ liche Wahrnehmung von einer sachverständigen Person, die sich während des Brandes und un⸗ nittelbar nachher in nächster Nähe des in Frage ommenden Kamins befunden hätte, nicht gemacht worden. Ueber die eigentliche Entstehung des Brandes fehlten vielmehr bis jetzt die näheren An— altspuntt⸗ — In Gersheim wurde am 13. ds. von A zrücke zusammenhängenden Insel die Leiche eines ieugeborenen Kindes weiblichen Geschlechts auf⸗ gefunden. — (Pfälzisches Schwurgericht.) Fall darth: Echluß.) Der Angeklagte Harth ist ein Mann, der mit allen Wassern gewaschen ist, wie )er Bürgermeister von Glan-Münchweiler bezeichnend agte, in der Wahl seiner Mittel nicht gerade vählerisch, wenn es gilt, das vorgesteckte Ziel zu erreichen. Er hatte in Australien Gold gegraben, ind der Drang nach diesem ließ ihm auch in Deutschland keine Ruhe. Spekulationen in noth⸗ eidenden Papieren, manchmal von der zweifel⸗ jaftesten Sorte, ruinirten sein Vermögen in der drachzeit. Er stand mit mehreren Bankhäusern in Frankfurt in Verbindung, insbesondere mit der deutschen Vereinsbank, deren Rechnungsabschluß sich inmal über 200,000 fl. belief. Derselben gab er im Jahre 1872 10 Bergwerkskuxe seines Vaters zur Deckung, und als sich die Bank bezahlt gemacht hjatte, wurden die Kuxe von dem Vater mit Erfolg ingeklagt. Als er den Ruin seines Vermögens jor sich sah, kam er auf den Gedanken, die über⸗ chuldete Ziegelhütte des Weber zu kaufen und eine Aktiengesellschaft zu gründen. Allein da die Aktien »er „Baumaterialiengesellschaft Glan⸗Münchweiler“ rotz aller Bemühungen nicht begeben werden konnten, io blieb es bei einer einfachen Gesellschaft, aus velcher Weber trotz Einlage von Geld und seiner Arbeitskraft als Ziegler keinen Vortheil zog und iach Verlauf eines halben Jahres austrat. Im Jahre 1875 suchte Harth nun seiner Aktiengesell⸗ chaft neues Leben zu geben, indem er seinen Vater ind seinen Bruder bewog, in die Aktiengesellschaft inzutreten. Diese Aktiengesellschaft war nun ein „chwindel, der als unicum dastehen dürfte. Sta⸗ uten waren in der ausführlichsten Weise vorhanden, »as Aktienkapital war auf 36,000 M. festgesetzt, vovon auf dem Papier gleich 10 90 eingezahlt waren. Im Ganzen fand man 21 hektographirte Aktien vor, die auf den Namen der Frau, des Vaters und des Bruders lauten und 4 Interims⸗ cheine auf den Namen des Angeklagten und des donauer. 19 Aktien wurden im Jahre 1881 chenkungsweise von dem Bruder auf die 4 un⸗ nündigen Kinder des Angeklagten üdertragen. Derselbe war zuerst stellvertretender Direktor, dann virklicher Direktor und bildete mit seinem Vater ind Bruder Jahre lang Aufsichtsrath und General⸗ Zersammlung. Einlagen wurden keine gemacht; so ehaupten Dies Vater und Bruder. Auch wollten ie so wenig Aktionäre gewesen sein wie der Donauer, —XWV Mann ist, oder wie die Frau und die unmündigen dinder des Angeklagten, mit denen er kurz nach dem Ausbruch der Gant die letzte General⸗Ver— ammlung abhielt, wonach der Vorschuß⸗Verein St. Ingbert auf 50,000 Mk. verklagt werden sollte, veil er durch den Antrag auf Konkurs-Eröffnung Jjegen den Angeklagten die Baumaterialiengesellschaft zeschädigt habe. Zweck dieser Manipulation des Angeklagten war, sich vor den Zugriffen seiner Bläubiger zu schützen. Schon im Jahre 1875 satte er alle seine Mobilien der Vaumaterialien⸗ gesellschaft verkauft, und so fand der Konkursver⸗ valter, Geschäftsmann Walter, bei der Inventur⸗ zufnahme immer nur die stereotype Antwort: „Das sehört der Baumaterialiengesellschaft.“ Auch die Zumme von 649 Mk. bestehend in Gold und