zt. Jugherter Atzeiger. Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 7. St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 146 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 60 H, einschließlich 904 Zustellungsgebilhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen, auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I35 , bei Reclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. M 1209. Montag, 3. Juli 1882. Politische Uebersicht. der letzten Feststellung des neuen Etats für die Feld⸗, Reserve- und Ersatz-Infanterie um 65,343 Mann verringert. Aus Petersburg berichtet das „Berl. Tgbl.“: Man will hier wissen, daß der russische Militärbe— voll mächtigte in Berlin, Fürst Dolgorucki, dem— nächst werde abberufen werden. Erklärlicherweise zlaubt man, diese Abberufung in Zusammenhang zringen zu sollen mit dem unliebsamen Eindruck, den die Affaire Meiling in den leitenden deutschen dreisen hervorgerufen. Die Bestätigung dieser Nach— icht bleibt allerdings noch abzuwarten. — Einer der verhafteten Offiziere soll die Kasse der Revolu— ionspartei dadurch gefüllt haben, daß er falsches Held, das ihm vom Erxekutiv-Comitee übergeben vurde, in kleinen Summen gegen echte Scheine imsetzte und den Erlös an die Revolutionskasse ibführte. Alexrandrien, 1. Juli. Derwich Pascha jat im Namen des Sultans eine Proklamation er⸗ assen, in welcher er erklärt, daß die Ordnung ge— ichert sei und in der er Gehorsam für die Befehle »es Khedive fordert. Nichtsdestoweniger bleiben die Besorgnisse der Europäer aber noch bestehen und yerlassen dieselben noch immer in Schaaren die Stadt. Die Post wird wabrscheinlich auf den Dampfer der khedive verlegt werden. Arabi begab sich nach Ismaila, aus welchem Grunde, ist unbekannt. Die Nachrichten über den Suezkanal lauten beruhigender, doch bleibt die Nähe der Beduinen immer noch berdächtig. Das in Paris umlaufende Gerücht, daß der Khedive sich an Bord eines Schiffes geflüchtet, ist unbegründet. Ueber die Hinrichtung Guiteau's, welche am Freitag stattfand, wird aus Washington gemel⸗ det: Guiteau nahm eine Stunde vor seiner Hin⸗ cichtung eine tüchtige Mahlzeit zu sich, aber kurz vor 12 Uhr Mittags brach er in Thränen aus und chluchzte hysterisch. Er zeigte sich sehr nervös und 'uhr erschreckt zusammen, als er das Gerassel der Musketen auf dem Steinpflaster des Gefängnisses vernahm. Er erstieg indeß festen Schrittes die Ztufen des Schaffots, aber auf der obersten Stuft vankte er einen Augenblick. Der Geistliche betete nit Guiteau, welch letzterer sodann mit klarer und auter Stimme einen Theil des 10. Kapitels des xkvangeliums St. Matthäus verlas. Zunächst verlas r sein Sterbegebet, welches er im Gefängniß ver— aßt hatte. Dieses Gebet drückte seine Bereitwillig⸗ eit aus, zu sterben, da er das ihm zugewiesene Werk vollbracht habe, wies auf die Jnspiration hin, ür welche er jetzt sterben müsse, und wiederholte eine oft geäußerten Worte, daß sich die Nation durch eine Hinrichtung die Feindschaft Gottes zuziehen verde. Er prophezeite, daß seine Mörder, von der Fxecutive bis zum Henker, zur Hölle gehen wür— den. Den Präsidenten Arthur bezeichnete er als einen Feigling und einen Undankbaren gegen den Mann, der ihn zum Präsidenten gemacht. Er schloß mit der Erklärung, daß er ohne das nindeste Uebelwollen gegen irgend Jemand sterbe. dierauf sang er einige von ihm verfaßte Verse, be⸗ zsinnend „l am going to the Lord. J am s0 lad Glory. Hallelusan.“ (Ich gehe heim zu hott. Ich bin so froh, Gloria, Hallelujah.) Diese Worte wiederholte er einige Male. Die Verse pesagten, wie er seine Partei und das Land ge— rettet, aber jetzt ermordet werde. Unter Schluchzen endigte er den Gesang, der mit den Worten schloß I wonder, what lshall do, when 1 get to the ord?“ (Ich möchte gern wissen, was ich thun Deutsches Reich. München, 1. Juli. Das hiesige Magistrats— ollegium hat gestern den Antrag, den Altkatho— jkten die seit 1871 ihnen zur Benutzung einge— zumte Nikolai-Kirche zu entziehen, mit 16 gegen Stimmen angenommen. (Doch Zwei-Jahres-Budgets.) Die dachricht, daß dem Reichssstage die Etats pro 188384 und 1884/85 gleichzeitig zugehen werden, wird von kompetenter Seite mit dem Bemerken zestätigt, daß nicht etwa erst jetzt, sondern bereits dot ca. zwei Monaten die diesbezüglichen Anord⸗ uungen von maßgebender Stelle getroffen worden ind die Arbeiten in den meisten Ressorts weit ge⸗ iürdert sind. Die „Germania“ erklärt sich ent— chieden gegen das Experiment und meint, es sei ine Buchstaben⸗Interpretation der betreffenden Ver— qssungsbestimmung, die gefährlich werden könnte. Ausland. London, 1. Juli. Das Arsenal zu Wool⸗ wich erhielt gestern Abend den Befehl, innerhalb nerundzwanzig Stunden den vollständigen Artillerie⸗ nurk, darunter 30 schwere Belagerungsgeschütze und Geschütze geringen Kalibers, bereit zu stellen. London, 1. Juli. Es macht sich hier in deutsamer Weise die Anschauung bemerkbar, daß ine Besetzung des Suezcanals und militärische Maß⸗ ahmen zum Schutze desselben auch getrennt von der noßen egyptischen Frage und ohne Prajudiz für die zerathungen der Mächte über dieselbe möglich seien. London, 1. Juli. Meldung des „Reuter'—- hen Bureaus“: Es sind Vorkehrungen getroffen rorden, im Nothfalle 10,000 Mann von in Indien ehenden Truppen nach Egypten zu senden. Ein Nitttheil derselben würde aus englischen und zwei Nitttheile aus eingeborenen Truppen bestehen. — je englischen Kriegsschiffe ‚Orion“, „Don“ und dee“ segelten heuie nach dem Mittelmeer ab. charakteristisch für russische Zustände ist gende Mittheilung, welche der Köln. Ztg. zugeht: rei den jüngsten Verhaftungen in Petersburg hat t herausgestellt, daß die Nihilisten lange Zeit indurch Verbindungen mit einem höhern Beamten n Ministerium des Aeßern unterhieiten, welcher wen die wichtigsten Mittheilungen zukommen ließ d alle aus dem Auslande eintreffenden Geheim— e verrieth. Der bereits überführte Verbrecher — heißt Wolkow — befindet sich in sicherem Ge— uhrsam ; er bekleidete einen hohen Vertrauensposten n Ministerium des Aeußern und bezog von Ni— cütten für seinen Verrath ein unglaublich hohes sehalt. Die Polizei besitzt namlich nicht das Recht. irette Anfragen über verdächtige Persönlichkeiten Weisungen über flüchtige Verbrecher an die nreter Rußlands im Auslande zu richten. Diese nd ähnliche Dinge werden im Auswärligen Min— tium durch besonders angestellte Vertrauensmänner J chiffrirter Depeschen erledigt; so gehen enachrichtigungen und Warnungen, die aus sußland eintreffen, chiffrirt durch das Ministerium nd werden von demselben Beamten dechiffrirt. Die tirdebeschen übermittelte Wolkow entziffert den husten so daß diese die vollkommenste Kenntniß nihrewegen mit dem Ausland geführten geheimen uespondenz besaßen. Ketersburg, 1. Juli. Wie die „Nowosti“ ren, hätte sich die Zahl der Untermili— »der russischen Armee in Friedensstärke seit 17. Jahrg. verde, wenn ich zu Gott komme) Seine letzten Worte waren „Glory, Glory, Glory!“ Gegen 250 Lersonen waren Zeugen der Hinrichtung, während twa 1000 Menschen außerhalb des Gefängnisses ich versammelt hatten und laut jubelten, als Buiteau aufgeknüpft wurde. Guiteau selber ließ einen Papierstreifen fallen, um dem Henker das Signal zu geben, daß die Hinrichtung vor sich gehen könne. Die von ihm vergossenen Thränen olslen, wie man glaubt, eher durch religiöse Ruh— rung, als durch physische Furcht erzeugt worden ein, da es schien, daß er standhaft gestorben. Lokale und pfälzische Nachrichten. * St. Ingbert. In der letzten Strafkam— nersitzung des k. Landgerichts Zweibrücken wurde segen drei Subjekte verhandelt, welche sich unsere 5tadt als Operationsfeld für ihre Diebsthätigkeit ausersehen hatten. Den Reigen eröffnete der 37 J. a. Tagner Johann Binäpfel aus Sennheim m Ober⸗Elsaß. Derselbe hat ein langes Straf⸗ egister und war u. A. schon einmal wegen desertion im Rückfalle und wegen Diebstahls zu icht Jahren Zuchthaus verurtheilt. Im März )»s. Is. kam er hierher und wurde von dem Her— hergsvater Kosch als Hausknecht eingestellt, bald iber wieder davon gejagt; Binäpfel wußte sich für eine kurze Dienstleistung bei Koch dadurch bezahlt u machen, daß er eine von demselben in Verwahr jsenommene Reisetasche mit Effekten im Werthe von 32 Mk. entwendete. Dieser Diebstahl trug ihm iun 3 Jahre Zuchthaus ein. — Der zweite Ange⸗ tlagte, der Z3jährige Tagner Jakob Stauch von Finöd, steht gegen den Erstgenannten, was Ver— )orbenheit angeht, nicht zurück. Derselbe hatte, wie vir s. Z. berichteten, zum Nachtheile zweier Knechte des Müllers Frank von Großblittersdorf, denen er im 1. Mai vor dem Mehlmagazin des kgl. Berg⸗ intes dahier beim Abladen von Mehl behilflich var, einen blauen Kittel, ein Päckchen Tabak, ein Taschentuch und eine Wurst gestohlen und den einen )er ihn verfolgenden Knechte in den Arm gebissen. Für diesen Diebstahl im Verbrechensgrade, weil im sückfall, und für die vorsätzliche Körperverletzung erhielt er eine Gesammtzuchthausstrafe von 3 Jahren. — Der Dritte des sauberen Kleeblattes ist der 18 Jahre alte Maurer Adam Oswald von Alt⸗ jeim. Derselbe hatte am 29. April abhin den Versuch gemacht, in der Wohnung des Maurer⸗ meisters Pfleger dahier, bei dem er in Arbeit tand, mittelst eines Meisels den Geldschrank zu üffnen. Da er leugnet, so wurde behufs Ladung noch mehrerer Zeugen die Hauptverhandlung auf aächsten Mittwoch vertagt. p. Schnappbach, 3. Juli. Gestern con⸗ ‚ertirte in der hübschen Waldanlage des Herrn Eisel dahier die Kapelle der Grube Heinitz unter Leitung ihres Dirigenten Herrn Wittich. Das Brogramm war ein sehr reichhaltiges und gewähltes und wurde von der trefflichen Kapelle in allen sei— nen Nummern auf's meisterhafteste zum Vortrage gebracht. Bei etwas wolkenloserem Himmel wäre der Besuch jedenfalls ein noch viel zahlreicherer ge— vesen, als er es so war. — Unsere ortsanwesende Bevölkerung beträgt nach dem Ergebniß der Be— rufsstatistkik 1269 Seelen, etwa 200 weniger als »ei der Zählung vom 1. Dezember 1880. Zum Theil beruht dieser Ausfall darin, daß am Tage er Berufszählung die Arbeiterschlafhäuser fast eer standen; andererseits muß jedoch auch ugegeben werden, daß in der letzten Zeit