ODürkheim, 2. Oktober. Begünstigt vom prächtigsten Wetter verlief der gestrige erste Tag des Wurstmarktes in wahrhaft glänzender Weise. Der Besuch von außerhalb zeigte von Neuem, daß die alte Anziehungskraft trotz der „schlechten Zeiten“ immer noch ungeschwächt vorhanden. Wenn man die Massen übersah, welche sich auf den wegen der ungünstigen Witterung der letzten Tage allerdings etwas schlüpfrigen Pfaden der Wurstmarktswiesen »ewegten, so gelangte man nur zu leicht zu dem Schlusse, daß der diesjährige Wurstmarkt mindestens nicht weniger, weit eher stärker frequentirt ist als der vorjährige. Vormittags um 11 Uhr bewegte sich der Eröffnungszug, an der Spitze eine sächsische und zwei bayerische (Jäger und 17. Inf.⸗«Reg.) Militär⸗Capellen vom Schloßplatze aus nach dem Wurstmarkte, auf dem schon Abends vorher sich das regste und fröhlichste Treiben entwickelt hatte. — Auch heute scheint die Sonne freundlich in das rröhliche Wurstmarktsgetriebe blicken zu wollen. um abermals neues Leben und neuen Appetit für Flüs⸗ iiges und Sonstiges bei den Besuchern nach den Anstrengungen des Gestrigen in vermehrtem Maße entwickeln zu lassen. Nach dieser Seite hin war der Vernichtungskampf ein sehr erbitterter, große Breschen schlagend; wir werden später, wenn die -chlacht siegreich wie stets geendet, Näheres über die von den vielen Tausenden von Magen beliebte „Einnahme“ pflichtschuldigst zu vermelden. (D. A.) — Aus Diedesfeld berichtet die „Ggwt.“: J. Stöckel, Weinkommissionar hier, hat im Laufe dieser Woche neuen Wein (1882er) angekauft per Fuder zu 380 Mk. derselbe wog 750 nach Oechsle. Auch per Logel, zu 40 Liter gerechnet, wurde von hm erworben und zwar per Logel zu 10 Mk. dieser letztere wog 700 bis zu 750. Sollte die Witterung günstig bleiben, was zu wünschen wäre, vürden die Winzer noch immer einen trinkbaren Wein erzielen. — In jüngster Zeit wurde die Wahnehmung zemacht, daß weißlederne Zugbeutel zum Verkaufe zebracht werden, deren Leder — vermuthlich in Folge früherer Verwendung zur Verpackung von Zuecksilber — mehr oder weniger quecksilberhaltig ist. Da der Gebrauch solcher Beutel unter Um— tänden, namentlich wenn sie zur Aufbewahrung von Tabak dienen, die menschliche Gesundheit schä— digen kann, so hat das kgl. Bezirksamt Berg zabern rach dem „T. f. S.“ die Bürgermeisterämter an— zgewiesen, ihre Gemeindeangehösrigen auf diese Gefahr in geeigneter Weise aufmerksam zu machen. Als ennzeichen des Quecksilbergehaltes kann u. A. der Umstand dienen, daß Geldmünzen, welche in solchen Beuteln aufbewahrt werden, ihre Farbe sichtlich ver⸗ indern. — Auf der Gemackung von Edigheim wurde am Mittwoch ein Fischadler geschossen, wel⸗ her eine Spannbreite von 1,75 Meter aufzu— veisen hat. — In Frankenthal wurde ein Brandstif⸗ ter aus Spener in Untersuchungshaft eingeliefert, welcher, wie die „Fr. Z.“ meldet, aus Rache gegen eine Mutter, die ihm nichts gekocht hatte, mittels einer brennenden Cigarre auf dem im Hause be— findlichen Speicher Feuer anlegte. — Ueber das in Kirchheimbolanden am Samstag stattgehabte landwirthschaft— liche Kreisfest berichtet die Pf. V.: Trotz der Ungunst der Witterung, welche in den letzten Tagen jerrschte, hat sich unsere Stadt in ihr Festkleid geworfen. Die Straßen sind in einen Wald um— zewandelt, die Häuser sind festlich geschmückt mit dränzen, Blumen und Guirlanden. Unzählige Fahnen in allen Farben flattern stolz über unsern Häuptern. Ehrenpforten zur Bewillkommung der Häste, mit verschiedenen Inschriften verziert, sind errichtet, ja wir dürfen sagen, Kirchheim hat ge— eistet, was es nur leisten konnte, es hat sich selbst üübertroffen. Dem Feierkleide angepaßt ist die Aus— tellung selbst, und glauben wir nicht zuviel zu behaupten, wenn wir sie mit zu den besten, welche in der Pfalz abgehalten wurden, zählen. Trotz der allgemeinen Klage über unser obstarmes Jahr jerrscht hier ein Reichthum, wie er nicht größer gedacht werden kann. Sortimente des schoͤnsten und feinsten Tafelobstes, weit über 100 Sorten zählend, prangen auf den Ausstellungstischen. Be— onders reich ist die Ausstellung an landwirthschaft— ichen Produkten, und sind es die Wurzelgewächse, velche in riesigen Abnormitäten das Auge der Be— ucher fesseln. Ebenso reichhaltig ist die Aus— tellung an landwirthschaftlichen Maschinen aller Art. — Auf dem Centrallandwirthschaftsfest in Nünchen erhielten aus der Pfalz die goldene Zereinsdenkmünze für besondere Leistungen auf dem svesammtgebiete der prakt. Landwirthschaft: Herr ßfarrer Rütter in Erfweiler, Gebr. Gehrlein n Marimiliansau; ein Ehrendiplom für Leistungen »er Gemeinden im Gesammigebiete der Landwirth⸗ chaft die Gemeinde Oberwürzbach. Die große ilberne Vereinsdenkmünze für allgemeine und be⸗ ondere Leistungen auf dem Gesammigebiete der prakt. Landwirthschaft erhielten: Frz. Becker, Landwirth nOberwürzbach, Wilh. Schäffling, Landwirth n Gerbach, Salomon Frank, Gutsbesitzer in Lang⸗ neil; ferner Ph. Werner, kgl. Bezirksthierarzt in dermersheim, für erfolgreiche und verdienstvolle Zestrebungen zur Förderung der Landwirihschaft. — Die höchsten Berge der Pfalz sind: . Donnersberg bei Kirchheimbolanden 684 M. 2. Kalmit bei Edenkoben 680 M. 3. Steigerkopf Schänzel) bei Edenkoben 612 M. 4. Eschkopf bei Innweiler 608. M. 5. Blosenberg bei Wald—⸗ ischbach 600 M. 6. Rehberg bei Aunnweiler 574 M. 7.. Drachenfels bei Dückheim 572 M. 8. Wegelnburg bei Dahn 570 M. 9, Bocksberg bei Vinnweiler 5666 M. 10. Pozzberg bei Kusel 563 M. 11. Stoppelkopf bei Lambrecht 558 M. .2. Weinbiet bei Neustadt 555 M. 13. Ob. Mundat bei Bergzabern 550 M. 14. Katzenkopf ei Annweiler 550 M. 15. Königsberg bei Wolf⸗ tein 548 Mk. Gr. Boll bei Annweiler 580 M. 7. Tiefenkopf bei Wolfstein 520 M. 18. Her⸗ nannsberg bei Wolfstein 517 M. 19. Rahnfels »ei Dürkheim 507 M. 20. Maimond bei Dahn 06 M. 21. Stutterberg bei Kaiserslautern 506 M. 22. Peterskopf bei Dürkheim 497 M. 28. Trifels bei Annweiler 493 M. 24. Nollen bei eustadt 490 M. 253. Höcherberg bei Waldmohr 185 M. 26. Madenburg bei Eschbach 474 M. 27. Johanniskreuz bei Trippstadt 472 M. 28. Stahlberg bei Rockenhausen 468 M. 29. Wacken— erg bei Wolfstein 4855 M. 30. Moschellands⸗ erg bei Obermoschel 325 M. — Vermischtes. F München, 1J. Oktober. In der Elektrici— äts⸗-Ausstellung entstand heute ein unbedeutendes Feuer, welches sofort bemerkt und beseitigt wurde. Herr Professor Dr. v. Nußbaum in Mün— hen hat ein Handbracelet erfunden, wodurch der virkliche Schreibkrampf vollkommen beseitigt wird. An dem Bracelet befindet sich der Stiel der Feder o angeschraubt, daß die Feder das Schreibpapier equem berührt, wenn die Hand auf den Schreib— isch hingelegt wird. Jeder der einen wirklichen -chreibblrampf hatte und seinen Namen nicht mehr chreiben konnte, schrieb mit diesem Bracelet sofort rühelos und deutlich ein paar Seiten. F. Das Schlachtroß, welches im Jahre 870 71 den nunmehr verstorbenen Commandeur jes II. bayer. Armeekorps General der Infanterie xrhr. v. Hartmann trug, ist, wie die „Würzburger dresse, erfährt, jetzt in Gemünden an einen Sand— arren gespannt, und muß seine alten Tage auf so instrengende und jämmerliche Weise fristen. f Da gegenwärtig das Projekt eines Kanals »on Straßburg nachLudwigshafen wieder ebhaft besprochen wird, dürfte es von Interesse sein, aran zu erinnern, in welcher Linie nach einem von er Regierung im Jahre 1875 dem Landesausschusse von Elsaß⸗Lothringen vorgelegten Plane der Kanal nus eführt werden soll. Nach diesem Projekte soll her Kanal vom Ill-Rheinkanale bei Straßburg, ober⸗ alb der Schleuße Nr. 88, abzweigen uñd sich iemlich parallel dem Rheine, hinter den Hauptrhein— ämmen zwischen den Orten Gambsheim, Offendorf, stlich bei Drusenheim vorbei zwischen Sesenheim ind Dengolsheim, Runzenheim und Auenheim hin— iehen, Selz, Münchhausen und Lauterburg vorbei, ie elsässisch-pfälzische Grenze erreichen. In der zfalz dachte man sich die Kanallienie östlich an den Orten Berg und Hagenbach vorbei unter der Win⸗ »en⸗Marauer Bahn hindurch, stets in der Rhein— niederung bleibend, dicht an den Dörfern Woͤrth, Neupfotz, Sondernheim und an der Festung Ger—⸗ mersheim und zwar zwischen dieser und dem Rheine horbei, unter der Germersheim-Bruchsaler Bahn zindurch, den Lingenfelder Altrhein umgehend, an Nechtersheim und der Stadt Speyer östlich vorbei inter der Speyer⸗Heidelberger Bahn hindurch zwi⸗ chen Otterstadt und dem Altrhein, sowie östlich an Rundenheim vorbeiziehen, um etwa 2000 Meter herhalb der Ludwigshafen-Mannheimer Bahnbrücke in den Rhein zu munden. Im Elsaß sollte di Speisung durch die Ill und den Sauerbach * jen, für die Pfalz war über die Speisung de danals noch kein Projekt gemacht. Die ganze Ca nalstreke würde 117 Kilometer und zwar die Thaͤ ttrecke im Elsaß 53 und die in der Pfalz 64 aib meter lang sein, wohingegen die Länge der Eifen hahn von Ludwigshafen über Speyer, Germers. heim, Lauterburg und Straßburg 131 Kilomelet ꝛeträgt. Der Kanal an sich war zu 24 Meter Breite mit einer Wassertiefe bon 8 Meter Projektirt o daß Schiffe von 400 bis 500 Tonnen Gehal denselben befahren könnten. Die Kosten waren nsgesammt auf 34,100,000 Mt. veranschlagt, doch laubt die „Straßb. P.“, daß in der That kaun 28, 000,000 Mt. zur Anlage nothwendig wären. FGDas Gehör der Kinder!)) Der Dr. med. Weil in Siuttgart hat im Laufe der letzten Jahre 4500 Schulkinder auf ihr Gehör untersucht ind zwar Knaben und Mädchen aller Stände. De krgebnisse dieser Untersuchung lassen sich in folgende Punkte zusammenfassen: 1. Das wohlgebildete Ohr jört auf 20 -25 Meter Flüstersprache bei mittlerer ZStärke bei genügender Ruhe in der Umgebung. 2. Die Gehörstoörungen sind allgemein verbreitet; in den Volksschulen hörten 30 Procent der Kinder auf einem der beiden Ohren mangelhaft; nicht ausreich⸗ ind hörte noch ein größerer Procentsatz. 8. De dinder der wohlhabenden Familien bieten bessere Lerhältnisse, als die Kinder armer Eltern. 4. Der Zrozentsatz der Gehörstörungen steigt im Alter. 8,— die Landschulen bieten vergleichsweise gute Verhält- nisse. Die meisten Erkrankten waren nie in Be— sandlung gewesen. Viele hatten gar keine Ahnung on ihrem Leiden; nicht Wenige waren für unauf nerksam gehalten und danach behandelt worden. Daher sollte jedes unaufmerksam scheinende Kind nuf sein Gehoͤr untersucht werden. F Den 1882er Wein hat im Rheingau der doltsmund, analog dem „Garibaldi“, „Turko“ Schipka“ u. s. w. frühere Jahrgänge den „Arabi“ getauft. F Berlin, 1. Okt. Die Elektrizität soll iunmehr auch zu militärischen Zwecken in Ver— vendung gezogen werden. Zunächst ist hierzu die Fortbewegung schwerer Lasten in Aussicht genom⸗ nen, wobei in erster Reihe die Armirung der Werke n den Festungen in Betracht kommen würde. FEntscheidung des Reichsgerichts) Der Widerstand gegen einen Forst— oder Jagdbe— imten sowie gegen einen Privatforst- oder Jagd⸗ nufseher in der rechtmäßigen Ausübung ihres Amles der Rechts wird nach 85117 Str. G. B. mit Ge⸗ ängniß von 14 Tagen bis zu 3 Jahren bestraft. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichs- jericht eine Unterscheidung zwischen Forstbeamten ind Privatförstern gemacht. Bei Forstbeamten wird die Ausübung des Amts dadurch noch nicht eine inrechtmäßige, daß der Beamte in Fällen, in wel— hen er berufen ist, unter gewissen, seiner Prüfung anheimfallenden Voraussetzungen einzuschreiten, sich ei der Annahme jener Voraussetzungen in einem hatsächlichen Irrthum befunden hat, sofern er nur ʒei pflichtmäßig vorgenommener Prüfung eine ge— nügende thatsächlighe Veranlassung zum Einschreiten nach den Umständen des Falles annehmen konnte. Dagegen ist bei einem Privatförster die Ausübung einer dienstlichen Funktion nur dann eine recht⸗ näßige, wenn derselbe sich dabei streng innerhalb er objectiven Grenzen der Rechtmäßigkeit gehalten Jjat, und nur in diesem Falle ist der Widerstand jegen den Privatförster aus 8 117 Str. G. B. u bestrafen. (Neues Papiergeld. Die 52, 20, 100- ind 1000-Mark-Kassenscheine sollen demnächst durch jeues Papiergeld ersetzt werden, welches aus dem⸗ elben Pflanzenfaserpapier hergestellt werden wird, velches man jetzt zur Anfertigung der neuen 50— Markscheine verwendet. F (Ereulos und betrogen.) Einem staufmann aus Ostpreußen war die Ehefrau mit dessen Kommis durchgegangen, nachdem fie 15,000 M. auf seinen Namen erhoben hatte. Da er Amerila als Reiseziel vermuthete, wurde auch die Polizei »enachrichtigt. Er ließ telegraphiren, man moge dem Pärchen 1000 M. des veruntreuten Geldes assen und seiner Weiterreise keine Hindernisse in »en Weg legen und mochte hoffen, die holde Ehe⸗ zälfte damit für immer los zu sein. Aber mit des Geschickes Mächten“ und so weiter: Der Galan var von Hamburg mit den sämmtlichen Effekten er durchgebrannten Gattin auf und davon qge—