St. Ingherter Amzeiger. Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. * „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmalz: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs- Elatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1“ 40 2 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1LAG GO A, einschließlich 10 ⸗ Zustellungsgebuhr. Die Einrücknugsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 , bei Neclamen 30 A. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 21. Dieustag, 30. Januar 1888. 18. Jahrg. Frür die Monate Februar und März nehmen die Postan⸗ talten, die Austräger und die Expedition Bestellungen auf dieses Blatt entgegen. ihrem sicheren Ruine entgegen. Nur Besonnenheit und Einigkeit der Republikaner können die Repu—⸗ blik erhalten; aber davon merkt man gegenwärtig in Frankreich nur zu wenig, Zwistigkeiten und Katastrophen sieht man dagegen in unheimliche Nähe rücken. — 11. Armeekorps vier höhere Militärärzte, Ober—⸗ stabsärzte res. Stabsärzte suspendirt worden. Ausland. Paris, 28. Jan. Der Präfekt des Rhone—⸗ Departements, Herr Massicault, hat eine Thatsache zur Kenntniß des Ministeriums gebracht, welche Diejenigen überraschen muß, die mit der Organi— irung unserer Gefängnisse und der Kräfte vertraut ind, über welche die Behörde verfügte. Wie Herr Massicault behauptete, wäre der Gefängnißdirektor außer Stande, den Verkehr der Verurtheilten vom 19. Januar (Auarchisten) unter einander zu herhindern. Als Antwort auf diese Nachricht tele⸗ zraphirte der Minifter des Inneren sehr strenge Befehle an den Rhone-Präfecten. Die Depesche langte um 10 Uhr Abends auf der Präfektur an und wurde unverzüglich dem General Carteret Fre⸗ court, dem General⸗Procurator und dem Procurator der Republik mitgetheilt. Sie beauftragte diese Herren, energische Maßregeln zu ergreifen, um der Entweichung der Verurtheilten vom 19. Januar zuvorzukommen. Eine zweite Depesche enthielt noch strengere Weisungen. In Folge dessen hatte der Procurator der Republik eine dreistündige Unter— redung mit dem Präfecten. General Carteret ließ die Wachen der Gefängnisse Saint-Paul und Saint⸗ Joseph verdreifachen. Ein Jäger⸗Lieutenant bringt die Nacht in dem für die Advokaten bestimmten abinet des Gefängnisses Saint-Paul zu und hat »en Auftrag, das Platztommando von den allfälligen Borgängen zu unterrichten. Die Wachen haben Befehl, auf Jeden zu schießen, der nicht der ersten Weisung nachkommt. 20 Sicherheitsagenten versehen den Dienst rings um die beiden Gefängnisse. Die Truppen der Kaserne Part-Dieu sind consig⸗ nirt, die Patroillen verdoppelt. Das 9. Tuirassir⸗Regiment ist bestimmt, eventuell einzu⸗ ichreiten. Dieses Regiment sowie das 8. Husaren⸗ stegiment muß zwei Patrouillen für die Nacht liefern. Außerdem hat die Polizei Nachforschungen anstellen lassen und ein Commissär des Viertels des Broteaux soll auf einem freien Terrain etwa dreißig Kilogramm Dynamyt gefun— den haben. — So schreibt der Petit Lyonnais. — Anderen Nachrichten zufolge sollen die in Lyon zerstreuten Anarchisten den Plan gefaßt haben, das Gefängniß Saint-Paul zu erstürmen und ihre dort eingeterkerten Brüder zu befreien. Der Schrecken der Behörden ist so groß, daß sie gestern Abend die Kellerlͤcher vermauern ließen, um das Hinein⸗ werfen von Dynamit zu verhindern. Paris, 29. Jan. Grevy nahm die Demission des Cabinets an und konferirte gestern Abend mit Ferry und Fallières (bisher Minister.) Paris, 29. Jan. Fallieres ist zum Conseil⸗ präsidenten ernannt worden und übernimmt inter⸗ mistisch auch das Ministerium des Auswärtigen. Der Marine⸗ und Kriegsminister werden später er⸗ nannt werden; die übrigen Minister bleiben. Paris, 29. Jan. Die Spannung der Si— tuation hat ihren Höhepunkt erreicht. Gestern ga⸗ ben sämmtliche Minister ihre Demission, die Grevy acceptirte. Da Ferry die Bildung eines neuen Cabinets ablehnte, wurde aus den Mitgliedern des alten, mit Ausnahme von Duclerc, Billot und Jaureguiberry ein Intermisticum hergestellt, dessen Präsident Failliöbres und dessen Kriegsminister Beneral Thibaudin ist. Dieses Ministerium ist ratürlich ein todtgebornes und kann heut oder norgen von der Kammer gestürzt werden. Die Die Krisis in Frankreich. Zwei nationale Fehler der Franzosen, ihre Wankelmüthigkeit und Leidenschaftlichkeit, scheinen ihr politisches Verhängniß werden zu sollen; denn obwohl Frankreich seit zwölf Jahren Republik ist und die Vertrauensmänner des Volkes die Geschicke des Landes nach bestem Wissen und Gewissen zu leiten berufen sind, so bietet dasselbe gegenwärtig doch ein sehr verwirrtes und äußerst bedenkliches holitisches Schauspiel dar, welches beweist, daß seinen Regierungsfaktoren vollständig das einheit— liche Wollen und Können fehlt und die dritte französische Republik abermals bankrott machen wird wenn nicht bald Einigkeit, Mäßigkeit und Klarheit in das Thun der Republikaner kommt. So ist theils aus übertriebener Angst, theils nus Mangel an Einigkeit unter den französischen Staatsmännern und Deputirten, die leidige Prä— lendentenfrage der Bonapartisten, Orleanisten und Legitimisten derartig leidenschaftlich, hartnäckig und verkehrt behandelt worden. daß die ganze franzö—⸗ ische Republik darüber in eine Sackgasse gerathen sstt. Die Mehrheit der Deputirtenkammer verlangt mläßlich des staatsgefährlichen Treibens einiger prätendenten die Ausweisung aller Mitglieder früherer ranzösischen Regentenhäuser, die Aufhebung der holitischen Rechte derselben und Bestrafung bis zu fünf Jahren Gefängniß, wenn ein Prinz ohne Er⸗ iaubniß nach Frankreich zurückkehrt, während die Regierung nur diejenigen Prinzen ausweisen will. »eren staatsgefährliche Umtriebe erwiesen sind. Mit leidenschaftlicher Hartnäckigkeit hält indessen die Kammermehrheit an ihrem die Prätendentenfrage mit Stumpf, und Stiel ausrotten sollenden An⸗ rage feft und trotz viertägiger Unterhandlungen mit den Ministern Duclerc und Fallières hat man keine kinigung in der Behandlung der betreffenden An— selegenheit bis jetzt finden können, sodaß die Tage des Ministeriums Duclerc offenbar gezählt sind. Von zroßer Dauer konnte dieses Cabinet allerdings seit )»em Tode Gambettas überhaupt nicht mehr sein, iber wozu sollen die ewigen Ministerwechfel, die zolitischen Leidenschaften und Harmäckigkeiten in Frankreich noch führen? Müssen unter solchen fort⸗ wãhrenden Schwankungen nicht Ansehen und Au— torität der französischen Kepublik, nicht die Finanzen und der Wohlsiand Frankreichs erschüttert werden? Wer vielleicht daran zweifelt, der blicke in die Loursberichte, dort wird er erfahren, was allein die jüngste politische Krisis in Frankreich den fram⸗ vsischen Rentenbesitzern gekostet hat. Und müssen Widerwaärtigkeiten in den Finanzen und Geschäften nicht schließlich die Mehrheit des französischen Vol— les einen Regierungswechfel geneigt machen? Un wenn die Prätendenten, wenn zumal Prinz Jerome lapoleon und der Herzog ,von Aumale weiter gar nichts Rus der Pratendentenfrage profitiren, als daß von ihnen viel Redens und Aufhebens ge⸗ macht wird, so haben sie für ihre Sache schon viel wonnen. Die Republik mag inzwischen mit den Pratendenten thum, was fie will, wenn fie nur le sechs Monate ihre Minifierkrisis zeigt und chließlich, wie es den Anschein hat, nur noch bon Adenschaftlichen Radikalen oder schwachmüthigen Wportunisten geleitet wird, dann geht sie doch Politische Uebersicht. Deutsches Neich. Mainz, 28. Jan. Bezüglich der Herstellung einer Eisenbahnlinie Brüssel-Mainz hat die hiesige Handelskammer in ihrer letzten Sitzung be⸗ chlossen, auch die Handelskörperschaften in Fürth Nürnberg, Würzburg, Regensburg und Passau zum Anschluß hierzu aufzufordern. Berlin, 28. Jan. Wie auf's Bestimmteste versichert wird, ist der Plan der Neubefestigung Ziels jetzt vom Kaiser genehmigt worden. Der Besammiplan hält an der Errichtung von 16 Forts est, wie sie vom Grafen Moltke vorgeschlagen war. Die Forderung der nöthigen Sum nen wird wahr⸗ cheinlich in einem Nachtrag zum Etat 1884 —85 gestellt werden. Da der in vor. Nr. erwähnte Brief Kaiser Wilhelms an Papft Leo von historischer Bedeutung ist, bringen wir ihn nachstehend seinem Wortlaute nach zum Abdrucke: „Berlin, 22. Dezember 1882. Eurer Heiligkeit danke Ich für das Schreiben welches Sie unterm 3. d. M. an Mich gerichtet, und erwidere von Herzen das Wohlwollen, welches Sie darin für Mich zu erkennen geben. Dasselbe estärkt Mich in der Hoffnung, daß Eure Heiligkeit nus der Befriedigung, welche Sie mit Mir über die Herstellung und die Wirksamkeit meiner Ge— andtschaft empfinden einen neuen Beweggrund ent⸗ iehmen werden, das seit herige Entgegen— kommen Meiner Regierung, welches die Wiederbesetzung der Mehrzahl der Bischofssitze er nöglicht hat, durch eine entsprechende An— nräherung zu erwiedern. Ich bin der Meinung daß eine solche, wenn sie auf dem Gebiete der Anzeige der geistlichen Ernennungen Statt fande, noch mehr im Interesse der katholischen Rirche, als in dem des Staates liegen würde, weil sie die Möglichkeit zur Besetzung der im Kirchen⸗ dienst entstandenen Vakanzen bieten würde Wenn Ich aus einem Entgegenkommen der Geist ichkeit auf diesem Gebiete die Ueberzeugung ent— entnehmen könnte, daß die Bereitwilligkeit zür An⸗ aäherung eine gegenseitige ist, würde Ich die Hand dazu bieten können, solche Gesetze, welche im Zustande des Kampfes zuͤm Schußze streitiger Rechte des Staates erfor— derlich waren, ohne für die friedliche Beziehung dauernd nothwendig zu sein, einer wiederhol⸗ ten ErwägungindemLandtage Meiner Monarchie unterziehen zu lassen. Ich benutze gerne diesen Anlaß, um Eure Heiligkeit auf's Neue Meiner persoͤnlichen Ergebenheit und Verehrung zu versichern. gez. Wilhelm. ggez. von Bismark. An Seine Heiligkeit den Papst Leo XIII.“ Die vom preußzischen Kriegsministerium ein⸗ geleitete Untersuchung wegen Befreiung vom Mili— ärdienst im Bereiche des 11. Armeekorps und in Elsaß⸗Lothringen hat bereits ernste Folgen gehabt. Nach dem „Tageblatt“ sind aus dem Bereich des