St. Jugherter Amzeiger. Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. — — — — —— 2— —— Z — — — — —— Der ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Moutag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ Blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blati kostet vierteljährlich 14A 40 2 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1M 60 —, einschließlich 40 Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr für die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen auf welche die Expedition Auskunft ertheilt. 13 3, bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. MsGlI. Samstag, 31. März 1883. 18. Jahrg. * Mahnungen der Gegenwart. Zwei grelle Gegensätze, die friedliche und er— hebende Osterfeier, die noch unsere Herzen erfüllt. und die sich fast in allen Ländern zeigenden Auf⸗ lehnungen gegen Recht und Gesetz, theils politischer, theils privater Natur, geben uns Anlaß zu prüfen⸗ den und ermahnenden Betrachtungen. Bewegt sich m der Gegenwart die Menschheit wirklich moralisch abwärts, gewinnen diejenigen Elemente thatsächlich die Oberhand, welche zur Befriedigung ihres Ehr— jeizes, ihrer Leidenschaften oder auch nur wegen jemeiner Nahrungssorge in dem Verbrechen ein erfolgreiches Hülfsmittel sehen, wären wir damit also so ziemlich am Ende unserer Kulturperiode aingelangt und stände eine Vernichtung des Men⸗ chengeschlechts durch seine Entartung bevor? Zu olchen Resultaten könnte man kommen, wenn man die verrotteten Zustände in Rußland, die anarchische Bewegung in Spanien, den Kommunismus in Frankreich, den Irredentismus in Italien und das Fenierthum in Irland und England zum Gegen⸗ tande seiner Betrachtungen macht und dabei noch die sich häufenden unerhöͤrten Verbrechen, von denen 3 in jüngster Zeit auch in Deuischland einige chreckliche Beispiele gab, in Erwägung zieht. In— »essen ist es wohl so weit noch nicht mit der Zegenwarl gekommen, daß man wirklich das trost⸗ lose Resultat vom Anfange des Endes ziehen könnie. Den verbrecherischen Neigungen und Thaten steht aoch in überwiegender Mehrheit eine Summe zumaner und edler Bestrebungen gegenüber und wir müssen mit dem Umstande rechnen, daß der nillionste Theil der Menschheit oder auch nur der Bevölkerung einiger Staaten die ganze Welt mit kentsetzen erfüllen kann, wenn auch alle übrigen Menschen sich ruhig und friedlich verhielten. Denn nan stelle sich in die europäischen Hauptstädte ver⸗ heilt nur hundert alles Ehr⸗ und Pflichtgefühles bare Lumpen vor; was könnten diese hundert Men— schen mit Dolch, Revolver, Dynamit und Petroleum nicht für Schandthaten vollbringen! Weil aber ver— hültnißmäßig sehr wenige Menschen Millonen ihrer hächsten Schrecken und Angst bereiten können, so nuß man sich eben auch vor der Uebertreibung der hefahren hüten. Nit diesem Satze wollen wir aber keineswegs ie Meinung vertreien, daß die Auflehnungen gegen as Recht und die Ordnung, wie sie fich gegen⸗ wartig so häufig zeigen, als ganz gewöhnliche Aus- chreitungen und Verbrechen zu behandeln seien vie solche seit Menschengedenken vorgekommen sind; nein. dieselben haben in Hinblick auf ihre Allge- meinheit, ihr Raffiniment, ihre ausgefuchte Frechheit und Niederträchtigkeit entschieden eine symtomatische Zedeutung. Groß Gahrungen finden in den unteren Schichten der Gesellschaft, aͤber auch ganz besonders n den Köpfen derjenigen Menschen statt welche sich ꝛine Stufe zu niedrig gedeängt oder gestellt fühlen, und gleichsam der Abschaum bon diesen wüsten und ridenschaftlichen Gährungen sind die Verbrechen und ewaithaten, welche wir so hüufig gegenwärtig ver⸗ hscheuen müssen. Für das Unschädlichmachen dieses — sorgen nun wohl zunächst unsere Sicher⸗ zeitsbeamten und Richter; aber die bedenkliche Gaͤhr⸗ ung in den Massen kann nur dadurch gehoben erden, wenn es der Religion, der Schue, Cuein Brodherren, Behörden und Korporationen ge⸗ nn Pflichtgefuhl, Wurde und Gerechigkeit noch ehr und ougemeiner als es gegenwärtig der Fali t zu den hoate Gütern der Menschen zuU machen Politische Uebersicht. Deutsches Neich. München, 28. März. Durch die vom Staatsanzeiger für Württemberg veröffentlichte Be⸗ tanntmachung bezügl. der Postkarten, welche auch in Bayern in Kraft treten soll, wird die Posthohei⸗ der beiden süddeutschen Staaten in keiner Weise al— jerirt. Für Briefe mit fremden Postwerthzeichen zelten die seitherigen wesentlichen Bestimmungen und nur die Postkarten werden einer anderen Be— jandlung unterworfen. Die allgemeine Posttrans« hyortordnung für Bayern ebenso die der anderen Staaten wird in dieser Hinsicht wesentliche Verän⸗ derungen erleiden. Die seitherige Bestimmung: Unzureichend frankirte Postkarten deren sofortige Rückgabe an den Absender nicht möglich ist, werden nicht abgesandt — wird vom 1. Aprilc. ab ganz n Wegfall kommen; dagegen werden vom gleichen Datum ab für die Postkarlen die für die ungenügend rankirten Briefpostsendungen geltenden Bestimmungen n Kraft treten. Der betr. Paragraph 9 hierüber estimmt: Briefpostsendungen, welche von dein Ab⸗ ender durch unrichtige Anwendung der Marken, zier also Postkarten, unzulänglich frankirt worden ind, werden mit der Taxe füͤr unfrankirte Briefe helegt und der Betrag der verwendeten Werthzeigen davon in Abzug gebracht. Ein weiterer Paragraph autet: Werden Briefe mit Freimarken eines andern Postgebietes in Bayern zur Aufgabe gebracht, so verden solche Briefe als unftankirt behandelt und die verwendeten Freimarken als ungiltig bezeichnet. Dagegen wird dem Empfänger einer aus einem andern Postgebiete nach Bayern eingehenden mit hayerischen Freimarken beklebten Briefpostsendung der Werth dieser Marken vergütet, bezw. von dem⸗ selben bei der Zustellung nur soviel eingehoben, als die nach dem Satze für unfrankirte Briefe treffende Taxe den Werth der verwendeten Freimarken über— teigt. Aus vorstehenden Erläuterungen ist zu er⸗ ehen, daß die neue Vereinbarung bezügl. der Post⸗ arten auf Grund der früheren Bestimmungen ge⸗ roffen wurde. Darnach werden also die Postkarten jegen Erhebung von 5 Pf. Porto und 5 Pf. Zuschlags⸗ zebühr zur Beförderung gelangen und die unrichtig derwendeten Postwerthzeichen dem Empfänger quit gerechnet werden. Als Generalstabschef der bayerischen Armee vurde vom König der Generalmajor Graf Verry della Bosia (Kommandeur der siebenten Infanterie- Brigade in Würzburg) ernannt. — Aus den Reichslanden, 28. März. Die Straßburger Tabakmanufaktur beabsichtigt dem Lernehmen nach wieder auf ihre frühere Fabrikation urückzugehen und nur Cigarren in den gewöhnlichen Sorten zu produciren. * Fürst Bismarck wird leider beinahe un⸗ interbrochen von rheumatischen Leiden gequält, (zu »enen sich in voriger Woche auch noch eine Erkäl— ung gesellt hatte, die in Gestalt einer Halsaffektion zuftrat. Glücklicher Weise beeinträchtigen diese Unpaßlichkeiten die Energie des Reichskanzlers nur wenig, wie derselbe in jüngster Zeit zumal gegen⸗ über Spanien bewiesen hat, welches Deutschland eine auf Gegenseitigkeit beruhenden Handelsconces⸗ ionen machen wollte, worauf nun an Stelle eines »eutschespanischen Handelsvertrags nicht nur von Seiten Spaniens, sondern auch von Seiten Deutsch⸗ ands „spanisch gepfefferte“ Einqangszölle treten Verden Die Vorlage über die Reichskriegshäfen ist dem Reichstagsburean übergeben worden. Die Nachricht, daß der Reichskanzler den Reichstag auf⸗ zuldsen gedenkt, wird in unterrichteten Kreisen nicht geglaubt. In einem die „Zukunft des Kleingewerbes“ ehandelnden Leitartikel erklärt die goubernementale Nordd. Allg. Ztg.“, sie halte „die obligatorischen Innungen heute nicht mehr für eine berech⸗ rigte und lebensfähige Form.“ Ausland. Paris, 29. Marz. Wie der Gaulois meldet, soll Gallifet zum Oberstcommandirenden sämmtlicher Cavallerietruppen ernannt werden. Sondon, 26. März. Der Rücktritt Glad⸗ stone's steht bevor. Hartington wird als Nachfolger angesehen. Die Nachrichten aus Erzerum lauten sehr alar⸗ nirend. Ein Correspondent des „Standard“ mel⸗ »et, daß alle Geschäfte stille stehen, weil die großen russischen Truppenbewegungen in Kaukasus nach er allgemeinen Ansicht den baldigen Ausbruch eines ussisch⸗ türkischen Confuͤets voraussehen assen. Bereits sind wichtige chiffrirte Depeschen nus dem Palast in Yildiz-Kuosk an den General. Souverneur abgegangen, und all das hat in Ver⸗ zindung mit der neuerdings auftretenden Unzufrie⸗ )enheit in Armenien eine ernste Bedeutung. Die Verhaftungen von armenischen Notabeln haben wieder egonnen und ein langer Bericht des Genertal— Bouverneurs in Erzerum beschuldigt den armenischen Erzbischoff, daß er die Insuͤrrection anschüre, und »egehrt seine Verhaftung. Die Armenier sind er⸗ zittert über die Nichtausführung der von der Pforte ersprochenen Reformen, und es ist nur zu wahr⸗ cheinlich, daß eine russische Occupation des Landes dis Erzerum mit Frieden aufgenommen werden dürfte. Die an der Grenze stehende russische Trup⸗ denmacht wird auf 80- bis 100,000 Mann ge—⸗ chätzt, denen die Türken nur 20.000 entgegenzu⸗ tellen haben. Die Meldungen des „Standard“ und der „Times“, wonach die deutsche Regierung Ländereien n Mexiko bereits erworben hätte und weitere Ankäufe bevorstünden, sind vollstandig unwahr; illem Anscheine nach verfolgen derlei Nachrichten nur den Zweck, die deutsche Auswanderung nach Mexiko zu leiten. Von der Westküste Südamerikas trifft über dondon die wichtige Privatmeldung ein, daß am 3. Marz offenbar in Folge der unausgesetzten Ver⸗ nittelungsbemuühungen des amerikanischen Gesandten oie endliche Unterzeichnung der Friedenspräliminarien wischen den kriegführenden Maächten Chile, Peru und Bolivia zu Lima stattgefunden und so⸗ nit der 1879 eröffnete — sogenannte Salpeter »ezw. Guanokrieg sein glückliches Ende erreicht hat. Thile erhält durch den Friedensschluß die ganze üdperuanische Provinz Taropaca, auch Bolivia er⸗ zält einen Gebietzzumachs Lokale und pfälzische Nachrichten. *St. Ingbert, 30. Marz. Von wohlin⸗ jormirter Seite wird uns in Bezug auf die gegen— wartig von der Presse colportirte Nachricht, „in der Adt'schen Dosenfabrik zu Ens heim seien 500,000 Säbelscheiden aus Papiermachee für die russische Armee fertig gestellt,“ berichtigend mitgetheilt, daß dieselbe insoweit auf Unwahrhert und debertreibung beruht, als nicht in der Fabrik ꝛu Ensheim sondern in der 2u DaArhah voe —