St. Jugherter Amzeiger. Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wdchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donunerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs glatt und Sonntags mit Sfeitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1 .A 60 2 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 14 75 , einschließlich d A Zuflellungkgebuhr. Die Einrückungsgebühr far die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 Z, bei außerpfälzischen und solchen auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I5 , bei Neclamen 30 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur XEC As 221. Montaa, 12. November 1883. is. Jahra. Dheott Wol V —7 Politische Uebersicht. Deutzsches Neich. als hochpolitisches Ereigniß betrachtet, welches nur ersprießlich für die Erhaltung des europäischen Frie— dens sein könne. In Yorkshire (England) droht ein Strike der in den Kohlen- und Eisenwerken beschäftigten Arbeiter auszubrechen, durch welchen 180.000 Ver⸗ onen betroffen werden würden. Gesammtzahl der ausgewanderten Pfälzer in diesem Jahre auf 2347 (im Königreich auf 14.853) ge⸗ tiegen. (Bayerischer Landtag.) In der Reichs⸗ rathskammer wurde das Referat über den Gesetz- entwurf, bezüglich der Errichtung einer Hagel— hersicherungs-Anstaht, dem Reichsrath Frhr. u. Gaisberg übertragen und soll derselbe in allen wesentlichen Punkten mit dem Gesetzentwurf ein— verstanden sein. Wie die Kieler Zeitung vernimmt, werden die Kriegsschiffe „Prinz Albert', „Sophie“ uud der Aviso „Loreley“ den Kronvrinzen nach Spanien geleiten. Berlin, 10. Nov. Das österreichische Kron— ormzenpaar, ist, nachdem es sich nach der Rückkehr des Kaisers von Eberswalde auf dem Stettiner Bahnhofe von demselben herzlichst verabschiedet, jestern Abend mit Extrazug nach Wien zurückge⸗ reist. Der Kronprinz, Prinz und Prinzessin Wil— zelm, sowie das Meiningen'sche Erbprinzenpaar jaben demselben bis auf den Anhalter Bahnhof das Geleite. Ueber die Reise des Krouprinzen nach Madrid liegen heute auch aus Süddeutschland Stimmen vor, nach denen dieselbe vollsten Anklang findet. Die Münchener Neuesten Nachrichten sagen in einem Leitartikel: Deutschland braucht, seiner raft bewußt, nicht mit dem Säbel zu rasseln. Wir vergelten den Pariser Schimpf mit einer That des Friedens, welche Deutschland mit Spanien noch enger verknüpfen soll. Ganz Deutschland wird mit warmen Wünschen den Erben der deutschen Kaiser⸗ ryne auf diesem Zuge begleiten. Dem Besuche des deutschen Kron— orinzen in Madrid legt auch die spanische tzresse eine hohe Wichtigkeit bei. Man sieht darin in Zeichen besonderer Aufmerksamkeit des deutschen daisers gegen König Alfons und will wissen, daß der Kronprinz einen eigenhändigen Brief seines Laters für den König von Spanien mitbringe. In Madrid trifft man bereits Vorbereiningen zum Em⸗ Range des Kronprinzen und seines Gefolges. Das Festprogramm umfaßt eine Truppenschau über 30. 000 Mann, Stierkämpfe eine Galavorstellung n der Oper, einen feierlichen Einpfang im königl. Palais u. s. w. Die Ankunft in Barcelona wird um 17. Nov. erwartet. Der König von Württemberg ist am Freitag nach San Remo abgereist; der Aufenthalt daselbst soll mehrere Monate dauern. Odgleich die Besserung wesentliche Fortschritte gemacht hat, ist dennoch eine Lungenaffektion zurückgeblieben, deren Beseitigung von dem Aufenthalte in Italien erhofft vird. Hinsichtlich der Besorgung der Staatsge— chäfte hat der König verfügt, daß Wichtiges nach⸗ zusenden sei, das Uebrige aber auf Vortrag der Minister durch den Prinzen Wilhelm kraft köniq⸗ licher Vollmacht erledigt werde. Auslaud. Der Voss. Ztg. wird aus Paris gemeldet: bon den Blättern beeilt sich nur Evenement die Rachricht von der spanischen Reise des Kronprinzen yon Deutschland als neue Provokation Frankreichs dinzustellen und drückt die Hoffnung aus, die re— dublikanische Bevölkerung Barcelonas werde dem dronprinzen den entsprechenden Empfang bereiten. Die radikalen Blätter fragen spöttisch, ob Ferry den dronprinzen nicht eingeladen habe, durch Paris zu ommen, um sich vor ihm demüthigen zu können? In London wird die Reise yon den meisten Blättern ——— Vermischtes. — Die kgl. Polizeidirektion und der Magistrat von München sichern demjenigen eine Belohnung von 1000 Mk. zu, welcher die zur Ermittelung und Ueberführung des Beschädigers des Liebig Denkmals (welches von böswilliger Hand mit einer ätzenden Substanz übergossen worden ist) nothwendige Anhaltspunkte beibringt. Am Dienstag Nachmittag verlor ein aus— wärtiger Brauer, welcher zum Hopfeneinkauf in Lauf verweilt, seine mit etwa 3000 Mt. gefüllte Brieftasche. Ein armer Arbeiter fand dieselbe und erhielt, nach dem „Frk. K.“, als Lohn — zwei Stück Cigarren. 4 In Köoln haben die Metzger Enschädigungs- unsprüche erhoben, weil sie in ihren Häusern nicht nehr schlachten dürfen, sondern im Schlachthaus. diese Ansprüche sind erheblich; einer fordert allein 1500 M. alle zusammen 60 000 M., die auf 36 Netzger entfallen. FWürzburg, 10. Nov. Die Frequenz un⸗ serer Hochschule hat das Tausend bereits überschritten. Bis gestern waten 1003 Studirende immatrikulirt, zegen 822 am selben Tage des Vorjahres. Auf die einzelnen Fakultäten vertheilt sind es 142 Theo⸗ ogen, 122 Juristen, 558 Mediziner (davon 497 Nichtbayern), 31 Pharmazeuten, 24 Chemiker, 31 Naturwissenschaftler, I6 Mathematiker, 45 Philo⸗ ophen und 34 Philologen. 366 dieser Studiren⸗ den sind neu zugegangen. Gagdabenteuer.) Bei einer Treibjagd bei dellmünz ereignete sich ein komischer Zwischen⸗ all. Ein Rehbod durchbrach nämlich die Schützen⸗ tette in solcher Nähe von einem Sonntagsjäger, daß die Flinte des verblüfften Schützen sich mit dem dederwerk in den Zacken des Kopfschmuckes des lüchtigen Wildes verfing, das sich mit dieser seltenen ZBeute in die Büsche schlug. (Gohes Alter.) Die „Barmer Zeitung“ chreibt: „Alljährlich kehrt im Etat der Stadt zarmen ein kleiner Posten unverändert wieder: Ruhegehalt für den frühern Polizeikommissar dempner.“ Die meisten der diesen Posten bewil⸗ igenden Herren Stadtverordneten haben den alten derrn kaum gekannt oder erinnern sich seiner nicht nehr. Fast wie ein Märchen klingt es ja auch, venn wir hören, daß dieser vor 30 —40 Jahren vegen hohen Alters pensionirte Herr heute in Biesbaden sein 102. Lebensjahr vollendet. Der— elbe ist körperlich und geistig noch recht frisch, liest äglich drei Zeitungen verschiedener politischer Rich— ung, um sich auf dem Laufenden zu halten, und ersichert allen Ernstes, sein Leben mindestens auf 120 Jahre zu bringen.“ Die höchste Instanz.) Bei der Schluß⸗ jerhandlung in einer Diebstahlsklage an einem Wiener Gerichte apostrophierte der Angeklagte den Gerichtshof, als sich derselbe zur Urtheilspublikation zurückzog, mit den Worten: Hohes Gericht, und bei dem wird sich's herausstellen, daß ich die achtzig Gulden nicht genommen habe. Der Gerichtshof wollte sich einer Desavouirung durch das jüngste Gericht nicht aussetzen und sprach den Nngeklagten frei. Triest, 10. Nov. Bezüglich des Gerüchtes, daß der Lloyddampfer „Orestes“ auf hoher See mit dem Dampfer einer fremden Flagae zusammen⸗ Lokale und pfälzische Nachrichten. *Si. Ingbert, 12. Nov. In den nächsten Tagen wird, wie man uns mittheilt, die neu er— baute Drahtseilbahn von der obern Anlage des Eisenwerkes dis zum Schlackenberge, etwa 700 Meter lang, in Betrieb genommen werden. Durch dieselbe sollen pro Tag gegen 3000 Ztr. Schlacken befördert werden können. * St. Ingbert, 12. Novbr. Der gestrige irchweihsonntag hatte unter der Ungunst der Witterung viel zu leiden. Unsere Stadt war in Folge dessen von Auswärts auch nur schwach besucht. Am wenigsten machte sich die Jugend aus dem niederströmenden Regen; das bewiesen die don derselben immer dicht umstandenen und besetzten Caroufsels. Auch heute scheint die Witterung sich nicht zum Bessern wenden zu wollen. Wurden wir doch am Morgen schon, zum ersten Male für den beginnenden Winter, von wirbelnden Schneeilocken überrascht. * * St. Ju gbert, 12. Nov. Die Luther— feier der hiesigen protestantischen Gemeinde ver— sief in programmgemäßer, würdiger Weise unter zahlreicher Betheisigung der Gemeindglieder. Glocken zeläute und Choralmusik leiteten am Samstag Abend dieselbe ein. Später folgte eine musikalische Feier in der Kirche. Gemeinde- und Chorgesang wech— elten mit dem Verlesen von Bibellektionen ab. rine kurze Ansprache feierte insbesondere die Ver dienste Luthers um das evangelische Kirchenlied. Ein ahlreich besuchter Festgottesdienst am Sonntag bildete denMittelpunkt der Feier, die durch einen Schüler— jottesdienst am Nachmittag, dem die gesammte pro— tantische Schuljugend von hier und Schnappbach inwohnte, ihren würdigen Abschluß fand. — Auch in Sängerkreisen kommen zuweilen Druckfehler“ vor. So wird der Kus. Zig. aus inem Gesangvereine der Nachbarschaft die köstliche Mittheilung, daß bei Vortrag des Liedes „Wem zring' ich wohl das erste Glas?“ ein passives Mitglied die Stelle: „Und stets verdammt, was 'alsch und schlecht“ also korrigirte: „Und stets ver— daut, was falsch und schlecht'“, und sich von dieser vermeintlichen Verbesserung durchaus nicht abbringen ließ. Der Zwischenfall verliert nichts an Humor durch den Umstand, daß der Korrektor ein Wirth ist — In Grethenbei Dürkheim'wurde der Tagner Helbig von einem Unbekannten derart durch Schläge iuf den Kopf perletzt, daß der Tod eintrat. Helbig zinterläßt eine Wittwe mit zwei unerzogenen Kin- ern. Es wurden nach dem „D. A.“ bereits meh— rere Verhaftungen vorgenommen. — In Speier ist aus Anlaß der Lutherfeier der schöne Gedanke angeregt und seinc Ausführung beschlossen worden, zum Gedächtniß an dieselbe eine Lutherlinde zu pflanzen, ebenso wie am 10 Nov. 1859, dem 100jährigen Geburtstage unsres nationalen Dichterfürsten Schiller, an vielen Orten im deutschen Vaterlande „Schillerlinden“ gebflanzt wurden. — Nach offizieller Siatistik sind im Monat September 308 Personen aus der Pfalz (aus ganz hayern 1857) ausgewandert. Es ist hierdurch die