St. Jutherter Anzeiger. der „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Wtontag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs ziatt und Sonntagt mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 1AM 60 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen IA 75 , einschließliq d ñZustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 8, bei außerpfälzischen und solchen auf welche die Expedition Auskunft eriheilt, 1I3 H, bei Reclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. — — — — M 23535. Sonntag, 2. Dezember 1883. —18. Jahrg. Fur den Monat Dezember nehmen die Postanstalten, die Austrä— zer und die Expedition Bestellungen au hieses Blatt eutgegen. Politische Uebersicht. Deutsches Reich. Der Hauptausschuß des bayerischen Volks— schullehrer-Vereins hat (wie schon kurz er⸗ waͤhnt) an die Kammer der Abgeordneten eine Petition um materielle Besserstellung der aktiven und emeritirten Volksschullehrer gerichtet. Die Bitte zeht dahin, die Kammer der Abgeordneten mögt wenigstens Art. 3 des Schuldotationsgesetzes einer Aenderung unterziehen und das Loos der emeritirten dehrer durch Gewährung von Theuerungszulage zünstiger gestalten. Sollte aber die Kammer auf zine Revision des Art. 3 des Schuldotationsgesetzes zur Zeit nicht eingehen, so wird um Erhöhung der Dienstalterszulagen durch Annahme nachfolgender Stala gebeten: —42* Nach 10jähriger Dienstzeiß 00 Maꝛl. 138, 200 —2 300 100 9 500 600 — 700 800 45 900 50 , 1000, Was aber die Verbesserung der maleriellen Lage der emeritirten Lehrer betrifft, so wird die dringende Bitte gestellt: „Es möge die hohe Kammer der Abgeordneten durch einen jährlichen Zuschuß aus Zentralfonds hochherzig die Mittel schaffen, daß die heuerungszulagen für die emeritirten Volksschul⸗ ehrer nach dreißig Dienstjahren um 100 Mk., nach 35 um 150 Mk., nach 40 um 200 Mk, nach 15 um 250 Mk. und nach 50 Dienstjahren um 300 Mk. erhöht werden kann.“ Der Petition sind mehrere Beilagen angefügt, in welcher die Gehalts— skalen deutscher Lehrer in anderen Staaten, die Dortalitätsstatistik der bayerischen Lehrer im Jahre 1882, das Ergebniß der mit den Wehrpflichtigen borgenommenen Prüfung und der Stand der Pen⸗— ionsverhältnisse der bayerischen Lehrer pro 1881 aufgesührt werden. * Der Kaiser empfing am Dienstag das Prä⸗ idium des preußischen Abgeordnetenhauses und that gierbei bezüglich der auswärtigen Lage bedeutsame Aeußerungen. Er versicherte auf das Bestimmieste, daß zur Zeit die Erhaltung des Friedens vollständig jesichert und daß namentlich die Verhältnisse zu Rußland sich zu seiner großen Freude in der glück⸗ ichsten Weise gestaltet hätten. Auch außerhalb der Brenzen Deutschlands werden diese zuversichtlichen Worte aus dem Munde des mächtigsten Monarchen kuropas nur mit Befriediqung erfüllen. Ausland. * Die aus dem politischen Wetterwinkel Euro⸗ jas, der Balkanuhalbinsel, in der letzten Zeit drohenden Wolken haben sich wieder verzogen. Die Ruhe in Serbien ist wiederhergestellt und scheinen die aufständischen Banden vollständig zersprengt zu ein. Auch die Beziehungen zwischen Bulgarien and Rußland haben nun wieder ein freundschaft— iches Gepräge erhalten, daß seinen Ausdruck darin wfindet, daß Fürst Alexander kürzlich den diploma⸗ tischen Agenten Rußlands in Sofia, Tonin, empfing und mit demselben in ungezwungenster Weise ver⸗ kehrte. — ——2—2————2——— Eokale und pfalzische Nachrichten. * St. Ingbert, 1. Dez. Die gestrige Er— 5ffnungs-Vorstellung unseres Saison— Theaters war wider Erwarten nur schwach be— sucht. Wir hatten UUnseren Frauen“ etwas nehr Zugkraft zugetraut. Im Allgemeinen wurde recht gut gespielt; besonders gerecht wurden ihren Rollen Frau Direktor Sch roth und Herr Temme als Rentierseheleute, ebenso Herr Oppel, der sich in den komischen Situtationen ausgezeichnet zurecht fand. Im Ganzen hat die Vorstellung einen recht befriedigenden Eindruck gemacht und hatte die Di— rektion sicher nicht zuviel versprochen, als sie mit der Aufführung des Lustspiels „Unsere Frauen“ dem Publikum einen genußreichen Abend in Aus— sicht stellte. — Im Verlage von August Gotthold's Buch— handlung in Kaiserslautern erschien eine Broschüre „Geschichte der Fälschung eines Schul. zeugnisses an der kgl. Studienanstalt Landau i. d Pfalz von Friedr. Bolza, kgl. Notar in Landau.“ — Ludwigshafen, 29. Rov. Vom 1. Dez ab tritt die mit Reichsgesetz vom 15. Juni d. J angeordnete Krankenversicherung für sämmtliches pro— visorisch angestellte Versonal der pfälzischen Bahnen in Wirksamkeit. Vermischtes. LSvarbrücken, 1. Dez. Eine aus einer nachb Zeit. reproduzirte Nachricht über eine bei der Kassen— revision des Eisenbahnkonsumvereins endeckte Differenz und die sich daran knüpfenden Consequenzen sind bollständig unrichtig und wahrscheinlich böswilliger Weise — gedachter Verein erfreut sich nämlich nicht der Gunst der hiesigen Kaufleute — in die Well zesprengt worden. Es handelte sich mir um eine einfache Inventarieraufnahme und war deßhalb der Comsum geschlossen. Im Uebrigen besitzt gedachter Verein soviel Reservekapital, daß der Lagerhalter die sämmtlichen vorhandenen Vorräthe auf den Buckel nehmen und damit durchbrennen könnte, ohne daß die Mitglieder sonderlich geschädigt würden. P Saarbrücken. (Theater.) In den meisten unserer Nachbarstädten ist für die Winter⸗ abende hindurch für theatralische Unterhaltung ge⸗ sorgt. Es ist dies eine Unterhaltung, die sehr em— pfehlenswerth ist, wenn die Direktion sich bemüht dem Publikum Stücke zu bieten, die neben der unterhaltenden auch eine belehrende Tendenz ver— folgen. Dann wird das Theater, was es sein soll: ein Unterhaltungs- und Erziehungsinstitut. Das hiesige Publikum zwingt die Theaterdirektion förm⸗ lich diese Richtung einzuschlagen, da es classische und humoristische Stücke unterstützt, von faden Lustspielen sich dagegen vollständig fern halt. So 'and letzten Dienstag hier die Aufführung des Schiller'jchen Trauerspiela „Maria Stuart“ vor vollständig ausverkauftem: Hause statt, während Donnerstag die Aufführung des Lustspiels „Blinde— iuh“ mangels theilnehmenden Publikums ausgesetzt verden mußte. Fr. Schroth scheint sehr gediegene Sachen bringen zu wollen. Sie macht mit dem Zleist'schen Ritterschauspiel „das Käthchen von Heil⸗ zronn“ ihrn Anfang. Wenn sich durch dieses Stüd hindurch auch eine gewisse nervöse Ueberspannthei, derfolgen läßt, so ist andererseits nicht zu leugnent daß durch dasselbe die zarten Saiten des Herzens harmonisch beührt werden und dasselbe zu den ge⸗ diegensten Stücken unserer besseren deutschen Litte— ratur gehört. Allerdings muß, um dasselbe zur richtigen Würdigung zu bringen, eine gute Aus⸗ führung hinzukommen, doch setzen wir diese bei Fr. Schroth voraus! FSaarlouis, 27. Nov. Wie die „S.⸗83.“ vernimmt, ist Oberstabssarzt Dr. Schmitten von hier, welcher wegen der Militärbefreiungsaffairen seit März ds. Is. hierselbst in Untersuchungshaft sich befand, freigesprochen worden. Das Ur⸗ theil bedarf noch der Bestätigung des Königs, die wohl unzweifelhaft erfolgen wird. F St. Wendel, 27. Nov. Von der letzt⸗ verflossenen Woche hat die Grubenchranik leider wieder mehrere Unglücksfälle zu verzeichnen. Auf Grube König schlug eine niedergehende Kohlenmasse einen Bergmann aus Bliesen derart, daß einer seiner Oberschenkel aus dem Hüftknochengelenk gewichen ist. Es scheint, daß das Mißgeschick die gute Frau des— selben hartnäckig verfolgt, denn ihr erster Mann, der bei uns in ausgezeichnetem Andenken steht, wurde ebenfalls das Opfer eines Grubenunglückes. — Als am Samstag Abend die Blieser Bergleute dem Ar⸗ beiterzuge, der sie der Heimath zuführen sollte, zu⸗ trömten, brachte man ebenfalls zwei verunglückte Bergleute, der Grube Reden, wovon der eine be— reits verschieden und der andere erheblich beschädigt worden war. F Kirn, 25. Nodb. Eine zum Theil recht ergötzliche Geschichte spielte sich kürzlich in Bunden⸗ bach ab. Ein hiesiger Metzger hatte dort ein schweres stalb gekauft und wollte dasselbe Nachmittags hier⸗ her bringen. Allein schon in Bundenbach brannte das Kalb seinem Führer durch und rannte in den angtenzeuiden Wald. Sofort wurde dasselbe von mehreren Einwohnern verfolgt, allein wegen der eingetretenen Dunkelheit mußte man bald von einer weiteren Verfolgung absehen. Des anderen Tages hielten nun mehrere Jagdliebhaber eine Treibjagd ab, welche jedoch zu keinem Resultate führte. Das Kalb wurde gesehen. Schüsse wurden abgegeben, auch Hunde waren zur Stelle, allein alles ohne Erfolg. Ein Unglück hätte dabei noch leicht vor—⸗ kommen können. Bei einem günstigen Augenblick hatte der 19 Jahre alte Sohn eines Müllers das Kalb auf einer Brücke gefangen, dasselbe riß jedoch den jungen Menschen von der 8 Fuß hohen Briüicke in die Tiefe, wobei sich derselbe zwei Wunden am Kopfe zugezogen hat und bewußtlos wurde. Auch dem Ackerer P. T. passirte ein Malheur. Derselbe voslte über einen ziemlich tiefen Wassergraben springen, um das Kalb zu fangen, wahrscheinlich war der Sprung zu kurz, und T. gerieth bis an den Hals ins Wasser. Dir Mann wurde, da eben genügend Hülfe zur Stelle war, sofort aus seinem unfreiwilligen Bade herausgezogen. Erst Abends gegen 9 Uhr gelang es, das widerspenstige Thier durch einen Schäferhund zu stellen; es wurde dann von mehreren kräftigen Männern festgehalten und dem Eigenthümer abgeliefert. (Ein. Nachspiel zum Prozeß von Tisza-Eszlar.) In Kotaj bei Nyiregyhaza wurde am 26. Nov. ein Duell zwischen dem Ver— theidiger Dr. Heumann und dem gewesenen Sicher⸗ heitzcommissär Georg Sey (einem der Zengen in jenem Prozeßß, dem Heumann Mißhandlung der AUngetlagtlen bo geworfen halte) a ssgetragen. Tr