St. Ingherter Amzeiger. Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. JInabert. Der Et. JIngberter Angeiger⸗ ersgeint wbchentlich fünfmal: Am Montag, Dieustag, Donnerotag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungk glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich ! MA 60 Z einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 75 S, einschließlich 10 —⸗ Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr far die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 Z, bei außerpfälzischen und solchen auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 1I5, bei Neclamen 830 —. Bei A4maliger Einrüchung wird nur dreimalige berechnet. — — — A 237. Dienstag, 4. Dezember 1883. 18. Jahrg. Politische Uebersicht. Deutsches Neich. Berlin, 3. Dez. Der bayerische Kriegsmi⸗ nster, General von Mallinger, ist heute Vormittao zier angekommen. ⁊Ueber Zweck und Ziele des in Eisenach abgehaltenen Bauerntages hat sich in der Presse ein heftiger Streit erhoben. Man scheint es hier ndessen einfach mit einem fortschrittlichen Manöver zu thun zu haben, darauf berechnet die Bauern zegen den conservativen Großgrundbesitz auszuspielen; daß wenigstens die ganze Sache von der Forischritts- vartei in Scene gesetzt worden ist, dafür spricht der Umstand, daß der fortschrittliche Reichsstagsabgeord⸗ nete Ahlhorn der Versammlung präsidirte. Ob sich die deutschen Bauern von der Fortschrittspartei zu politischen Zwecken ausbeuten lassen werden, bleibt )enn doch noch abzuwarten. *Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Spanien, welche durch den zegenwärtigen Besuch des deutschen Kronprinzen am Madrider Hofe so eng geknüpft worden sind, haben in dem Glückwunschtelegramm, welches Kaiser Wilhelm an König Alfonso anläßlich des Geburis⸗ ages des letzteren gerichtet, einen weiteren bemerkens⸗ werthen Ausdruck gefunden. In überaus herzlichen Worten spricht der Kaiser in demselhen dem spanischen herrscher seinen tiefsten Dank für die dem Kron⸗ zrinzen zu Theil gewordene Aufnahme aus; schließ⸗ iich versichert der Kaiser, daß die Freundschaft, welche er König Alfonso gewidmet, bie an sein Lebens⸗ ende dauern werde und den Sympathien gleichkomme, die der König täglich dem Kronprinzen bezeuge. Diese Worte des greisen Monarchen haben in ganz Spanien einen großen Eindruck gemacht, wie schon die Auslassungen der spanischen Presse über diesen Segenstand beweisen. Ausland. eHeute, Dienstag, den 4. Dezember, tritt der oͤsterreichische Reichsrath wieder zu einer neuen Session zusammen. Bei den so verschiedenen Partei- und Nationalitätenfragen, welche sich in diefer höchsten parlamentarischen Körperschaft Oester⸗ reichs zu kreuzen gflegen, kann es auch diesmal unicht fehlen, daß die Geister heftig auf einander latzen und nach den Erfahrungen früherer Sessi⸗ en werden wohl die Deutschen und speziell die Deutschlieberalen wiederum den Kürzeren ziehen. Braf Tasse und sein Ministerium haben nun einmal ihr Glück auf die Croalition der Polen, Czechen, Slovenen, Clerikalen und Feudalen gebaut und im Interesse des Cabinets liegt es, dieses unnatürliche Bündniß aufrecht zu erbalten. Ob das Wirken dieser Allianz dem österreichischen Kaiserstaate zum deile gereichen wird, daß ist freilich eine andere Frage. *In LEondon hat abermals ein Sensalions⸗ orozeß mit ausgesprochen politischer Farbung be⸗ vonnen. Es handelt sich um den Mörder des dronzeugen Carey, den Iren O'Donnel, welcher m Auftrage der geheimen irischen Vehme dem Lerräther Carey bis nach den Küsten Afrikas ge⸗ olgt war, wo er ihn mit einem Revbolbverschuß vdtete. In der ersten Verhandlung vor dem Old⸗ Vailey ⸗Gerichtshofe erklärte fich der Angeklagte für nichtschuldig, während der öffentliche Ankläget nach⸗ vies, daß es sich um einen Act vorbedachten Reuchel ⸗ nordes handle. Ein großes Publikum, meist aus tischen Kreisen, wohnte der Verhandlung bei und hien sich sehr für den neuesten Märthrer“ der rischen Sache zu interessiren. — Das angebliche Complot des Socialisten Wolff gegen das deutsche Botschaftsgebände in London hat sich als ein ein⸗ facher Versuch, Geld zu erpressen, herausgestellt. Barcelona, 3. Dez. Den Mittheilungen der hiesigen Zeitungen zufolge sollen heute die deut⸗ chen Kriegsschiffe „Prinz Adalbert“ und „Sophie“ m hiesigen Hafen anlangen. Die Municipalität rifft Vorbereitungen zum Empfange des deutschen Zronvrinzen. chaftlichen Vereinen aus ein gemeinsames politisches kintreten der landwirthschaftlichen Interessenten für eden Wahlkreis eingeleitet werden. Lokale und pfälzische Nachrichten. mm. In Nr. 231 dieser Zeitung wurde mitge⸗ heilt, daß in Annweiler die Aufhebung der 1836 gegründeten) Lateinschule wahrscheinlich be⸗ vorftehe. Wenn wir von vorneherein dieser einem ofälz. Blatte eninommenen Nachricht wenig Glauben chenlten, so wurden wir durch inzwischen einge⸗ zogene Erkundigungen in unserem Zweifel noch mehr vestärkt. Das einzige Thatsächliche ist, daß der Inseratentheil des Annweilerer Wochenblatttes die Notiz enthielt, der Stadtrath von Annweiler trage sich mit dem Gedanken, auf die Beseitigung der zering frequentierten Lateinschule hinzuarbeiten. Eine Entscheidung in dieser für Annweiler hoch— vichtigen Frage hat bis jetzt noch nicht stattgefunden. Dem Südpfälz. Wochenblatte zufolge ist der Fort⸗ zestand der Schule wieder gesichert (wenn er überhaupt jefahrdet war). Es ist sogar noch sehr fraglich, ob über⸗ jaupt diese Angelegenheit Gegenstand einer Besprech⸗ ung im Gemeindekollegium werden wird. Sollte aber »ennoch ein diesbezüglicher Antrag gestellt und ohne stücksicht auf die Interessen der Bebölkerung ange⸗ nommen werden, so wäre damit die Anstalt noch nicht aufgehoben, wie Präcedenzfälle zur Evidenz durgethan haben. Es wäre ja gerade zu wider⸗ innig, wenn die Existenz einer solchen Bildungs— instalt von den Anschauungen des jedesmaligen Ztadtrathes abhängig wäre. Bei aller Anerkennung des Rechtes der Gemeinden, über ihr Vermögen elbstständig verfügen zu können, darf doch nicht zerkannt werden, daß die Hauptentscheidung über zen Fortbestand einer Latein⸗ oder Realschule in den Händen der Oberaufsichtsbehörden, der Regierung ind des Minifsteriums, ruht und daß auch der dandrath, welcher so ziemlich allerwärts die Unter⸗ jaltungskosten zu zwei Driittheilen deckt, einfge⸗ vichtiges Wort mitzusprechen hat. Wurde die kreisvertretung einmal die bisher geleisteten Zuschüsse erweigern, dann erst wären für den Fortbestand einer Schule ernstliche Befürchtungen zu hegen. Aber die Kreisvertretung hat zu wiederholten Malen hre moralische Verpflichtung zum Unterhalt der ratein⸗ und Realschulen beizutragen anerlannt. Es st das übrigens unfaßlich, wie die Vertretung einer Ztadt mit einer zum größten Theile aus Kreis⸗ nitteln dotierten höheren Schule den Einfall haben ann, auf den Besiß dieser Schule zu verzichten. Oder werden die Wohllhaten, weiche eine öffeniliche Bildungsanstalt allen Ständen gewährt, bielleicht zurch die in der Regel unbeträchtlichen Opfer der hemeinde aufgewogen? Hören wir, wie bei den üngsten Landrathsverhandlungen von Schwaben und Neuburg gelegentlich der Diskussion über das Besuch der Stadtgemeinde Donauwörih, Errichtung einer Lateinschule dortselbst betreffend, Bürgermeister Bebhard von Donauwöritb fich äußerte. Nachdem ich derselbe aufs Eingehendste in laͤngerer Rede iber das dringende Bedürfniß der Errichiung einer Lateinschule in der bisher stiefmütterlich behandelten Ztadt Donauwörth verbreitet hatte, machte er gel⸗ end, daß die Erziehung der vielen Kinder dus donauwörth an auswärtigen Anstalten fast uner- chwingliche, noch dazu in fremde Stadie fließende Ausgaben erheische, ferner, daß dieser Mangel jeg⸗ icher Mittelschule manche Familie aus der Siabt reibe, andere vom Zuzuge fern halte, die in der Stadt befindlichen Beamten zu Versetzungsgeseuchen Landwirthschaftliche Reformen und der Eisenacher Bauerntag. Man weiß, daß seit einer Reihe von Jahren in den landwirthschaftlichen Kreisen Deutschlande mehr und mehr das Bedürfniß zu Tage tritt, durch yerschiedenartige Reformen den gedrückten landwirth⸗ chaftlichen Interessen erfolgreicher vorwärts zu helfen. Daß man diese Reformen nicht nur auf dem reinen Fachgebiete zu erreichen strebte, sondern dabei auch auf das politische Gebiet hinüberspielte, wo die oerschiedenen Wirthschaftsgruppen mit Recht auch hre Interessen vertreten können und müssen, ist janz natürlich, denn wozu sollen nur Gesetze zu Bunsten von Industrie und Handel gegeben werden, die Landwirthschaft, die von den Parlamenten oft tiefmütterlich bedacht worden ist, hat darauf das⸗ elbe Recht. Der Bauerntag, der vor einigen Tagen eine Menge Vertreter des mittleren und kleineren Grund⸗ besitzes aus Nord- und Mitteldeutschland in Eise— aach vereinigte, legte nur. augenscheinlich den Schwer⸗ dunkt der Besserungsbestrebungen für die Zustände n landwirthschaftlichen Kreisen auf das politische Hebiet und festes und geschlossenes Einstehen der Bauernschaften bei den Reichs- und Landtagswahlen ür solche Kandidaten, die ein Lenergisches Befür⸗ vorten der Klagen der Landwirthschaft versprechen. Benn in dieser Richtung ein, wenn zunächt auch nur heoretischpolitischer Erfolg erreicht und auch die Zauernschaft mehr als es bisher der Fall war, ihre usgesprochene Vertretung in Reichs⸗ und Landtag indet, so wird dies weder im politifchen, noch andwirthschaftlichen Interefse zu bedauern sein. kinen großen Nutzen versprechen- wir uns ndessen von der politisch und parlamentarischen Agitation für den Bauernstand nicht, denn von einer olchen Agitation bis zur Vollendung irgend eines vesentlichen Gesetzes, welches die Fortschritte der randwirthschaft fördern soll, ist es ein weiter und angwieriger, oft sogar ein vergeblicher Weg und chließlich kommt davon für die Masse der mitileren und kleineren Landwirthe, die Deuischland besitzt, auch wenig Nutzen heraus. Der Landwirthschaft will vorzugsweise praltisch und fachmännisch, hundert Rücksichten je nach Ldage, Boden, bisheriger Wirthschaft u. s. w. be— ichtend, geholfen werden oder, um uns ganz deut⸗ ich auszudrücken, eine Bodenverbesserung, eine ra⸗ ionellere Viehzucht, ein ergiebigeres Getreide⸗ oder Futterban, eine günstigere Hypothekenaufnahme und Lerminderung sind für die Landwirthe viel, viel verthvoller als die Hülfe durch politische Gesetze. Wir möchten daher im gesammten Deutschen Vater⸗ ande einer weiteren Ausdehnung und Förderung der landwirthschaftlichen Vereine und einer regeren Thätigkeit derfelben das Wort reden. In diesen VBereinen können ja neben den praktischen Fragen der Landwirthschaft auch die politischen, natürlich anr so weit, als sie für die Bauernschaft Interesse jaben, an gewissen Versammlungstagen zur Erör—⸗ serung kommen und könnte auch von den landwirth⸗