St. Ingherter Amzeiger. Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerétag, Samstag und Sonutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 14 60 8 einichließlich Traägerlohn; durch die Post bezogen 10 75 H, einschlieklich 10 ⸗ Zuste lungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaliene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 H, bei außerpfälzischen und solchen auf welche die Expeduion Auskunft ertheilt. 10 —4, bei Neclamen 30 4. Bei 4maliger Ginrucdung wird nur dreimalige berechnet. X 241. I Montag, 10. Dezember 1883. * Ueberraschungen. Peehr Ereignisse, als man es seit längerer Zeit ꝛeobachten konnte, erregen gegenwärtig die politische Welt und wenn nicht Alles trügt, leben wir sogar n einer Periode der Ueberraschungen. So sehr uun auch diese Ueberraschuugen in zwei Richtungen, vas den französisch⸗chinesischen Konflitt und die stevolution unter dem falschen Propheten in Egypten mbetrifft, Schlimmes in sich bergen lönnen, so cheinen fie für Europa selbst und für Deutschland voch nur Gutes zu bedeuten, denn in dieser Be⸗ iehung liegen ganz andere und neue Ueberraich- ingen vor. Offiziöse Korrespondenten in Wien und Peters⸗ zurg schildern die Verhältnisse zwischen den Kaiser⸗ nächten, Deutschland, Oesterreich und Italien gegen⸗ därtig als so vorzüglich, wie sie als kaum besser zedacht werden können. Das offizielle Rußland nit dem Zaren an der Spitze ist ganz offen zur uropäischen Friedensliga übergetreten und hat dies ner Zar Alexander III. in einem Briefe an den raiser Wilhelm ganz besonders ausgesprochen. Eine veitere Nachricht aus Wien geht sogar so weit, ine baldige Zusammenkunft der drei Kaiser in Aussicht zu stellen. Wenn nun auch für eine olche außerordentliche Demonstration zu Gunsten er freundlichen Beziehungen Deutschlands, Oester⸗ eichs und Rußlands keine sicheren Mittheilungen orliegen und eine Zusammenkunft der drei Kaiser vohl schon wegen der jetzigen rauhen Jahreszeit uf Hindernisse stoßen würde, so geht aus der Dar⸗ egung dieser Sachlache jedoch ganz unzweifelhaft servor, daß die Freundschaft der drei maßgebenden Sztaaten Europas sich in- einem recht günstigen 5tadium bewegt und der europäische Friede zur Zeit don vorzüglicher Sicherheit ist. Fine andere Ueberraschung bezieht sich lediglich uf den inneren Frieden des deutschen Reiches und esonders Preußens. In dem leidigen Kirchenstreite heint Fürst Bismarck mit kühner Hand so manchen Ztein des Anstoßes zu beseitigen und einer endlichen Hherständigung zwischen Berlin und Rom die Wege d ebenen. Der Reichsanzeiger berichtet, daß durch aiserliche und königliche Ordre der abgesetzte Bischof Aum von Limburg begnadigt worden ist und leichzeitig die kommissarische Vermögensverwaltung a der Diözese Limburg aufgehoben und die Wieder⸗ ufnahme der Staatsleistungen eingeführt wurde. dieser Alt scheint ein ganz bedeutungsvoller nicht mr deßhalb zu sein, weil er auf Handlungen der igenen Initiative der preußischen Regierung schließen ißt, sondern weil bei der ferneren kirchenpolitischen ktion auch der Kronprinz von Preußen und Nutschland eine Misfion wahrscheinlich zu erfüllen aben wird. Nachrichten aus Madrid zufolge würde er Kronprinz über Cibita Vecchia nach Rom reisen ind dort nicht nur dem Könige Humbert, sondern hahrscheinlich auch dem Papste einen Besuch ab⸗ atten. Selbstverständlich wäre es vermessen, an iese Erreignisse und Nachrichten gleich noch andere veitgehende Folgerungen zu knüpfen, aber das Eine heint doch fest zu siehen, daß man sich staatlicher⸗ eits zu einem weiteren Entgegenlommen enischlofsen at, um auch die paͤpstliche Curie zum Entgegen⸗ ommen zu bewegen. Es soll Alles gethan werden, m den lirchlichen Frieden wieder herzustellen, ohne erechtigte Ansprüche des Staates bezuglich der Keligionspflege fallen zu lassen. 1 Politische Uebersicht. Deutsches Reich. Muünchen, 6. Dez. Wie wir hören, besteht venig Aussicht, daß der Finanzausschuß morgen zu inem materiellen Beschluß in der Frage des Malz⸗ rusfchlages gelangt. Da man einerseits nicht ein⸗ fach den höheren Anschlag weiter bewilligen will, mndererseits aber auch nicht definitiv sich für eine Abminderung desselben in irgend welcher Form chlüssig machen kann, die Sache aber doch inner⸗ jalb der nächsten Tagen irgendwie erledigt werden nuß, so wird vorgeschlagen, einstweilen die Forter⸗ jebung des erhöhten Aufschlages im ersten Quartal 1884 zu genehmigen mit dem Vorbehalte, den Aufschlag bei Berathung des Finanzgesetzes nach Abschlutß des Budgets herabzusetzen und solchen Falls zu bestimmen, daß der im ersten Quartal 1884 allenfalls zu viel erhobene Aufschlag den —XRD Berlin, 8. Dez. Die Madrider Zeitungs⸗ iachricht, welcher zufolge der Kronprinz auf seiner Keise nach Rom dem Papste einen Besuch abstatten verde, ist dahin zu vervollständigen, daß dieser Be⸗ uch erst in zweiter Linie nach dem Zusammentreffen nit dem König Humbert in Betracht kommen kann. Frachtermäßigungen. Der Vorstand des PBereins der Eisen⸗ und Stahlinduftriellen hat be⸗ chlossen, fich auf's neue an die Staatsregierung vegen Ermaßigung der Frachten auf den Staats- bhahnen und billigere Exporttarife zu wenden. Ausland. Barcelona, 8. Dez. Zum Empfange des deutschen Kronprinzen sind allerorten Vorbereitungen m Gange, insbesondere seitens der zahlreichen deut⸗ chen Colonie hierselbst. Das deutsche Geschwader vird hier heute oder morgen erwartet und geht im ginnenhafen vor Anker, während das don Mahon auf der Insel Minorca) hierher beorderte spanische geschwader im Außenhafen bleibt. New⸗York, 7. Dez. Lasler wurde von dem Zrasidenten Arthur und dem Staatssekreiär Fre⸗ inghaysen empfangen. Die Rechte der Neger. Im-Senate zu Washington wurde am 5. d. M. eine Reihe von Zorlagen eingebracht, welche bezwecken, die jüngste entscheidung des obersten Gerichtshofes bezüglich er bürgerlichen Rechte der Neger umzustoßen. Lokale und pfälzische Nachrichten. — Kaiserslautern, 7. Dez. Beim Baum⸗ allen im Walde wurde gestern ein Holzarbeiter zurch einen fallenden Baum erschlagen. Der Ver⸗ inglũdte, H. Dinges, war seiner Profession nach Maurer und hinterläßt 6 Kinder nebst seiner Frau. — Ein Herr Strausß in New ˖VYork hat zum Reubau der Synagoge in Kaiserslautern die hzübsche Summe von 500 Mt. gespendet. — die Aerztekammer der Pfalz hat einen Antrag angenommen: Es möge höchften Stelle gefallen, für die Pfalz eine eigene Unter⸗ suchungsanstalt für Lebensmittel zu bestellen. — In Amerika gestorbene Pfälzer.) Dem von William Naich Notar in New⸗ Pork her⸗ ausgegebenen, Rechtsschutz“ entnehmen wir die Namen olgender in Amerika verstorbener Pfälzer: Adam keller, aus Lambsheim, 80 Jahre alt, gest. am 21 Oktober 1883, Philad⸗lphia, Pennsylvania; Davit deithmann, aus Lambsheim, 836 Jahre alt, gest im 2. Oltober 1888, New Orleans, Louifiana Barbara Wolff, geb. Eswein, aus Bellheim, 46 18. Jahrg. Jahre alt, gest. am 16. Oktober 18803, New⸗Or⸗ leans. Louisiana. Vermischtes. 7F Köln, 8. Dez. Gestern Abend trieb ein mit Holz beladenes schweres Eisenschiff mit großer Vehemenz gegen die Schiffbrücke und riß 7 Joche derselben mit sich fort stromabwärts. Die Personen, welche sich auf den Jochen befanden, schrien laut um Hilfe, worauf sich zwei Rheindampfer in Be⸗ wegung setzten, denen es denn auch gelang, die Menschen in Sicherheit zu bringen und die treiben⸗ den Joche anzuhalten. Das Schiff, welches das Unheil anrichtete, ist unverletzt geblieben; dasselbe rrieb noch bis kurz vor die Eisenbabnbrücke, woselbst es die Anker auswerfen konnte. Der Verkehr mit Deuß über die Schiffbrücke ist seit gestern Abend in Folge des Unglücksfalles unterbrochen. FGurWeltlage.) In einer Berliner Possen⸗ ovität wurde vor Kurzem ein Couplet mit dem Refrain „Aber sonst ist die Stimmung im Ganzen X stellt in recht gelungener Weise die gegenwärtige holitische Weltlage dar: In Deutschland die Heere kriegen neue Gewehre, In Oesterreich kriegen neue Gewehre die Heere, In England das Heer kriegt ein neues Gewehr, In Rußland ein ueues Gewehr kriegt das Heer; Dagegen macht Frankreich neue Gewehre jetzt blos — Aber sonst ist die Stimmung im Ganzen famos. Vorgestern, Samstag Vormittag kamen in Bretten die beiden Handelsleute August Boden⸗ heimer und Lippmann Landauer, beide verheirathet, von Diedelsheim in Streit, wobei letzterer dem ersteren 8 Schüsse in den Hals versetzte, sjo daß das Leben des Verwundeten in Gefahr schwebt; der Thäter hat sich nach seiner That selbst beim Amisgericht Bretten zur Haft gestellt. F(6turm und Einsturz.) In Konstanz hat am Montag Abend ein heftiger Sturm getobt, velcher einen Cirkus derart mitnahm, daß die Vor⸗ tellung beendet werden mußte. Noch schlimmer er⸗ zing es dem Gasthaus zum „Boden“, welches von einem einstürzenden Giebel so wuchtig getroffen vurde, daß zwei Stockwercke vollständig durschge⸗ chlagen wurden. Die vier Madchen, welche im obersten Stocwerl schliefen, wurden in ihren Betten und mit der ganzen Kammereinrichtung in die un⸗ ien liegende Küche geschleudert, deren Fußboden )urch Schutt und Ballen zertrümmert wurde. Drei »er Mädchen blieben unversehrt, das vierte, eine 2jährige Schweizerin und Verwandte des Besitzers, velche dieset Tage Konstanz verlafsen wollte, fand einen Tod unter den Schuttmassen. 4In Marfeille wurde vor einigen Tagen der Einkasfirer der Bank ‚Credit Lyonnais“ er⸗ nordet und beraubt. Die That geschah am hellen Tage im Hause 56 Rue Varadis (einer der beleb⸗ esten Straßen). Bei einem Miether, der eben erst inter dem Namen eines Steingutfabrikanten Blein ingezogen war, hatte der Einkasfirer zu thun, er fand an der betreffenden Wohnungsthür einen Zettel: der Beamte des „Credit Lyonnais“ möge nur war⸗ fen, man werde sogleich erscheinen. Der Einkassirer nahm darauf im Vorzimmer Platz. Hier wurde ex dann überfallen, erdrosselt und beraubt; er trug wa 30,000 Franken in der Banktasche. 4 (Erschossen.) Es verbreitet fich das Ge⸗ rucht, daß ein gewisser Neustojeff, Lehrer am Gym⸗ ijasium zu Irkutsk von liberalen Anschauungen und Ugemein beliebt in der Stadt, derhaftet und binnen