St. Ingherter Amzeiger. Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. der „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltungs zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1A G60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 154 75 4, einschließlich ⸗ Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr für die 4gespallene Garmondzeile oder deren Raum betragt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 18 4, Neclamen 30 3. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. M 67. Samstag, 5. April 1884. 19. Jahrg. Hamburg oder Kaiserslautern? ter hat uns niemals gewundert, wenn er gegen D oltte einen aus der Armee entlassenen, unter ie fortschrittlichen Muitärschriftsteller gegangenen adischen Hauptmann ausspieite. Wir sind seitens es Herrn Richter eine Behandlung unseres Moitke on oben herunter schon gewöhnt. Aber Herr sickerr?! Als er am Meontag für gut fand, vor dem besseren Wissen Richters in Militärsachen o tief sich zu verbeugen, da berührte uns wenigstens ꝛer Gedanke wohlthuend, daß ein Mann in dieser zeutschfreisinnigen Partei, mit dessen gutem und ichtuugswerthem Ramen wahrhaftig genug des grau⸗ amen Spieles getrieben worden, — hochaufgerichtet lehen bleiden werde, und wenn alle ehemaligen Zezessionisten den Bückling nachmachen souten. Der eine Name jedoch — wir meinen Herrn v. tauffenberg, — der in der Heeresfrage dies⸗ eits des Abgrundes stehen bleibt, wiegt eue ganze vartei auf. Der Abgrund aber ist durch Thatsachen be— viesen. Kein Redner der Deutschfreisinnigen läßt ich ernsthaft darauf ein, ihn hinweg zu disputiren. Wie steht es nun mit dem zweierlei Spiel, das die Herren auf ihrer Agitationsreise treiben? Nichts st einfacher nachzuweisen, als Dies. In Ham⸗ urg giaubt Herr Richter sein wahres Gesicht eigen zu dürfen. Dort hat die Fortschrittspartei nir der „Sprittlauset“ des deutsch-spanischen Han⸗ ꝛelsvertrags und dem Einfuhrderdot irichinenhaluger S„chweinebestandtheile genüugend den Boden durch⸗ vuhlt. Dort donnert und wettert Herr Eugen kichter gegen die „Schnaps⸗, Zucker- und 3chwerunepolitit“ des Reichskanzlers, die er, ine wie die andere, verwerfe. In dem von ihm jerausgegebenen Parteiwochenblatt spricht er mit vahrem Behagen von der „maßgebenden 2chweinepolitit“. Er beruft sich der Ham ⸗ urger Versammlung gegenüber darauf, daß Furst Bismarch, so gut wie die Sozialdemotratie , Fort nit der Fortschrutspartei!“ rufe, waäͤhrend doch der tanzler selbst eine „verwerflich Schweine⸗ oo lutit“ treibe, der gegenüber eine Partei zum Wohle des Vaterlandes nothig sei, welche ausschließ⸗ ich die Niederlämpfung dieses — — — Poliuters ich zum Ziele setzen müßte! In Kaiserslautern aber tritt Herr Prof. danel zum ersten Male den süddeutschen Volks⸗ rämmen gegenüder und dersichert, in Gegenwart »es Orn. Eugen Richter, daß man den Nannern des Fortschritts reinweg den Durchschnitts · Jerstand eines bdescheidenen Bierbankpolitikers ad⸗ deche, wenn man ihnen nachsage, daß sie eine Arganisation des Wortes „Fori mit Bismard emals hatten sein wollen oder in Zukunft bezweckten. Von sich darf Professor Hanel Dies moglicher⸗ veise sagen. Von der Partei durfte es nur derr Eugen Richter selbst sagen; dieser aber auch ur dann, wenn er vorher ausdrücklich den Inhalf einer Hamburger Rede als eine Verirrung und zeispiellose Beleidigung des Kanzlers zurückgenommen ind ebenso ausdrucklich gebeten hätte, ihm zu ver⸗ jessen, daß er vor Jahr und Tag ausgerufen: „Der Herr Reichssstanzler muß fortnon feinem Platzel“ Aber in Hamburg den Herrn Reichskanzler wiederholt verunglimpfen in einer wahrhaft zügel⸗ osen Weise, — und in Kaiserslautern dann ven Herrn Prof. Hänel ungezählte Versicherungen )er größten Verwunderung fuͤr die äußere und nnere Politik des Kanzlers aussprechen lassen — das eht denn doch üher aIsson Sunß Einen einzigen Fehler hat Herr Prof. Hänel mn der nationalliberalen Partei entdeckt. Ihr rechter Flügel neige mehr nach rechts, als nach links. Daß ieser Flügel bei der Heidelberger Kundgebung ßathenstelle vertreten habe, steht für den Herrn ßrof. Hänel außer Frage. Um sich aber ertlären u können, wieso gerade auch in der Pfalz diese Sirömung vorherrsche, — dazu „kennt er die po—⸗ itische Geschichte der Pfalz nicht genug“. Es ist Herr Prof. Hänel, der diese Unter⸗ uchungen am Körper der nationalliberalen Partei vornimmt. Auf den ersten Blick bereits erkennt er die kräftige und gesunde Verfassung des ganzen Organismus. Nur will er ein gewisses Schielen uuf dem rechten Auge wahrnehmen können. Herr Prof. Dr. Hänel wird Nichts dagegen jaben, wenn wir zunächst Gleiches mit Gleichem vergelten. Der Parteikörper, zu dessen besten Glie⸗ dern er gehört, hat in diesen Tagen mehrere Lebenszeichen von sich gegeben, die bemerkenswerthesten n Hamburg am 23. März und in Kaisers⸗ autern am vorigen Montag. Auf den beiden deutschfreisinnigen Parteitagen, venn das Ergebniß eines jeden fuͤr sich betrachtet vird, zeigte sich ein großer, gähnender AÄb— zrund zwischen Hänel und Eugen Rich— er. Ganz unbedingt und ohne die geringste Ein⸗ chränkung hat die oͤffentliche Meinung sich dahin jebildet, daß diese weite Kluft nicht zu überbrücken sei. Run halte man aber auch das Hamburger und as Kaiserslauterer Gesammt⸗ Ergebniß neben ein⸗ inder: Die Herren treiben auch zweierlei Spiel. Hier der Beweis: Bei jeder Gelegenheit in )amburg wie in Kaiserslautern, bezeugt Herr Prof. Nänel seine Achtung vor den liberalen Waffen⸗ rüdern zur Rechten, d. h. innerhalb der national⸗ iberalen Partei. Herr Eugen Rich ter sieht rechts on der deutschfreisinnigen Partei überhaupt nur ioch „preußische Landräthe“ oder Solche, die es nit den schönsten Aussichten auf Befoͤrderung jeden Uugenblick werden könnten. Prof. Hänel bekennt sich zu den „großen gismarcplänen“ in Bezug auf die Hebung ꝛer besitzlosen Erwerbsklassen. Und zwar bekennt r sich um der erhabenen und guten Ziele villen zu dieser Szialpolitik Nur hält er die orgeschlagenen Mitt e noch nicht für die richtigen. derr Eugen Rich ter sowohl wie auch Herr Rickert chandeln gera de um des Zieles willen alle gSroßen Bismarckpläne“ als eine staatssozialistische sSchrulle. AUergeren Widerspruch der „taktischen wie grund⸗ üßlichen“ Ansichten gibt es nicht einmal in der Jentrumspartei. Dazu tommt die heillose Verwirr⸗ ing der Ansichten über die verschiebenen Grenz⸗ mien, bei denen die Nörgelei am Militäreta einer chwachung der Wehrkraft unferes Reiches gleich⸗ nedeutend sei, u. s. w., u. s. w. In diesen Puͤnkten at überhanpt jeder deutschfreisinnige Führer seine ne Meinung, — bis auf Herrn Kickert! suglaublich fast, aber wahr. Er hat von Herrn ugen Richter im Punkte der Heeresverfassung sich ines Besseren belehren lassen. Er verschmäht es w mehr, dem gewichtigen, durchschlagenden Ur⸗ nde denen prattischen wie wissenschaft⸗ —*8* —58 eutschlands ein Urtheil „ange⸗ —5 ffiziere zu Gunsten der zweijährigen nstzeit gegenüber zu stessen Non Herrn Ripbp- Wenn die Partei, welche bei ihren Kundgebungen tets Herrn Eugen Richter als lehzten Trumpf nusspielt, — in der Pfalz mit den maßlosen An⸗ zriffen gegen den Kanzler und auch mit den alles ersetzenden Anfechtungen unseres Heeresbestandes aicht hervortreten wollie, so durfte sie überhaupt in zer Pfalz nicht auftreten. Ein Recht, sich maßvoll zu geben, den Kanzler unumwunden, und unsere Heereseinrichtungen in gewundenen Redeformen zu reisen, hat die Fortschrittspartei niemals besessen. Die deutschfreisinnige Partei jedoch hat dieses Recht n Hamburg verwirkt. Die Männer von He i⸗ delberg hat man verdächtigt. Die Presse, velche zu Heidelberg sich bekennt, hat man geschmäht. die Worte von Heidelbergaber hatman nach Form und Inhalt möglichst nach— zjuahmen versucht, um dem Süddeutschen nach dem Munde zu reden! Und mit einem Fiasco der niederschlagendsten Art kehrt man heim!“? Die ßrube, die uns in Süddeutschland gegraben werden ollte, hat ihr Opfer gefordert: Sein Name ist Fugen Richters deutscher Freisinn. Zuversichtlicher ioch, als vor 8 Tagen, rufen wir heute: Südde utsch⸗ and für die nationale und liberale Sache für immer! (Pf. L. C.) Politische Uebersicht. Deutsches Reich. Muünchen, 1. April. Was die Angelegen⸗ jeit der Wohnungsgeldzuschüsse für pragmatische Beamten anbelangt, so wird in Abgeordnetenkreisen zersichert, daß in der Kammer der Reichsräthe die Absicht bestehe, zu diesem Zwecke etwa 800, 000 Mark pro Jahr zu bewilligen, während das Regie⸗ rungspostulat bekanntlich 1,566,000 Mt. —XE Muünchen, 2. April. (Abgeordnetenkammer.) Der Finanzminister tritt in laängerer Rede für die Forstreorganisations-Vorla ge ein und veist entschieden den Vorwurf der Vielschreiberei ind des Bureaukratismus im Forsifache zuͤrück. Er ittet um Annahme im Jnteresse des Landes und des Waldes. Muünchen, 8. April. Die Kammer der Ab⸗ jeordneten nahm nach dreitägiger Debatte die For st⸗ »rganisaton mit 94 gegen 56 Stimmen an ind genehmigte einstiminig nach Angabe des Aus- chusses die zum Ausbau des Hafens von Lud⸗ vigshafen geforderte Summe. Berlin, 8. April. Der Kaiser empfing heute Nachmittag den Minister Puttkammer zum Vortrage. Der Reichsanzeiger meldei, der Kaiser war durch erkältung, verbunden mit leichten Unterleibsbe— chwerden genöthigt, im Bett zu bleiben. Die Er⸗ cheinungen haben sich jedoch bereits gemildert und derläuft der Erkältungszustand vollstandig normal. Die Unfallversicherungs⸗Kommission zat die 88 2, 3 dis 6 des Entwurfes erledigt. 3. 2, wonach die Versicherungspflicht durch statut⸗ arische Bestimmung auf Betriebsbeamte mit einem 2000 Mk. übersteigenden Jahresarbeitsverdienst er⸗ streckt werden kann und bezügliche Unternehmer, )eten Jahreseinkommen 2000 Mmt. nicht übersteigt, ur Versicherung ihrer Person nach Maßgabe des Hesetzes berechtigt find, wurde angenommen. Des- gleichen wurde Z. 8 genehmigt, der von der Er— nittelung des Jahresarbeitsverdienstes handelt. Da— jegen wurde 8. 4., nach dem das Gesetz auf Reichs⸗, Staats- und Kommunalbeamte keine Anwendung inden soll, abgelehnt und dafür ein Antrag des Uha. Frhrm Hammerstein genehmigt manon