zt. Jugherter Amzeiger. Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Znabert. der ‚St. Jugberter Anuzeiger“ erscheint wbchentlich fünfmal: Am Montag, Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sounntag; 2mal wöoͤchentlich mit Unterhaltungs giatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteliahrlic i A 60 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.4 75 4, einschließlich d ⸗ Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum betraãgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 H, bei außerpfälzischen und solchen auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, I5 4, Neclainen 30 Rer 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. X 103. Politische Uebersicht. Deutsches Reich. Sozialdemokratische Agitation. (Fr. 4) In Mainz beginnen die Socialdemokraten ereits für die Wahlen zu arbeiten. Zu diesem zwecke haben dieselben — so wird uns aus Mainz intern 25. Mai berichtet — einen „Mainzer Wahlverein zur Erzielung volksthümlicher Wahlen“ egründet, der gestern Abend seine erste Volksver⸗ ammlung abhielt. Interessant ist das Programm vieser „neuen Partei, welches folgende Forderungen enthält: „Allgemeines und direktes Wahlrecht vom 20. Lebensjahre an. — Einführung von Wahl⸗ couverts. — Der Abstimmungstag soll ein Sonn⸗ mnd Feiertag sein. — Absetzung resp. Verminderung xt Nilitärlast, Abschaffung der stehenden Heere, holksbewaffnung. — Erweiterung der Volksrechte - Entschädigung unschuldig und unrecht Verur— heilter. — Aufhebung aller Ausnahmegesetze, freies peße und Versammlungsrecht. — Unenigeltlicher und obligatorischer Unterricht in allen Bildungsan— jalten. — Eine den Interessen der Arbeiter ent⸗ prechende Sozialreform. — Einführung einer sermalarbeitszeit. — Arbeiterschutzgefetze. — Be— eitigung der schädigenden Concurrenz der Gefängniß und Militärarbeit. — Verbot der gewerbsmäßigen dinderarbeit. — Beschränkung der Frauenarbeit. -Volle und selbstständige Verwaltung für alle Arbeiter· und Unterstützungskassen und Abschaffung allet indirekten Besteuerung und. Einführung einer hrogtessiden Steuer für Staat und Gemeinde.“ Jach Schluß der Debatten über dieses Programm acllarte einer der Redner, daß dieses Programm noch lange nicht alle Forderungen enthalte, die man jellen werde, die Parlei gehe noch viel weiter, doch lünne vorläufig davon noch nicht gesprochen werden, her das „Recht der Arbeit“ werde man auf die dehne schreiben und dies so offentlich und lam betündigen, „doß der Reichskanzler des Nachts uicht mehr schlafen könne“. Berlin, 26. Mai. Die Norddeutsche Allge⸗ neine Zeitung theilt den Wortlam eines Tele⸗ Remms des Reichskanzlers vom 24. April an den nihen Consul in Capstadt mit, welches denselben auffordert, den englischen Colonialbehörden amtlich u erklären, daß Lüderitz in Angra Pequena und bine Riederlassungen unter dem Schutze des Deutschen keiches stehen. Das Blatt fügt hinzu, weiteres iegt in dieser Angelegenheit bisher nicht vor. Nr Gesetzentwurf wegen Entschädigung nschuldig Verurtheilter nach den Be— tlüsen der Kommission hat folgenden Wortlaut: 1. Dem Angeklagten, welcher wegen einer nach r ——A verfolgen gewesenen — Handlung zu einer Freiheitssteafe ver— heilt worden und dieselbe ganz oder theilweise noint hat, ist, dafern er im Wege der Wieder⸗ — des Verfahrens wegen dieser Handlung —— worden, auf seinen Antrag für den den Strafvollzug in Bezug auf seine Ver— ——— seinen Erwerb oder sein Fort⸗ pe ihm verursachten Schaden aus der Slaais— b Entschädigung zu gewähren. 8 2. Die —— ist ferner zu gewähren, wenn die — zur Anwendung eines milderen n shes ergleiche &899 Rr. 4 der Sirof- * —A oder bei einer Gesammistrafe zu eweiscn Freisprechung geführt hat und die winn erlannte Strafe geringer ist, als die bereits — Dienstag, 27. Mai 1884. 19. Jahrg. Verurthellung absichtlich herbeigeführt, so steht ihm ein Anspruch auf Entschädigung nicht zu. 8. 4. Der Antrag auf Eutschädigung ist bei dem im Wiederaufnahmeverfahren in erster Instanz erkennen⸗ den Gerichte vor Erlaß des Urtheils anzubringen. — Das Gericht hat, wenn es auf Freisprechung erkennt, in dem Urtheil darüber mit zu entscheiden, bb der Antrag begründet oder zulässig jsei. — Diese Entscheidung kann durch ein Rechtsmittel nicht an⸗ zefochten werden, wogegen sie wit einer Aufhebung der Freisprechung in der Berufs⸗ oder Revisions 'nstanz in Wegfall kommt. 8 5. Die Feststellung »er Entschädigungssumme erfoigt auf die Klage des Freigesprochenen in dem durch die Zivilprozeßord⸗ iung vorgeschriebenen Verfahren. — Der Staats⸗ inwaltschaft liegt die Vertreiung der Interessen der Staatskasse ob. — Zuständig ist das Gericht, bei velchem diejenige Staatsanwaltschaft ihren Sitz hat, auf deren Anklage das im Wiederaufnahmeversahren abgeänderte Urtheil ergangen war. 8 6. Falls der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft über die Höhe der zu gewährenden Entschädigung einig sind, 'ann das Strafgericht, welches im Wiederaufnahme⸗ »erfahren auf Freisprechung bez. Strafminderung 8 2) erkannt hat, den Betrag der Entschadigung endgiltig durch Beschluß festsezen. F 7. Der zu⸗ Jelassene Entschädigungsanspruch gehi im Falle des Todes des Angeklagten auf dessen Erben über. 38. Die Bestimmuagen dieses Gesetzes finden entsprechende Anwendung, wenn auf Todesstrafe erkannt, diese aber in Freihritsstrafe verwandelt und zieselbe ganz oder theilweise verbüßt ist. F9. In »en zur Zuständigkeit des Reichsgerichts in erster Instanz gehörigen Fällen ist die Verpflichtuug zur Entschädigüng (5 1) der Reichskasse aufzuertegen. — Das Reich wird in dem durch die Entschädig- ungssumme entstehenden Rechtsstreite durch die Staatsanwaltschaft bei dem Reichsgericht verireten. 10. Die Klage auf Feststellung der Entschä— digungssumme verjährt in zwei Jahren vom Tage der Rechtskraft des Urtheils an, durch welches der Staats⸗ oder Reichskasse die Verpflichtung zur Ent⸗ hädigung auferlegt ist die Versuche durch die bekannten gräßlichen Vor— zänge in der Schweiz und Amerika. Es braucht über durchaus nicht im Schulhaus selbst zu zrennen, um die Kinder außer Rand und Band u bringen. Außer mir wird es schon manchem dehrer begegnet sein, daß während des Unterrichts die Sturmglocke ertönte und der wird gleich mir verichten können, daß die Erregung der Kinder eine furchtbare ist und daß dieselben nur ein Gefühl beherrscht — hinaus in's Freie! Wie nun, wenn der feuerwehrpflichtige Lehrer, selbst schwachnervig ind ängstlich — im Dorf brennts ja hnicht alle 14 Tage, vielleicht alle 5— 8 Jahre — im Schrecken eine erste Pflicht vergißt und hinausstürzt, um an die Spritze zu eilen, zu retten ꝛc.? Ganz natürlich, )aß die Kinder ihm nachstürzen, und das Unglück st da. Der Mann ist strafbar! Gewiß, in hohem Brade! Wie wird er sich aber vertheidigen? Er vird sagen: „Man hat mir die Kinder, das beste But der Gemeinde anvertraut, ein Gut, dessen Werth sich nicht vergleichen läßt mit dem Werthe eines Gemeindekassenschrankes, eines Waldbaumes, ꝛiner armseligen Kirchenkasse; trotzdem hat man nicht etwa den Einnehmer, den Förster, den Kirchen⸗ techner, den Gemeindeschreiber, den Adjnnkten, ven Büttel ꝛc. zur Feuerwehr verpflichtet, sondern mich. Man hat mich zwischen zwei Pflichten gestellt und ich habe, überwältigt von Aufregung und Schreck meine nächste vergessen; vor dem Gesetze bin ich trafbar; aber die moralische Schuld irifft nicht nich, sondern die Herren, die durch ihre Distrikts- euerwehrordnungen die Volksschullehrer unnachsicht⸗ iich zur Feurwehr zwingen, resp. den Gemeinden hziezu das Recht geben. [ISchnappbach, 26. Mai. Am gestrigen Sonntage war Schnapppbach sehr belebt. Des NRoͤrgens in der Frühe zog der hiesige Kriegerverein unter klin⸗ gendem Spiel zur diesjährigen Maikour aus. Der Aus⸗ kug ging über Bildstock Elversberg und Schürer⸗Ziegel- zütte wieder zurück nach Schnappbach. — Bis dalo war der Monat Peai verlaufen, ohne sogenannte Moikour— macher nach Schnappbach zu führen. Der gestrige Sonntag sollte jedoch das Versäumte nachholen, indem im Laufe des Nachmittags nicht weniger als dier Gesangvereine dahier erschienen. Drei dieser Vereine, der Gesangverein der Rußhütte bei Saar— prücken, der von Heiligenwald und von Wemmels- weiler kamen in der großen Halle des Herrn Eisel zusammen und wetteiferten, welchem Vereine die rone des Tages gebühre. Die Leistungen dieser 3 Vereine waren auch wirklich sehr gute und ver⸗ dienen volle Anerkennung. Jedet dieser Vereine war in starker Anzahl vertreten, und war die ge— äumige Halle des Herrn Eisel dicht besetzt und hatte dieser vollauf zu thun, um bei alien seinen Gästen sein altes Renommée zu bewahren. — Als vierter Gesangverein zog, voran eine gutbesetzte Musikkapelle, der Verein „Lied hoch“ von St. Jng⸗ bert in starker Vertretung seiner Mitglieder hier zurch Schnappbach, um sich bei Wirth Herrn Mich. Schneider niederzulassen und bei einem erfrischenden Trunke unter Abwechselung von Gesang und Musik ich es gemüthlich zu machen. — Gegen Abend, da es Zeit zur Abfahrt war, erlitt der Zug, wohl wegen des statigehabten Gewitters mit siarkem Regen eine Verspätung. Infolge dieser ging der Zug des Vereines Lied hoch“ aus dem Geleise und erlitt ein etwas unzartes Zusammenstoßen, so daß die hiesige Polizei eintreten und den Zug wieder in 'ahrbares Geleise bringen mußten. Wie verlautet, zekommt das Ganze für manche noch ein Mancnie Lokale und pfälzische Nachrichten. St. Ingbert, 27. Mai. Wie an vielen anderen Orten werden gegenwärtig auf höhere An⸗ oxdnung auch in den hiesigen Volksschulen Uebungen porgenommen, um bei Feuersgefahr während der Schulzeit die Entleerung der Schulsäle möglichst casch und in guter Ordnung bewerkstelligen zu können. — Schon häufig wurde die Frage, ob die Volksschullehrer zur Feuerwehr heranzu⸗ iehen, resp. von dieser Verpflichtung zu befreien eien, in verschiedenen Blättern ventilirt. Gleichwohl st in der bestehenden Ordnung noch keine Aender— ung eingeführt worden. Den vielen Gründen, die bereits früher angeführt wurden, um die Entbindung des Lehrers von der Feuerwehrpflicht zu rechtfer tigen, fügt nun vor kurzem die pfälzische Lehrer⸗ zeitung einen weiteren und unserer Ansicht nach ehr schwerwiegenden an. Der betr. Korrespondent jolgert aus seiner Auseinandersetzung, daß es nicht »los zu wünschen, sondern nothwendig zu fordern jei, die Lehrer von der Feuerwehr zu entlassen. In den letzten Tagen — so heißt es u. a. in dem betreffenden Artikel — las man in den Zeitungen, wie in mehreren Städten Uebungen veranstaltei vurden, um im Falle eines Brandes im Schulhause )ie geängsleten Kinder zu befähigen, rasch und ohne Inglück das Freie zu gewinnen; veranlaßt wurden