310 die erwähnte Strecke zu passiren hatten, mußten sümmtlich auf dem Südgeleise, weil das Nordgeleise unfahrbar war, kursiren, bis die Wagen von Herrn Bahnmeister Alter von Lambrecht ent⸗ fernt waren. Der Unfall verlief ohne daß vom Personal Jemand verletzt worden wäre. wWie jedes Jahr so auch am 2. Pfingsttage vor Sonnenaufgang wurde der nach Vorschrift geeigenschaftete LZambrechter Gaisbock nach Derdesheim verbracht. Unter Glockengeläute und Anwohnung einer großen Zuschauermenge wurde derselbe Nachmittags vor dem Stadthaufe dorten öffentlich versteigert und mit dem letzten Glockenschlage um 6 Uhr einem Deidesheim Wirth. als Leßtbietendem, um den Preis von 22 Mk. zugeschlagen. In Rupperisberg trank am Dienstag das 215 jährige Kind von Max Langhauser ein geringes Quantum zum Putzen von Messingzeug be⸗ stimmten Vitriols und starb nach wenigen Stunden. wWeisenheim a. S., 83. Juni. Das eigentliche Kirschengeschäft hat jetzt seinen Anfang genommen. Von allen Seiten sind die Händler aingetroffen, welche die reifen und halbreifen Kirschen ankaufen und nach allen Theilen Deutschlands und nach England versenden. Der Preis bewegt fich zwischen 1826 Mk. per Zentner. Mit dem Er⸗ rägniß ist man sehr zufrieden und man sieht deß⸗ halb überall freundliche Gesichter. — In der letzten zu Speyer statigehabten Sitzung des pfalzischen treis⸗Ausschusses des bayerischen Frauen⸗Vereins unter dem rotheu Kreuz wurden, der „Sp. Z.“ zufolge, wieder verschiedenen Hilfs⸗ bedürftigen Unterstützungen zugewendet. Diese Gaben werden in den seltensten Fällen in baar verabfolgt; meisteus erhalt:n die Betreffenden nach gewissenhaftester Prüfung der Verhältnisser je nach der Sachlage Anweisungen auf Fleisch, Brod, Kohlen, Schuhwerk oder Wasche, so daß einem eventuellen Mißbrauch vorgebeugt ist. Arme Wöchnerinnen und kranke Hilfsbeduͤrftige werden besonders be⸗ rücksichtigt. Diese erhalten je nach Bedarf auch X Leib⸗ und Bettwäsche, Verbandzeug ⁊c. Die Summe, welche auf diese Weise im verflossenen Jahre ver⸗ braucht wurde, belief fich auf 936 Mk. 48 Pfg. Rechnet man dazu, daß der Verein auch noch zwei Waisenkinder, 1 bei den barmherzigen Schwestern daselbst, 1 im Rettungshause zu Haßloch, welche beide eine ftändige jährliche Ausgabe von 280 M. verursachen, auf seine Kosten untergebracht hat, so kann man sich der Ueberzeugung nucht verschließen, daß dessen Wirken ein enischieden ersprießliches und praktisches genannt werden muß. Moͤchten diese Zeilen dazu beitragen, daß nicht nur sämmtliche disherige Mitglieder dem Verein auch fernerhin durch ihre Beiträge es ermöglichen, so erfolgreich mensch⸗ liche Leiden und menschliches Elend zu lindern, sondern auch andere, welche von diesem Wirken noch keine oder nur mangelhafte Kenntniß haben, zu bewegen, demselben beizutreten, und ebenfalls ihr Scherflein zu vorbenannten guten Zwecken zu spenden. Beträgt ja der ganze Jahresbeitrag nur zwei Mark. — Herr Cannstatt, aus Muünchen wird die Redaltion der „Pfälz. Liberalen Correspondenz lübernehmen. — Auf Grund einer Entschließung der oberften Ersatzbehörde kann die „Pf. 3.“ die Mittheilung machen, daß die Schuldienst-Exrspeetanten die gleiche Vergünstigung wie die Schullehrer — blos 6wochentliche militärische Dienstleistung — au⸗ zusprechen haben und daß ihnen dies thätsächlich noch in keinem Fall verweigert worden ist. — — Bermischtes. Muünchen wird demnächst eleltrische Straßen. beleuchtung erhalten. Seit der elektrischen Ausstel— lung vom Jahre 1882 hat der polytechnische Verein unausgesetzt Versuche zur Verwerthung der Forsch⸗ ungsergebnisse gemacht und sich nunmehr mit einer Nürnberger Firma zu obgedachtem Zwede in Ver— bindung geseht; mit dieser Firma ist nun unser Magistrat in Untertandlung getreten. Es soll dereinbart werden, daß die Stadt die nothige Wasser⸗ kraft zur Erzeugung der Elektrizitat stellt. Es wuͤrde dann der im Mittelpunkt der Stadt gelegent Marienplaß mit sechs auf hohen eisernen Kande—⸗ labern anzuͤbringenden Bogenlampen, die Neuhauser⸗ und Kaufingerstraße mit 5 und die Wein⸗ und Theatinerstraße mit eben so vielen Lampen, beleuchtei werden und zwar wahrend einer Dauer von sech? Ponalen. Gammiliche Lampen sind in einem Stromkreise zu vereinigen. Die Drahtleitung hat eine Länge von 3700 Meter, die der zu beleuch⸗ tenden Straßen von 1240 Meter. Nürnberg. Bei dem hiesigen Militär wird ein Versuch bezüglich neuer Kleidung gemacht. Bei jeder Kompagnie werden 8 Gemeine und 1 Antetoffizier statt des Roctes mit einem Tuchmantel hekleidet. Es soll erprobt werden, welche Kleidung im Sommer beim Marsche praktischer sei. 4 Mit Beginn der Sommerfahrordnung sind nunmehr bei den Schnellzügen der baye⸗ rischen Staatsbahnen Wagen 3. Klasse ein⸗ geführt. Merzig, 4. Juni. 100 Jahre alt. Am Pfingstfest des Jahres 1784 d. i. 80. Mai wurde Maria Blick, Tochier der Ackersleute Mathias Blick und Margaretha Weiter, geboren, nach Ortsgebrauch nit dem Hausnamen: Fickingers Großmutter ge⸗ nannt. Sie heirathete den 13. November 1807 den Nikolaus Becker. Von ihren Kindern leben aoch zwei; Enkel hat sie drei und einen Urenkel. Sie ist körperlich noch ziemlich wohl, nur das Ge⸗ ächt ist sehr schwach, wird aber durch ein gutes Behör erfetzt. Sie hat noch Vieles behalten, was ie in ihrer Kindheit von ihrer Mutter gelernt hat; ie sagt in der frühesten Jugend Erlerntes noch gerne her. Gevelsberg. 3. Juni. In einer Dampf⸗ chleiferei am Ufer hat sich am Samstag Nachmittae »in entsetzlicher Unglücksfall ereignet, welcher fas ils Parodie zu dem Gedichte von Pfeffel „Die Tabakspfeife“ verwendet werden könnte. Ein 15- ahriger Junge wollte in der Schleiferei einen Rie— neu auf die Scheibe legen, wozu ihm aber kein Auftrag ertheilt worden war; er wollte nur sehen, yb er es auch könne. Unglücklicherweise wurde er »om Riemen erfaßt, mehrmals herumgeschleudert zis ihm schließlich der linke Arm total vom Rumpfe abgerissen wurde und er noch Verletzungen an Kopf ind Brust erhielt. Ganz kaltblütig stieg er die Treppe hinunter, um in den schleunigst herbeige⸗ jolten Wagen zu steigen, welcher ihn in das Kran— jenhaus nach Haspe bringen sollte. „Holt mir meinen Arm, den will ich mitnehmen nach Haspe,“ rief er, als er in den Wagen steigen sollte. Eine 'olche Kaltblütigkeit in diesem jugendlichen Alter iff Jewiß eine Seltenheit. Schade um den wackeren Jungen! F Mainz, 3. Juni. Der Bürgermeister von stastel wurde vor einiger Zeit wegen Fälschung der Standesamtsakten von dem Landgerichte zu iner Gefängnißstrafe von 4 Wochen verurtheilt. Durch die Gnade des Großherzogs ist diese Straft n eine Geldbuße von 400 Mk. verwandelt worden. Tiese Strafumwandlung hat allgemeinen Beifall in der Gemeinde gefunden, da der Beschuldigte nur aus purer Gutmüthigkeit und um jemanden vor einer sleinen Geldstrafe zu sichern, eine Veränderung in den Geburtsakten vorgenommen hatte. fFrankfurt a. M., 4. Juni. Endlich sind die Brillanten, welche der Perser Kurban Bey Jestohlen hat, ausfindig gemacht worden. Trotz iller Visitationen in Berlin und hier hatte es Kur⸗ dan Bey doch verstanden, die Brillanten zu ver⸗ Jeimlichen und sie zuletzt in einem Strohsac seiner Zelie zu verstecken. Ein Zellengenosse hatte ihn aber deobachtet und die gute Gelegenheit benußzt, um durban Bey um einen Theil der Brillanten zu hestehlen. Bei Visitation dieses „guten Kameraden“ ind sodann die Brillanten gefunden worden. Um einen Raub sicher fortzuschaffen, hatte er solchen in den Rücken eingenaht. Erfurt, 3. Juni. Vor einigen Tagen war hier ein Reisender aufgegriffen worden, der dem vernehmenden Commissar gegenüber freiwillig einräumte, gebettelt zu haben. Vor dem Schöffen⸗ gericht zog er aber dieses Geständniß mit dem Be— merken zurück, er habe es nur gemacht — um in daft zu kommen, und bei dieser Gelegenheit — das Angeziefer los zu werden, das ihn entsetzlich geplagt habe. Er sei überhaupt noch niemals wegen Betteln bestraft worden. Diese Behauptung erwies sich als wahr, und so mußte er freigesprochen werden. Sein Wunsch, gereinigt zu werden, war waͤhrend der haft erfüllt worden. FFolgende Warnung vor dem Genusse eimender Kartoffeln wird von dem Regierungs⸗ zxäsidium zu Erfurt veröffentlicht: Die kürzlich im Zreise Schleusingen vorgekommene Erkrankung einer Familie von vier Personen, welche mit großer Wahrscheinlichkeit auf den Genuß statk keimender dartoffeln zurückzuführen ist, veranlaßt mich, das Publikum nachdrücklich vor demselben zu waren Noch unreife, besonders auf, einem sauren im feuchten Bodeu gewachsene, sowie in feuchten Kellen oder Miethen aufbewahrte, in der Keimung ba griffene Kartoffeln einen giftigen Stoff, das —R in folchem Grade, daß ihr Genuß der Gesundhen von Menschen und Thieren nachtheilig wirken kaum Die im vorliegenden Falle aufgetretenen Krankheib erscheinungen bestanden in ohnmachtähnlicher Mattig keit, Benommenheit des Kopfes, Sehstörungen 6. erweiterter Pupille, Trockenheit und Kraten in Halse, besonders beim Schlucken, Schwerbeweglichla der Zunge und Erschwerung des Sprechens, Brech neigung, Athmungsbeschwerden, Beschleunigung da Pulses, starkem Durst und allgemeiner nerbose Erregbarkeit und Schlaflosigkeit. Es empfiehlt ig daher, die im Keimen begriffenen Kartoffeln du dem Kochen zu schälen, die Keime sorgfältig auß zustechen und die Kartoffeln nach dem Kochen nich in dem Kochwasser stehen zu lassen, sondern dasselb— abzugießen und die Kartoffeln nochmals mit Wasse abzuspülen. Auch wird als erfolgreiches Verfahren um das Ankeimen der zum Essen und Füttern he stimmten Kartoffeln zu verhindern, das Eintauche derselben in siedendes Wasser während einiger Se kunden und baldiges Wiedertrocknen empfohlen. 4 In Barmen wollten am Montag Nachmit tag mehrere Knaben auf dem Rott ein — Probe Aufhängen machen. Der 13 Jahre alte Soh— eines Händlers aus der Tannenstraße machte de Versuch zuerst; derselbe sollte aber böser Ernst werden denn als die andern nachsahen, war er schon tod Hamburg, 3. Juni. Das Pfingftfest i bedauerlicher Weise durch einen Erxzeß getrüb worden, dessen Schauplatz das Tuskulum de Fürsten Reichskanzlers, Friedrichsruhe an der Berlin damburger Eisenbahn gewesen ist. Am gestrige— weiten Feiertage stellte sich in unmittelbarer Näh des fürstlichen Wohnhauses eine nicht unerhebliqh Anzahl von Arbeitern ein, die dem Vernehmen nat sämmilich, jedenfalls aber der Mehrzahl nach, ihr Beschäftigung auf der in Bergedorf belegene Fabrik schwedischer Hufnägel finden, und führin einen unerhörten Lärm durch Singen, Gejohle un' sonstige artikulirte und unartikulirte Laute auf Einer der mit dem Fürsten zu seiner Bewachun nach Friedrichsruhe gekommenen Polizisten untersagt den Leuten den ungehörigen Lärm, fand aber ken Gehör, sondern begegnete direltem Widerstande daß er, als Hilfe herzugekommen war, zur Ver haftung der Radelsführer schritt. Diese Absich lüeß sich aber erst ausführen, als der Fürst gerade berfüghbare Leute aus seiner Dienerschaft zur Succurs gesandt hatte, aber auch nicht ohne da biele Verwundungen mit blanker Klinge vorkamen Wie es heißt, sollen sieben det Tumultanten —RB fest gemacht sein. Hinzugefügt wird noch, daj ämmtliche Ruhestörer Slandinavier waren. Gorlitz, 4. Juni. Der deutsche Lehrerlah dem 670 Theilnehmer beiwohnten, wurde nai Annahme von Thesen über den Rechtsschuß, d drophylaktische Zwangserziehung verwahrloster Kinder die Ueberbürdung und die Gesundheitspflege durs dehrer geschlossen. Schulrath Bock danlte den Lehrertage für seine dem Wohle der Schule gewid mele liedevolle Thätigkeit und versprach Foͤrdetun seiner Absichten. f Berlin, 4. Juni. Die überseeische Au⸗ wanderung aus dem deutschen Reich über deuts Hafen und Antwerpen betrug in den vier erst Ronaten dieses Jahres 88,173 Personen, d. 2544 Personen mehr, als im gleichen Zeitraum d Worjahres; jedoch bleibt die Zahl hinser der d Jahtei 1882, wo 74,787 Auswanderer in de ersten Jahresdrittel gezählt wurden, erheblich zutüt f CGEin Toast) In einer Gesellschaft sonigs Friedrich Wilhelm J. wurde der geiste Consistorialrath Reinbeck aufgefordert, die Vesund da au dubsches, junges Madchen in Reimen au zulegen. Alle waren gespannt, als Reinbed ruhi sin Glas erhob und mit folgenden Worten began Wenn mir ein schones Kind begegnet, Dasß Gott mit Anmuth hat gesegnet, So fallen mir Gedanken ein. Er hob das Glas nippend an den Mund Jeder war begierig, zu wissen, welche Gedanlen geistlichen Herrn einfielen, als er nach einer lutz Pause fortfuhr: Der Gott, der so viel schöne Sachen dius einem Nichts hat konnen machen Wie schön muß dieser Gott nicht sein