Eine Periode der inneren Geschichte der Vereinigten Staaten schließt damit ab, eine neue Periode be⸗ zinnt. — Cleveland ist nicht so sehr Varteikandidat, als vielmehr Kandidat der anständigen und ehr— lichen Leute aller Parteien. Das alte Amerika bäumte sich gegen ihn auf, weil sein Charakter und seine Gesinnung die Garantie getzen, daß vieles, ja alles anders werden wird in der inneren Ver— waltung der Vereinigten Staaten. Der Gedanke, daß dem Sieger die Beute gehöre, war zu einem natürlichen und sittlichen Prinzip geworden, welches im amerikanischen Zivildienst und in Bezug auf die Einnahmen der Vereinigten Staaten so zur Ausführung gebracht wurde, daß die Spitzbuben als die Grundpfeiler der Gesellschaft erschienen, während die ehrlichen Leute die dummen Schafe repräsentirtten, welche gerade zum Scheeren gut genug waren. Die Staatsämter waren nur dazu da, um von den Freunden und der Sippschaft des jeweiligen Präsidenten besetzt zu werden und die TrinkgeldTheorie war dermaßen in Fleisch und Blut übergegangen, daß die alten europäischen Staaten sich wahrhaft mangelhaft dagegen aus—⸗ nehmen. Amerika war damit das Land der Kor— ruptiou, der Lüge und Heuchelei geworden und der Kruch, wie er jetzt durch die Wahl Clevelands erfolut ist, ist nur die nothwendige Reaktion des sittlichen Gefühls gegen die gesellschaftlichen und staatlichen Ausbeuter. — In der Thatsache der Erwählung Clevelands liegen viele Momente, welche uns erfreuen müssen. Zum Beispiel haben die Deutichen in den Vereinigten Siaaten für denselben gestimmt und seine Erwählung bedeutet gleichzeitig auch ein Emporkommen und eine Berücksichtigung des deutschen Elementes. Die Temperenzler haben gegen Clebeland gestimmt und der Heuche⸗lei der⸗ selben, weiche öffentlich gegen das Biertrinken agi— tirt und insgeheim Schnaps säuft, ist damit auch eine gebührende Lektion zu Theil geworden. Vor allem werthvoll ist uns aber das Resultat und die Lehre, welche dadurch die Unmoral im öffentlichen Leben überhaupt erfahren hat; die Erfahrung, daß man nach unsittlichen Prinzipien weder das gesell⸗ schaftliche noch staatliche Leben gestalten darf, ist jehzt geliefert worden. Trotz aller Verschiebung der Verhaͤltnisse, trotz aller Komplizirtheit des modernen Kebens bleibt das Gute immer gut und das Schlechte immer schlecht. Diese Lehre können sich auch andere Leute, die in unserem Vaterlande leben, zu Ge— müthe führen. Wir leben — Gott sei Dank — in Verhälinissen, die von der amerikanischen Cor⸗ ruptisn weit entfernt sind; aber in Bezug auf die politische Ehrlichkeit im engsten Sinne liegen auch bei uns Versuche und Tendenzen vor, die schließlich auf eine abschüssige Bahn führen müssen. Das „Ja, ja“ und Rein, nein“ unserer herrlichen deutschen Sprache fängt allmälig an, der Deckmantel gewisser Parteien zu werden, die ihre Gedanken darin einhüllen, weil sie sehr oft das Gegenthal bon dem wollen, was sie sagen. Was in Amerika jetzt sein Ende gefunden hal, das sucht sich auch da uns in anderer Form heimisch zu machen. Mogen nicht nur die Staatslenker— sondern Able darauf sehen, daß Staat und Gesellschaft dadurch kainen Schaden erleiden. Denn die Geschichte gibt uns ihre Lehren nicht, um kurz darüber hinweg zu gehen. Deutsches Reich. Berlin, 12. Nov. Der Militär-Etat enthält wieder die s. Z. abgelehnte Forderung für Errich— tung einer Unleroffiziersschule in Neubreisach. Kiel, 12. Nob. Das freisprechende Urtheil des Seegerichts wider Corvettenkapitän Cochius, den Commandanten der „Undine“, ist vom Kaiser be⸗ stätigt worden. Mannheim, 12. Nov. Es wird hier mit steigender Bestimmtheit erzählt, der demokratische Abgeordnele Kopfer würde sein in der Stichwahl errungenes Mandat niederlegen, um für Herrn Sonuemann, der bekanntlich in seiner Vaterstadt Frankfurt durchgefallen ist, Platz zu machen. Ausland. Paris, 12. Nov. Der Verkehr der Per—⸗ sonenzüge zwischen Spanien und Frankreich wurde heute infolge der spanischen Gesund heitsmaßregeln unterbrochen. Hongkong, 12. Nov. Das Reuter'sche Burcau maldet: Die Chiuesen griffen die franzö— sischen Truppen bei Kelung an, wurden aber mit zroßen Verlusten vollständig zurückgeschlagen. Die Franzosen erlitten nur geringe Verluste. Das chinesische Kanonenboot „Fetschu“ wurde von den Franzosen genommen. Padeira, 12. Nos. Das deutsche Ge— chwader für Westafrika ist soeben (Nachmittags 4 hr) angekommen. — Lokale und pfälzische Nachrichten. * St. Ingbert, 14. Nov. Am nächsten Sountag, nachmittags, wird der neu errichtete Friedhof zu Schnappbach eingeweiht werden. Die Finweihungsfeierlichkett wird, wie wir hören, um 2 Uhr nach katholischem und um 3 Uhr nach pro— estantischem Ritus vollzogen. * St. Ingbert, 14. Nov. Das Gesprächs- hema in den hiesigen Wirthslokalitäten und Ge— Alschaften bildet gegenwärtig unsere am nächsten Montag stattfindende Stadtrathswahl. Da wird im Stillen von verschiedenen Seiten gearbeitet, Wahlvorschläge werden gemacht und wieder ver— vorfen, Verbindungen werden augeknüpft und vieder aufgehoben. Hoffen wir, daß diese Vorbe— eitungen, wie auch die ganze Wahlarbeit unserer S„tadt zum Besten gereichen, indem am Montag Nänner aus der Wählurne hervorgehen, die das Berständniß und den guten Willen haben, bei der Berwaltung der Stadtgemeinde einzig und allein das Wohl unserer Stadt und ihrer Bürger als naßgebend für ihre Beschlüsse gelten zu lassen. *— In seiner am NMiittwoch stattgehabten Sitz⸗ ung beschäftigte sich der Landrath mit dem Ezat »er pfälzischen Lateiuschulen. Herr Dekan Krieger erstattete Namens des 1V. Ausschusses über die Lateinschulen Bericht. Demseiben entnehmen wir »aß im Bergleich zum Vorjahre die Frequenz der Latemschulen von 1802 auf 1731 gefallen und der Rückgang seit 1880 81 ein stetiger ist Bei den 4 Vateinschulen mit der höchsten Schülerzah' belaufen sich die Kosten für 1 Schüler zwischen 8—-118 Mt. bei den 4 Lateinschulen mit der zeringsten Frequenz (Blieskastel, Homburg, Ann— veilerx und Landstuhl) dagegen zwischen 402 -322 Pork — Die Kreisfendszuschüsse zu den Gesammt— osten betragen bei den Kreis Lateinschulen 62 90, dei den Gemeinde-Lateinschulen durchschnittlich 52 80. *— Die Ziehung der Giesinger Kirchedau⸗ dotterie mußte wegen ungenügendem Looseabsätz rochmals verschoben werden und wird definitiv im 11. Dezember stattfinden. — Der provisorische Ausschuß des pfätlzischen Vereines der allgemeinen deutschen Luther sttiftung wird am nächsten Sonntag, Nachmit- lags 3 Uhr, im Saalbau in Neustadt eine Ver— sammlung abgehalten, in welcher die Konstituirung des Vereins und die Berathung der Statuten vor— genommen werden soll. — Im Arbeitshause zu Kaiserslautern zersuchte gestern (Mittwoch) Morgen ein internirter Sträfling sich zu entteiden; derselbe setzte sein Bett n Brand. Als jedoch die Hitze ungemüth ich wurde ind bereits fünf Fensterscheiben eingesprungen waren, vurde der qualmende Rauch entdeckt und das Feuer zelöscht. — Boͤhl, 10. Nov. Zwischen hier und Dannstadt schoß ein Wilderer nach einem von der Fußgönnheimer Treibjagd heimlehrenden Jäger. detzterer beachtete den Wilderer gar nicht und wan— derte auf den zweiten Ruf des Letzteren „Zurück!“ ruhig seines Weges auf der Straße fort. Da schoß der Wilderer abermals, glücklicherweise aber nur nit Hasenschtrot, das an dem dicken Leder der Wasserstiefel, ohne diese zu deschädigen, abprallte. — Speier, 12. Nov. Die Herren Preis⸗ ichter kgl. Oberbaurath Siebert in München, kgl. Dberbaurath Prof. Dr. Leins in Stuttgart und Stadtbaurath Blankenstein in Berlin werden zur Zeurtheilung der zur engeren Konkurrenz zuge— assenen Projekte für die Erbauung der Gedächtnitß— irche der Protestation am Montag den 17. d. M. dahier eintreffen. — Ein Fuhrknecht des Hrn. Müller Diefen⸗ zacher, Namens Harz von Speyer ist in der Nähe der Rehhütte so unglücktich von seinem mit Frucht beladenen Wagen herabgefallen, daß er todt iegen blieb. Ein mit einer Bierfuhre des Wegs ommender Knecht des Hru. Bierbrauer Schwarz hat die Leiche aufgeladen und in das Leichenhaus in Speyer gebtacht. Der Verunglückte ist Vater oon 5 unversorgten Kindern. Bermischtes. Mestz, 11. Nov. Die „Lothringer Zeitang“ meldet den Selbstmord eines Rekruten. Gestern Abend fand ein am Turnplatz der König-Johann— Kaserne stehender Posten die Leiche eines Rekruten. Der— selbe hatte sich in knieender Stellung an einep Wagenrad erhängt. — Eine Erbdschaftsgeschichte, die den Vorzug fuür tich hat, daß sie wahr ist, spielt sich dem „pf. g zufolge jetzt in Karlsruhe ab. Hier wurde eip Lumpenfammler Namens Gugenheim, Vater von 6 Kindern und blutarm, in's Ministerium berufen und ihm daselbst eröffnet, daß er an der Erbschaft eines in England verstorbenen Verwandten für sein⸗ Person mit 6 Millionen Mark betheiligt sei. Ein 'ofort überwiesener Vorschuß von 50,000 Mf enthob den vor Erstaunen Sprachlosen jeden Zweifels Dinkelsbühl, 10. Nov. Eine große leberraschung wurde dem hiefigen Kampfgenossen- Verein zu Theil, indem vom k. bayer. 17. In— anterie⸗Regiment, welches seine Manöverzeit hier erbrachte, demselben für zwei Bürgerslöchter, welche ei einer kleinen Ooation, die dem Regiment am Sedanstage von Seiten des Kampfgenossen-Vereinẽ gebracht wurde und bei welcher diese Mädchen als Marketenderinen mitwirkten, dieser Tage ein pracht— „olles Geschenk übersandt wurde. Dieses werthvolle Heschenk besteht aus zwei goldenen Armreifen, besetzt nit edlem Granat und versehen mit der Gravirung: „17. Inf.Regiment, Sedaustag 1884.“ München, 12. Nov. Der königl. Advokat Dietherr war heute Morgens bei einer Ver— andlung in Weilheim. Auf der Riückfahrt stieg )erselbe in Tutzing aus und gerieth beim Einsteigen n den schon im Gang befindlichen Zug so unglüch— ich unter die Räder, daß er mitten entzwei gefahren purde und saofort todt war. — Der älteste Musikant der Weit ist der Musikus ditf in Elster; er hat am J1. Novbember seinen OI. Geburtstag gefeiert und sein Blasebalg js mmer noch erträglich. (Mit papierner Kronebeerdigt. Aus Braunschweig schreidt man dem „B. Vörs. Four.,: „Soeben erfahre ich ein köstliches Detais »om Tage des Begrabnisses unseres Herzogs. Ich elegraphirte Ihnen damals, daß die abersten Hof— hargen auf purpurnen Kissen die florverhüllten dron⸗Insignien hinter dem Sarge eindertrugen. Man hat damals seine Verwunderung darüber laut verden lassen, daß auch diese über und über mit dichtem Flor bedeckt waren, entgegen den sonst bei ürstlichen Begräbnissen beobachteten Gepflogenheiten. Fetzt siellt sich heraus, weshalb man die Krom zusignien den Blicken der Zuschauer so arg entzog: 58 waren nicht die echten Kron-Insignien — die derzog Karl bei seiner Flucht aus Braunschweiqg Jatte mitgehen heißen und niemals zurückgeliefert )at — somdern eine pappene Theaterkrone, die 'onst unser Heldentenor im „Propheten“ zu tragen »flegt, und kin ad hoc angefertigtes Szepter! Un⸗ ziaublich, aber — wahr, und wenn die Sache auch dvie sehr wahrscheinlich, dementiert wird.“ 4 In Besenfelde a. d. Elbe hat die Frau »eines Bergmanns ihr Kind vermittelst einer Scheert Jetödtet, wahrscheinlich infolge eines hochgradigen Fiebers. Auf ihr gestellte Fragen gab sie, zur Äntwort: „Es muß ja doch Soldat werden.“ Paris, 12. Nov. In der Eifenhütte von Jamin und Co. zu Curville (Haute Marne) fand une furchtbare Explosion statt. Bis jetzt zählt mar 17 Todte, und 43 Verwundete, von waelchen ein zroßer Theil tödtlich verletzt ist. Paris, 13. Nov. Offizielles Bulletin der Zeine⸗Präfektut. Gestern sind hier 81 Todesfälle in der Cholera vorgekommen und zwar 20 in der Sadt und 61 in' den Hospitälern. Von heute Mitternacht bis heute Mittag wurden 33 Todes sle konstatirt, 14 in der Stadt und 19 in der Hospitälern. In die letzteren wuroen aestera 8. Tholera Erkrankte aufgenommen. Sterbesalle. Gestocben: in Zweibrücken Elisabetha Schmi d! jeb. Hertel, 59 Jahre alt; in Homburg Johan⸗ Schwarz, Privatmann, 70 Jahre alt; GBerichtigung) Da sich in der Danksea ing der Familie Becker in der vor. Nr. d⸗ gi vurch den Leichtsinn eines Setzers ein entste. ender Fehler eingeschlichen hat, indem derselden Zeile 11 von oben das Wörtchen wir einschaltet vas dann leider im Drange der Arbeit bei d Korrektur übersehen wurde, so wiederholen wir di Danksagung heute wortgetreu. Fur die Redaktion verantwortlich: F. X. Demes