Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. er. Jugberter Auzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltur ga⸗ Zlati und Sonntags mit Sseitiger illustrirter BSeilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1A GO einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.M 75 -“, einschliekte 40 — Zuftellungsgebühr. Die Einrücknugsgebühr für die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Jnfseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solche auf welche die Srypedition Auskunft ertheilt, I8z H. Reclamen 30 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. rr — — — M 20. Dienstag, 27. Januar 18885. — 20. Jahrg. Politische Ueberfslicht. Bei der Etatsberathung der Zoͤlle und Ver— orouchssteuern in der Samstagssitzung des Reisch 8⸗ ages erklärte Staatsekretar Burchard auf An⸗ rage, ob eine Erhöhung des Petroleumzolles beab⸗ ichtigt sei, die Absichten des Bundesrathes hierüber eien noch nicht greifvar hervorgetreten. Eine Er⸗ zöhung könne nur im Wege der Gesetzgebung mit Zustimmung des Reichstages erfolgen. Der Staats⸗ ekretär verneinte ferner die Anfrage, ob die Re— zierung eine zollfreie Einfuhr von Baumwollwaaren zus Frankreich zu gewähren beabsichtige. Titel 1 Zölle) wurde hierauf unverändert genehmigt. Bei Titel 2 (Tabaksteuer) betonte der Staatssekretär, aie Regierung sei seit der Monopolfrage der Frage der Tabakbesteuerung nicht näher getreten. Der Titel wird ebenfalls genehmigt. Der Aufruf zu einer Ehrengabe für den Reichs⸗ anzler ist von 116 angesehenen Männern aus illen Theilen Deutschlands unterzeichnet, und mit Ausnahme des Zentrums wie der Sozialdemokraten inden sich alle Schattirungen der öffentlichen Meinung in diesen Unterschriften vereinigt. Auch einige bekannte freisinnige Politiker und Volksver— reter haben sich diesem Beginnen angeschlossen. Daß von den Führern der Freisinnigen keiner anteirzeichnet hat, entschuldigt das „Berl. Tagebl.“ »amtt, daß diese Männer in einem Zuweilen fast dersönlichen Kampfe nach ihrer innersten Ueber⸗ seugung die innere Politik des Fürsten Bismarck hefehden, und daß es wohl geeignet gewesen wäre, hre politische Kraft in einem gewissen Sinne lahm zu legen, wenn sie mit ihren Namen für jene Unternehmung öffentlich eingetrelen würen. Dann aber fährt das deutsch⸗freisinnige Blatt fort: „Anders nag es sich mit jenen freisinnigen Staatsbürgern derhalten, welche, dem aufreibenden Kampf der harteien ferner stehend, durch keinerlei Art von stücksicht auf die eigene Person und ihre Würde n der Lage sind, die großen Verdienste des Reichs⸗ anzlers in Vergangenheit und Gegenwart ohne donflikt mit den übernommenen politischen Pflichten zu würdigen. Diese vaterländischen Männer mögen dem Zuge ihres Herzens folgen und sich an einem Werke betheiligen, wetches der Mit- und Nachwelt eweisen kann, wie wenig im deutschen Volke jene Tugend der Dankbarkeit erstorben ist, die im po⸗ itischen Parteikampfe des Tages so schwer geübt uu werden vermag, und der sich allzu rückhaltlos zu vidmen denen leicht als Schwäche ausgelegt werden dunte, für deren opferbereiten Patriotismus der iserne Kanzler inmitten der politischen Fehde unserer zeitebensowenig verständnißinniges Entgegenkommen, ils rücsichtsvolle Anerkennung an den Tag legt.“ — die „Germania“ spricht sich natürlich aus Gründen der inneren Politit und des Kulturkampfes gegen in Nationalgeschenk für den Reichskanzler aus. Die in Nordamerika herrschende Freiheit ringt es mit sich, daß dort selbst die Anarchiften yen Schutz der Gesetze genießen. Die Union ist daher zu einem Agitationsherd geworden, von dem uus die Most und Genossen einen unheilbollen und hwer zu kontrolirenden Einfluß auf gewisse excen⸗ rische Arbeitergruppen in Deutschland üben. Wenn ber nicht Alles täuscht, so werden nun auch die merikaner bald an der Grenze ihrer Duldsamkeit jegen das wahnsinnige Treiben der Most-Brüder cndelangt sein. Ueber die bluttriefenden Tiraden zieser sonderbaren Schwärmer hat maͤn bisher nur jelacht. Wenn man aber erfährt, daß, wie jetzt »em „Westf. Merkur“ zufolge aus Chicago gemel— ꝛet wird, die Anhänger Most's sich zu militärischen Irganisationen vereinigen und nach preußischem steglement exerziren, so beginnt man doch dem Treiben dieser Leute, unter denen die Deutschen eider einen großen Prozentsatz einnehmen, etwas lufmerksamer zu folgen. Bereits am Danksagungs- age war es in Chicago zu einem kleinen Putsch ekommen, der aber im Keime erstickt wurde, und eit jener Zeit werden die Zeughäuser der Miliz in ener Stadt bewacht. Bisher war man in einer merikanischen Stadt nicht gewohnt, Soldaten wenn es auch nur Milizsoldaten sind) auf Wache iehen zu sehen, und die Chicagoer „Times“ hat eun auch ganz Recht, wenn sie meint, daß es ein ehr unerquicklicher Zustand der Dinge sei, wenn nan es nöthig finde, städtische Arsenale gegen An— zriffe von Leuten zu bewachen, die im Geheimen rerziren und deren ausgesprochener Zweck, Plün⸗ »erung, Raub und Mord sei. Das Blatt ist der Unsicht, daß solche Leute, die im Geheimen zu un⸗ jesetzlichen Zwecken Exerzitien abhalten, wie Räuber ind Mörder, welche es auf den Tod eines Bürgers ibgesehen haben, behandelt werden sollten. Die Zahl der sich an den militärischen Uebungen sich »etheiligenden Sozialisten schätzt man auf circa 2000 Mann! Sie zerfallen in drei Kompagnien: »en Lehr⸗ und Wehr-Verein, die böhmischen Scharf⸗ hützen und den Jägerverein. Die größte derselben st die erste. Einer der sozialistischen Führer jener „tadt hat einem ihn interviewenden Reporter ge⸗ enüber ausgesagt, daß sie durch das Gesetz von .879, welches ihnen verbot, öffentlich mit ihren Schießprügeln zu paradiren, gezwungen worden eien, ihre Exerzitien im Geheimen abzuhalten. zeder Mann besitze seine vollständige Ausrüstung u Eigenthum und bewahre dieselbe in seiner Woh⸗ jung auf. Wenn die Mostsche Bande in der bis⸗ serigen Weise fortfährt, so dürfte man eines schönen Tages auch in Amerika einen kurzen Prozeß mit hr machen. Deutsches Neich. Muͤnchen, 24. Januar. Se. Maj. hat sich uuf mehrere Tage nach Linderhof begeben. Die dierherkunft Allerhöchstdesselben, und damit die leichzeitige Verlegung des Hoflagers von Hohen⸗ chwangau nach München, wird, wie wir vernehmen, im 11. Februar erfolgen. Berlin, 24. Januar. Die freie wirthschaft⸗ iche Vereinigung des Reichstages beschloß heute uuf Antrag Schorlemer's, definitiv beim Reichstage zie Erhöhung des Roggenzolles und Weizenzolles zuf je drei Mark zu beantragen. Berlin, 26. Januar. Die Eisenbahnkommis⸗ ion des Abgeordnetenhauses genehmigte den Ver⸗ rag, betreffend den Bau der Eisenbahnen Braun⸗ chweig⸗ Hildesheim und Braunschweig⸗Gifhorn und as ganze Gesetz über den Erwerb von Pribvat⸗ »ahnen für den Staat. — Die Budgetkommission )es Abgeordnetenhauses genehmigte das Ertraordi⸗ iarium der Berge und Hüttenverwaltung und des Justizetats. Hamburg, 26. Januar. Die Polizei em⸗ fing am Freitag eine Denunciation, die Börse olle mittelst Dynamit in die Luft gesprengt werden. Ddie Polizei läßt seitdem die Börse bewachen. Kahrscheinlich ist das Ganze ein boshafter Scherz —M— Ausland. Paris, 26. Januar. Senatswahlen. Nach dem definitiven Wahlergebnisse sind gewählt: 67 Republikaner, 20 Konservative. Die Republikaner zewannen 22 Sitze. Fourtu und Broglie sind nicht wiedergewählt. Challemel Lacour, Wadding- son, Saint.Vallier sind wiedergewählt. Die Resul⸗ tate aus den Kolonieen fehlen noch. Paris, 26. Januar. Nach den nunmehr yorliegenden definitiven Ergebnifsen der gestrigen Senatswahlen (einschließlich der im zweiten Wahl⸗ jange Gewählten) find 67 Republikaner und 20 Fonservative gewählt worden. Die Republikaner jaben 22 Sitze gewonnen. Nom, 25. Januar. Einem Gerücht zufolge vird Italien ein Hilfekorps nach dem Sudan senden, alls General Wolseley's letzte Anstrengungen, die stebellen zu besiegen, fruchtlos blieben. Dasselbe Berücht cirkulirt auch in Deputirtenkreisen. London, 24. Januar. Heute Nachmittag anden hier 3 Explosionen durch Dynamit statt im Zarlamentsgebäude, in Westminsterhal und im Tower. Die Explosion im Parlamentsgebäude ichtete bedeutenden Schaden in den Räumen des dauses der Gemeinen und den Vorzimmern nächst dem Stuhle des Sprechers an. Die Centralhalle, vo die Couloirs der beiden Kammern auslaufen, st sehr beschädigt. Hinsichtlich der Verwundungen weier Polizeiagenten in Westminsterhall wird be—⸗ richtet, daß dieselben schwer sind und ihr Zustand ein sehr bebenklicher ist. Auch ein Besucher von Westministerhall wurde schwer verletzt. Die Ex— losion im Tower fand um 2 Uhr statt. In dem Theile des weißen Thurmes, wo Gewehrvorräthe ufbewahrt werden, waren gerade viele Besucher anwesend. Alle Fenster wurden zerbrochen und es hzrach Feuer aus. Dasselbe wurde bald gelöscht. Die Gebäude sind äußerlich unbeschädigt. Fünf hersonen sind verwundet, darunter zwei Frauen chwer. Bis jetzt sind noch keine Verhaftungen orgenommen worden. — Ueber die Explosion vird des Weiteren gemeldet: Wie die Untersuchung serausgestellt hat, muß ein Dynamitpacket in der weiten Etage des weißen Thurmes im sogenannten ganketsaal hinter eines der vielen Gewehrgestelle zelegt worden sein, denn mehrere hundert Gewehre ind beschädigt; auch ist sonst vielfacher Schaden angerichtet worden. Am Sonnabend war der Ein—⸗ ritt in den Tower frei, derselbe war in Folge dessen zahlreicher besucht, als an den anderen Tagen. Zur Zeit der Explosion befanden sich etwa 70 Menschen im weißen Thurm, wovon nur 4 verletzt wurden. Auch in das Parlamentsgebäude wird das Publikum nur Sonnabends eingelassen; ver⸗ nuthlich haben sich die Uebelthäter unter das Pu⸗ blikum gemischt und sind nach Niederlegung des Dynamits eiligst entlommen, Betreffs der Explosion m Westminster wird angenommen, daß beide Polizisten das auf der Kapellentreppe liegende Packet soeben aufgehoben hatten, als dasselbe explo⸗ zirte. Der Zustand Beider ist fast hoffnungslos. Auch mehrere andere in der Nähe befindliche Personen ssind verletzt. In Folge dieser Ex— Alosion sind viele Leute, welche sich in den Räumen »es Hauses der Gemeinen befanden, nach West⸗ ninsterhall geeilt, um die Ursache der Detonation lennen zu lernen, sonst hätte die gleich darauf olgende Erblosion im Hause der Gemeinen zweifel⸗ »o viele Menschenleben gekostet. Zwei verhaftele Jersonen wurden wieder freigelassen.