Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 7 St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wochentlich mit Unterhaltur gh⸗ Zlati und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich JI AM 60 A einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1) 78 O, einschließlig 40 — Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 H, Reclamen 830 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. — — 20. Jahrg. Politische Ueberficht. * Der Reichstag erledigte im Verlaufe seiner Freitags Sitzung in erster Lesung den Antrag Horsch, nach welchem die Verhandlung über die Be— rufung gegen ein schöffengerichtliches Urtheil auch dann stattzufinden hat, wenn ein Angeklagter vor dem Berufungsgericht zur Hauptverhandlung ohne genügende Entschuldigung ausgeblieben ist, sowie den Antrag Payer auf eine durchgreifendere Ermäßigung der Gerichtsgebühren. Letzterer fand auf allen Seiten des Hauses sympathische Aufnahme. Die Regierung schwieg. Man darf daraus wohl schließen, daß die Vertreter derselben nichts gegen den Antrag einzuwenden hatten. Der Reichstag verwies am Samstag den Ge—⸗ setzentwurf betreffend Ergänzung des Gerichts- berfassungsgesetzes an eine vierzehngliedrige Kom— mission. Fürst Bismarck hält jetzt fast täglich dem saiser Vortrag. Diese Thatsache ist auffällig lefunden worden und man hat bereits große Dinge ginter derselben vermuthet; auch die neuen deutschen Erwerbungen in Westafrika sind mit den häufigen Konferenzen des Kaisers und seines Kanzlers in Verbindung gebracht worden. Ohne Zweifel nehmen die kolonialpolitischen Fragen den Fürsten Bismarck gegenwärtig stark in Anspruch. Indessen hat sein regelmäßiges Erscheinen im Kabinet des Kaisers einen andern Grund. Fürst Bismarck vertritt nämlich den erkrankten Staatssekretär Grafen hatzfeldi. Er hat den größten Theil der lau— fenden Geschäfte auf seine Schultern genommen, und es erwächst ihm daraus naturgemäß eine Steigerung der Arbeitslast, die es wohl auch hin⸗ teichend erklärt, daß er dem Reichstage fernbleibt. Mit der Führung der Präsidialgeschäfte der afri— sanischen Konferenz ist der Unterstaatssekretär Dr. Busch betraut. Der Reichskanzler hat seit Wochen keiner Sitzung der Konferenz präsidirt. Ein offiziöser Berichterstatter meldet der „Schles. Ztg.“, daß Fürst Bismarkksich zur Zeit recht angegriffen fühle und daß man glaube, er werde sich von den Geschäften für einige Zeit zurückziehen. Trotz der eminenten Arbeitskraft des Unterstaats⸗ jekretärs Dr. Busch ist der Fürst⸗-Reichskanzler in Folge der Beurlaubung des Grafen Hatzfeld in letzter Zeit mehr als gewöhnlich zur Erledigung der laufenden Geschäfte des Auswärtigen Amtes heran⸗ gezogen worden. Käpitän Josef Fredicks, der Beherrscher von Bethanien in Südafrika, hat wie die „Weserztg.“ mittheilt, durch Vertrag vom 28. Oklober 1884 auch Bethanien unter den Schutz des deutschen Reichs gestellt. Einem Privatbriefe aus Bagida vom 28. Dez. entnimmt die „Wes.⸗Ztg.“, daß auch in diesem deui⸗ schen Schutz gebiede die Verhältnisse eiwas besorg⸗ nitzerregend geworden sind. Der deutsche Konsul wurde thätlich angegriffen und die deutsche Flagge »on Negern insultirt. Es ist zweifelhaft, ob diefen Ausschreitungen Einzelner ein großes Gewicht beizu—⸗ gen ist, aber es ist Thatsache, daß die dortigen Deutschen sich beunruhigt fuͤhlen und lebhaft nuch der Ankunft eines deutschen Kriegsschiffes sehnen, das den Negern Respekt einflößen sann! Diese er— auben fich Uebergriffe in Bezug auf das Grund⸗ eigenthum der Deutschen und bleiben zur Zeit un— gestraft. In der hinter der englischen Stadt Quittah zenden Negerbevölkerung zeigen sich auch Spuren der Unruhe und man glaubt, daß ein Angriff auf die Stadt nicht ausgeschlossen ist. Die Arbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten nimmt sehr überhand. Nach den amt⸗ ichen Fabrikberichten von 21 Staaten ist die Zahl zer unbeschäftigten Arbeiter auf 316000 festgesetzt, »och dürfte dieselbe auf 350,000 taxirt werden önnen. Es wären danach von 9 Indufrrie— Arbeitern je 1 brodlos. Die Berichte stellen fest, »aß auf allen Produktionszweigen ein Druck lastet. Ddie Eisen-Industrie weist die größte Ziffer der Urbeitslosen auf, circa 80,000 von 420,000 Eisen- Arbeitern. Die Abnahme der Beschäftigungen unter den Spinnern und Webern ist noch größer und stellt ich auf 27 pCt. (35,000 Personen); weitere 44,000 Arbeiter sind in der Bekleidungs⸗Industrie brodlos. Durch die neuesten Streiks sind 18,000 Personen rwerbslos geworden. Etwa 9000 davon sind Kohlen⸗ zräber in Ohio, Jowa, Tennessee und Pennsylvanien; in Ohio ist im Hockingthale ein wirklicher Nothstand usgebrochen. — Der auf der Industrie lastende Druck hat die Bildung von Gewerbe⸗ resp. Gewerk⸗ »ereinen sehr gefördert und im Allgemeinen haben diese Vereine auch gute Erfolge erziehlt, wenigstens sind in den Ortschaften, wo solche Vereine bestehen, die Arbeiter⸗Entlassungen und Lohnherabsetzungen nicht so bedeutend gewesen. — Wie lange diese Nothstände noch andauern werden, ob überhaupif emals eine durchgreifende Besserung eintreten wird, ind Fragen, die nicht leicht zu beantworten sind; aber obige Zahlen dürfen an die deutschen Arbeiter die Mahnung richten, die Auswanderung zu unter⸗ lassen, wenn sie nicht eine feste Aussicht auf Stel⸗ lung hinüberführt. Deutsches Reich. Müunchen, 9. Februar. Der Generalsekretär des Landwirthschaftlichen Vereins, Prof. May, hat auf Grund von Zusendungen aus verschiedenen Gegen⸗ den des Königreichs die durchschnittlichen Produktions- osten für Getreide wie folgt ermittelt: 1Ctr. Weizen MN. 7,82, 1 CEtr. Roggen M. 7,80, 1 CEtr. Hafer M. 6,09, 1 CEtr. Gerste M. 5,46. Damit werde die Thatsache konstatirt, bemerkt Prof. May, daß die gegenwärtigen niedrigen Preise für Weizen und Roggen zum Mindesten auf das Niveau der Pro« »uklionskosten gesunken sind und daß in Ermange— ung erhöhter Getreidezölle namentlich die Weizen⸗ ind Roggenproduktion statt entsprechenden Gewinn erheblichen Verlust zur Folge haben muß. Berlin, 9. Febr. Die heutige Versammlung »on Vertretern der Seestädte nahm Resolutionen an, welche sich gegen die Erhöhung der Getreidezölle, owie gegen eine vrocentuale Börsensteuer aussprechen. Ausland. Paris, 9. Februar. Es ist keine Befürchtung vegen ernstlicher Ruhestörungen vorhanden. Eine jenügende Anzahl von Polizisten verhindern auf em Opernplatz und dem Boulevard jede Menschen- insammlung. In mehreren Kasernen sind die Truppen konsignirt. — Die Regierung hat heute Morgen Nachrichten übher einen neuen Sieg des Henerals Brière erhalten. Rom, 9. Februar. Der Ministerrath hat beschlossen, 20 000 Mann nach dem Sudan zu senden und einen Credit von zwanzig Millionen dire von den Kammern zu verlangen. Rom, 9. Februar. Gestern Abend fand ein Ministerrath statt. Der Marineminister erhielt iachfolgende Depesche des Admirals des italieni⸗ chen Geschwaders aus Suakin vom 8. d. M.: Ich habe mit den Schiffen „Amerigo Vespucci“, „Gottardo“ und „Garibaldi“ am 5. d. Mts. vor Massauah Anker geworfen, Truppen und Mateosen ausgeschifft und die italienische Flagge an der egyp⸗ ischen Küste aufgehißt. Nom, 9. Februar. Nachrichten aus Su akim besagen, Admiral Cuimi landete einen Theil seiner ital.) Streitkräfte widerstandlos und wurde von den Eingeborenen freundlich aufgenommen. Lokale und pfälzische Nachrichten. * St. Ingbert, 10. Februar. Morgen findet dahier unter Leitung des Herrn Hauptlehrers dagenbucher für die Schuͤldiensiexspektanten der beiden Kantone St. Ingbert und Blieskastel die erste besondere Fortbildungskon— ferenz pro 1885 statt. * St. Ingbert, 10. Februar. Von dem zestrigen Jahrmarkte dahier läßt sich nicht viel agen. Einige Küferei- und Schuhwaaren nebst etlichen anderen Kleinigkeiten, das war so ziemlich UAlles, was zu haben war. — Laut Regierungsbeschluß an die Distrikts⸗ schulinspektoren der Pfal z wurde denselben eröff⸗ net, daß die öffentlichen Jahresschlußprüfungen an den Volksschulen mit dem 23. April d. Irs. be—⸗ endigt sein müssen, wobei die neue und jedenfalls praktische Bestimmung ist, daß der Anfang hiezu edem Einzelnen der Inspektoren überlassen bleibt, 'ndem die Zahl der ihnen unterstellten Schulen den Ausschlag gebe, ob der Beginn dieser Prüfungen rüher oder später festzusetzen sei, um dieselben dor Schluß des Schuljahres erledigt zu haben. Ebenso »ürfte es in Lehrerkreisen nicht uninteressant sein zu hören, daß man von höherer Stelle ausdrüclich den Wunsch aussprach, nur bei außerordentlichen deistungen in der Schule die Note J zu ertheilen. Bezüglich der Erstkommunikanten wird erwähnt, bei denselben in der letzten Woche ihrer Vorbereitung je nach Bedürfniß für den besonderen sogenannten Pfarrunterricht und im Einvernehmen mit ihrem betreff. Herrn Pfarrer in Bezug auf Schulbesuch ine angemessene Berücksichtigung obwalten zu lassen. — Zweibrücken, 9. Februar. Auf bden hütern der prot. Kirchenschaffnei Zwei— rüsccken wird seit einigen Jahren eine sehr schöne Berstensorte gebaut, Pedigres genannt. Diefelbe ieferte sehr hohe Erträge, hat ein prachtvolles Aussehen und eine vorzügliche Keimfahigkeit. Wegen ieser hervorragenden Eigenschaften ist sie für Brauerei- und Brennereizwecke sehr geeignet und s kann der Anbau derselben in unserer Gegend iur empfohlen werden. Schon auf dem landwirth⸗ chaftlichen Feste in Oberauerbach erregte sie die Aufmerksamkeit aller Festgäste und wir halten es m Juteresse aller Landwirthe unseres Bezitkes, auf die Gerstensorte wiederholt aufmerksam zu machen. Behört doch gerade die Brauergerste zu denjenigen Betreidearten, für die sich ein günstiges Absatzfeld zietet. Auch sind Boden und Klima des Bezirks Zweibrücken dem Gerstenbau günstig. Wie wir vernommen. hat die Kirchenschaffnei ungefähr 20