Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. r· n * * der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmalr Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltun g giatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteliahrlich 1.4 60 4 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.4 75 ⸗ einschließin. i0 ñ Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum betrãgt bei Iuseraten aus der Pfalz 10 B., bei außerpfalzischen und solchen auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 15 , Neclamen 80 B. Bei 4maliger Einrücdung wird nur dreimalige berechnet. sJ. M 53. Sonntag, 15. März 1885. 20 Jahrg. z Politische Uebersicht. * Deutsches Reich. München, 18. März. In der gestrigen Bismarck⸗Feier von Korpsstudenten u. s. w. wurde olgendes Telegramm an den Kanzler gesandt: Dem großen Kanzler des deutschen Reiches bringen Tausend Korpsstudenten und Korpsphilister zur Vorfeier seines 70. Geburtsfestes vereinigt ein be— jeistertes Hoch. Lange leuchte noch sein Stern dem ʒeutschen Vaterland. Im Namen des präsidirenden dotps „Frankonia“ Rudel, stud. jur.“ Darauf ist im Laufe des Abends folgende Ant⸗ vort eingetroffen: „Mit verbindlichem Dank für reundliche Begrüßung wünsche jedem der tausend dommilitonen seiner Zeit einen fröhlichen 70. Ge⸗ burtstag. v. Bismarck.“ nach entwickeln. Bei dem hier in Frage kommenden Anternehmen nun, ist hauptfächlich zu berücksichtigen, daß dasselbe seine Kundjschaft mitbringt, folglich ür seine Produkte vollen AÄbsatz hat, umsomehr als Rie Herren Schuler — Schmid nur jene feineren Barnnummern erzeugen, die bisher in Deutschland nicht angefertigt wurden, woraus mit Sicherheit ibzusehen ist, daß die hier zur Arbeit gelangenden deute dauernde Beschäftigung finden. Ueber die spätere Ausdehnung des Werkes läßt ich heute ein Urtheil nicht wohl fällen. Wenn nan aber von anderen Orten, wo Spinnereien nntstunden auf St. Ingbert rüchschließen darf, so ann wohl angenommen werden, daß in absehbarer Zeit außer der Vergrößerung der Spinnerei selbst, uuch Weberei und Zwirnerei eutslehen werden. Ddurch die Bedürfnisse neu entstehender Werke et— olgt sicher eine Ausdehnung der Vorhandenen und ine dementsprechende größere Beschäftigung und Nachfrage nach Arbeitskräften. Mit der Nachfrage vächst auch der Preis der Waare, in vorliegendem Falle also der Verdienst der Arbeiter. Vorzugsweise werden in der Spinnerei Frauen und Mädchen zur Beschäftigung gelangen und wird allerdings der Anfangslohn kein sehr großer sein, )a ein längeres Anlernen, besonders für die feineren Barne noͤthig ist und der Fabrikant in erster Zeit iicher ein größeres Quantum nicht gut abzusetzender Waare erhält. Die Fabrik kann also selbst bei iesen niederen Anfangslöhnen einen Vortheil nicht jaben und wird in Folge dessen von selbst ge⸗ wungen, tüchtige angelernte Kräfte zu erhalien und entsprechend zu bezahlen um eine Waare liefern zu können, deren Qualität jener des Auslandes entspricht. Gerade das Anlernen schließt die von dem Forrespondenten des pfälzischen Volksblattes ge⸗ ürchtete gegenseitige Concurrenz decr vielen hundert Jungfrauen von St. Ingbert aus und wird sich ein Arbeitslohn von selbsi entwickeln, welcher der nöthigen größeren Fertigkeit der Arbeiterinnen entspricht. Die weitere Befürchtung, daß durch Beschäftig⸗ ung von Frauen und Madchen der Lohn der männñ⸗ lichen Arbeiter, ja sogar die Summe der von einer Familie verdienten Löhne, kleiner sein soll, als jener, den der Mann bisher für sich allein bezog, ist, ge⸗ inde ausgedrückt, unverständlich, da es keinem Arbeitgeber einfallen kann, die Lohnhöhe seiner deute je nach der Beschäftigung ihrer Familienan⸗ jehörigen zu normiren, weil sich eben die Höhe des dohnsatzes nur nach der Nachfrage nach Arbeit cichtet und von sonst überhaupt KHichts abhängig st. Als Beweis gegen vorstehende Befürchtung ann angeführt werden, daß Fabriken in Pirmasens. ebenso in Forbach ꝛc. Familien beschäftigen, welche ein monatliches Cinkommen von weit über 300 Mark beziehen. Bezüglich der Arbeitszeit in der geplanten Fabrik hat Herr Schuler mit Bestimmtheit versichert, daß Nachtarbeit nicht stattfünde, schon aus Rücksicht auf die Schwierigkeit, welche die Herstellung der feinen Barnnummer mit sich bringe, und wird daher die Befürchtung, daß durch die Nachtarbeit die Moral zeschädigt werde — wenn dies überhaupt der Fall — vorweg hinfällig. Aber auch wenn die Nacht⸗ arbeit stattfande, wird das Standesregister später ꝛein Sinken der Moral nicht nachweisen, wenn man don anderen Orten wo Frauenarbeit stattfindet auf S„t. Ingbert Rückschlüsse machen darf. In sänitärer Beziehung wird die Spinnerei auf unsere weiblichen Arbeiier nicht ohne günstigen Finfluß bleiben, da die darin beschäftigten Leute in gut ventilirten Räumen Aufenthalt finden, der jedenfalls der Gesundheit derselben zuträglicher sein wird, als jener in den engen Wohnungen. Außer⸗ dem werden diese Mädchen an Ordnung und Ar—⸗ heitsamkeit gewöhnt, tauglicher in ihren späteren Beruf als Hausfrau eintreten. Die von dem Gemeinderathe genehmigte Maxi⸗ nalsumme zum Ankauf von Ländereien beträgt nicht wie der Artikel sagt, 15 bis 20,000 Mark, sondern nach Aussage des Herrn Bürgermeisters Mi. 12,000 und hat somit der Correspondent aus falscher Quell⸗ neschöpft. Auch wir wünschen mit ihm, daß es der Stadt⸗ derwaltung möglich würde, größere Unternehmungen für Beschäftigung männlicher Arbeiter hierherzu⸗ bringen, aber ohne dabei die jetzt günstige Ge⸗ legenheit für Frauenarbeit außer Acht zu lassen. Was nun die in den drei letzten Jahren hier entstandenen kleineren Fabriken betrifft, ist es selbst⸗ zerständlich, daß dieselben nicht in der Lage waren »en Wohlstand dvon St. Ingbert zu heben und öonnen dies auch größere, hinzukommenden Werke merklich so lange nicht, bis hinteichende Beschäftig⸗ ung für Alle gefunden. Es muß deshalb Jeder, auch der kleinste Unter⸗ iehmer, der Arbeit bietet, mit Freuden begrüßt verden, damit wir endlich dahin kommen, Al⸗ zu peschäftigen. Erst dann, wenn ziemlich Alle Arbeit jefunden, wird der Lohn der Arbeit steigen, dann erst der Wohlstand anfangen sich merklich zu heben und wir werden schließlich dort angelangt sein, wo jetzt jeder ehrlich und aufrichtig Denkende hinstrebt, nämlich: Verkehr und Umschlag durch die Industrie zu schaffen, da der Äckerbau dies hier nicht vermag. Wir geben uns der Hoffnung hin, daß die Unter⸗ handlungen mit der Firma Schu ler⸗2Schmid zu einem günstigen Abschluß führen werden und daß alle, denen das Wohl St. Ingberts und dessen Arbeiterbevölkerung am Herzen liegt, dazu beitragen, die vorhandenen Schwierigkeiten zu beseitigen um as Unternehmen St. Ingbert zu sichern. — Zweibrücken, 12. März. In den Schwurgerichts · Sitzungen des 1. Quartals 1888 ommen folgende Fälle zur Verhandlung: 1) AUm 16. März, Vormittags 8 Uhr? Peter Dick, 24 Jahre alt, Steinabrichter von Föckelberg, wegen Münzverbrechen. 2) Am' 16. März, Nachmittags 3 Uhr: Ludwig Cornicius, 19 Jahre alt, Kellner bon Speyer, wegen Brandstiftung. 8) Am 17. März, Vormittags 8 Uhr: Ludwig Werling J., 59 Jahre alt, Ackerer aus Hatzenbühl, wegen Todtschlagss. 4) Am 18. Maärz, Vormittags 8 Uhr: Michael Bläite, 23 Jahre alt, Ackerer von Rödersheim, wegen Nothzuchtsversuchs. 5) Am 19. Marz, Vormittags 8 ühr: 1) Gustav Wolf, 13 Jahre alt, Tapezier; 2) Salomea Sicius, 39 Jahre alt, Ehefrau von Gust. Wolf, beide in Kai— erslautern, wegen betrügerischen Bankerults. —. Die Bismarckspende im ganzen Kanton Frankenthal mit Ausnahme der Gemeinde dambsheim hat 1367 Mtk. 62 Pf. ergeben, da⸗ cunter 992 Mk. 10 Pf. aus der Stadt Frankenthal. —7 Speyer, 12. März. Der Siadtrath hat das Projelt, einen Saalbau oberhalb der Frucht⸗ jalle zu errichten, mit allen gegen drei Suͤmmen jenehmigt. — Die Sammlung für die Bismatd. Auslaud. Paris, 18. Maärz. In den hiesigen diplo— natischen Kreisen wird, authentischen Informationen aus London und Petersburg zufolge, an der Ueber⸗ zeugung festgehalten, daß der russisch-englische Con⸗ ltt eine friedliche Löosung finden wird. Bei dem gestrigen diplomatischen Empfange im Auswärtigen Amte hat Ferry mehreren Botschaftern bezügliche sehr beruhigend lautende Depeschen des franzoͤsischen botschafters in Petersburg mitgetheilt. London, 12. März. Die Börse war gestern und heute panikartig bewegt. Es herrscht absolute heschäftsflaue, weil man annimmt, daß England, venn der Krieg mit Rußland einmal erklärt würde, enschlossen sei, denselben nicht in Afghanistan zu olalisiren, sondern die Flotte nach Kronstadt sen⸗ den, bezw. mit dem Sultan einen Vertrag wegen des Schwarzen Meeres abschließen würde. kokale und pfalzische Nachrichten. P, St. Ingbert, 15. Marz. Im pfälzischen bollsblatte Ne. 84 vom 6. März erschien ein Ar⸗ iilel aus hiesiger Stadt über die bon einer schweizer deselschafi am hiesigen Orle zu errichtenden Spinnerei, yer den Zweck haben soll, dem Unternehmen ent⸗ egen zu arbeiten, weichem von fast sämmtlichen siesigen Einwohnern das größte Interesse entgegen Jebracht wird. Thatsächlich fehlt es, wie der Artikel zugibt, einem Theil der arbeitenden Bevölkerung St. Ing⸗ derts an lohnendem Verdienst und hat unser Stadt⸗ ath in richuiger Würdigung dieser Verhältnisse, die ich bietende Gelegenheit ergriffen, der gedachten Spinnerei den Bauplatz unentgeldlich zur Verfügung u stelen, damit das detreffende Etablissement Si. dagbert gesichert und dadurch wenigstens einem deiteren Theii der Bevölkerung neuer Verdienst zu⸗ eführt werbe. Die Herren Schuler — Schmid ben dem Stadtrath gegenüber die bestimmte Er⸗ lrung abgegeben, sogleich die Einrichtung für D. Ood Spindeln zu treffen und somit Veschäftig- ng für circa 70 Arbeiler dorerst zu schaffen. So— iald aber die Montage der ersten 5000 Spindeln ndet ist, beginm der Vetrieb derselben mit circa Mbis 35 Arbeiter, wahrend die Montage der brigen 5000 Spindeln ununterbrochen fortgesetzi nd die zuerst angegebene Zahl von 70 zu Thätig⸗ leit gelangt. IEs ist selbstperständlich auch einer Spinnerei wdensowenig wie jedem anderen industriellen Unter- whmen, möguch sofort mit hunderten von Arbeitern au beginnen“ und muß sich dieselbe erst nach und