St. Jugherter Amzeiger — F ä 48 1 Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 7 St. Jugberter Anzeiger erscheint wbchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltungb⸗ blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blat kostet vierteljiährlich 1 A 60 4 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 14 75 —, einschließlich 0 A Zustellungzgebahr. Die Einruckungsgebühr far die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfalzischen und solchen auf welche die Erxpedition Auskunft ertheilt, 18 H, Neclamen 30 8. Bei 4maliger Einrudung wird nur dreimalige berechnet. M 1I04. —— * Deutschlands Konflikt mit Zanzibar. Es konnte nicht ausbleiben, daß Deutschland n seiner Kolonialpolitik manche Hindernisse auch criegerischer Natur zu überwinden hat. da sich neben den Kolonien oft unerwartet ganz feindselige Nach⸗ datn bilden, denen die Macht Deutschlands erst zezeigt werden muß. So ist auch in den letzten Dochen ein Konflikt zwischen dem deutschen Reiche und dem kleinen an der Südostküste Afrikas ge⸗ jegenen Sultanate Zanzibar eutwickelt, was um so merkwürdiger ist, weil der Sultan lange Jahre ein Freund und Verehrer Deutschlands war und ror denigen Monaten noch den deutschen Generalkonsul dr. Kohlfs mit Auszeichnung empfangen hat. Man st deßhalb wohl nicht auf falscher Fährle, wenn nan annimmt, daß der Sultan von Zanzibar in Folge von Hetzereien der Englander den Schwaben⸗ ͤreich gegen die Kolonie der deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft unternommen hat. Die deutsche Re— gierung wird indessen sich davon nicht einschüchtern uͤfsen und der Suitan wird dafür büßen müssen. der Thatbestand ist folgender: Der Sultan von Zanzibar hat gegen die Erwerbungen der deutsch⸗ tafrikanischen Gesellschaft protestiert, noch mehr, ei hat in völliger Hinwegsetzung über die rechts- zültig abgeschlossenen Verträge der Gesellschaft etwa 300 Soldaten unter dem Befehle seines Generals Mathews in die deutsche Kolonie einrücken und den dazu gehörigen Ort Mtondgwa besetzen lassen. Was der Suiltan gethan hat, ist ein gewaltsamer Tingriff in fremde Rechte. Denn die Rechte der Deusch ostaftikanischen Gesellschaft sind in jeder Beziehung unbestreitbhar. Sie sind erlangt durch rechtsgülige Verträge mit Hauptlingen deren Souveränũuat von dem Sultan bisher nicht unge⸗ jochten war. Im Gegentheil hat der Sultan da⸗ durch, daß er von den aus dem Inneren kommen⸗ den Waaren an der Küste Zolle erhob, volkerrecht⸗ ich anerkannt, daß jenes Gebdiet dem seinigen Jegenüber Ausland sei. Ueberdies hat ein im Innern lebender Agent des Sultans dem Herrn De. Karl Peters gegenüber schriftlich bestätigt, daß sein Herr, der Sultan, auf jene Landestheile keinen Anspruch irgend welcher Art erhebe, wie denn auch hatfächlich den Häuptlingen des Binnenlandes der Sultan von Zanzibar meist nicht einmal mit dem Ramen nach bekannt war. Auf Grund dieser Thatsachen hat der Kaiser seiner Zeit für die Er⸗ verbungen der Deutsch⸗ostafrikanischen Gesellschaft den Schutzbrief ausgestellt, und hieraus ergeben sich Jegenüber der Rechtsbverletzung des Sultans nun⸗ mehr von selbst Abwehrmaßregeln, über welche nähere Mittheilungen zu machen einstweilen nicht wecmaßig erscheint. Die Situation des Sultans ann bei einem Konflikte mit dem deuischen Reiche uuf seiner ringsum von der Sre her leicht zu⸗ Jänglichen Insel keine besonders günstige sein. Für das Direktorium der Deutsch⸗ostafrikanischen Gesell⸗ —X ergeben sich aus den gegenwärtigen Verhält⸗ ussen in Zanzibar weiter keine Hemmnisse, als aß sie bis zur Beilegung des Konfliktes weitere Auswanderer nicht zur Üebersiedelung ermutkiat. Politische Uebersicht. Von der Regierung zu München ist das Prä— idium des Bayerischen Handwerkerbun— des benachtichtigt worden, daß das Kriegsministerium Re Kommando- und Verwaltungsbehörden ange— Samstag, 30. Mai 1885. J 20. Jahrg. wiesen habe, bei Vergebung von staatlichen Sub⸗ nisfionen und Lieferungen in Zukunft die Inn⸗ ungen bei gleichem Angebote vorzugsweise zu be⸗ rücksichtigen. die Ausführung seines Planes verzichtete. Wenn diese Angaben richtig sind, so ist anzunehmen, daß Herr Cecchi noch etwas mehr als die Erforschung der betreffenden Gebiete beabsichtigt hat. Gerade in den letzten Tagen ist die Nachricht eingelaufen, daß italienische Agenten sich viel beim Sultan von Zanzibar zu schaffen machen, während dieser sich sehr feindselig gegen Deutsche zeigt. Der Herzog v. Cumberland soll an die europäischen Höfe ein Rundschreiben erlassen haben., in welchem er gegen das Vorgehen Preußens m Bundesrath protestirt und es als eine Verletzung des Völkerrechis bezeichnet. Des Völkerrechts? Welches Volk ist denn verletzt? Die Braunschweiger vollen ja den Herzog nicht. Wir haben gestern erwähnt, daß aus den deutschen zriegsschiffen, Prinz Adalbert“, „Stosch“ und Elisabeth“ eine Eskadre gebildet wird, die bei Zan zibar Stellung nehmen soll. um dem Sultan Kaison beizubringen. Der ‚Borsen⸗Ztg.“ zufolge würde das Geschwader nicht allein im Namen Deutschlands, sondern auch in dem, der Congo— Aijociation operiren. Der Kalkutiaer Korrespondent der Times“ weiß viel von den Vorbereitungen zu erzählen, velche in Afghanistan getroffen werden, um der von Norden her drohenden Gefahr zu begegnen. In Candahar herrsche große Thätigkeit; es werden Truppen nach Herat vorgeschoben und Eskorten oxganifirt, und eine Abtheilung Artilleristen stehe in Bereitschaft. um mit den aus Indien erwarteten chweren Geschützen vorzurücken. Der Emir zeige jroße Enerrgie, und sobald die Pässe üder den Hin⸗ zuh Kush schneefrei sind, beabsichtige er, die Gar⸗ aisonen im afghanischen Turkestan zu verstärken und verde sich wahrscheinlich selbst dorthin begeben. In tabul werden mehrere neue Regimenter gebildet, die mit den von England gelieferten Gewehren be⸗ vaffnet werden sollen. In Nepaul hat eine große Revue der stehenden Armee jenes Landes stattge⸗ unden, die sich schon seit mehreren Monaten für »en aktiven Dienst in Afghanistan vorbereitet hat. Die Revue wurde am 14. ds. in Katmandu abge⸗ zalten. Der britische Resident erhielt von dem Premierminister eine formelle Einladung zu der stebue, bei welcher sich 14,000 Mann Infanierie, nußer der Artillerie betheiligten. Die Infanterie var in 26 Regimenter eingetheilt. Die Sietigkeit der Truppen war merkwürdig; und da der Muth und die Ausdauer der Nepaulesen nach der Mein⸗ ing des Korrespondenten irgend welchen Truppen n der Welt ebenbürtig sind, so wird dieses kleine Armeekorps einen werthvollen Juwachs zur eng⸗ ischen Kampfkraft bilden. Die Kommandoworie vurdenn alle in englischer Sprache gegeben. Beim Schlusse der Revue drückte der britische Resident das große Vergnügen aus, welches er beim Anblick eines so großen Truppenkörpers empfunden habe, ,der in jeder Beziehung — sowohl im Drill wie in der Disziplin — wirkungsvoll und bereit ist, im Falle der Noth als unser Bundesgenosse ins Feld zu rücken.“ — Admiral Sir Geoffrey hornb y, der Marine⸗Oberbefehlshaber in Ports⸗ mouih hat den Oberbefehl über die Flotte von 15 Panzerschiffen, die in Kurzem nebst den dazu ge⸗ hörigen Torpedobooten und anderen kleinen Fahr⸗ jeugen zusammengezogen werden soll, erhalten. Die „Pall Mall Gazette“ beglückwünscht das Land und die Amiralität zu dieser Ernennung, und fügt hin⸗ zu, England möge jetzt versichert bleiben, daß. wenn es mit einem Angriff bedroht würde, der allerbeste Mann seine Haupiflotte befehligt. Das Geschwader vird in Kurzem eine Kreuzungstour an der irischen üste behufs Ausführung einiger wichtiger Evolu⸗ tionen unternehmen. Gegen die AUsweisungen an unserer Russischen Grenze werden in Polen Repressalien geübt. Das „Liegn. Siadibl.“ schreibt: „In Liegnitz iraf dieser Tage ein Zimmerpolier aus Ricolstadt mit seiner Familie ein. welche 22 Jahre in Warschau gewohnt hatte, als er und mit hm viele Andere den ruffischen Boden verlassen mußßten. Den Leuten wurde zur Noth Zeit ge⸗ lassen, ihre Habfseligkeiten für Schleuderpreise zu dersilbern, dann wurden fie zusammengehholt und —X Die Behandluͤng und Verpflegung unterwegs spottete eder Beschteibung. In Stallen und Schuppen wurde genächtigt, ohne Rücksicht auf Stellung und Namen des Einzelnen; an den Halteorten wurde einer bestimmten Zahl der Transportirten ein Eimer mit einem Gemisch von Erbsen, Reis, Hirse, Kraut u. s. w. vorgesetzt und sie mußten ohne jedes Ge⸗ schirr mit den Händen oder mit Brodkrusten essen. An der Grenze nahm man ihnen die Baarschaft ab und ließ sie gehen, dem oben erwähnten Zimmerwann nahm man 55 Rubel ab Bezuͤglich der in der Presse zirlulirenden Ge— rüchte von einer nahe bevorstehenden Entrevuc der drei Kaiser meldet die „Pol. Korr.“ aus Petersburg. daß solche Gerüchte, jedenfalls verfrüht eien, fügt aber hinzu: Es ist eine Thatsache, daß Zaiser Rlexander III. den Besuch des Kaisers Franz Joseph im Laufe des Sommers oder des Herbstes erwidern wird; es ist jedoch weder in Betreff des Ortes, noch in Betreff des Zeitpunltes der Zusammenkunft bisher irgend etwas Definitives vereinbart. Die eventuelle Begegnung der drei Monarchen scheint in erster Linie von den Um⸗ ständen abzuhängen. Der Afrikareisende Cecchi hat darauf verzichlet, den Lauf des Ju ba in Ostafrika, zwischen Zanzi⸗ bar und dem Gebiet der Somali's zu untersuchen Die „Indép Belge“ dehauptet, hieran sei Deutsch⸗ land schuld. Fürst Bismarck habe Herrn Mancini wissen iassen, daß die Länder, die Herr Cecchi erforschen wolle, in die Machtspäre des deutschen Schutzgebietes fallen, und daß Deutschland die dander⸗ Jagd auf seinem Gebiete nicht dulden werde herr Mancini habe dementjprechend dem Comman ˖ danten des Expeditionsdampfers „Barbarizo“ die udthigen Weisungen gegeben, worauf Cecchi aul Deutsches Reich. Berlin, 26. Mai. Die nächste Sitzung des Bundesrathes wird am 4. Juni stattfinden. Die Meinung der „Kreuzzeitung“, daß in dieser Sitzung die braunschweigische Angelegenheit noch nicht zur Verhandlung kommen werde, weil dieselbe eine eingehende Berathung erfordere, halten wir nicht für zutreffend. Fürst Bismarck wird gewiß die Beschleunigung der Angelegenheit wünschen.