Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmalz: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ glalt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1.4M 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 78 40, einschließlin 0 ⸗Zuflellungsgebahr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I5 89, Neclamen 30 A. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 165. Montag, 24. August 1888. 20. Jahrg Die Erwerbung der Karolinen⸗ — Politische Uebersicht. zu liefern und die große Masse des russischen Volkes gleichgiltig zu lassen. Die Liberalen Ruß lands müßten mit geistigen Waffen kämpfen und die nihilistischen Ideen aus ihrem Ideenkreise ver⸗ hannen. Ob diese Mahnung an die noch vorhan⸗ denen Nihilisten etwas hilft, muß freilich abge⸗ wartet werden. Inseln durch Deutschland. * Das Befinden des Kaisers ist an— pauernd ein gutes und kann sich derselbe täglich den laufenden Regierungsgeschäften widmen. Am etzten Freitag hatte der türkische Botschafter Said hJascha die Ehre, von dem Kaiser in besonderer Zrivat Audienz zur Ueberreichung, eines Hand⸗ chreibens des Sultan empfangen und bald darauf zur kaiserlichen Tafel gezogen zu werden, zu welcher außerdem auch der türkische General Hobe Pascha der Staatssekretär des Aeußern Graf von Hazzfeldt, die Staatsminister Dr. Friedberg und Dr. Lucius, der deutsche Botschafter in London Graf Münster u. s. w. mit Einladungen beehrt worden sind. Man bringt diesen Vorgang vielleicht nicht mit Unrecht in Verbindung mit der egyptischen Frage, welche auf den Vorschlag Deutschlands durch ein gemeinsames Vorgehen der Türkei und Englands ihre Lösung finden soll. Als vor einigen Tagen die Nachricht bekannt purde, daß die deutsche Regierung. von den Karo⸗ linen · Inseln im Stillen Ocean Besizz ergriffen habe, wurde sofort von Madrid aus die Ansicht geltend gemacht, daß Spanien ältere Rechte auf die Inseln jabe. Bei der großen Umsicht, welche indessen der deutsche Reichskanzler in der Kolonialpolitik ent⸗ jaltet, mußte von vorn herein bezweifelt werden, daß diese Angabe Spaniens stichhaltig sei. Von panischen Zeitungen, zumal von solchen, welche der gegenwärtigen Regierung Spaniens feindlich zesinnt sind, wurden natürlich die Hetzereien gegen Deutschland wegen der angeblichen Verletzung panischer Rechte fortgesetzt, inzwischen hat aber die panische Regierung zugeben müssen, daß sie bis etzt eine thatsachliche Besitzergreifung der Karolinen⸗ Inseln nicht vollzogen, sondern nur versucht hat. )eutschland besitzt also sehr wohl das Recht, diese serrenlosen Inselchen des Stillen Oceans als sein kigenthum zu erklären. Den Spaniern kann wohl nachgerühmt werden, daß sie vor mehr als drei⸗ hundert Jahren, wahrscheinlich im Jahre 1526 die darolinen⸗Inseln entdeckt, aber sonst sich nicht weiter um dieselben bekümmert haben. Uebrigens ist auch nicht einmal die ganze Inselgruppe von den „paniern entdeckt und befahren worden, sondern dies geschah erst zu Anfang dieses Jahrhunderts durch den russischen Kapitän Lütke, aber auch die Russen haben sich auf den Karolinen-Inseln nicht estgesetzt. Die Karolinen⸗Inseln sind übrigens gar ücht besonders werthvoll, sie bestehen zwar aus ast fünfzig Inselgruppen, die Inselchen sind aber neistens kleine, geringwerthige Koralleninseln und zählen insgesammt nur 6 Quadratmeilen Flächen⸗ mhalt mit ungeführ 25,000 dem mikronesischen Menschenstamme an gehörenden Einwohnern. Einzelne Inseln sind allerdings werthvoll, zumal die fünf hoch⸗ elegenen Palau, Eap, Ruk, Ponape und Kusaie. Diese ind gut bewässert und haben eine herrliche Vege⸗ ation. Außerdem wären als größere Karolinen⸗ Inseln noch Mapia im Süden, Ulutsi im Norden und Tobi im Westen zu nennen. In Bezug auf Kolonie-Gründungen würden diese Inseln nun wohl nur nebensächlich in Frage ommen, wahrscheinlich hat die deuische Regierung aber die Absicht auf den Karolinen-Inseln bedeu— tende Schiffsstationen zu errichten, die für unseren Schifffahrtsverkehr mit den fernen östlichen Welt⸗ heilen von großer Wichtigkeit sind. Uebrigens soll auch der Fang von Fischen und Schildkroöten auf nigen Inseln der Karolinengruppe sehr lohnend in und sind dieselben auch eine beliebie Siation ür die Waldfischsanger. Die KarounenInseln wären daher auch nach der wirthschaftlichen Seite sin eine nicht gerade zu verachtende Erwerbung für den deutschen Unternehmungegeist. Die Vewohner ꝛer flachen Inseln sind zumeist zutraulich und steundlich und dahbei friedliebend, geschikt und be⸗ daht. Sie haben seit fast 100 Jahren einen un⸗ unterbrochenen Verkehr mit den Bewohnern der Jachbarinseln gefuhrt und sich sogar in neuester deit auf diesen niederzulassen angefangen. Dagegen gelten die Bewohner der hohen Inseln für unruhiger e kriegslutiger. Ihre Verbindungen mit den kuropäern datiren erst aus der neueren Zeit. *Die englische in der afghanischen Grenzfrage hartbedrängte Regierung kann erleichtert aufathmen, denn nicht nur Londoner sondern auch Petersburger Zeitungen melden, daß die russische Regierung nach Empfang einer an Ort und Stelle aufgenommenen Spezialkarte der afgha⸗ nischen Grenze sich entschlossen habe, auf die Ein— verleibung des Zulfikarpaßes zu verzichten. Damit wäre nun auch der letzte Zankapfel in der afgha⸗ nischen Frage beseitigt. Deutsches Reich. *In politischen Kreisen kursirt ein Gerücht, wonach der deutsche Reichskanzler Fürst Bi⸗marck, der russische Minister v. Giers und der englische Minister Marquis v. Salisbury eine Zu⸗ 'ammenkunft haben würden, um über die Regelung des afghanischen Grenzstreitcs eine endgiltige Ver⸗ einbarung. zu treffen. Der unerquicklichen Lage dieses Grenzstreites entsprechend dürfte man sich in London wie in Petersburg wohl micht ungern der Bermittelung Deutschlands bedienen, doch muß ersi noch die Bestätigung obiger Nachricht abgewartet werden. Berlin, 22. August. In der heutigen fünf— stündigen Plenarsitzung der Telegraphen ⸗Konferenz wurde, nachdem Fribourg (Frankreichj die ganzen sehr verwickelten Kommissionsverhandlungen mit großer Klarheit und Präcifion dargelegt, die An⸗ nahme des einheitlichen Tarifsystems beschlossen. Von 25 Staaten stimmten 21 mit Ja, 4 enthielten sich wegen noch nicht eingetroffener Instruklion der Abstimmung. Eine verneinende Stimme wurde überhaupt nicht abgegeben. Oesterreich ⸗Ungarn, Rußland, England, Frankreich,! überhaupt alle europäischen Staaten, ausgenommen obige vier A Deutschland. In etwa acht Tagen findet die zweite Lesung statt. Prinz Wilhelm von Preußen, welcher am 24. Sept. zum Besuche des österreichischen Kron⸗ prinzenpaares in Wien eintrifft, wird auch auf einige Tage in Begleitung des Kronprinzen Rudolf und der Kronprinzessin Stefani nach Eudapest gehen, um die ungarische Landesausstellung zu be— fichtigen. * Der Gesundheitszustand in Mar⸗ seille hat sich verschlimmert, es sterben dort täglich gegen 200 Menschen an der Cholera und trifft deßhalb die französische Regierung Maßregeln, um die Ausbreitung der Seuche zu verhindern. 2* In gewissen Kreisen der spanischen Be⸗ völkerung haben unzufriedene Parteiführer wegen der angeblichen Wegnahme der Spanien zehörenden Karolinen-Inseln durch Deutschland eine Deutschenhetze angefacht, der man durch eine Volks— demonstration in Madrid die Krone aufsetzen will. Das Ziel dieser durchsichtigen Agitationen ist in⸗ dessen viel weniger gegen Deutschland als gegen die gegenwärtige spanische Regierung selbst gerichtet, die durch jene Affaire discredidirt werden soll. Hoffentlich bewahrt die spanische Regierung in dieser Angelegenheit kaltes Blut und zeigt weder aach oben, noch nach unten eine Schwäche, sonst koͤnnte ihr auf dem politisch unterminirten Boden Spaniens die Existenz sauer gemacht werden. Hin⸗ zugefügt darf werden, daß wegen der Karolinen⸗ Inseln zwischen Deutschland und Spanien von leinem Konflikte, sondern nur von einer Meinungs⸗ verschiedenheit die Rede sein kann. Auch hat Spanien zugestanden, daß es noch keine festen Be⸗ itztitel auf die Karolinen⸗Inseln bis jetzt besaß, Aso Deutschland dieselben wohl behalten wird. Ausland. Wien, 22. August. Laut offizieller Nachricht nehmen an der Kaiser-Entrevue in Kremsier das dsterrreichische Kaiserpaar, der Kronprinz, Erzherzog Karl Ludwig, Minister Kalnoky, Sektionsche Szogyenyi, zwei Hofsekretäre, Ministerpräsident Taaffe mit zwei Funktionären, Minister Orczy und Botschafter Wolkenstein Theil. MKairo, 28. August. Der egyptischen Re— gierung ist die telegraphische Nachricht zugegangen, daß es in Berber zu blutigen Zusammenfisßen ge⸗ lommen ist und daß die Vevölkerung, welche dem heftigsten Mangel an Lebensmitteln ausgesetzt ist, äch der öffentlichen Kassen bemächtigt habe. Lokale und pfälzische Nachrichten. *Sti. Ingbert, 24. August. Heute, Mon⸗ tag, Abend feiert der hiesige Kriegerverein das Allerhöchste Geburts · und Namensfest mil einer Reunion in dem Lokale des Wirthes Best in der alten Bahnhofsstraße. N St. Ingbert, 24. August. Gestern feierte der neugeweihte Priester Herr Nikolaus Jung in der hiesigen katholischen Pfarrkirche seine Primiz. In feierlicher Prozession, voran die ge⸗ jammte Schuljugend sowie die Bergkapelle, wurde der Primizient an seiner elterlichen Wohnung in der Nenweiler Straße abgeholt und zur Kirche ge⸗ leitet. Die Straßen, durch welche sich der Zug * Im russischen Reiche scheint die revo— jutionäre Propaganda der Nihilisten that— ächlich im Niedergauge begriffen zu sein. Eine Ktorrespondenz eines „Eingeweihten“ aus Zurich hetont dies ausdrücklich und erklärt, daß das anar⸗ histische Vorgehen der Nihilistensweiter keinen Zweck gehabt hätte, als einen Theil der die Freiheit sebenden russischen Jugend auf die Schlachtbank ö ⏑