St. Ingherter Amziger. Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. der ‚St. Iugberter Anzeiger“ erscheint wbchentlich fünfmalz? Am Montag, Dienstatz, Donnuerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaitungs⸗ Aatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt' kostet vierteliahrlich A BGO A einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 12 75 4, einschließl A AA Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 40espaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inferaten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solcbe auf welche die Expedition Auskunft ertheilt!5 A,. Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnei. M 198. Samstag, 10. Oktober 1885. 20. Jahrg. Politische Uebersicht. — von seiner beabsichtigten Versetzung nach Paris, so scheint daraus der Schluß auf einen Mangel an geeigneten Persönlichkeiten für die höheren diplo⸗ natischen Stellen überhaupt nahe gelegt zu sein. Es bestätigt sich auch, daß der jetzige Staatssekre⸗ tär Graf Hatzfeld den bisherigen Botschafter am »nglischen Hofe ersetzen wird. Auch diese Nachricht ritt mit allgemein gehegten Erwartungen in Biderspruch. Man glaubte, daß der Reichskanzler ich von seinem jetzigen Stellvertreter ohne die wingendsten Gründe und namentlich ohne die Möglichkeit seiner Ersetzung durch einen ihm per—⸗ önlich ganz nahe stehenden Nachfolger nicht trennen vürde. Endlich überrascht es, daß Graf Hatzfeldt gerade nach London geschickt wird, wo der Bot⸗ chafter persönlich bedeutende Geldopfer bringen muß, die für den neuen Inhaber des Poflens benso unerschwinglich sind, wie sie dem Grafen Münster gleichgiltig waren. Die Polizei drängte die Menge in die benachbarten Straßen zurüct und untersagte jedes Verweilen vor dem „Gaulois“. Konstantinopel, 8. Oltober. Die Pforte »erlangt eine Beschleunigung der Konferenzarbeit, da sie außer Stande ist, den militärischen Vorbes reitungen Serbiens und Griechenlands gegenüber zurch unbestimmte Zeit gleichgiltig zu bleiben. Philippopel, 8. Oktober. Soeben wird durch Mauer⸗Anschläge bekannt, daß der Sultan auf den von den Botschaftern kundgegebenen Wunsch die Personalunion Rumeliens mit Bulgarien unter dvem Fürsten Alexander angenommen habe. Orsowa, 8. Oktober. Meldungen von tür⸗ lischer Seite zufolge sind 40,000 Redifs von Is⸗ miel und der Marmaraküste her im Anmarsch, wobon 17,000 nach Adrianopel dirigirt werden. Aus Karlsruhe wird dem „B. Tgbl.“ ge⸗ chrieben: Wie man weiß, erfreuen sich die Lehrer⸗ age keiner besonderen Beliebtheit bei den herr⸗ chenden Kreisen in Berlin. Die Artikel, welche „as Kanzlerblatt gegen eine Lehrerversammlung in darmstadt und deren Beschlüsse richtete, sind noch n Aller Gedächtniß. Was wird nun die „Nordd. Allg. Ztg.“ dazu sagen, wenn sie erfährt daß der ßroßherzog von Baden einer Sitzung des 8. Feutschen Seminarlehrertages in Karlsruhe in eigener hrson beigewohnt hat? Als nämlich in einer Haupt⸗ lersammlung des 8. deutschen Seminarlehrertages in Herr Schuhmann aus Triest einen Vortrag nelt, trat plötzlich der Großherzog ein. Er unter⸗ ‚ielt fich längere Zeit mit dem Vorsitzenden und job dabei hervor, ein wie großes Interesse er den Arbeiten des Seminarlehrertages entgegenbringe. Alsdann begann Herr Schuhmann seinen Vortrag on Neuem und fand in dem Großherzog einen wfmerksamen Hörer. Es ist jedenfalls erfreulich, wenn der Herrscher eines Landes den Erziehern des Volkes Sympathie entgegenbringt und persönlich an den Versammlungen der Männer theilnimmt, auf deren segensreichem Wirken nicht zuletzt die Macht des deutschen Vaterlandes beruht. Die Nachricht des „Standard“, daß Belgien veschlossen habe, vom 1. Januar 1887 ab aus der lateinischen Münzkonvention auszutreten, wird von bestunterrichteter Seite auf das Bestimmteste für unbegründet erklärt. Zutreffender würde es wohl sein, die Nachricht für verfrüht zu erklären. Lokale und pfälzische Nachrichten. MN St. Ingbert, 9. Oktober. Das von dem Vereine „Yarmon ie“ auf gestern Nachmittag inberaumte Konzert der Kapelle ‚K—echze h hatie den ichönsten Verlauf. Das 10 Nummern um—⸗ fafsende Programm zeigte neben bekannten Piecen auch klassische Tonstücke auf, unter denen in erster dinie die Jubelouvertüre von Bach zu nennen ist. Mit gewohnter Präzision kamen sämmtliche Num— nern zum Vortrag. Nach dem Konzert folgte ein Ball, der ebenfalls aufs angenehmste verlief. — Uebung der Ersatz-Reservisten. Zu einer zweiten (vierwöchigen) Uebung sind auf den 8. Oktober für jedes Armeekorps 750 Ersatzreser⸗ disten 1. Klasse einberufen, davon 600 der In⸗ 'anterie, 30 der Jäger, 70 der Fuß-Artillerie uUnd 30 der Pioniere; bei der Infanterie und den Jägern ist auf die Ausbilsdung des einzelnen Mannes im Terrain und im Schießen von vorn⸗ herein ein besonderer Nachdruck zu legen und sind zur Beschießung der Entfernungen don 100 'bis 500 Meter 40 Patronen zu verbrauchen; zu Führern der aus diesen Mannschaften zu bildenden Kom— dagnieen sind Premierlieutenants zu kommandiren, Für das Jahr 1886 ist eine vierte (vierzehntägige) lebung der Ersatzreservisten in Aussicht genommen. — In Rimschweiler bei Zweibruüͤcken einem Dorfe mit nahezu 700 Einwohnern, ist, wie man dem „Z. T.“ schreibt, seit einem Jahre kein Sterb— tall vorgekommen. — Landstuhl, 7. Oltober. Wie die Landst. Ztg. meldet, ist der hiefige Dachdecker Schober uit Hinterlassung seiner Familie und einer Anzahl Bläubiger, deren Forderungen sich von 4500 MNi. in abwärts belaufen, verschwunden. Noch in letzter Zeit soll S. verschiedene „Pumversuche“ mit uͤnd »hne Erfolg gemacht haben. Man ist in Landstuhl urchweg überrascht über die Handlungsweise dieses Mannes, von dem man solche Betrügereien nicht erwartete. — Landau, 7. Oktober. Wie deprimirend das ungünstige Herbstwetter aus die Unternehmungs⸗ tust unserer Winzec einwirkt, beweisen die gestern in Arzheim abgehaltenen Trau benversteiger— ungen, bei welchen wahre Spottpreise geboten vurden. In einem Falle wurden für drei Viertel 12 Mt. geboten und dafür auch zugeschlagen. Sachverstandige werden sich leicht herausrechneñ dnnen, wie viel der glückliche Wingertsbesitzer auf die Baukosten daraufzulegen hat. 6(6 Voraussichtlich wird in Braunschweig zald nach dem Antritte der Regentschaft durch den ßrinzen Albrecht von Preußen die Aenderung der berfassung des Herzogthums in der Weise bewirkt werden, daß das Land zu Preußen in Personal⸗ anion tritt, oder daß es Reichsland und der Regent Statthalter im Namen des Kaisers wird. In diesen Sinne scheinen feste Abmachungen zu be—⸗ tehen. Nach einer dem „B. T.“ aus militärschen dreisen zugegangenen Mittheilung würde Prinz Albrecht von Preußen, falls seine Wahl zum Kegenten von Braunschweig durch die zum 19. d. M. einberufene Landesversammlung erfolgen ollte, das von ihm seit laͤnger denn zehn Jahren eführte Generalkommando des 10. Armeekorps hannover) niederlegen und die vom Vrinzen friedrich Karl bis zu seinem Tode geführte dritte Urmee· Inspektion erhalten, welche das 7. 8., 10. und 12. Armeekorps umfaßt. Auf diese Weise würde seine Stellung als Regent eines deutschen bundesstaates mit seiner militärischen Dienstleistung n Einklang gebracht werden. Das Braunschweigische dontigent würde, wie z. B. das Oldenburgische, ndgiltig in den Rahmen des preußischen Armee—⸗ derbandes eingeschlossen werden. — Gegen die Bermania“ ist wegen Beleidigung des Braun⸗ hweigischen Ministers Grafen Görtz⸗Wris— »erq die strafrechtliche Untersuchung eingeleitet. Der russische Minister von Giers befindet sich wieder bei dem Fürsten Bismarck in Fried⸗ ichssruh. Die neueste „Kolonialpolitische Korrespondenz“ chreibt: —„Ein Telegramm aus Zanzibar meldet, daß Lieutenant Schmidt die Landschaft Usaramo —X— ellschaft erworben und die deutsche Flagge daselbst gehißt hat. Damit ist die wichtige Küstenlandschaft üdlich von Useguha ebenfalls deutsch und der janze Lauf des Rufidji im Besiztz der Gesellschaft. Der vorzügliche Hafen Dar⸗EsSalam, der beste an der gesammten Ostküste von Zentral⸗Afrika ge⸗ hört dieser Landschaft an. Wie weit der Sultan don Zanzibar Anrechte an einen oder den anderen Küstenpunkt von Usaramo hat. wird zu untersuchen sein. Durch die Schmidt'sche Erwerbung dieser Provinz, welche 4 bis 500 deutsche Quadratmeilen umfaßt, gewinnt die Erwerbung von Chutu erst ihren vollen Werih, da nunmehr der unmittelbare Anschluß an die Küste auch von dort aus erreicht ist.“ Deutsches Reich. Berlin, 7. Oktober. Der Kronprinz und seine Familie treffen am 16 ds. Mtis. aus Italien in Potsdam ein, wo am 18. d. Mtis. der Beburtstag des Kronprinzen gefeiert wird. Berlin, 8. Oktober. Der russische Minister des Aeußern, Giers, ist von seinem zweiten Be⸗ iuche beim Fürsten Bismarck gestern Abend spät eingetroffen und verweilt tagüber hier. Er reist Abends nach Petersburg ab. Ausssland. Ddie Ernennung des Grafen Münster zum dachfolger des Fürsten Hohenlohe in Paris wird nehrfach bestatigt. Graf Münster galt bisher jetade für den Londoner Posten vermöge seiner ygen Beziehungen zur höheren englischen Gesell⸗ haft als vorzugzweife geeignet, und man bezweifelte rüher, daß er überhaupt in die Diplomatie einge⸗ teten sein würde, wenn er nicht die Mission nach ondon erhalten hätte. Bestätigt sich die Nachricht Paris, 7. Oktober. Präsident Gréͤph, welcher gestern im Elysée eintraf, hat dem Ver—⸗ nehmen nach die Absicht ausgesprochen, nicht als —X0 Republik aufzutreten. Nachrichten aus den Pro⸗ zinzen lassen weitere Siege der Konservativen vor ⸗ Jersehen. Paris, 8. Oktober. Gestern Abend fanden vieder Ansammlungen vor dem „Gaulois“ tdatt; es ertönten dieselben Rufe wie vorgestern.