xt. Jugherter Atzeiger. Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. per ‚St. Ingberter Anzeiger? erscheint wöchentlich funfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöchentlich mit Unterrauungs⸗ glatt und Sonntags mit Sseitiger illuftrirter Beilage. Das Blam kostet vierteljährlich ! A 60 4 einichließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen IA 75 4, einschließli ⸗ Zuflellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr für die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Naum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, beil außerpfälzischen und solche auf welche die Expedition Auskunft ertheili. I53.4, Neclamen 3014. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. Wbę 200.. Montag, 12. Oktober 18883. 20. Jahrg. Volitische Uebersicht. »Man kann wohl schon jetzt den Prinzen 11ubrecht von Preußen als Regenten Braun⸗ chweigs begrüßen. Ueber die Regentschafts- und rtbfolgefrage verlautet nämlich von unterrichteter Zeite aus Berlin, es gelte für wahrscheinlich, daß Zraunschweig in eine Art Personai⸗Union mit Jreußen komme oder, genauer, daß die Verwaltung es Herzogthums an den Kaiser übergehe. Dies würde nach allen Seiten hin als die beste Loöͤsung mzusehen sein. Nach allen Anzeichen zu urtheilen, fann es daher kaum noch zweifelhaft sein, daß Prinz Albrecht von Preußen der braunschweigischen zandesversammlung bei ihrem in nächster Woche rfolgenden Wiederzusammentritte als Regent vor⸗ eschlagen werden wird. Nach Einsetzung der kegentschaft soll auf eine Abänderung des Regent⸗ chaftsgesetzes in der Weise hingewirkt werden, daß )er Kaiser die Souverainetäat zunächst ausübt, im Ramen und Auftrag des Kaisers würde dann ßrinz Albrecht als Regent, Statthalter oder Ver⸗ weser, je nachdem, im Herzogthum walten. »Die Ungewißheit der Lage im Ariente charakterisirt sich dadurch mit, daß alle zaikanstaaten — die Türkei-mit einbegriffen — hre militärischen Vorkehrungen eifrigst fortsetzen Auch die Friedensnachricht von der Anerkennung der bulgarischen Union durch den Sultan wird etzt wieder dementirt, wenigstens versichert die „Neue Fr. Pr.“ von kompetenter Seite die Mit⸗ theilung erhalten zu haben, daß jene Nachricht vollstandig unbegründet sei. Anderseits veröffent⸗ nchte freilich dasselbe Blatt eine Depesche aus Philippopel vom 8. Oktober, welche lautet: „Die Meldung, daß die türkische Regierunz die bulgarische Union mit dem Fürsten Alexander im Prinzip icceptire, wurde vom fürstlichen Kommissar Dr. Ztransty offiziell mitgetheilt.“ Wo liegt da ie Wahrheit? Indessen ist der freundliche Em⸗ jang, den die vom Fürsten Alexander nach Kon⸗ lantinopel entsendete bulgarische Deputation beim hroßvezier und den übrigen kürkischen Ministern jefunden hat, eine Andeutung, daß die bulgarische Ftage doch noch eine friedliche Losung erhalten lann. In einer Besprechung der bulgarischen An⸗ jelegenheit hebt das „Journal de St. Petersbourg“ Jervor, daß bisher offiziell nur festgestellt sei, daß der Empfang der bulgarischen Deputalion in Kon⸗ dantinopel stattgefunden habe. daß aber die Ant- vort der Minister auf die Forderungen der Depu⸗ tation noch nicht bekannt sei. Es bleibe daher nur übrig, nochmals daran zu erinnern, daß jede Lös⸗ ung der Frage zur Kompetenz der Großmächte gehöre, an die sich die Pforte zum Ueherfluß noch gewendet habe. Mittlerweile verwickeln sich die Dinge nament⸗ iich zwischen der Türkei und Griechenland. Der nurlische Gesandte in Athen forderte eine Erllärung wegen der Konzentrirung der Truppen an der Brenze und theilie mit, die Pfotte werde ebenfalls Truppen an die Grenze dirigiren, wenn die Send⸗ ung griechischer Truppen nicht, aufhöre. Darauf hin hat die griechische Regierung vorerst eine indirekte, ber troßdem deutliche Antwort gegeben, indem ein ktlaß aulen Regimentern Quartiere in den Grenz⸗ todinzen anweist; die Truppen werden also nicht urückgezogen. * In Paris sind Locroy, Floquet und De⸗ 'orge, alle drei radikal, mit 272, 000 bis 215,000 Stimmen gewählt worden. Es haben demnach in Paris 35 Stichwahlen stattzufinden. Die „Evening Post“ von Newyork enthält einen uus Boston. dem Sitze der amerikanischen Missions— hatigkeit, datirten langeren Artikel, worin ausge⸗ ührt wird, daß protestautische Missionare aus Kordamerika auf den Karolineninseln seit anger Zeit eine ausgedehnte Wirksamkeit entfaltet sätten. Einer der Leiter derselben habe dem ameri⸗ anischen Staatssekretär Bayard eine Karte der Inseln vorgelegt, auf welcher 40 kirchliche Stationen zieser Mission verzeichnet waren; er habe Herrn hayard auseinandergesetzt, daß die Spanier sich niemals um die Inseln bekümmert hätten, daß iber die erste Folge der Anerkennung ihrer Sou⸗ Jeränetät über dieselben die Zerstörung der prote— tantischen Missionen sein würde; die amerikanischen Missionäre wünschten in erster Reihe, daß die znseln unabhängig blieben, würden aber, wenn zies nicht zu erreichen sein sollte, die deutsche derrschaft bei weitem der spanischen vorziehen. Der Staatssekretär Bayard versprach, durch den merikanischen Gesandten in Berlin die ihm mit⸗ zetheilten Thatsachen zur Kennmiß der deutschen Regierung bringen und dutch denselben nach Mög⸗ ichkeit darauf hinwirken zu lassen, daß bei dem Abkommen mit Spanien die Rechte der amerika nischen Missionäre wahrgenommen würden. Deutsches Reich. Berlin, 9. Oltober. Im Verkehrsministerium wird gegenwärtig der Plan für ein Regierungs⸗ und Wohngebäude des Gouverneurs von Kamerun estgestellt. Dasselbe soll ein massiver Steinbau, nicht, wie Anfangs geplant, aus Eisenkonstruktion hergestellt werden. Die Baumaterialien werden von Hamburg aus nach Kamerun geschafft werden. Berlin, 10. Oktober. Der „Reichsanzeiger“ publizirt die Abberufung des deutschen Botschafters, Fürsten Hohenlohe, von Paris unter gleichzeitiger krnennung desselben zum Statthalter von Elsaß⸗ Lothringen. 5 — Berlin, 10.Oktober. Die besonders kriegerische Stimmung in Serbien wird darauf zurückgeführt, daß zwischen Serbien und Griechen⸗ land ein Pact bestehen soll, wonach letzteres ver⸗ pflichtet ist, wenn Serbien zu den Waffen greift. das Gleiche zu thun. Anusland. Paris, 9. Oktober. Aus Schloß Eu wird zemeldet, daß die Kaiserin von Rußland der Gräfin zon Paris Folgendes telegraphirte: „Meine Glück⸗ vünsche zu den Wahlen. Ich hoffe beim Eimtritte der theueren Marie in unsere Familie in Eurer IIXX Paris, 11. Oktober. Einer Meldung des „Temps“ zufolge sei das Resultat der Konferenz zes russischen Ministers Giers mit Bismarck, daß Rußland die Aufrechthaltung des Berliner Vertrags, die Absetzung;« Alexanders und nöthigenfalls die Oceupation Rumeliens durch die Türkei verlangen werde. Nach der Absetzung des Fürsten Alexander werde Rußland in die Personalunion einwilligen. Man glaubt in Paris an die Erhaltung des Friedens. Konstantinopel, 10. Oktober. Die Softas erklären die Proklamirung des heiligen Krieges als inziges Rettungsmittel der Türkei Konstantinopel, 10. Oktober. Gavril Pascha ist hier eingetroffen. — Wie der „Agence Havas“ versichert wird, steht die Herstell⸗ ung eines Einvernehmens zwischen der Pforte und Ddrummond Wolff unmittelbar bevor, und zwar auf der Grundlage der Entsendung englisch⸗türkischer stommissare nach Eghpten. Belgrad, 10. Oktober. Das hart an der hrenze gelegene Dorf Jassenchac gegenüber dem erbischen Dorf Brusnik im Knjacevacer Kreise vurde gestern von bulgarischen Truppen beseßt. und pfaälzische Nachrichten. F. St. Ingbert, 12. Oktober. Die Aus⸗ stellung vonObst- und Gartenerzeug— nissen zog gestern eine große Anzahl von Be— juchern an, die zu Zeiten den Baumann'schen Saal »ollständig füllten und reges Interesse an den Tag legten. Besonders durch Felde und Gartenfrüchte, die Herr Joh. Fries, Herr K. Pflug, Herr Greß u. A. nachträglich eingesandt hatten, war das Bild, das sich dem Beschauer darbot, ein reicheres und mannichfaltigeres geworden. Von ausgestelltem Obst nennen wir noch nachträglich die St. Germain- Birne des Herrn Weyland, die Chaumontel des herrn Em rich, die Regentin des Herrn Schlosser Ah, Alles edles Winterobst, das zum Anbau zu empfehlen ist. St. Ingberk; 12. Oktober! Am Frei⸗ iag holten 2 Mezgerburschen von hier in Bexbach ine Kuh und zahlten dafür den ausbedungenen Zaufpreis im Betrage von 315 Mark.Doch damit ramen sie bei dem Verkäufer schön an. Derselbe fing mit den Burschen den größten Streit an, er⸗ llärte, er habe seine Kuh für 105 Thaler verkauft, hilliger gebe er fie nicht und sei viel zu gescheidt, um sich betrügen zu lassen. Der heftige Wort⸗ wechsel haite endlich alle Leute des Dorfes herbei⸗ zelockt. Schließlich nahm der gute Mann. der janz aus dem Häuschen gekommen war, so viel Ruhe an, um sich von einigen Leuten, die besser rechnen können wie er, aber alle ihre Ueberzeug⸗ ungskraft zu Hilfe nehmen mußten, erklären zu lassen, daß 315 Mark gleich 1085 Thaler sind. Jetzt erst trat er sein Hornvbieh an die beiden Burschen ab. — Das neue Schuljahr brachte der kgl. Kreis⸗ realschule in Kaiserslautern eine freudige Ueberraschung. Ein früherer Schüler derselben, detr Emil Schandein aus Landstuhl, der im Jahre 1852 -583 die Anstalt besuchte und jetzt Besitzer einer der größten Brauereien Amerikas in Wil— waukee (Wisc.) ist, wendete der Schule eine Stift⸗ ung im Betrage von 4000 Mi. zu mit der Be—⸗ dimmung, daß die Zinsen hieraus zu Stipendien für würdige arme Schüler verwendet werden; auch den Lehrlingswerkstätten des Gewerbemuseums wur— den zu gleichem Zweck 1000 Mf. überwiesen. Vermißctes —f Vonzwei Wettermachern schreibt nan der „T. R.“: Der Ehevertrag zwischen dem Erbgroßherzog von Baden und der Prinzessin Hilda on Nassau wurde bekanntlich ven dem Präfidenten Regenauer von badischer Seite, mit einem johen Beamten des Nassauer Fürstenhauses in deidelberg, abgeschlossen. Als nun jüngst in darlsruhe fast all die schönen Festtage verregneten, intstand dort das gelungene Witzwort: „Wie kann s auch anders sein, wenn Regenauer mit einem ꝰassauer den Vertrag nicht!“