Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich füunfmal: Am Montag, Dienstag, Dounerstag, Samstag und Sonutag; 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.M 60 — einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1M 78 O, einschließlich 10 Zufiellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseralten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen auf welche die Expedilion Auskunft ertheilt, 13 8, Neklamen 80 B. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 22. Jahrg. AM IOG. — Dienstag, 25. Januar 1887. Abonnements fuür die Monate F Pehruar und Harze auf den J St. Ingberter Anzeiger tehmen alle Postanstalten, die Zeitungsträger, sowie die Expedition entgegen. jüngsten Vorgänge im Reichstage zurück und führt us, der Kaiser könne das ihm von den Bundes⸗ ürsten übertragene Recht nicht an eine wechselnde, inzuverlässige Reichstagsmajorität abtreten. Eine oreijährige Präsenzstärke war für den Bundesrath unannehmbar. Die Reichsregierung hatte schon 1874 das verfassungsmäßige Recht, das Aeternat u fordern, sie habe aber durch Gewährung des A Zundesrath könne eine Armee nicht zum Gegen⸗ tande gewöhnlicher Budgetberathungen machen, yhne das Reich zu gefährden. Die Verstärkung der deutschen Wehrkraft sei ein weseutlicher Factor )es Friedens; es sei dem Auslande gegenüber ein zroßer Unterschied, ob die Bewilligung eine drei— ährige oder siebenjährige sei; vollkommen falsch ei es, daß die Regierung bei Auflösung des Reichs⸗ ages nicht an das Septennat, sondern an Mono⸗ jole gedacht habe, und daß sie eine große Reaction seraufzubeschwören beabsichtige. Die Monopole vürden schon kommen, wenn die Finanzkräfte des steiches durch einen wirklichen Krieg erschöpft wären Die Reichstagsauflösung war notwendig, um zu gefunden Zuständen zu gelangen; deshalb habe zie Regierung nochmals an den Patriotismus und ie Verfassungstreue des Volkes appellirt. 70 in— transigente, reichsfeindliche Stimmen entscheiden über hzas Schicksal des Reiches. Windthorst gegenüber hemerkt Fürst Bismarck, er gebe die verlangte Aus⸗ tunft unumwunden dahin, daß unter den verbün⸗ »eten Regierungen von einer Aufhebung des Wahl⸗ jesetzes nicht die Rede sei. Weshalb suche das Lentrum denn dauernd die Verbindung mit den Sozialisten, deren Mehrzahl mit Unterstützung des Lentrums gewählt sei? Der Papst selbst hat sich arüber ausgesprochen, und der Papst ist ein Mann, der den Frieden zu erhalten wünscht, wovon die Wähler sich noch vor den Wahlen überzeugen wer⸗ den. Die Fortschrittspartei anlangend, so sehe er mtimonarchische, versteckt republikanische als deren etzte Ziele an. — Abg. Richter vertritt in laͤngerer Rede den Standpunkt der Forischrittspartei bei der Bewilligung des Triennats. Er warnt vor der kückkehr der Monopole und verwahrt sich gegen die geschuldigung des Mangels monarchischer Gesinn⸗ ing. — Fürst Bismarck entgegnet, die Fortschritts⸗ zartei habe ihm seit seinem Einiritt in das Mini⸗ terium opponirt und habe alles herabgesetzt, was dzie Regierung für Deutschlands Wobl angestrebt jabe; weil die Forischrittspartei die Militürvorlage jerworfen habe, hoffe er, daß die Regierung dieselbe zurchsetzen werde. — Forisetzung der Berathung norgen. Berlin, 24. Jan. An der hiesigen Borse irkulirt die Mittheilung, daß die Londoner „Daily stews“ einen Artikel enthält, welcher nur in dem stücktritte des französischen Kriegsminister, Generals Boulanger, eine Sicherheit für den Frieden sieht. London, 28. Januar. Chamberlain hielt gestern Abend in einer Wählerversammlung in Ha⸗ vick eine Rede, in welcher er die jüngste Konferenz wischen den Führern der liberalen Partei besprach. Wenn er auch zugebe, daß die Schwierigkeiten, velche zu überwinden wären, sehr ernsle seien, so onne er doch konstatiren, daß die Hoffnungen, mit velchen man in die Konferenz eingetreten sei, sich rfüllt hätten, durch das, was stattgefunden habe. Alle diejenigen, welche der Konferenz beigewohnt hätten, sowie diejenigen, welche in der Konferenz zirekt oder indirekt vertreten gewesen, seien von dem ohyalen Wunsche beseelt, die Eintracht auszudehnen is zu den äußersten Grenzen der Prinzipien, welche seide Theile als fundamentale ansehen. In keinem Falle werde die Einigkeit der liberalen Partei er⸗ auft werden durch eine Demüthigung oder Unter⸗ verfung, welche den einen oder den andern Theil der Partei verächtlich machen könnte. Eine freie und ehrenhafte Meinungsverschiedenheit sei besser, als ein gegen unehrendvolle Konzésionen erkaufter Waffenstillstand. London, 24. Jan. „Daily News“ be- jauptet zu wissen, die Regierung habe die Mit— cheilung erhalten, daß Deutschland wahrscheinlich in einigen Tagen Frankreich um Aufklärungen wegen der militätischen Bewegungen zur Ost⸗Grenze hin ersuchen werbe. Petersburg, 23. Januar. Es verlautet, der russische Gesand team schwedischen Hofe, Schisch⸗ lin, sei aus Stochholm nach Petersburg gerufen, im die Gerüchte über die angeblichen Rüstungen Schwedens aufzuklären. — Die „Moskowski Wije⸗ domosti“ bemerken ironisch, Fürst Bismarck arbeite der jetzigen Politik Frankceichs in die Hand; Bou⸗ angers militärische Projekte würden noch vor den deuischen Wahlen durchgeführt werden (7). Petersburg, 28. Jan. Wie das offizielle Journal de St. Petersbourg“ erfährt, begegeten zie Bestrebungen zu einer Beilegung der Krisis in Bulgarien einer günstigen Aufnahme seitens der neisten Regierungen, welche die Aufrechterhaltung des Friedens wünschen. Die Haupisache sei, daß nan sich einer legalen Situation gegenüber be—⸗ inde, wie sie von Anfang an die russische Regie⸗ cung verlangt habe. Eine Verständigung über dzie Wahl eines Fürsten, über die Bedingungen jeiner Erwähnung und seiner Kandidatur, welche Raßland als der Lage am besten entsprechend er⸗ achte, würde selbstverständlich folgen. Es sei zu hoffen, daß dieses Programm die allgemeine Zu— fimmung finden werde. Jedenfalls werde Rußland nicht abweichen von seiner fester und beharrlichen Holitik. Politische Uebersicht. Die Kriegsgerüchte in den letzten Tagen jaben einen empfindlichen Einfluß auf die deutschen Börsen ausgeübt. Alle deutschen Staatspapiere ind gefallen. Der „Intransigeant“ droht bereits für den Fall, daß der Kriegsminister Boulanger einer Ver⸗ chwörung unterliegen sollte, und kündigt an, daß im Abend des Tages, an welchem General Bou⸗ anger gestürzt würde, 20 000 Menschen die Bou⸗ ebards mit dem Rufe: „Nieder mit den Verrätern! Fs lebe Boulanger!“ durchziehen würden. Für tinen Kriegsminisier wäre diese Bundesgenossenschaft Henri Rochefort's und des Pariser Straßenpöbels edenfalls ein sehr charakteristisches Symptom. Die Mitteilung, daß General Boulanger den Bau von Holzbaracken an der franzöfisch⸗deutschen Brenze befohlen hat, wird der K. Ztg. aus Paris zeim vollsten Umf ange bestätigt. Jede der Baracken ist fur die Aufnahme von 128 Mann zerechnet, dieselben werden aus Holz, Kork, mit Pech bestrichener Leinwand, Leder und Filz aufge— ührt. Die zugleich beabsichtige BVermehrung »er Truppen an der franzöoͤsischen Ostgrenze ist cedeutend. Deutsches Reich. Parteibersammlung in Neustadt a. d. H. Die auf Sonntag den 30. d. M. nach Neustadt 1. d. H. (Saalbau) einberufene Versammlung der aationalliberalen Wähler, in welcher Herr Oberbür⸗ Jjermeister Dr. Miquel sprechen wird, dürfte voll⸗ dändig den Charakter einer südwestdeutschen Mani—⸗ estation annehmen, wie die nach der Heidelberger m Frühjahr 1884 in dem gleichen Raume abge⸗ jaltene Versammlung. Wir hören, daß aus Baden, hessen, aus Hessen⸗Nassau, wie auch aus Württem⸗ berg Parteigenossen in stattlicher Zahl sich bereits ils Gäste angemeldet haben. Der Besuch aus der zanzen Pfalz wird selbstverständlich ein außerordent⸗ licher sen. (Der große Saal faßt über 4000 Personen.) Saargemünd, 22. Jan. Trotzdem bis jeute eine direkte Kundgebung, daß der frühere steichstagsabgeordneie, Herr Jaunez, bei den dem⸗ aächstigen Wahlen wieder kandidatiert, nicht er⸗ olgt ist, versicher man, nach der „Saarg. Zig.“, n gut unterrichteten Kreisen der hiesigen Stadt, daß an ein Verzicht des langjährigen Vertreters des Wahlkreises Saargemünd⸗Forbach selbstverständ⸗ ich gar nicht gedacht wird. Von einem Gegen⸗ andidaten verlautet bis jetzt nichts Bestimmtes. Straßzburg, 28. Jan. Die Prinzen Ale⸗ rander und Heinrich von Battenberg reisten mit dem Gotthard Schnellzug nach Mailand ab. Fr. Zig.) Berlin, 24. Jan. (Abgeordnetenhaus). In der heutigen Sitzung wurden bei Weiterberathung ves Etats mehrere kleine Posten bewilligt. Bei dem Etat des Ministeriums für auswärlige An⸗ lelegenheiten kommt Fürst Bismarck auf die LPole und pfärrusche Nachrichten. * St. Ingbert, 28. Jan. Da die Reich 5 tags⸗Wählerliste unserer Stadt dis zum 81. dss. Monats auf dem Bürgermeisteramte A manns Einsicht aufliegt, so versäume Niemand durch persoͤnliche Einsicht in die Liste sich davon zu uͤberzeugen, ob sein Name richtig in der Liste steht. Wer nicht in der Liste steht, daff am Tage der Wahl nicht abstimmen. — Der aus den Wahlen am 21. Februar hervorgehende neue Keichstag gilt auf die Dauer von drei Jahren. *St. Ingbert, 25. Januar. Wie bereits in der vor. NRummer ds. Blattes erwähnt, feiert morgen dahier das Ehepaar Wolfgang Kahn das Fest seiner golden en Hoch zeit. Eine fünf— igjährige glückliche Ehe? Wer ermißt es. was usland. — Brüussel, 28. Januar. Gestern fanden in Hent Arbeiter⸗Unruhen statt, die Gendarmerie mußte nit blanker Waffe auf die Ruhestörer eindringen; in Polizeikommissar ward verwundet. Gent, 24. Jan. Bei der gestrigen Theater— vorstellung, in welcher viele Arbeiter anwesend varen, kam es zu Thätlichkeiten unter dem Pub⸗ ikum. Es wurden zahlreiche Verhaftungen vorge— —XDO rößere Menge Sozialisten an, welche die Marseil⸗ aise sangen.