horliegt. Deutschland und Frankreich leben im Frieden; die offiziellen Beziehungen beider Länder ind gut; Fürst Bismarck hat feierlich erklaärt, daß Deutschland nicht daran denle, Frankreich anzu⸗ zreifen. Von deutscher Seite liegt also nicht die zeringste Gefahr einer Friedensstörung vor. Auch das offizielle Frankreich betont seine friedlichen Absichten, mit denen freilich die seltsamen Vor⸗ hereitungsmaßregeln an den östlichen⸗Grenzen des Landes nicht recht in Einklang zu bringen sind. Als „Defenfsivmaßregeln“ werden diese Vor—⸗ bdereitungen von französischer Seite bezeichnet. Wozu aber diese „Defensipmaßregeln“, wenn von einer „Offensive“ — nach den bestimmten Ver⸗ sicherungen des deutschen Reichskanzlers — über⸗ haupt gar keine Rede sein kann? Mag Frank⸗ reich in diesem Augenblicke auch noch so friedlich Jesinnt sein — es rächen sich jetzt schwer alle die Brandreden französischer Staatsmanner mit ihren versteckten und doch so klaren Anspielungen auf die kommende, Rebanche“, es rachen sich jetzt schwer die Phrasen, mit denen der französische Kriegs⸗ ninister Boulanger um sich geworfen hat! Jahre iang hat Frankreich mit der Revanche“ coqueitirt und keine Gelegenheit unbenützt vorübergehen lassen, bei der es uns nicht mitgetheilt hätte, daß der zegenwärtige Friedenszustand nur ein Provisorium sei. Vor allem ist es der Kriegsminister Bou⸗ anger, dessen Name und Person mit der Revanche⸗ Idee verknüpft ist. Mag Boulanger den Rache⸗ rieg wirklich planen, mag er mit seinen Phrasen nur dem französischen Nationalcharakter haben schmeicheln wollen — wer kann in der Seele dieses ehrgeizigen Offiziers lesen?“ —, jedenfalls ist es ꝛin Wunsch, den mit uns viele Tausende ruhiger und friedliebender Leute theilen: wenn doch niemals dieser unheilvolle Mann an die Spitze des fran⸗ zösischen Kriegsministeriums getreten wäre! Wenn er doch jetzt die Selbstverläugnung hätte. zurück⸗ zutreten, da es sich immer mehr herauszustellen scheint, daß seine Person für die Fortdauer des Friedens eine Gefahr ist! Wie dem nun immer sei: vertrauen wir darauf, daß der erprobte Leiter der deutschen auswärtigen Politik auch jetzt noch einmal das drohende Unheil zu beschwören im —AV—— Jeglicher, soweit es an ihm ist, alles auf, die Fortdauer des Friedens zu sichern. Das Se p⸗ tennatverbürgt ihn, so versichern uns Bismarck und Moltke; tragenwir also alle dazusbeis,, diesem gewaltigen Mittel jur Erhaltungsdes Friedens die Ein⸗ ührung zu sichemr.. 2 In einem vom „Reichstags“ Wahlverein von 1884 in Hamburg erlassenen Aufruf an die Mit ⸗ zlieder der dortigen Kriege rerund Kampf⸗ enossene⸗Veresime ist u. A. gesagt: „Es iegt uns fern, die Politik in Ihre Reihen tragen zu wollen. Die Frage, welche gegenwärlig uns ind auch wohl Sie bewegt, welche dem deutschen Bolk zur Entscheidung vorliegt, sieht außerhalb der bolitik oder sollte doch außerhalb derselben slehen. diese Frage geht in erster Reihe derade Sie an— Es handelt sich um unser unvergleichliches Heer, velches aus Blut und Eisen das machtvolle deutsche Reich geschmiedet ⸗und an. Ruhm, an Tüchtigkeit zie Armeen aller anderen Nationen weit überstraähtt. Soll dies ehrenreiche Heer, dem Sie einst angehört, dem Sie fortgesetzt Ihre vereinte Thaätigkeit weihen, die erste Bedingung seiner Stärke verlieren,“ den festen/ von allem Parteigetriebe unabhängigen Be⸗ dand? Oder -soll es einet Reichstags⸗Vehrheit überantwottel werden, die zu einem Theil aus klementen besteht, welche dem deutschen Volk als olchem fremd und fern gegenüberstehen, die in hren anderen Theilen zum Mindesten-nicht die Gewahr einer einsichtigen Beurtheilung der mililär⸗ ischen Dinge bietet? Das ist die Frage jetzt, nach⸗ dem die von der Reichsregierung geforderie Präsen ziffet durch die Reichstags⸗-Mehrheit zwar bewilligi, diese Bewilligung aber durch“ die Ablehnung des von der Reichsregierung zugleich und unabweisbar geforderten Septenais hinfaͤllig gemacht ist. Wir vollen Sie nicht in den verworrenen Parteizank hineinziehen, welcher um diesen verhängnißvollen Beschluß entbrannt ist. Wir wollen Ihnen ledig⸗ üich in Erinnerung bringen, was Sie wohl seldst chon sich gesagt, daß unser“ Heer und Alles, was unser Heer angeht, außerhalb des Parteizankes stehen sosll und muß. Alles, was auf diesem Gebieie liegt, st zu sehr abhängig von unserem Verhältmiß zu unseren Nachbarn, vor allem zu unserem Erbfeind, st anderseits zu sehr Sache der militörischen Orga⸗ uisation, als daß hier die in keiner von beiden Zinsichten competenten Parteiführer, als daß hier Jemand anders entscheiden könnte, wie der geniale deiter unserer answärtigen Politik, wie die ruhm⸗ reichen Führer unseres Heeres, Männer, um welche ins die ganze Welt beneidet. Unser ehrwürdiger FJeldenkaiser beklagte mit bewegten Worten die Ab⸗ »ehnung: „Ich hatte geglaubt, auf die Annahme eitens des Reichstages rechnen zu können. Ich ann wohl sagen, daß die erlebten Ereignisse mich tief zeschmerzt haben.“ Jetzt ist dem deutschen Volke Belegenheit gegeben, seinen Willen kund zu thun. Wir treten an Sie heran mit der zuversichtlichen doffnung, daß gerade Sie unser Heer über die Hhartei stellen und uns helfen werden, Vertreter in »en Reichstag zu senden, welche in allen anderen dingen ihre Freiheit sich völlig wahren, insbeson⸗ „ere stets gegen Monopole, Beeinträchtigung des Wahlrechts nachdrücklich kaämpfen werden. die Frage iber, ob Septenat oder nicht, mit. unserem kdaiser und seinem großen Feldmarschall au f's AIntschiedenfste bejahen.“ Die Verhandlungen über die Erneuerung des »eutsch-⸗schweizerischen Handelsver⸗ rages find abermals auf die lange Bank ge⸗ hoben worden. Deutscherseits hatte man zwar sie Bereitwilligkeit zu erkennen gegeben, die Ver⸗ andlungen fortzuführen, es jedoch der Schweiz mheimgegeben, ob es nicht besser sei, dieselben noch nuf einige Monate zu sistiren, da alsdann die Viederaufnahme der Verhandlungen mit Rüchsicht iuf andere Pouparlers Deutschlands ersprießlicher ein würde. Vom schweizer Bundesrathe ist nun ine solche Verschiebung für nützlich erkannt worden, —F hat er sich vorbehalten, falls diese Verschiebung u“ lange dauern sollte, die von den Rücsichten uf anderweitige Verhandlungen Deutschlands un⸗ bhängige Fortführung der deutsch⸗schweizerischen Anterhandlungen bei den verbündeten Regierungen u beantragen. — Hiermit ist der dentsch schweize⸗ rische Handelsvertrag einstweilen ad acta geligt. Das „Journal de St. Petersbourg“ bläst wieder einmal die Friedensschalmei. Es schiebt die gegen⸗ wärtigen Kriegsbesorgnisse auf gewisse Zeitungs⸗ artikel und gesteht zwar zu, daß durch Rüstungen Mißtrauen und Conflikten hervorgerufen werden önnten, meint aber, daß zugleich verschiedentlich chon zu Tage getreten sei, daß keine Regierung den Krieg wünsche. Deutsches Reich. J Berlin, 2. Febr. Von gutunterrichteter Seite wird bestätigt, daß in der rchenpolitischen Frage zwischen Preußen und dem Vatikan völliges Finvernehmen herrscht und daß die Verhandlungen u einer Vereinbarung führten, deren Inhalt den reundschaftlichen Beziehungen zwischen der preußi⸗ chen Regierung und der päpstlichen Kurie durchaus ntspricht. I Fuürst Bismarck hat an einen Wähler in der Provinz Hannover folgendes Schreiben ge⸗ ichtet; Ew. Wohlgeboren danke ich verbindlich r die gesällige Mittheilung über die im dortigen Wahlkreise verbreiteten Geruͤchte Uber den Grund der Auflösung des Reichsstages. Ich kann Ihnen aur bestätigen, das es sich bei der von der Mehr⸗ jeit des aufgelösten Reichstages verworfenen Mili⸗ ärvorlage in keiner Weise um eine Verlängerung er gesetzlichen dreejährigen Dienstzeit des Einzelnen, ondern ausschließlich um die Feststellung der Stärke )es Gesamtheeres im, Frieden für einen sieben ⸗ ahrigen Zeitraum handeit, Die von Ihnen er⸗ vähnte Außstreuung,« daß der Allerhöchste Kriegs⸗ herr wünsche, „die Jungens sollten jetzt ganze ieben Jahre dienen,“ fälll daher unter die leider nur zu zahlreich auftretenden böswilligen Entstell ⸗ in en der Absichten St. Mai. des Kaisers und doniga i Auslannd.. Petersburg, 83. Febr. Ein kaiserlichet Erlaß untersagt bis auf weiteres die Pferdeausfuhr iber die europäische und transkaulafische Grenze. * — — —— — — — — Lokal⸗ und vfälzische RNachricten. 60 St. Ingbert. (EEingesandt.) Die am Samstag Abend im Horfl'schen Saale von der Harmonie“ deranstaltete musikalische und theatra⸗ ische Unterbaltung darf als vollständiger Erfolg ezeichnet werden. Alle Erwartungen wurden durch ie übertroffen. Mit Vergnügen werden sich alle, ie zugegen waren, noch lange derselben erinnern. Die Klavierpiecen, Ouverturen „Norma“ u „Johann von Paris“, vorgetragen von Schüler des Herrn Dirigenten, wurden prächtig erxckutt und sehr beifällig aufgenommen. Die wohlgeschul en, gemischten Chöre wurden sehr gut gesunge ind war der Chor: „Der Abend“, arrangirt von Dirigenten, Herrn Lehrer Schlaudecker, von durq chlagendem Erfolg. Die beiden Quartelte: Früh. ingsruf' und „Zwa Sternerl“ schlugen sichtlich durch. Die Solos „Ja, Du bist meine Seligkein ür Alt und „Ja, Du bist mein“ für Sopran anden ungetheilten Beifall. Das Theaterstück, De dausschlüssel oder kalt gestellt“ fand die gelungenft Darstellung. Die- Zungen⸗ und Schlagfertigken sowie das ausgezeichnete Spiel von Seite »er mitwirken den Damen hat besonders en Jeitert. Die Rollen des Paul Mohrmann, de deimchen und des Nachtwächters wurden ausge zeichnet durchgeführt und hielten die Lachmuskein der Anwesenden in steter Bewegung. Nicht det. jessen dürfen wir den kleinen zehnjährigen Schlau— decker. Derselbe spielte als Violinsolo , Air varie“ jon Dancla und riß durch sein seelenvolles und dewandtes Spiel zur allgemeinen Bewunderung hin Inumschränktes Lob aber gebührt den Aktiven de Harmonie“n und dem Dirigenten derselben, Herr dehrer Schlaudecker, denen wir den Genuß jene Ubends zu danken haben. — In Kaiserslautern wurde ein 'ozialdemokratische Versammlung während der Rede zes Reichstags Candidaten Lödenberg aufgelöst. — Kaiserslautern, 2. Februar. Bei her gestrigen Versteigerung der beiden Chaisen⸗Pferde der Bankfirma Jos. Kehr, gingen dieselben um den Preis von 750 Mk. ab. Die Pferde sollen im Ankaufe 5000 Mi. gekostet haben. (Pf. P) — Venningen, 1. Februar. Schon einig FJahre lang wurde bei Hochzeiten und Kindtaufen ind sogar in der letzten Neujahrsnacht hier nich nehr geschossen, bis heute die unmoralische Siti vieder auftauchte: Bei einer heutigen Hochzeit wurd inem Maädchen, welches den Hochzeitszug auch mi inschaute, in das Gesicht- geschossen und soll nach irztlicher Untersuchung das Nasenbein verletzt sein. Der Thäter wird seiner Strafe nicht entgehen. (Gwi.) — Leimen, 80. Januar. Gestern Morgen nach 8 Uhr wurde der 28jährige Sohn des hiesiger Polizeidieners Cronauer von dem Schulberweser St don Münchweiler a. d. Rodalb in die Brust geschos sen. Letzterer befand sich mit noch einem Burschen don Merzalben bis zur kritischen Zeit im Hause der Lehreswitwe Lehr. Auf ihrem Heimgange wurden »eide wahrscheinlich von obigem Verwundeten mit noch inigen hiesigen Burschen, die ihnen aufgepaßt, a ige⸗ allen. Zur: Vertheidigung schoß obengenannier Schulberweser. Die Kugel konnte nach nicht ent fernt werden. Die Wunde ist nicht lebensgefähr lich. Die Sache wird vor Gericht noch besser auf⸗ acklärt werden. . Tgbl.) — Weyher, 27. Jan. Gegenwärtig iß man mit dem Abstich der 1886er beschäftigt! Der⸗ selbe hat sich bis jetzt hübsch gellärt und scheint sich Jut zu bauen. Die Preise gehen langsam rückwärts diese Weche wurden hier 1886er verkauft zu M 375 385. In Hainfeld und Flemlingen gingen olche zu M. 8300 pro Fuder abe — Ungstein, 2. Februat. 1886er Wein vurde dieser Tage dahier zu Mk. 1800. — per 1000 Liter verkauft e ¶BGestorben in Colmar Herr Oberlandesgerichts⸗ ath Sauter, ein geborener Pfälzer. i — Vermischtes. 7 Metz. Laut der M. Ztgu find die loth⸗ ringischen Behörden angewiesen, bis zum L. April Plat für vier neue Infanlerie · Negimenter zu schaffen 1.BDreßenheim, 4. Februar. Am Sonntag Mittag war ein Hauseigenthümer in die Wohnung srines Einwohners gegangen, um fich von dem⸗ selben den rüchständigen Miethzins zu erbitten. Detr Miether ergtiff ein Gewehr und drohte den Haus herrn zu erschießen, wenn er sich nochmals unter⸗ stehe, ihn an die „lumpige Miethe“ zu erinnern. Zin Bekannter' des Hausbefitzers hörte diese Droh⸗ ung und nun kam es zwischen dem Miether und diesem zu einem Handgemenge, wobei der Miether am Zopfe verletzt und dem ·Anderen der Finger durch⸗ Jehissen wurde. Zum Glück kam der Polizeidiener dazu, trennte die Streitenden und konfiszirte dat Bewehr. Mit Blut überströmt eilten nun Beide auf die Bürgermeisterei, um sich gegenseitig zu be⸗ lagen, doch hatte der Rath gerade Sitzung und