Besteuerung des Kontokorrent— verkehrs. Bestem Vernehmen nach hat das Finanzministerium vor Kurzem an die Regierungs- finanzkammern eine Entschließung erlassen, wonach die Zinsen, die ein Bankier aus dem Kontokorrent⸗ verkehr gewinnt, nicht nach Kapitalrenten, sondern nach dem Gewerbsteuergesetz steuerpflichtig find wenn allerdings der Bankier gröhßere Summen fest legt, so unterliegen diese der Kapitalrentensteuer. Die Entschließung ist veranlaßt worden durch das Vorgehen eines Rentbeamten, der ein Bankgeschäfl in Strafe nahm, weil es seine Kontokorrentzinsen nicht zur Kapitalrentensteuer angemeldet hatte. Das Oberlaͤndesgericht München als Revisionsinstanz entschied gleichfalls im Sinne des Rentbeamten und es wäre wohl nicht liange hergegangen, bis die brigen Rentämter dieses bis jetzt vereinzelt geblie⸗ vene Vorigehen nachgemacht hätten. Es ist aber klar, daß ein solches Vorgehen das bayerische Bank— zeschäft schwer geschädigt und das bayerische Kapi⸗ dal geradezu gezwungen hätte, sich nach dem Aus— land zu flüchten. Die Geschäftswelt wird daher diese Entschließung des Finanzministeriums dankbar und freudig begrüßen. (Abdztg.) fKein Eisenbahn-Zusammenstoß mehr. Unter dieser Spitzmarke brachten wir vor surzem eine Mittheilung über die Erfindung des Lieutenanis Giesl, welche bezweckt, Unglücksfäll⸗ auf der Bahn infolge von Zusammenstoß der Züge Enigleisung u. s. w. unmöglich zu machen. Wi⸗ wir erfahren, ist die Idee, welcher jener Erfindung zu Grunde liegt, bereits vor 2 Jahren in noch weitergehender Weise von einem jungen Wiener Gelehrten, dem Privatdozenten für Physik, Dr. Ernñ decher, ersonnen und ausgearbeitet worden. Dr Ernst Lecher läßt von der Lokomotive aus einer kleinen Sicherheiiswagen mittelst elektrischer Kraft übertragung dem Eisenbahnzuge vorausfahren; st wie die Lokomotive von der Station weg sich irn Bewegung setzt, eilt auch das Sicherheits-Lowry in einem bestimmten Abstande derselben voran. Die Größe der Abstandsstrecke des voranfahrenden Sicherheits⸗Lowry von dem eigentlichen Eisenbahn⸗ zuge läßt sich je nach dem gerade bestehenden ört- lichen Erfordernissen, nach der Schienenkrümmung und dergleichen bvon dem Lokomotivoführer beliebig reguliren. Er hat den Lowry so sicher in der Hand wie ein ferner Kutscher ein wohl eingefuhrenes Vor⸗ spannpferd. Stößt nun gegen diesen Sicherheits- wagen irgend ein Hinderniß, so zerbricht von einer Reihe nach vorne exponirter Gläschen irgend eines; diese Gläschen enthalten Quecksilber⸗Kontakte, und durch die Stromunterbrechung wird die Vacuum⸗ bremse des hinterher fahrenden Zuges automatisch ausgelöst. Der sinnreiche Erfinder ermöglicht es so, daß zwei Eilzüge ohne Lokomotivführer mit vollem Dampfe gegen einander fahren können und hierbei der Zusammenstoß der beiden Sicherheits⸗ Lowrys die beiden Züge automatisch zum Stehen bringt. Dadurch läßt sich jede Art von Zusammen⸗ stößen, sowie Entgleisungen in Folge von auf dem Bahnkörper liegenden Hindernissen ꝛc. so gut wie unmöglich machen. Dr. Lecher theilte diese Idee bereits vor zwei Jahren befreundeten Gelehrten, Professoren der Hochschule, Eisenbahn⸗Direktoren und sonstigen Interessenten mit. F Stuttgart, 16. Nov. Die große städ⸗ tische Hopfenhalle steht in Flammen; der Mittel⸗ bau ist soeben eingestürzt. Die darin befindlichen Hopfenvorräthe, sowie das gesammte Meßbuden⸗ material find zerstoͤrt. Die Feuerwehr arbeitet an⸗ gestrengt, um die umliegenden Gebäude wie die Turnhalle ꝛc. zu schützen. Ein weiteres Telegramm besagt: Die Hopfenhalle ist gänzlich zerstoͤrt und bereits ein rauchender Trümmerhaufen. Es war dies in hiesiger Stadt das größte Feuer seit Jahren Entdeckt wurde das Feuer, das rapid um sich griff, um *47 Uhr. Die Gefahr für die Nebengebäude ist beseitigt. Die Ursache des Brandes ist noch unbekannt. der Schaden sehr bedeutend. F Straßburg, 15. Nev. Die kürzlich in Raon · sur⸗Pleine erfolgte topographische Aufnahme in der bekannten Grenzaffaire soll für den Jäger Kauffmann sehr günstig ausgefallen sein, indem festgestellt werden konnte, daß die Verwundung un⸗ bedingt auf deutschem Gebiete erfolgt sein muß. Der Haupikern der ganzen militärgerichtlichen Untersuchung dreht sich nunmehr nur darum, ob Kauffmann die auf deutsches Gebiet vordringenden Franzosen ordnungsmäßig dreimal angerufen hat. Da das Gegentheil seiner Bebauptung schwer zu erweisen ist, so ist die Beendigung der Angelegen⸗ FJeit unmittelbar bevorstehend. Dortmund, 15. Novb. Kommerzienrath ). Born wurde wegen fahrlässigen Bankbruchs. Betrugs und Unterschlagung in einem Falle zu 7 Monalen Gefängniß und 9800 Mt. Geldstrafe ver⸗ urtheilt. 4. Auf Bahnhof Friedrichsruh fungirt als Bahnwärter ein Altersgenosse des Fürsten Bismarck, der an demselben 1. April wie der steichskanzler das Licht der Welt erblickt hat. Fürst Zismarck nun versäumt niemals bei seinem jähr⸗ lichen Eintreffen in Friedrichsruh diesem Bahn ; wärter ein Zwanzigmarkstück einzuhändigen, das als Beburtstagsgeschenk für seinen Geburtstags⸗Collegen gelten soll. FAus Sachsen, 15. Nov. Ein auch für Beologen bemerkenswerthes Unglück erreignete sich zieser Tage in einer der großen Silbergruben bei Freiberg. Dort waren zwei Bergleute mit Bohren heschäftigt, als plötzlich aus einem unterirdischen Wasserbecken eine bedeutende Wassermenge mit so sroßer Gewalt hereindrach, daß die beiden Bergleute ertranken. 7 Der „Magd. Z.“ schreibt man über die Ursache der Hartnäckigkeit, mit welcher Grevy sein GBeschick an das seines merkwürdigen Schwieger⸗ 'ohnes Wilson knüpft: „Grevbyh ist ein sehr zärt⸗ liicher Vater, und es gehen allerlei Gerüchte um aach welchen Wilson in der Lage wäre, seine Frau, d. h. Grevy's Tochter, durch Enthüllungen bloszu⸗ tellen, bei welchen der Name des Opernsängers Tapoul eine gewisse Rolle spielen würde. Vielleicht ind diese Geheimnisse auch den Vertheidigern des Taffarel, der Limouzin ꝛc. kein Geheimniß, was die zrovisorische Freilassung des Angeklagten und die Zuversicht der Limouzin einigermaßen erklären würde.“ F Für die innige Herzenstheilnahme, nit welchet die Bevölkerung aller Orten das be⸗ orgnißerregende Schicksal des Kronprinzen begleitet, zringt folgende Thatsache einen charakteristischen Beleg. Der Landwirth August Harriehausen in »em bei Göttingen gelegenen Dorfe Obernjesa ist im Besitz eines alten „Wundermittels“, dem man eine sichere Wirkung gegen den Krebs zuschreibt. Der gute Mann reiste auf die letzten traurigen Nachrichten sogleich mit der Salbe nach Berlin und wurde von dem Polizeipräsidenten v. Richt⸗ hofen und dem Adjutanten des Kronprinzen, Ma⸗ jor v. Kessel empfangen. Der Letztere versprach dem Bauersmanne auf seine inständigen Bitten, dem Kronprinzen das Heilmittel sogleich zu über⸗ senden. Wenn es nicht hilft, so wird doch sicher die rührende Liebe des braven Mannes dem hohen Patienten eine Linderung bereiten. — Auch Ge— seimrath von Bergmann hat in den letzten zwei Tagen nicht weniger als 28 Briefe aus den ver⸗ chiedensten Gegenden Deutschlands erhalten, in velchen die verschiedensten Vorschläge zur Behand⸗ ung des Kronprinzen gemacht, allerlei Geheimmittel ind sympathische Kuren zur Bekämpfung der heim⸗ ückischen Krankheit anempfohlen wurden. Geradezu ührend aber ist ein Schreiben, das, fern von jedem kigennutz und jeder Reklame, einen wahrhaft heroi⸗ chen Opfermuth seines Absenders dokumirt. Die chlichten, aber vielsagenden Worte mögen hier viedergegeben werden; sie lauten nach der „N.8.“ wvie folgt: „Entschuldigen Sie, hochgeehrter Herr, wenn ich mit meiner Frage zu Ihnen komme, welche vielleicht recht absurd sein mag! Kann man einen ausgeschnittenen Kehlkopf durch einen anderen, gesunden menschlichen ersetzen? — Wenn dies der Fall, stände Ihnen ein solcher zur Verfügung; wenn nicht, bitte ich meine unwissende Fcage zu verzeihen. Nur im Fall meine Zeilen von Nutzen sein könn⸗ ten, bitte ich um sofortige Nachricht post⸗ lagernd München“ ꝛc. Ein ganz gleiches Anerbieten ist Herrn v. Berg⸗ mann auch aus Ostpreußen gemacht worden — ꝛin Beweis, daß in den verschiedensten Gegenden Deuischlands eine beispiellose Opferwilligkeit für insern Kronprinzen fich geltend macht.“ Hoffentlich vird es der ärztlichen Kunst auch ohne ein solches Opfer gelingen, das theure Leben noch recht lange zu erhalten. F Wien, 16. Nob. Am Montag Abend hat m Klagenfurt ein vier Sekunden dauerndes Erd- beben in der Richtung von Ost nach West stattge- unden. Zur selben wurde in Bleiburg eine heftige xzrhderschütteruna mit Donnerdethie und in Salden— sofen wurden zwei heftige Erdstöße verspürt. In Braz wurde ein Erdbeben, in ganz Kärnthen an Montag Abend ein starkes Rollen und in Wolfg derg Nachts, gein schwacherer Erdstoß wahrgenommen Pest, 15. Nov. Eig hiesiges medizinische Jachblatt veröffentlicht eine Statistik über Kehuenh rstirpationen. Darnach wurden bei 97 Fällen 83 vollständige und 14 theilweise Exstirpationen vor— zenommen; auf die ersten entfallen 25 Heilungen ind 58 Todesfalle, auf die tbeilweisen acht Hei— ungen und sechs Todesfälle. Bei den 64 Todes. ällen war bei 49 Personen Krebs die Todesursache die Hälfte der Operirten überlebte nicht den vieren Monat. Fæ Paris, 14. Nov. (Ein neuer Skandal. Das“ „XIX. Siöcle“ veröffentlicht den Klageaß eines Notars gegen Grevy's Neffen, Leon Grevh Requetenmeister des Staatsrathes. Derselbe han⸗ 15,000 Fres. empfangen, um dem Notar eine Stellung zu verschaffen, jedoch das Geld behalten und dem Bewerber keine Stellung verschafft. Al⸗ die Klage vor das Zuchtpolizeigericht gebracht war jahlte Leon Grevh schleunigsi das Geid zurüuk Das Doppelheim fut deutsche Erzieherinnen und Mädchen in Paris, zu dessen Gunsten jezzt ein Aufruf erlassen wird, macht erfreuliche Forl— chritte in seiner Entwickelung. Die Schuldenlasten ind zu einem guten Theile abgetragen. Eine werthvolle Schenkung tritt jedoch nur dann in Wirksamkeit, wenn auch eine Rücklage von 25,000 Francs, und zwar bis Ende dieses Jahres beschafft st. Zu diesem Behufe erläßt der in Berlin wohn sjafte Vorstand des schoͤnen Unternehmens den er— wähnten Aufruf, welcher hoffentlich recht kräftige Wirkung übt. Dem Korset ist in Paris der Krieg »rklärt! So wunderbar das auch klingt, so ängt man, wie es scheint, in der Stadt der Mode⸗ horheiten hinsichtlich des Frauenmieders an — vernünftig zu werden. Seit neuester Zeit werden dorsets erzeugt, welche eine allzu starke, die Ge—⸗ undheit und das Leben der Damen gefaährende Zusammenpressung des Körpers vermeiden. Dr. Decaisne veröffentlicht einen gegen den Taille⸗Unfug erichteten Artikel, worin es uuter Anderem heißt: Ich habe in Rom die Venus des Kapitols, in Florenz die mediceische Venus gesehen, die ganze Welt hat schon, wie ich, in Paris die Venus von Milo, dieses reine Juwel unseres Alterthums⸗ Museums, bewundert. Was doch bei diesen un⸗ zerwüstlichen, das Ideal der weiblichen Schönheit repräsentirenden Meisterwerken in Erstaunen setzen nuß, ist der Umstand, daß bei keiner dieser fast zöttlichen Statuen eine schmale Taille zu finden st!“ Im vorigen Jahre hat in Wien Regierungs⸗ rath Dr. Gauster einen inte?essanten Vortrag über die Schädlichkeit des Korsets gehalten und ebenfalls auf den Kontrast der mordernen Taille mit jener der Antike hingewiesen. London, 14. Nod. Der Boxer Sullivan. Der kfashionable Löwe der hiesigen Gesellschaft ist zur Stunde ein Amerikaner, John 8. Sullivan, der berühmte Champion⸗Boxer. Seit seiner An⸗ kunft in England ist dieser Vertreter der Brutalität der Gegenstand der Vergötterung. Die beste Ge⸗ sellschaft wetteifert mit dem Gesindel, um dem Mann Ehre anzuthun, der mehr Knochen zer⸗ hrochen und Augen zerschmeltert hat als irgend ein auderer Sterblicher. Als der Champion in Liverposl ankam, wurde ein besonderer Tender ge⸗ miethet, um ihn vom Dampfer abzuholen. Seine Fahrt nach London glich einem wahren Triumph- uge. Auf allen Eisenbahnstationen drängten sich Tausende fseiner Bewunderer um seinen Wagen und die Begeisterung überschritt alle Grenzen, als er die Eustonstation erreichte. Er hat nun sein Quar⸗ sier in einem der besten Hotels des Westendes auf⸗ zeschlagen und alle Sportingzeitungen regaliren ihre deser mit seiner Biographie und einer eingehenden Beschreibung seines Körpers. Seine Armmuskeln ind 16*34 Zoll im Umfang. Er ist hierher ge fommen. um einen ebenbürligen Gegner zu finden. er mi ihm um den Championgürtel und 2000 dsir. zu kampfen bereit ist. Zu seinem Empfangs immer drängt sich die Elite der sog. guten Ge˖ ellschaft, die sich mit diesem brutalen Gesellen fut den Verlust des Buffalo Bill tröstet. pNeuntausend Menschen ertrunken. Fine furchibare Katastrophe wurde nach einer De— hesche aus London vor einigen Tagen in Chin⸗ hurch den Austritt des Hoang-ho-Flusses herbeige übrn FIs⸗ Fsuihen des Hoang⸗bo nabmen ir