Full text: St. Ingberter Anzeiger

hun? ich acceptire die Verhältnisse einsach 
wie sie find. Erstanden aus Grabes Nacht, 
huchstäblich zurückgekehrt aus den Tiefen des 
Sees finde ich mich als Hugo Cartright. Das 
wirkte wohl anfangs betäubend, nun aber 
freue ich mich darüber, weil es mich auch 
moralisch retten wird. Und nun erlauben Sie, 
Mylord, daß ich mich zu meiner Mutter be—⸗ 
gebe und zu meinem herzigen Schwesterchen, 
dessen reines Herz ineine Ansicht über die 
Frauen vollkommen änderte.. 
.Und ich fragte Lord Cuthbert heftig, 
soll mein Herz ewig hungern ?? 
„Nichts weniger,“ lächelte der junge Raun, 
„nehmen Sie doch mit Lyle Hall und dem 
alten Ramen auch die alte Werbung. Mein 
Leben zum Pfande, Lord Lyle erhält keinen 
zweiten Korb von Genevra Llioyd.“ 
Er erhob sich und schritt nach der Teüre. 
„Aber ich werde mir's nicht gefallen lassen.“ 
zürnte Lord Cuthbert, „werde Sie zwingen 
Ihr Eigenthum zurückzunehmene. 
Ein heiteres Lachen beantwortete die 
Drohung. 
„Betrachten Sie ßich doch einmal ruhig 
die Sachlage, lieber Lord Cuthbert. Die jetzigen 
Verbältnisse sind allgemein auerlannt, von Nie⸗ 
mand bezweifelt. Wenn nicht beide Parteien 
zugleich vortreten und übereinstimmende An⸗ 
gaben machen, helfen alle einseitigen Erkllärun⸗ 
gen nichts, weil ein ganzer Berg von Be⸗ 
weisen Ihrerseits die einfache Thauache nicht 
umstößt, daß Sie von dem britisven Conful 
in Genf, zu einer Zeit, da der Lord und 
sein Secretär noch lebten, als Lord Cuthbert 
Lyle anerkannt wurden. Habe ich doch, erst 
misß Zorn und Bitterkeit und dann mit Dank 
und Freude die Verhältnisse nach allen Rich⸗ 
huugen überlegt und kann Sie versichern, 
Peylord, daß, falls unsere Angaben sich wider⸗ 
sprechen, die ganze Wolt nicht zurückrufen kann, 
was so leicht sich gestaltete. Und so will ich 
denn mich meiner Mutter und Schwester freuen, 
mich ihrer werth machen, und Sie bleiben 
in der Sphäre, deren Zierde Sie sino. Glau« 
ben Sie mir, ich wünsche Ihnen von Herzen 
Glück dazu, und wenn irgend Ahnenßolz mir 
inne wohnt, werde ich nur um so dankvarer 
die Würde anerlennen, mit der Sie den alten 
Namen tragen.“ 
Und der junge Mann kot dem Gegner 
halb in aukrichtiger Freundschaft und Bewun⸗ 
derung, hals in neckischem Triunph die Hand. 
Cuthkert trat traurig zurück. 
„Auf solchen Pakt kann ich nicht eingehen. 
weil er ein Betrug wäre an meiner Mutter 
und Schwester, ein Betrug, den sie früher 
oder später doch entdecken würden.“ 
Versuchen wir es wenigstens. Das zu 
bderlangen habe ich ein Recht und bestehe 
darauf.“ 
Wollen Sie damit sagen, daß Sie mög- 
licher Weise ihren Sinn ändern 9 
„Alles ist möglich, warum das nicht? 
Jedenfalls aber verlange ich eine ehrliche 
Probe.“ 
Er verließ hastig das Gemach und als 
Mr. Llceyd bald darauf eintrat, fand er Lord 
Tuthbert mit gebeugztem Haupte und gramer⸗ 
füllten Zügen am Fenster sitzen, ein Bild des 
Schmerzes, das mit seinem glänzenden Loose 
in seltsamen Widerspruch stand. 
XXI. 
*Genedra Lloyd Lehrte mit ihrem Vater 
in Begleitung deß Grafen nach London 
zurük. 
Mil einem eigenthümlichen Gefühle vetrat 
sie die prachtigen Gemäͤcher, in welchen ste so 
lange als unbestrittene Herrin gewaltet. Rast⸗ 
loa schritt sie hen und her. Alles erschien fremd 
und ungewohnt, es war, als erweiche sie aus 
langem Traume. Schien doch ihr eignes Wesen 
verändert, und sie berührte träumerisch ver⸗ 
schiedene Gegenstände, als erwarte sie, daß 
mit diesen oder ihr selbst ein Wechsel vor⸗ 
gehe, der das alte traute Gefühl des Daheim⸗ 
jeins wieder hervorzaubere. 
Aber es geschah nicht. Ein Gemach nach 
dem anderen entfaltete seine Pracht, den feinen 
Geschmack, die reizende Harmonie der Farben, 
auf die sie sonst so stolz gewesen. Mit trübem 
Lächeln erinnerte sie sich des früheren Ge⸗ 
jallens mit einer Art Heimweh, als otz es 
fürder unerreichbar ware. 
Vollendete Eleganz, künstlerisch reiner 
Geschmack!“ flüsterte sie, „wie oft sagte ich 
mir das, wenn ich aus anderen Häusern heim⸗ 
kehrte, ach! und wie thöricht stolz, wie albern 
klang es, wenn ich nur tadellose Gegenftände.