Hab und Gut lieber überließe, und Du mach⸗
sest dem alten Namen auch ganz eutschieden
mehr Ehre.“
Hugo Corkright war lange an derlei
Reden des Gebieters gewohnt; er nickte
lächelnd und machte sich auf den Weg zum
englischen Consul.
„'s ist ein guter Kerl!“ flüsterte Lord
Cuthbert,“ „er hat zwei Mal so viel Geist und
vier Mal so viel Charakter als ich. Geburt
ist doch ein sonderbarer Zufall. Möcht wissen,
ab blaues Blut immer wild und leichtsertig
durch die Adern rollt? Jedenfalls erfülle ich
des Lebens Pflichten nicht so ernst und männ⸗
lich wie Hugo.“
Der junge Mann versank in tiefes Sinnen,
sein Geist aber beschäftigte sich wohl nicht mit
angenehmen Bildern, denn er runzelte die Stirne
und biß ungeduldig auf die Lippend Plötzlich
raffte er sich auf, slürzte ein Glas Wein hin—⸗
unter und zündete eine Cigarrean.
.A bah, warum das Leben mit derlei
Dummheiten verdittern? Mein Nalurell ist
rinmal so und läßt sich nicht ändern.“
Nach Verlauf einer hallen Stunde kam
Huso Cartrigth mit vollen Händen zurück.
Tiefe Röthe überflog Lord Cuthbert's Züge.
„Breite die Episteln dort auf dem Tische
aus, Hugu, damit ich die Adressen überschauen
kann.“
Dem Sccretär fiel der eigen thümliche Tou
der Stimme auf, und er blickt, während er
dem Gebote entsprach, beinahe neugierig auf
den Gebieter. Er hatte mehrere Packete und
jechs Briefe gebracht. Unter den Adressen der
letzteren befand sich eine zierliche, ihm fremde
Schrift, die einzige Correspondenz, die ihm un⸗
bekannt geblirben.
Lord Cuthberts Auge leuchtete als er hastig
rach dem Briefe griff, das zarte Siegel zu
brechen.
„Doch nein,“ flüsterte er und steckte das
lossbare Document in die Tasche, „ich will bis
naqh Tische warten, dann bin ich eher in der
Stimmung mein Verdict entgegenzunehmen.
Wünsche mir Glück; Hugo! sobald mein Ver—⸗
langen, mein Hoffen sich erfüllt, magst Du mir
predigen nach Herzenslust und mich zum
Muster eines englischen Edelmannes stempeln.
All meine wilden Streiche sollen vergangen
sein und vergessen, wenn nur Genevra Lloyd
sich milde zu mir neigt.
Warmes Erröthen breitete sich über det
jungen Mannes Züge und in den blauen Augen
zlühte das wunderbare Feuer der Liebe.
Genevra Lloyd! lag nicht in dem Namen
reicher berauschender Duft gleich wie in einer
trophischen Frucht, einer exotischen Blume?
„Sie muß ein seltenes Wesen sein,“ dachte
hugo, „wenn es ihr gelang, solch tiefe
Gefühle in dem gedankenlosen Tagedieb zu
wecken.“
Die beiden Herren begaben sich zur Tafel
und erst nach eingenommenem Mahle rückte
Lord Cuthbert. den Sessel zurück, füllte die
Glaäser mit perlendem Wein und rief: „Stoß
an, Hugs, auf gut Glück und willkommene
Nachricht.“
Hugo Cartright trank lächelnd und
sprach danu herzlich: „Ich trinke auf Euer
Gnaden Wohl, auf frohe Erfüllung all Ihrer
Wünsche.“
Danke, danke. Siehe du inzwischen die
übrigen Schreibereien durch und besorge das
Geschäftliche. Mir ist's, als hätte ich anf
einem der Briefe Tante Barbara's steife Züge
erblickt. Die gute alte Seele hielt treu zu mir,
rrotz all meiner Streichen. Oeffne den Brief,
denn Dir gehört er dech eigentlich, weil Du
die ganze Correspondenz führst. Habe ich mich
ernsilich gebessert, dann will ich der lieben
alten Tante auch beichten, wie wenig ich ihre
Lobsprüche ob meiner intereffanten Evpisteln
derdiente.“
Während er sprach, suchten die Finger
— Brusttasche, den dort ver—
borgenen Schatz zu heben. Als er endlich das
Briefchen hervorzog, zitterte er wie ein Maäd⸗
hen, die Augen waren von Thränen geblendet
und die Brust hob sich schwer und ängstlich.
Was würden die Kameraden seiner Trinkge—
age dazu gesagt haben, was die Gefährten
ener wilden Orgien, welche die aristokratische
Sphäre so sehr empört, ihm die treuesten
Freunde entfremdet und seinen Ruf in einem
einzigen Jahre zu Grunde gerichtet hatte?
Cuthheri begab sich mit dem Briefe in's
anstotzende Zimmer, Hugo zog sich auf die
Veranda zurück und wartete dort lange genug,
um dem glücklich Liebenden Zeit zum Ausbruch