Full text: St. Ingberter Anzeiger

Mann aus. dessen Waugen erdjahle Bläjss. 
uüberzog. 
Soll ich Ihnen die Worte wiederholen? 
Imt hbin jederzeit bereit dazu. Als ich vor 
einem Vierteljahr Ihnen die Hand meiner 
Tochter aschlug, hatte ich dazu meine trif⸗ 
tigen Grüude, Sie mußten diese Gründt 
achten und als Mann von Edre nicht werter 
an die Sache denken., Das setzte ich voraus, 
einer kleinlichen und noch dau gemeinen 
Rache hielt ich Sie nicht für fähig. Wärt 
Ihr Herr Vater nicht mein bester Freund 
geibesen, ich würde Sie nicht zur Feier des 
heutigen Tages eingeladen haben, daß ich dies 
aver that, mußten Eie als einen Veweis 
meiner freundichaftlichen Gefinnung hin⸗ 
nehmen.“ J 
Ein Lächeln des Hohnes umspielte die 
Lippen des Referendars. 
„Wann ich nicht irre, nannten Sie mir 
als den ersten bedeutendsten Geund Itter ab⸗ 
schlägigen Anfwort: Helene liebe mich icht, 
.co nen Sie mit gutem Gewissen behaupten, 
daß sie ihren jetzigen Galten liebt?““ 
„Nun wohl, wenn Sie's denn wissen 
wollen,⸗ so⸗ hören Sie den eigentlichen Grund. 
Sie sind eben nur ein Referendar, ein Mann 
ohne Vermögen, ohne Einkömmen und ohne 
einigernaßen hervorragende Stellung. Piein 
Schwiegersohn ist dagegen der reiche Guts— 
besitzer Withelm Bölling, Mitglied des Land⸗ 
weges, ein Maun, dessen Stimme noch etwas 
vit. dessen Name Klang hat. Und damit 
Punktum, Herr Referendar, mich soll's freuen, 
wenn ich nach Jahr und Tag éäiumal höre, 
raß Siees zum Ass sor gebracht hahen.“ 
. Er wandie dem jungen Manne den Rücken 
und ging in den Saal zurück. 
Die Lippen auf einander gepreßt, bl'ckte 
der punge Mann eine Weile auf die Thüre, 
hinter welcher der Bankier verschaunden 
war 
„Du sollst es bereuen, diese Worle ger 
sprochn zu baben“, nnrrmilte er inr sun 
hincin. „Du sollit noch erfahrin, was der 
arme Referendar, der Mensih ohne Vermögeti, 
ohne Einkommen, ohne Stellung vermagt 
Er flieg die breite mit Blumen gesch:nückte 
Treͤppe hinuͤnter und ftal'avf den Platz. auf 
wvelchein die Alte, in iyre Gedanken dersusrken, 
noch immer stand. 
„Geht nach Hause, Mutter“, sagte der 
junge Mann im Vorbeigehen zu ihr, „dort 
oden machen sie fich nur lustig über Euch.“ 
Die alte Frau suhr aus ihrem Sinnen 
auf, sie sah sich um nach dem, welcher zu ihr 
geredet hatte, er war verspwuaden, 
Ein Förster schritt in diesen Augeublick 
über den Parasßeplatz, er blieb bei der Frau 
stehen und reichte ihr die Hand. 
„Grüß Gott, Mutter“, sagte er, „waruni 
so allein, jo traurig? Komm mit nacd Hause, 
ich habe mir heute Urlaub genommen, um 
Dich zu besuchen. Die Varbara wollte auch 
auf ein Stündchen hinkommen.“ 
„Du hättest keinen schlechteren Tag wählen 
fönnen“, erwiderte die Alte lopischütteind, 
während sie neden dem Sohne einherjehritt. 
„Ich bin htute — —— 
„Na, so leß doch die trüben Gedanken 
in des Kukuks Namen einmal fahren“, fiel 
der Forster ihr ius Wort. „Geschehene Dinge 
ändern sich doch nicht.“ —, 
Die Mutter schüttelte wieder den Kopf 
und wanderte schweigend weiter. 1J 
„Was hattest Du eigentlich vor dem 
dause des Bankiers zu schaffen?“ hob der 
Forster nach einer Weile wieder an. „Du⸗ 
Vertest ja hinauf, als hättest Du erfahren 
pollen, was da drüdben hinter den Fenstern 
vorging⸗ 
„Ich dachte an Georg, er sitzt im Ge⸗ 
fängü g. und die, welche er urter allen 
Menschen zumrist biebt, hat heute Hochzen mit 
einem Andern.“ 
Ein Schatten fiestern Unmuths flog 
über die hübschen gebtäunten Züge des 
Försters. 
, Was kümmert's uns“ erwiderte er un⸗ 
wislig. „Mag sie Hoczeit machen, wit wem 
sie Lust' iat, uns geht es weiter nichts an.“ 
—Und Geoig?“ flagte die Alte, der die 
Thränen ins Auge schufsen. — 
GWBGeora ist wot für mich“, fuhr der 
Förster düster forr; „Jitdem er seine Eure 
derloren hat, ist er mein Bruder nicht 
mehr.“ — 
Das' Gespräch ockte; der alten Frau